Wir Alten brauchen keinen Sex-Nachhilfeunterricht

Nach vielen Jahrzehnten sexueller Erfahrung weiss man ziemlich genau, was einem Spass macht und was nicht. Foto: iStock
Wie wichtig ein (erfülltes) Sexleben für ältere Menschen ist, steht ja bald in jedem Heftli, Tipps inklusive. Ich frage mich zwar, warum man sich bemüssigt fühlt, uns bezüglich Sex ungefragt zu beraten. Schliesslich verfügen wir Seniorinnen und Senioren über ein kostbares Kapital: reiche Erfahrung. Als wir jung waren, kam wirksame Verhütung auf den Markt, Aids gabs noch nicht, und viele von uns alten Hippies warfen die moralischen Vorschriften unserer Eltern über den Haufen. Das war nicht immer nur positiv, aber es war so.
Das alles ging mir durch den Kopf, als ich voll Neugier das Gespräch von Michèle Binswanger mit der Sexologin Maggie Tapert las. Ehrlich gestanden, lassen mich gewisse Aussagen ratlos zurück. Die Frage etwa, «wie überholt unsere Sexualität heute eigentlich sei», habe ich mir noch nie gestellt. Müsste ich das nachholen? Kann Sexualität denn überholt sein? Wovon denn? Oder befinden wir Alten uns auf der Überholspur, weil wir alt sind und deshalb ausgetrampelte Pfade verlassen müssen?
Ich gerate ins Grübeln und frage mich, ob ich einen Orgasmus-Workshop hätte besuchen sollen. Oder unter Anleitung lernen, wie ein Mann für mich zum Sexobjekt wird. Ist unsere eigene Fantasie wirklich so unzureichend und beschränkt, dass es Nachhilfeunterricht braucht?
50 Jahre Erfahrung
Nun, das Gespräch mit der Sexologin betraf offenbar Frauen ab 35, die seit etwa 15 Jahren sexuell aktiv und programmiert sind – wie dies auch immer aussieht. Ich habe gerechnet: Nächste Woche werde ich 64, mit 14 habe ich zum ersten Mal mit einem Jungen herumgeknutscht, bin also 50 (!) Jahre sexuell aktiv. Was ist denn nun der Unterschied zwischen der 35-Jährigen und mir, ausser dem Alter? Sicher die Erfahrung. Und vielleicht noch, dass ich mir bisher noch keine Gedanken darüber machte, ob mein Sexleben «überholt» sein könnte.
Ich bin aber überzeugt, dass wir alle weniger über Sex nachdenken sollten, sondern uns an dem freuen, was wir haben: unseren Gespielen nah sein, Spass haben, offen sein und ehrlich miteilen, was wir gern machen, und was nicht.
Kopflastiges Liebemachen
Der Orgasmus sei nur das Ticket für den Eintritt in die Sexualität, die für uns Frauen mehr bereithalte, als wir uns bewusst seien, sagt Frau Tapert. Wir, die mit unseren Orgasmen zufrieden sind, liegen also falsch. Taperts Aussage hat für mich den Beigeschmack von anstrengender, notwendiger, mühsamer Weiterbildung. Natürlich braucht es beim Sex Kommunikation. Aber einen Kurs besuchen und das Gelernte dann anwenden beim Liebemachen finde ich nun doch allzu kopflastig. Aber junge Frauen sehen das vielleicht anders.
Die sexuelle Begegnung besteht meiner Meinung nach aus vielerlei Gefühlen, aus Trieb, aus Spiel, Improvisation und – ist das jetzt überholt? – aus Liebe. Sexualität nach Lehrbüchlein mit Schmusen, Vorspiel, Akt und (hoffentlich!) Orgasmus kommt auch mir überholt vor. Aber beim Sex ist es ähnlich wie beim Essen: Manchmal stopft man einfach eine Portion Pasta in sich hinein, und der Hunger ist gestillt. Und hie und da gönnen wir uns ein wunderbares Festessen. Ich denke, das ist nicht nur bei Seniorinnen und Senioren so. Oder müssen wir uns von einer Sexologin zeigen lassen, wie ein erfülltes Sexleben aussehen muss?
