Mein peinlichstes Geheimnis

Zum Erwachsenwerden gehört eigentlich auch, dass man seinem Körper nicht immer wieder dasselbe zumutet. Foto: iStock

Ich bin krank. Und ich bin, wie meistens, wenn ich krank bin, selber schuld. Letzten Freitag musste ich in der Stadt ein paar Erledigungen machen, die Sonne schien, und es war bitterkalt, es hatte ja Donnerstag geschneit. Ich duschte und machte danach das, was ich immer mache und weswegen ich unzählige Male schon krank wurde. Ich zog mich nicht an, sondern lief so lange mit dem Handtuch herum, bis ich zehnmal niesen musste und mich anzog. Dann ging ich raus ohne Schal, weil ich Schals hasse und die dicke Wollwurst den ganzen Look versaut.

Ich muss dazu sagen, dass ich Winterkleidung generell verabscheue. Alles, Strumpfhosen, Mützen, dicke Pullis, unförmige Jacken, Schuhe mit Gummisohlen, all diese Dinge, die man unfreiwillig tragen muss. Früher, in meinen Zwanzigern und Dreissigern, lief ich bis Ende November mit nackten Beinen herum, allerdings mit Stiefeln, und war stolz darauf, die erste Strumpfhose erst mit dem ersten Schnee zu tragen.

Schals sind unerwünscht

In New York tragen die Ladys im Winter nie Strümpfe, Strümpfe und Strumpfhosen sind unfein und unmöglich, aber ich schaff das schon lange nicht mehr. Die erste Strumpfhose durfte jetzt schon im Oktober abends an die Beine, aber Schals sind einfach zu polarig. Es gibt ja Frauen, die tragen gerne Schals, auch im Sommer, haben immer irgendeinen Lappen um den Hals gewickelt, aber nicht in meinem Umfeld. Schals sind unerwünscht.

Mir war Freitag natürlich sofort eisig kalt an meinem nackten Hals. Handschuhe hatte ich zwar dabei, aber zog sie nicht an, weil das Anziehen und Ausziehen so nervt. Ich fror und meine Körpertemperatur sank bei meinem kurzen Ausflug so richtig nach unten. Also nach Hause in die heisse Wanne, Haare waschen – und dann machte ich dasselbe wie morgens, wartete viel zu lange mit dem Föhnen! Am Samstag ging es mir richtig schlecht und am Sonntag auch. Ich verbrachte das Wochenende im Bett, mit der Wärmeflasche und Tee. Heute gehts wieder, aber noch ein Fehler, und ich liege bis Weihnachten darnieder.

Wie in einer billigen Soap

Zum Erwachsenwerden gehört auch, seinen Körper und sein Immunsystem so weit zu kennen, dass man sich selbst nicht immer wieder denselben Streich spielt und dann umkippt und liegen bleibt. Wie ein doofer Witz in einer billigen Soap: Jetzt läuft sie wieder mit dem Handtuch herum, haha, in der nächsten Folge liegt sie dann mit Schüttelfrost im Bett und sagt alle Termine ab.

Ich frage mich, warum er bei mir nicht funktioniert, dieser Schritt des Erwachsenwerdens. Der Winter hat eben erst begonnen, ich habe überhaupt keine Lust, die meiste Zeit im Bett herumzuliegen, wie schon oft, denn diese Sorte Kranksein ist nur Lebenszeitverschwendung, sonst gar nichts. Eben wollte ich die Post holen und war schon im kalten Hausflur, da fiel es mir ein, ich ging zurück und zog mir eine Jacke und Schuhe an. Jetzt habe ich Ihnen mein peinlichstes Geheimnis erzählt – behalten Sie es für sich – aber wünschen Sie mir, dass ich diese schwierige Hürde des Erwachsenwerdens endlich meistere!

54 Kommentare zu «Mein peinlichstes Geheimnis»

  • Pete Harisburger sagt:

    mol, das war echt wichtig. und so gut erzählt.

  • Laura Fehlmann sagt:

    Haha, das kenne ich. Nasse Haare draussen, Sommerschuhe und keine Mütze… der Vorteil wenn man Ü60 ist, dass man sich irgendwann keinen Deut mehr um solche Dinge kümmert. Warme Kleider bei Kälte sind wunderbar. Ein dicker Schafwollpulli, eine Mütze und Lammfellstiefel – so kuschelig. Interessant: Flirten geht trotzdem.

