Liebe Leserinnen und Leser,
an dieser Stelle erscheinen keine weiteren Beiträge. Auf alle bereits erschienenen Artikel können Sie nach wie vor zugreifen.
Herzliche Grüsse, die Redaktion
Logo

Sepp Blatters Gnade des Vergessens

Thomas Schifferle am Mittwoch den 13. August 2014

Sepp Blatter berichtet gerne, wie es im Wallis so zu und her geht. Zum Beispiel bei seiner Geburt am 10. März 1936, die Mutter hängte an jenem Tag in ihrem Garten in Visp die Wäsche auf, als er auf die Welt drängte, zwei Monate zu früh. «Damals hiess es: Überlebt er, dann überlebt er, überlebt er nicht, dann halt …», erzählt er selbst.

Brutkästen gab es damals keine, aber in der schmuckvollsten Variante seiner Erinnerungen soll das Ofenrohr als Lösung gedient, in das ihn man ihn gesteckt habe, um ihn zu wärmen. Jedenfalls hat er überlebt. Inzwischen kennt ihn die Welt seit 16 Jahren als Präsidenten der Fifa mit der einen oder andern Erinnerungslücke.

«Niemand hat gesagt, ich solle aufhören»

Im Wallis hat er seinen Rückzugsort und sein Heimspiel, hier fühlt er als gewöhnlicher Walliser, und wenn er mit «Herr» angesprochen wird, zeigt er sich generös und sagt, «nein, sagt mir Sepp». Am Samstag ist er wieder hier gewesen, in Ulrichen, wo die Ausläufer von Furka und Grimsel auf den Aufstieg zum Nufenen treffen. Zum 17. Mal hat er zum Turnier geladen, das so heisst wie er. Altstars haben gegeneinander gespielt, Türkyilmaz, Bickel und Co.

Blatter hat seinen Strohhut gelupft und in die Menge gegrüsst, strahlend, zufrieden. Er hat auch geredet, munter und zufrieden, etwa im Walliser «Nouvelliste». Darum erfährt man, dass er bei guter Gesundheit ist und darum keinen Grund sieht, nächstes Jahr nicht mehr als Präsident zu kandidieren. Zudem habe er beim Kongress in São Paulo enorme Unterstützung erhalten, und viele Verbandsvertreter hätten ihn gebeten, mit dem Abenteuer fortzufahren. Und was lernt der Mann von Welt daraus? «Dass es ein Fehler wäre, nicht weiterzumachen.» Und überhaupt, sagt er, «alle Teilnehmer sind mir gegenüber positiv gewesen. Niemand hat mir gesagt, ich solle aufhören.»

Selektive Wahrnehmung

Da staunt wiederum der Leser. War es nicht Greg Dyke, der Präsident des englischen Verbandes, der ihm unverhohlen und direkt ins Gesicht sagte, er solle zurücktreten? War es nicht der Holländer Michael van Praag, der ihn, Blatter, für das schlechte Image der Fifa verantwortlich machte? Waren es also nicht Europäer, die ihn so offen herausforderten, dass er verärgert darauf reagierte und brummend davonstampfte?

Vielleicht muss das irgendwann so sein, wenn man aus dem Ofenrohr kommt. Dann setzt die selektive Wahrnehmung ein oder die Gnade des Vergessens, wie man will. Bei Blatter ist das kein ganz neues Phänomen. Vor drei Jahren, nach seiner letzten Wahl, hat er noch hoch und heilig geschworen, das sei jetzt seine letzte Amtszeit, 2015 trete er definitiv zurück.

Thomas Schifferle

Thomas Schifferle

Aufgewachsen fussballerisch auf der Talwiesen und Schützenwiese in Winterthur. Gescheitert ebenda an den eigenen zu hohen Ansprüchen. Ohne schlechtes Gewissen mittlerweile seit zwanzig Jahren Newcastle United zugetan.

Weitere Artikel

« Zur Übersicht

15 Kommentare zu “Sepp Blatters Gnade des Vergessens”

  1. Dan sagt:

    Das wäre also demnach 1936 in Visp ein sog. “Schuss ins Ofenrohr gewesen”….
    …um bei der Fussball-Sprache zu bleiben: Blatter steht mind. 5m im Offside!
    …aber Busaccas “tolle Schiris” haben auch das wieder nicht gesehen.
    Als einigermassen Fussball-Begeisterter bleibt einem da wirklich nur noch Hohn und Spott um die real existierende Führungsclique bei der FIFA ertragen zu können.
    Schade, Fussball kann so etwas Schönes sein!