55 Kommentare zu «Wir Alten brauchen keinen Sex-Nachhilfeunterricht»
Wer alles auf sich selbst bezieht und sich rechtfertigen muss, ist … na ja … uninteressant. Vor allem wenn man das mit 64 noch nicht begriffen hat.
Ich finde nicht, dass Frau F sich rechtfertigt – sie wirft mMn einfach einen anderen Blickwinkel auf das Thema. Kein Grund, so pampig zu sein, RoXy.
Es ist in meiner Praxis tatsächlich ein immer wiederkehrendes Thema, dass Paare extrem erleichtert sind, wenn sie sich von Ansprüchen befreien können, die sie sich irgendwann mal zugelegt haben und hier überprüfen können. Das geht in der Regel über Leidensdruck (zumindest bei einem der Partner). Es ist nun mal so, dass die Sextherapeuten und ‚Exoten‘ mehr mediale Aufmerksamkeit bekommen als die mässigenden Stimmen, also die, die jedem Paar (und jedem Menschen) seine ureigenste Form der Sexualität zugestehen – und das kann auch durchaus eine Entscheidung gegen Sex sein.
Ich finde nicht, dass sie einfach einen anderen Blickwinkel auf das Thema wirft. Ich finde sie schliesst von sich auf alle: weil es für sie kein Thema ist, ist es doof und unangebracht.
Diese Ich-Bezogenheit zieht sich auch durch indem sie sich zum Sprachrohr ihrer ganzen Generation macht. (Was ich geradezu pubertär finde. Nicht alle ü60 waren Hippies und lebten freizügig.)
Sache ist, dass sie Frau T. nicht versteht und nun darüber lästert. ^
Ich fand der Artikel hingegen lesenswert und er deckt sich auch mit meiner Erfahrung. Und ich bin überzeugt, dass es Menschen gibt, die davon profitieren.
Wenn sie so super ist, dass sie das nicht braucht, und ein Sexhero ist, ok. Aber kein Grund so abwertend über Frau T.‘ s Arbeit herzuziehen.
‚Aber einen Kurs besuchen und das Gelernte dann anwenden beim Liebemachen finde ich nun doch allzu kopflastig.‘
Weniger kopflastig, sondern Geschäftsmodell.
Ein Heftli, Frau Lehman, ist keine ungefragte Beratung. Es sei denn, man zwingt Sie, es zu lesen – was kaum der Fall sein wird. Ihr Einwand, wonach Seniorinnen und Senioren über reiche Erfahrung verfügten, halte ich für haltlos, denn in Sachen Liebe und Sexualität bleiben die meisten von uns bis ins hohe Alter unbedarft, befangen, im Grunde Anfänger. Für viele ist und bleibt die Sexualität ein Tabu, etwas, wovor man Angst hat, wovor man sich schützen muss. Nicht viele haben zudem die Möglichkeit, sie wirklich auszuloten, und von diesen nehmen sich nur ganz wenige die Freiheit, es auch zu tun, denn es braucht viel Mut. Ich kenne Leute, auch ältere Leute, die nicht einmal beim Arzt, beim Psychologen das Thema Sexualität entspannt angehen können, die sich schon beim Wort Selbstliebe winden.
Wer in den 60ern zur Reife kam, dürfte die Sexualität kaum als Gefahrenzone sehen. Damals gab es die Möglichkeit, mit Pille, ohne Aids angstfrei zu lieben und zu experimentieren. Auch für Frauen, und unbeeinflusst vom Einfluss von Pornographie, die leider die Wahrnehmung heutiger Jugendlicher prägt.
Frau Meier
Eine durchsaus blumige Zeit der befreiten Liebe und Sexualität. 15 Jahre später war es schon vorbei …
Und ich stimme mit Sonusfaber überein, dass jede Generation nur eine kleine Anzahl mutiger Zeitgenossen hervorbringt die sich so zeigen wie sie wirklich sind.