  • Sportpapi sagt:

    Peinlich ist es doch einzig, wenn man die eigene Bekleidung nach „New York“ oder dem Stil des Umfeldes auswählt.
    Ansonsten verstehe ich das vollkommen. Ich weiss auch nicht, ob ich im Leben schon mal Strumpfhosen, lange Unterhosen, Schal, etc. angehabt habe. Die Kappe brauche ich nur, wenn ich länger als eine Stunde bei Minustemperaturen unterwegs bin – dann schliesse ich auch für einmal die Jacke. Alles andere: hält mich offensichtlich gesund.
    Aber ja, etwas auf den eigenen Körper hören ist sicherlich nicht falsch. Krank werde ich meist nur, wenn ich übermüdet bin…

  • ADrian Wehrli sagt:

    It’s the Ego, stupid. Sein, Schein und Bakterienschleim. Zum Trost, die Modefalle ist universell und gehört einfach zur menschlichen Stupidität.

  • Niklas Meier sagt:

    Gehen Sie zum Arzt. Wenn es Sie wirklich ausknockt, wenn Sie bei Raumtemperatur trocknen, dann stimmt definitiv etwas nicht mit Ihrem Immunsystem.

    • marsel sagt:

      Der Arzt wird nichts finden. Manche sind einfach nicht robust. Vielfach sind’s Leute, die keinen Schritt mehr als nötig machen und höchstens im Bereich von 20 – 22°, Trockenheit und leichter Brise ein paar Meter zu Fuss gehen 😉 .

  • Anh Toàn sagt:

    „Kokettieren: Auf eine Eigenschaft von sich hinweisen, um sich so interessant zu machen.“

    Kokettieren ist süss bei Teenagern, peinlich bei Erwachsenen.

  • beatrice sagt:

    „…aber wünschen Sie mir, dass ich diese schwierige Hürde des Erwachsenwerdens endlich meistere!“

    ja, dies wünsche ich ihnen. und noch viel mehr… da gäbe es noch viel mehr was ihnen zu wünschen wäre im bezug aufs erwachsenwerden.

    geniessen sie ihr leben und erfreuen sie sich an den herrlich einfachen oberflaechlichkeiten des alltag.

  • maia sagt:

    Was genau ist jetzt eigentlich penlicht?

  • Krank wegen nasser Haare? sagt:

    Ein neues Immunsystem für Frau Kiani bitte! Mir ist absolut bewusst, dass ich mich über ein ausserordentlich gutes Immunsystem erfreuen kann, da ich krank sein am eigenen Leib eigentlich noch gar nie erleben musste. Dennoch ist meine Ansicht, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und man das besagte Immunsystem durchaus stärken kann. Sport (auch im Winter), Bewegung in der Natur, gesunde Ernährung etc. bewirken halt auch hier wahre Wunder. Also bitte, weniger Jammern mehr unternehmen.

    • Wäis Kiani sagt:

      liebe Frau Beck, Sie haben es erkannt, was ich nicht in den Text schreiben wollte: ich habe eine chronische rheumatische Krankheit und muss lebenslang Immumsuppressiva nehmen, was meine Dummheit noch dramatischer macht. Frieren ist ein Luxus, den ich mir erlauben kann.. LG-WK

  • Paolo Martinoni sagt:

    Seien Sie lieb zu Ihrem Körper. Sehr lieb. Denn einen Ersatz haben Sie nicht. Und der Körper ist alles – wirklich alles: die Quelle jeder Lust, jedes Schmerzes, der Ursprung jedes Wohl- und Unbehagens (auch jedes „seelischen“), ja Ihre wichtigste Ressource. Seien Sie also so lieb zu ihm, dass auch für Sie Mode, Outfit, Fassade und Anerkennung zweit-, ja drittrangig werden.

  • Benni Aschwanden sagt:

    Kenne ich gut von meiner Teenager-Tochter. Ja, ordentlich Anziehen ist so ein uncooles umständliches Erwachsenending. Etwas für Senioren, die ihre Kleider oft zwiebelschalenartig geschichtet tragen, auch im Sommer. Schuhe binden – zu anstrengend, einfach zulassen und mit dem Finger nachhelfen. Schal und Handschuhe – kratzen auf der Haut und sehen unsexy aus, jaja. Und dieser Blick immer beim Ermahnen die Jacke zu schliessen, um sich nicht zu erkälten. Und wenn dann die Nase wieder mal läuft und die Bronchien all den Schleim aushusten das trotzige „Nein, ich bin gar nicht erkältet – Nein, es ist nicht wegen der offenen Jacke…“. Naja, es gibt schlimmere Peinlichkeiten. Viele Leute tun Dinge, die ihnen schaden, obwohl sie es eigentlich besser wüssten. Wirklich Ihr peinlichstes Geheimnis?

