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Die Grasshoppers sind Europas Beste

Christian Andiel am Dienstag den 16. Juni 2015
Lorenzo Valerio Rossetti from Italy, left, and Guelen Levent from Switzerland, right, fight for the ball during the under-20 soccer friendly match between Switzerland and Italy, in Lugano, Tuesday, 31 March 2015. (KEYSTONE/Ti-Press/Carlo Reguzzi)..

Einer von 38: GC-Spieler Levent Gülen (rechts) im U-20-Testspiel gegen Italiens Lorenzo Valerio Rossetti (31. März 2015). Foto: Keystone

Barcelona? Bayern? Arsenal? Nein, GC stellt die meisten Spieler für die Nachwuchs-Nationalteams des Landes. Und es ist tatsächlich eine beeindruckende Zahl: 38 Spieler stellen die Grasshoppers für die verschiedenen Schweizer Nachwuchs-Nationalteams, also von U-15 bis U-21. Das ist der Spitzenwert für die Länder, die in den vergangenen Tagen untersucht wurden. Das waren neben der Schweiz England, Frankreich, Spanien und Deutschland. Auf 38 Spieler kommt kein anderer Verein, am nächsten schaffen es Basel und der FCZ (je 34). Ausserhalb der Schweiz ist Barcelona mit 18 Spielern der Klassenprimus.

Ein Zufall ist es nicht, dass die Zahl bei Schweizer Clubs so hoch ist – Servette (27) und YB (25) haben ebenfalls eine höhere Quote als Barcelona. Kein Verband hat seine Nachwuchsteams in allen Jahrgängen derart strikt und ausgedehnt organisiert wie der Schweizer Verband. Da sind fünf Goalies der Standard im Kader. Man kann dahinter durchaus einen Grund für den Erfolg der hiesigen Nachwuchsarbeit sehen, die seit langem europaweit geschätzt wird.

Auch für Scouts ist die Website football.ch dank ihrer Akribie eine Fundgrube: Von jedem Spieler wird jeder Einsatz aufgeführt, man erfährt auf die Minute genau, wie lange er gespielt hat und auf welcher Position in jedem einzelnen Spiel – und dabei wird sogar zwischen «linker Mittelfeldspieler» und «linker innerer Mittelfeldspieler» unterschieden. Diese Detailverliebtheit ist einzigartig. Die anderen untersuchten Nationen pflegen ihre Nachwuchs-Nationalteams ebenfalls weitgehend liebevoll (Ausnahme: Italien, dort finden sich gar keine vernünftigen Angaben).

Bei aller Vorsicht, mit der die Zahlen zu geniessen sind – je jünger die Spieler sind, umso mehr Rochaden ergeben sich zwischen den einzelnen Spielen; nicht alle Länder haben für jeden Jahrgang ein Team –, zeigen sich doch einige interessante Tendenzen. Dass Barcelona mit 18 Nachwuchs-Internationalen die meisten in den vier grossen Ligen hat, überrascht angesichts der grossartigen Barca-Schule nicht. Dass aber Gijon, eben erst in die Primera Division zurückgekehrt, mit zwölf Spielern dahinter liegt, das erstaunt. In Frankreich sticht hingegen die Ausgeglichenheit heraus, da zeigt sich die grosse Tradition einer gesteuerten Nachwuchsausbildung. Auffallend hier höchstens die fünf Nachwuchs-Internationalen von Stade Laval, das aber für seine konsequente Nachwuchsarbeit durchaus bekannt ist.

In der Premier League überrascht das viel gescholtene Chelsea, das doch das viele Geld von Roman Abramowitsch so sinnlos verbrennt. Dabei ist es der aktuelle Meister, der mit zwölf die meisten Spieler für die englischen Nachwuchsteams stellt. Natürlich muss man sich fragen, wie viele es denn tatsächlich bei Chelsea in die Premier League schaffen, aber zumindest ist da eine Basis, die Hoffnung macht. Zum Vergleich: Manchester United hat in den fünf Nachwuchsteams insgesamt gerade mal zwei Spieler, Liverpool mit «Konzepttrainer» Brandon Rodgers einen.

Klar hat auch Chelsea nicht jeden Spieler direkt von der Strasse oder dem Hinterhof in London geholt und vom Kleindkindalter an betreut. Die Statistiken sind deshalb auch ein Abbild der Geldverteilung: Spieler werden immer früher von reichen Clubs geholt. Das belegt ein Blick nach Deutschland. Dortmund (12 Spieler) ist hier der Leader, die weithin ungeliebten «Werksclubs» Wolfsburg (8), Hoffenheim (6) und Leipzig (5) halten aber in der Spitzengruppe mit und stehen auch besser da als etwa die Bayern (4). Die Klagen vieler regional stark verankerter Clubs mit jahrelang gewachsener Nachwuchsabteilung sind freilich laut, weil gegen das Geld von VW, Red Bull und SAP halt auch bei jungen Talenten kein Gras gewachsen ist.

Um zu sehen, wie das im Nachwuchsfussball mittlerweile aussieht, rentiert sich wiederum ein Blick auf die Schweizer Szene. In der U-20 spielen bereits 5 von 23 Kadermitgliedern bei ausländischen Clubs, in Nürnberg und Kayserispor, in Newcastle, bei Bochum und Manchester United. Zwei dieser Spieler kamen nicht von irgendwelchen Clubs ohne jede Perspektive: Nein, Joel Keller (Nürnberg) und Shpetim Suleijmani (Bochum) zogen das Mittelmass in der zweiten deutschen Liga dem FC Basel vor.