Glück hat, wer in einer Zeit adolescent wird, die sich im Umbruch befindet! Jetzt gerade ist so eine Zeit, wo endlich gleichgeschlechtliche Ehen zugelassen werden..
@ Astrid Meier Doch, auch damals, wenngleich in weniger ausgesprägter Form, denn die Sexualität ist und bleibt etwas zutiefst Archaisches und Anarchisches, eine unberechenbare Urgewalt, die auch Bewährtes (langjährige Beziehungen zum Beispiel) erschüttern kann, daher etwas, das den meisten von uns schon immer und immer mehr in unserer zivilisierten Gesellschaft Angst einflösst (obwohl sie zugleich auch viel verspricht, versteht sich). Bedenken Sie zudem, die die sexuelle Freiheit der 60er-Jahre eine Reaktion war auf viele Jahrzehnte strengster Sexualmoral – daher war die Angst nach wie vor da, man hat sich nur dagegen gestellt, man hat rebelliert, aber von wegen hatte man keine Angst …
Übrigens, Frau Lehman: Auch Sie haben UNGEFRAGT über das Thema (Sexualität im Alter) geschrieben, nicht nur die Autorinnen und Autoren der von Ihnen angeprangerten Heftlis … 🙂
Ich persönlich, obwohl mich das Thema Sexualität extrem interessiert, lese solche Heftli nicht, bin aber trotzdem dezidiert gegen jede Art von Zensur. Überlassen Sie es also jdem von uns, für uns selber zu entscheiden, was wir lesen bzw. nicht lesen möchten, bitte.
Habe ich verboten, andere Publikationen zu lesen???
Verfügen Seniorinnen und Senioren tatsächlich über reiche Erfahrung in Sachen Sexualität? Man stelle sich vor, wie viel Zeit und Ressourcen die meisten von uns im Laufe Ihres Lebens in die Karriere investieren, in den Sport, in dei Reiserei, in die Schul- und Weiterbildung, in die Kindererziehung und ins Geldverdienen. Extrem viel. Viel weniger aber in die Sexualität. Man denkt vielleicht (insgeheim) viel darüber nach, man hat vielleicht viele (verdrängten) Wünsche, Begehrlichkeiten, vor allem in jüngeren Jahren – für die meisten von uns (Männern) aber ist die Sexualität nicht viel mehr als ein paar erlösende Ficks pro Woche, was unter anderem auch gut erklärt, warum das Sexualleben so vieler Paare auf die Dauer erlahmt, sich verabschiedet. Und wir sollen erfahren sein? Wie bitte? 🙂
Ich kann nicht für andere Senioren sprechen, aber mein Mann und ich sind beide 60+ und wir haben immer noch Spass am Sex – und wir sind auch beide offen für Neues.
Aber im Gegensatz zu den Männern haben wir Frauen – leider – unsere Wechseljahre, da kann das sexuelle Liebesleben schon mal drunter leider.
Zudem – wer legt eigentlich fest, das man bis in’s hohen Alter Sex haben muss ?? Vermutlich diese Berufsgruppe der Sexologen. Das scheinen mir Menschen zu sein, die mit uns Probleme lösen wollen, die wir ohne sie garnicht gehabt hätten.
Eine Freundin (60+) von mir hat einen 80järigen Freund. Und ja, sie haben immer noch Sex. Offenbar guten Sex. Nicht mehr so wild. Aber Sex eben. (ohne Viagra) Dieser ihr Freund sieht 20 Jahre jünger aus. Ist schlank, fährt wenn es geht, täglich Velo (Rennvelo) und geniesst u.a. sein Motorrad, mit dem er immer noch über den Gotthard fährt. Und wie bitte? Er /Wir soll/en nicht erfahren sein?
schliess mal nicht von dir auf andere. ausserdem ist guter sex zum glück nicht so kompliziert dass man es aufbauen müsste wie eine karriere, oder täglich stundenlang abrackern wie arbeiten. im gegenteil. ein bisschen mehr fliessen lassen ist der sache zuträglich.