    • Wäis Kiani sagt:

      Ja. Nicht peinlich genug? Tut mir leid… LG

      • Benni Aschwanden sagt:

        Naja, da kommen mir spontan noch viel peinlichere Eigenheiten in den Sinn – die wohl auch kaum jemand öffentlich ins Internet stellen würde: Penetrante Schweissfüsse, Inkontinenz, grosse Hämorrhoiden, unkontrollierte Selbstgespräche, Schreib- und Leseschwäche, chronische Unpünktlichkeit, unkontrolliertes Nasenbohren oder Daumenlutschen als Nicht-Kind …. In diesem Sinne ist Ihre Peinlichkeit vielleicht ein bisschen nervig, aber insgesamt doch eher harmlos und charmant.

      • andy sagt:

        Herr Aschwanden, erkennen Sie was sich aus dieser kleinen Peinlichkeit der gestressten aber hoch kompetenten Frau alles für Konsequenzen ergeben? Sie friert andauernd, sitzt oder läuft den halben Abend beinahe nackt in der Wohnung herum und nervt sich abgöttlich über die immer noch nicht getrockneten Haare bis Sie mit Fieber Wallungen die andere Hälfte des Abend im Bett verseucht und denkt wie schön es doch wäre mit einem herzlichen Freund Ferienpläne zu schmieden. Es gibt X Beispiele an schöneren Tätigkeiten die durch solch krankhafte Stress Multiplikatoren zum Albtraum und daher zur maximierten Peinlichkeit werden können.

      • maia sagt:

        Ich verstehe immer noch nicht: An der Geschichte ist doch überhaupt nichts peinlich!

        • andy sagt:

          Liebe maia

          Die Pein ist ein heftiges körperliches, seelisches Unbehagen, etwas, was jemanden quält.

          Von daher müssen Sie sich nicht Sorgen und Pein entwickeln.

          Es reicht durchaus wenn Frau Kiani von Ihrer Pein erzählt.

          Ist der 20er nun herunter gefallen?

          🙂

  • andy sagt:

    Liebe Frau Kiani

    Ich vermute stark, dass Ihr Problemchen nicht das Erwachsen werden ist, sondern das eher Erwachsen sein.

    Es gibt so viele Tricks, um solche Macken abzulegen. Alle funktionieren aber nur, wenn man es auch tut.

    Ich behalte Ihr Geheimnis für mich und drücke Ihnen ganz fest die Daumen.

    Schöne warme Festtage.

  • Erich sagt:

    Fönen schreibt man ohne „h“ ?

  • Christian sagt:

    Kälte macht nicht krank, sondern Viren und Bakterien. Krankheitsschleuder Nummer 1 ist der ÖV.

    • marsel sagt:

      Endlich sagt das mal jemand. Welcher Teufel hat bloss dieses blöde Wort „Erkältung“ erfunden? Kälte macht nicht krank, nur kalt.

      • Niklas Meier sagt:

        Wenn der Körper sehr schwach ist (beispielsweise bei kleinen Kindern oder alten Leuten), dann kann der Aufwand, die Körpertemperatur zu halten (das geht zu Lasten der Immunabwehr), eine Erkrankung begünstigen.

        Und weil man früher nichts (oder nicht viel) von Bakterien und Viren wusste, kam man zum logischen Schluss: Kälte=mehr kranke Kinder=Krank von der Kälte.

  • Bettina Baumann sagt:

    Komisch, dass noch niemand gemotzt hat darüber, dass eigentlich die Inkubationszeit von Schnupfen oder Grippe ca. 9 – 14 Tage dauert. Und sicher nicht bereits am Abend nach der Unterkühlung stattfindet. (Theoretisch). Wenns nicht mit Bakterien und Viren zu tun hat, dann schon…
    Statt Immunsuppresiva: Frau Wäis Kiani: schauen Sie dazu, dass Ihr Körper nicht übersäuert ist. 2 Liter gutes Wasser pro Tag trinken und basisch essen, Basenpulver einnehmen sowie Mikronährstoffe. Und Sie brauchen kein Immunsuppresivum für Rheumatische Beschwerden mehr. Probieren Sie es aus!

