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Die Fifa und die russischen Rassisten

Christian Andiel am Samstag den 23. Mai 2015
Zenit St. Petersburg's fans cheer as they support their team during the Europa League soccer match against Liverpool at the Petrovsky stadium in St. Petersburg

Weltweit und in der Heimat gefürchtet: Fans von Zenit St. Petersburg (im Europa-League-Spiel gegen Liverpool, 14. Februar 2013). Foto: Reuters

Die Fussball-WM 2022 in Katar kommt nicht aus den Schlagzeilen. Korruption, Ausbeutung von Arbeitern, das Klima. Da kommt einiges zusammen. Und irgendwie hat man das Gefühl, dass die WM vier Jahre zuvor darob ein wenig vergessen geht. Sie soll 2018 in Russland stattfinden, aber kürzlich sagte Fifa-Vizepräsident Jeffrey Webb: «Unter den momentanen Umständen könnten wir diese WM nicht in Russland austragen.»

Hoppla, was ist denn mit der Fifa los? Um Korruption kann es nicht gehen, es wäre geradezu bizarr, wenn ausgerechnet das von Sepp Blatter aufgebaute Gebilde sich daran stossen würde. Die Bedenken von EU-Parlamentariern wegen der russischen Annexion der Krim und des schwelenden Ukrainekonflikts spielen auch keine Rolle, Blatter hat jüngst laut «Spiegel» gesagt: «Die Führer der Länder, denen es nicht passt, dass die WM in Russland stattfindet, sollen halt zu Hause bleiben.» Das ist die Fifa, die wir kennen.

Was also läuft mit Webb schief? Er ist nicht nur Präsident der Concacaf (Nord-, Mittelamerika und Karibik), er ist auch Chef der Anti-Rassismus-Taskforce der Fifa. Und er kennt die erschreckende Studie, die von der russischen NGO Sova für die Monate Mai 2012 bis Mai 2014 erstellt wurde: Minutiös werden darin alle rassistischen, ausländerfeindlichen und homophoben Vorgänge aufgelistet, die im genannten Zeitraum im russischen Fussball vermeldet wurden. Es geht um Nazi-Plakate, um Gesänge gegen dunkelhäutige Spieler, um Petitionen gegen die Verpflichtung dunkelhäutiger Spieler für den eigenen Club, Angriffe mit Baseballschlägern auf gegnerische Fans, «die nicht wie Slawen aussehen», wie es in der Studie heisst.

Tichonow


Spartak-Spieler Andrei Tichonow mit «Miss Spartak» – die Wahl wurde von rechtsradikalen Gruppen organisiert, «White Power» auf dem T-Shirt hat nichts mit einem Zahnpflegeprodukt zu tun. Foto: Sova

Der russische Verband hat 2011 ein Reglement gegen diese Ausschreitungen verabschiedet, aber die Wirkung sei gleich null, wie Sova sagt. Das liegt zum Teil daran, dass einige Clubs, Trainer und Spieler offenbar durchaus der gleichen Meinung wie die Nazis und Schwulenfeinde sind. Als 2012 Anna Kulikowa zur «Miss Spartak» gewählt wurde, zeigte sich Andrei Tichonow, Mittelfeldspieler bei Spartak Moskau, stolz auf dem Foto mit der Siegerin. Die Wahl war von der rechtsradikalen Fangruppe Fratia organisiert worden. Der Club war Co-Veranstalter, und Kulikowa trug ein T-Shirt mit der Aufschrift «White Power», einer rassistischen Parole.

Jeffrey Webb will sich demnächst mit dem russischen Verbandspräsidenten treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Für Sova ist klar, dass der Moment längst verpasst wurde, «um tief greifende Veränderungen für die WM 2018 anzubringen». Aber wie würde Blatter sagen? «Wer sich wegen seiner Hautfarbe oder seiner sexuellen Präferenz fürchtet, zur WM in Russland zu gehen, soll halt zu Hause bleiben.»

Christian Andiel

Christian Andiel

In Bayern aufgewachsen, ziemlich heftig mit dem 1. FC Köln verbandelt – und träumen darf man ja von Europa und Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

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2 Kommentare zu “Die Fifa und die russischen Rassisten”

  1. Kurt sagt:

    Ich weiß nicht, in wie vielen Ländern gibt es den Homophobie ? Was ist z.B.:mit der USA?
    Und mit den gewalttätigen Fans kann die EU auch einiges vorzeigen, siehe Engländer, Deutsche oder Polen usw. !

  2. michael sagt:

    Ein erster Schritt in eine neue ZUkunft für die Fifa wäre, wenn Blatter nicht wiedergewählt werden würde. Russland und Katar müsste man wahrscheinlich machen, aber es obliegt jedem Land, ob es die Quali übersteht oder nicht. Lass die kleinen doch auch mal ran !

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