„ein paar erlösende ficks pro woche“ <– was ist daran falsch? pro woche? davon träumen ja wohl die meisten nur 🙂
Kann vielleicht endlich jemand sagen, was „erfüllte“ oder „erfahrene“ Sexualität genau beinhaltet statt nur davon zu raunen. Schmusen, Vorspiel, Akt, Orgasmus dünkt mich schon ziemlich viel. Was macht ihr denn so im Bett? Rollenspiele? Tantra-Orgien? Komme nicht draus.
Sie reden von Äusserlichkeiten. Selbst wenn all diese Dinge „perfekt“ sind, können sie so nichtig sein wie eine Droge, eine Flucht, ein Gefängnis, ein Selbstbetrug.
An Äusserlichkeiten allein kann man erfüllende Sexualität nicht ausmachen.
Wie sagt man? Der Ton macht die Musik. Ein Orchester/Combo kann das gleiche Stück spielen, die gleichen Noten, dennoch können Welten dazwischen liegen.
Ich sage manchmal im Spass: „Wer an Verschwörungstheorien glaubt, kann nicht wirklich guten Sex haben.“
sarah fragt doch einfach konkret, was denn gemeint ist mit diesen andeutungen, die doch nur wie werbeversprechen klingen, oder eben wie eine verschwörungstheorie („orgasmus = nur ein ticket“). mich hat das eben auch eher misstrauisch gemacht. wenn jemand so tut als ob sex irgendwas mit höherer bildung zutun hätte, wirkt das nur überheblich und scharlatanig
Die eigenen Empfindungen in allen Ehren, aber sie sind nicht Mass aller Dinge.
Andere Menschen haben das Recht aufgrund anderer Erfahrungen andere Empfindungen zu haben.
Ich habe Sarah (und auch Carolina) geantwortet. Das ist in aller Kürze meine ganz ehrliche, aus meiner Erfahrung gewonnene Meinung.
@Fehlmann: Auch ich finde M. Tapert Ansichten seltsam, aber sie macht halt PR für ihr Geschäft. Und da Zürich eine unsexy Stadt ist, in der sehr viele sogar Mühe haben, anderen in die Augen zu sehen, kann ich nachvollziehen, dass Tapert ein Geschäft wittert. Das tun Geschäftsleute, wenn sie irgendwo einen Mangel erkennen. Vermutlich trifft sie bei Ihnen einen wunden Punkt, weil sie bevormundend und besserwisserisch ist. Was mich aber bei Ihnen stört, ist, dass Sie meinen, „junge Frauen sehen das vielleicht anders.“ Warum diese Verallgemeinerung? Warum denken Sie, dass jüngere Frauen unkritischer sind als Sie? Glauben Sie wirklich, dass alle jungen Frauen so naiv sind, jedem Trend zu folgen? Damit zementieren Sie ein Vorurteil und kommen leider so besserwisserisch rüber wie Tapert.
Liebe Frau Feldmann, ich bin sicher, junge Frauen sehen Sexualität an und für sich anders. Das meine ich nicht wertend. Anders denken, heisst nicht, naiv sein und jedem Trend zu folgen. Aber offenbar ist Frau Tappert Kundschaft plus/minus 35-jährig – wie ich gelesen habe.
Super Artikel
Stimme voll zu
Aber Frau Fehlmann!
Sie wollen sich doch nicht dem Trend zur konstanten Selbstoptimierung verweigern?
Und bedenken Sie bitte auch:
Es gibt IMMER jemanden, der meint, erodersie wisse es noch VIEL besser als Sie.
Grins 😉
Oh, tut dieser Artikel gut!
Die Sexologin würde besser Erklärungen dafür
abgeben, wieso heute Beziehungen (sofern sie
denn diesen Namen übnerhaupt verdienen) mir
nichts dir nichts per SMS aufgelöst werden. Nach
dem Motto: nur ja keine vertiefte Diskussion ..