    • Peter Müller sagt:

      Und wer Ihre Tipps befolgt aber dauernd eine komische Verdauung hat, soll die Mikronährstoffe wieder absetzen – nach einer Woche ist alles wieder gut.

    • Christian sagt:

      Oh, wiedermal eine selbsterklärte Gesundheitsexpertin. Darauf hat die Welt gewartet!

    • Niklas Meier sagt:

      Sehr wichtig: kein schlechtes Wasser.
      Also nicht aus Tümpel, Teichen oder dem Spülkasten trinken. Auch die Mikronährstoffe reissen das sonst nicht mehr rum.

      • Wäis Kiani sagt:

        Ich trinke aber am liebsten aus Tümpeln, am allerliebsten aus Fischtümpeln- ein ganz wundervoller Geschmack! Oder aus Teichen mit Fischlaich und Kaulquappen, je nachdem, was es grade gibt. LG-WK

    • Martin Frey sagt:

      @Baumann
      OMG, was reden Sie da für verwirrendes Zeug!
      Womit haben Grippe oder Schnupfen nun zu tun, mit Viren, mit Bakterien, oder mit Säure? Und wie lange genau geht deren Inkubationszeit schon wieder? Verstehe jetzt gar nichts mehr, aber vielleicht können Sie uns mit profunden Ratschlägen weiterhelfen…
      @Kiani
      Ich weiss, Sie sind ein Medienprofi. Persönlich würde ich Ihnen trotzdem beim Ausbreiten allzu privater (medizinischer) Sachverhalte zu Zurückhaltung und Vorsicht raten. Sie kriegen die Büchse der Pandora nicht mehr zu.
      Thanksgiving-Dinner sind da bedeutend harmloser.

  • Julia sagt:

    Ich würde „New York“ durch „London“ ersetzen. Schauen Sie Sich mal die Strumpfhosen von Falke an. Ab einem gewissen Alter sieht ein bestrumpftes Bein einiges attraktiver aus als ein nacktes. 😉

    • Wäis Kiani sagt:

      Ich kenne Falke sehr gut, wenn ich das Alter erreiche, trag ichs vielleicht öfter, hab ja noch Zeit. Meine Beine sind makellos, da gibt es wirklich nichts zu meckern. Und Sie können ja in Ihren Texten ersetzen was Sie wollen… LG

  • Laura Fehlmann sagt:

    Und was sagt der Herr Doktor zu den eiskalten Winterbädern?

    • Wäis Kiani sagt:

      er hat mir nicht geglaubt, dass ich das wirklich frage, er dachte ich mache einen Witz. Er hat nur gelacht, so eine Frage hat er mir nicht zugetraut. Sorry, keine kalten Winterbäder für mich hahaha… ich hätte es auch nicht gemacht, wenn er gesagt hätte, unbedingt machen!

      • Laura Fehlmann sagt:

        Eiswasser statt Medizin – das spült kein Geld aufs Konto der Ärzte.

      • Richard Köppel sagt:

        Schätze Herr Fehlmann ging von kalten Bädern in Kombination zur Sauna aus, aber ob das in Ihrem Fall das Richtige ist, wer weis… ich persönlich würde es lassen.

        • Laura Fehlmann sagt:

          FRAU Fehlmann bitte. Ich meinte Winterschwimmen in einem Fluss oder See, was regelmässig betrieben gut gegen rheumatische Beschwerden ist.

  • R. Wenger sagt:

    An Kneipp denken und sich ein wenig abhärten. In der Wohnung bin ich sehr leicht bekleidet und gehe so auch auf die Terrasse und mit wenig mehr auf die Strasse. Schaden genommen habe dabei ich noch nie. Bin zwar nicht über 60, aber über 90. (1923)

    • UrsO sagt:

      Ein ü90 Raucher beweist auch nicht, dass Rauchen gesund ist…

      • andy sagt:

        Übertreiben Sie es bloss nicht, Herr Wenger. Mag es Ihnen gönnen, dass Sie gesund ein so hohes Alter haben. Wie sagt man so oft, die ersten 100 Jahre sind schlimm, nachher wird alles von alleine besser. 🙂

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