Das Werben beginnt aber bereits viel früher. Die beiden U-17-Nationalspieler Thomas Kunz (von GC zu Stuttgart) und Miro Muhaim (vom FCZ zu Chelsea) zog es schon mit 16 Jahren davon. Und das Werben ist auch innerhalb des Landes äusserst rege. Léo Seydoux aus der U-17 spielte in seiner bisherigen Karriere bereits bei vier Clubs: Remaufens, Bulle, Freiburg und mittlerweile bei den Young Boys.

Anmerkung: In einer frühere Version dieses Blogs waren in der Schweizer Statistik die beiden Nachwuchs-Internationalen von Concordia Basel nicht berücksichtigt.

Christian Andiel

Christian Andiel

In Bayern aufgewachsen, ziemlich heftig mit dem 1. FC Köln verbandelt – und träumen darf man ja von Europa und Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

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12 Kommentare zu “Die Grasshoppers sind Europas Beste”

  1. […] tägliche Dosis Statistik liefert das Fußball-Blog des Tagesanzeigers. Aus welchen Vereinen kommen die Spieler der U-Mannschaften in Deutschland, Spanien, England, […]

  2. Julius Wiederkehr sagt:

    Eigentlich gehts nur um die Schlagzeile oder? Man könnte auch sagen, dass Rakitic bei Barcelona spielt und welcher GC-Junior schaffte dies? Und wieso ist er nicht Nationalspieler? Ich sage jetzt besser nichts zum Züri-SFB.

    Uebrigens: Europas Beste (GC) steigt nächste Saison garantiert ab. Wers nicht glaubt wird eben übberrascht, ich dachte es passiere tatsächlich schon dieses Jahr, aber die Besten kriegen das hin… 2016-Challenger!

    • Raymond Allaman sagt:

      GC-Junior Lichtsteiner ist bei Juventus seit Jahren unangefochtener Stammspieler.

      GC spielt seit 1951 ununterbrochen in der NLA und das wird auch so bleiben.

  3. mikezh sagt:

    Interessant wäre diese Statistik nur, wenn auch die faktischen Einsatzzeiten der Spieler mit berücksichtigt werden. Dann liegen wohl andere Vereine wie der FCZ und Basel vorne.

  4. Armando sagt:

    Zumindest in Schweiz sind diese Zahlen keine grosse Überraschung. Die meisten SL-Vereine haben mit den “kleinen “regionalen Clubs auch entsprechende Ausbildungsvereinbarungen. Der SFV beschränkt sich somit auch auf das Scounting bei den “grossen” Clubs aus den jeweiligen Regionen.
    In England muss man noch anmerken, dass auf Grund der “Homegrown”-Regel bereits in den Nachwuchsteams vieler Topteams junge Talente (U-Nationalspieler) aus anderen Ländern spielen. Dadurch wird es für die “eigenen” sehr schwer in diesen Vereinen zu spielen. Dies ist teilweise auch in Spanien, Deutschland, Frankreich und Italien der Fall, wo ja teils bereits 12-jährige aus dem Ausland verpflichtet werden.

  5. Dieter Schmid sagt:

    Ein grosses Bravo an die Grasshoppers. Ihr seid zwar nicht der beliebteste Klub der Schweiz und habt in der obersten Liga nicht brilliert, aber eure Arbeit zugunsten des Nachwuchses ist vorbildlich und verdient höchstes Lob. Ihr seid wirklich die Besten, gratuliere!

  6. Gerd Fröbe sagt:

    National macht der Vergleich auf jeden Fall Sinn, international wohl weniger. Das Resultat ist wohl eher so zu interpretieren, dass die Leistungsdichte in der Schweiz geringer ist, sprich hervorragende Jugendarbeit sich auf weniger Teams konzentriert als dies im Ausland der Fall ist. Als U15-Spieler gehst du vielleicht auch aus dem Jura oder Kanton Solothurn zum FCB, sollte dieser anklopfen. Das gleiche ist aufgrund der wesentlich grösseren Distanzen in anderen Ländern wohl nicht im gleichen Ausmass der Fall.

  7. Marcel Senn sagt:

    Was ist denn das für eine bizarre Statistik — ein GC Wiederbelebungsversuch, nachdem die Saison bei den Grossen doch ziemlich in die Hosen ging?
    ,
    Und wenn man schon internationale Vergleiche machen will – dann bitte alle mit U16 Spielern oder halt U15 – aber keinen Mix bitte.
    .
    Na ja in 4-6 Jahren werden wir ja sehen, ob das wirklich was dran war – oder ob der FCB nicht doch die besseren Jungen hat — einen 18-jährigen Embolo in der A-Nati zumindest hat GC nicht — und der zählt doch mindestens 5fach – ergo hätte der FCB auch 38 Nachwüchsler mit Natierfahrung.. 🙂

    • Stefan sagt:

      GC Junioren muss man nicht künstlich hoch puschen, das idt das einzige gute bei GC

      Seit Jahren spielen die u15 u16 und u18 um Titel
      Auch dieses Jahr standen stehen 2 u auswahlen im finale.

      Das GC Problem liegt in Profi Fussball.

    • Raymond Allaman sagt:

      Ja, genau. Es kann einfach nicht sein, dass der FCB in irgendeiner Sparte nicht der Grösste, Beste und Schönste ist.

      • alfmir sagt:

        Das verwundert nicht, wenn man weiss, dass die zweite Mannschaft von Basel in den hintersten Regionen der 1.Liga Promotion spielt..!!!

    • Toni sagt:

      Statistiken lügen nie.
      Freuen Sie sich doch einfach über Embolo und ihren FcB und Anerkennen und respektieren Sie die Nachwuchsabteilung von GC. Schauen Sie sich mal die Tabellen der Juniorenligen an und freuen Sie sich wenn ihr FCB solche Spieler einkauft

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