Wir Alten wissen ohnehin alles. Oder zumindest besser, als die Jungen, egal wie viel die dazu studiert, nachgedacht haben.
Bitte nicht von sich auf andere beziehen!
Werde im Sommer 55 und bei uns ist schon seit 1,5 Jahren Flaute in Sachen Sexualität und Berührungen meine Frau ist 49 und macht lieber Karriere.
Was in dieser Situation tun, wenn man seine Frau liebt?
Eigentlich ganz einfach: Sich nicht einreden lassen man habe ein Problem. Liebe kommt an erster Stelle.
Wenn Sie darunter leiden (das entnehme ich dem Begriff ‚Flaute‘, aber bitte korrigieren Sie mich), unbedingt, aber wirklich unbedingt, ansprechen. Wappnen Sie sich, dass einige unangenehme Wahrheiten zur Sprache kommen können, ja vielleicht sogar sollten, aber seien Sie ehrlich mit sich selber und respektieren Sie das auch bei Ihrer Frau.
Versuchen Sie mal das: Reden Sie drei Tage und Nächte kein einziges Wort mit ihr. Weichen Sie aus, gehen sie ins Bad, zur Tür hinaus, lesen Sie Zeitung und sagen einfach nichts. Wenn sie es nicht mehr aushält, dann legen Sie ihr ein Zettelchen hin. „So ist das für mich wenn ich dich nicht anschauen und berühren darf.“
So war’s bei mir auch! Sie wollte nach 20 Jahren Ehe auch nicht mehr berührt werdena… abernur von mir nicht! Bei einem anderen konnte sie nicht genug bekommen. Schon mal daran gedacht? Das Problem löste sich ganz von alleine: Scheidung!
@FB: Da ist viel Bitterkeit in Ihrem kurzen Kommentar. Das tut mir sehr leid. Vielleicht geht es wohl vielen wie Ihnen so, weil dem Sex durch all die – insbesondere von den Medien inszenierte Überflutung der letzten Jahre –
eine solch hohe Bedeutung beigemessen wird, dass man von LIEBE kaum mehr spricht. Der eine ohne die andere mag zwar eine Zeitlang prickelnd und berauschend sein, aber schon nach kurzer Zeit kann allein „guter Sex“ (was auch immer darunter zu verstehen sein mag) – nicht mehr genügen, um eine glückliche Beziehung zu leben. Was bleibt ist Enttäuschung, Frust und Verbitterung, wie in Ihrem Fall und dem Ihres Vorkommentators. Schade.
Liebe Frau Fehlmann,
ein grosses Danke für ihre offene Sichtweise – sie sprechen mir aus dem Herzen!
Es überkommt ich immer mehr das Gefühl, dass uns „Komplexe“ und nicht „optimiertes Verhalten“ in allen Lebenslagen aufgeschwatzt werden, damit andere um so mehr davon profitieren können – mit seltsamen Vorträgen und Workshops, bergeweise Ratgeber- sowie „Fachliteratur“ etc.. Was einzig zählt ist unser Bauchgefühl und eben auch die gemachten Lebenserfahrungen – wir sollten uns mehr ver- und zutrauen!
Liebe Frau Fehlmann
Das Sexuelle wird überbewertet. Die Suche nach der „besseren Hälfte“ endet oft beim Sexpartner/partnerin. Der Körper ist zwar kurzzeitig befriedigt und das Kind gesund, aber die Sehnsucht der Seele nach ihrer Ergänzungshälfte bleibt unbefriedigt. Die Seele sehnt sich nach IHRER Ergänzungshälfte, welche verborgen im eigenen Innern liegt, im Unbewussten, Ungeoffenbarten, da, wo es keine Zeit, keinen Körper, keinen Tod gibt: nur ewige Glückseligkeit im Einheitsbewusstsein.
Vielleicht sind sie noch zu jung dafür.