  2. Stefan Meier sagt:

    Blatter ist nur noch peinlich.

  3. Jaun Werner sagt:

    Die Herren Goran, Geezer,Fritzi wie alle sie recht haben. Hr Blatter kommt sich vor wie ein König.
    Nehmen sie doch jetzd den Hut es sind viiiiile andere di fähig sind, disen Posten zu übernehmen

  4. Dannacher sagt:

    …..und senil ist er wohl auch schon.

  5. Hans Käslin sagt:

    Der Typ ist das was der Ecclestone in der Formel 1 ist.
    Beide halten sehr viel von sich selber, sorgen sich keinen Deut um ihre Nachfolge sind korrupt und machtgierig.
    Vielleicht braucht es solche skrupellose Geschäftsmacher denn es geht ja nicht mehr um den Sport.
    Es geht um Werbeverträge und das Prestige von Diktatoren und Despoten denen mit Fussballanlässen eine Plattform für ihre Selbstinszenierung geboten wird.
    Herr Blattner verkauft seine Spiele an den Meistbietenden. das ist es egal wenn bald eine Fussball WM in der Wèste stattfindet.

    • Anh Toan sagt:

      Ecclestone hat die Formel 1 zu dem gemacht, was sie heute ist. Er ist ein Unternehmer, er gestaltet etwas. Er mag korrupt und machtgierig, betrügerisch und was weiss ich sein, aber er ist erfolgreich und irgendwie auch cool.

      Blatter ist ein Funktionär, der sich im Licht seiner Funktion sonnt, sein einziger Verdienst am Fussball ist die WM in die Wüste vergeben zu haben. Und er hat uns die Torlinientechnik als seine Innovation verkauft, dabei konnte er sie einfach nicht mehr länger verhindern. Was ihm mit dem Videobeweis noch immer gelang. Verändert hhat er die Strukturen der Fifa, mehr Macht für die Funktionäre, er ist ein Apparatschik, ich wüsste nicht, wie widersprechen, wenn jemand sagt ein korrupter dazu, erfolgreich einzig im Ausbau von Macht, und sowas von uncool!

  6. tomS sagt:

    Schon nur wegen Sepp Blatter darf Roger Federer nicht zurücktreten. Solange ich im Ausland zuerst auf King Roger angesprochen werde, bin ich um das Image der Schweiz einigermassen beruhigt.

  7. Noch vor einem halben Jahr schien er selbstkritisch eigene Schwächen zu erkennen, als Blatter sagte “Die WM-Vergabe an Katar war ein Fehler”. Es tönte ganz klar so, als ob er drauf und dran sei das Präsidentenamt abgeben zu wollen – offenbar hat er aber auch das inzwischen schon wieder vergessen…

  8. Fritzi sagt:

    Der Sepp ist ein korrupter Typ und ist von sich selber eingenommen. Er kommt mir vor wie ein Aal den man nicht fassen kann. Weg mit ihm einfach weg.

  9. geezer sagt:

    jaja, der sepp! je älter dass er wird, desto mehr scheint er zu glauben, dass die welt so funktioniert wie sein wallis (der dorfkönig kann schalten und walten, wie er will). der typ wird echt zur hypothek für unser land. es wäre an der zeit, dass auch die hiesigen politiker ihm mal nahe legen würden, dass er sich auf sein altenteil zurückziehen soll.

    • Josh Bridges sagt:

      Auf der Ebene “hiesiger Politker” kann er wohl kaum Ratschläge annhemen. In seinen Augen handelt es sich hier nur um die Ersatzbank einer 17. Unter-Unter-Liga Mannschaft. Er, der mit dem Emir von Katar, dem Papst, Merkel, Sarkozy und Co. auf “Duzis” ist, soll plötzlich von totalen Nobodys Ratschläge annehmen?

  10. Goran sagt:

    Der Seppi ist halt ein “Vergesslicher” geworden! Vielleicht waeren Medikamenteneinnahemn von der Roche, Novartis oder indirekt EMS Chemie von Noeten?

  11. René Kocher sagt:

    Muss er noch eine Amtszeit “aussitzen”, damit er eine saubere Amtszeit hinterlässt?
    Es sollte dringendst eine Altersbeschränkung für Funktionäre der FIFA eingeführt werden.

  12. Ch. Schär sagt:

    Als könnte die Welt nicht ohne ihn. Der Typ ist imageschädigend für die Schweiz.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

 Zeichen verfügbar

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.