Erfüllte Sexualität ist ein Luxus, der überbewertet wird. Aber Ergänzungshälfte??? Wir sind keine Hälfte, sondern ganz.
Es ist beim Sex leider so wie in den letzten Jahren fast in allen Lebensbereichen: Es muss alles „zerredet“ und „verkopft“ werden, obwohl eigentlich kaum ein wirklich dringendes Bedürfnis danach besteht. Aber das sind gute Geschäftsmodelle für selbsternannte oder echte „Experten“ aller Art.
Danke, Frau Fehlmann, das ist erfrischend wahr.
Die Sätze ‚…..manchmal stopft man sich eine Portion Pasta hinein………. Und hier und da gönnen wir uns ein Festessen……‘ gefallen mir. Ich füge noch hinzu: und manchmal fasten wir – gewollt oder ungewollt.
Ich bin eine von denen, die von ihrer (Fast-Hippie-)Mutter zu einer offenen, aufgeklärten, Selbsterfahrung praktizierenden Sexualität gedrängt worden ist – ich habe es gehasst! Heute versuche ich meinen Kindern beizubringen, dass Sexualität etwas ganz Individuelles ist, dass Ansprüche anderer (also auch mediales Gequake) keine grosse Rolle spielen sollten (es sei denn, als Ideengeber) und dass sie ein Recht auf Respekt und absolute Privatsphäre haben. Dazu gehört auch, dass man die Sexualität anderer nicht für defizitär hält!
Zu offener Sexualität gedrängt worden… hmmm … liest sich nicht gut. Drängen zu Offenheit ist ein Widerspruch in sich selbst. Und ja, Urteile über die Sexualität anderer können nur falsch sein.
Na ja, so schlimm war es auch wieder nicht, wenn man mal von ihrer immer wiederkehrenden Aufforderung zur körperlichen Selbsterfahrung absieht! Heute können wir darüber lachen, was übrigens für guten Sex oft viel wichtiger ist als dieses bierernste Streben nach multiplen Orgasmen. Das Zerreden und Überanalysieren ist absolutes Gift für Spass am Sex.
Es gibt ein schönes, kleines, witzig geschriebenes Büchlein von der inzwischen leider verstorbenen Bärbel Mohr. Titel: Sex wie auf Wolke 7. Eine kleine Kostprobe: „Die Stellung ist total egal. Du kannst kopfüber von der Kirchturmuhr hängend Sex haben. …“ Das hätte ich weder als 15-Jähriger noch heute (ich werde in zehn Tagen 65) ausprobieren wollen. Dennoch freue ich mich, das Büchlein mal mit meiner künftigen Sexualpartnerin zu lesen, sozusagen als erfrischendes geistiges Vorspiel!
Übrigens: Warum steht dieser Beitrag in der Rubrik „Vergnügen“? Klar ist Sex auch Vergnügen, aber weit mehr als das. In dieser Rubrik erwarte ich so unwichtige Dinge wie Jassen, Fußball etc. Dagegen würde ich Sex (wie z.B. auch Musik) sozusagen eine Stufe höher in die Rubrik „Körper und Seele“ einordnen.
Der Orgasmus findet im Kopf statt. Also streckt die Köpfe zusammen!
Kann sein – kann aber auch nicht sein. Auch in unserer Generation 68 gab es Frauen, die sich vor Sex fürchteten, Angst hatten, verklemmt waren und andere die einfach neugierig und offen waren. Vielleicht half oder hilft es den ersteren. Von daher, warum nicht. Für die zweiten bracht es das nicht. Ich denke die junge Generation wurde im Gegensatz zu uns Alten, viel mehr von Filmen und Porno beeinflusst…In vielen diesen Filmen hopsen die Paare herum wie verrückt und es ist ein Rammeln das nie aufhören will, dazu schreit die Frau wie am Spiess….Wenn das dann Vorbilder sind für die Frauen und sie meinen, sie müssten so im Bett ihren Sexapell beweisen….dann hat Frau T. recht. Dann ist eine Befreiung nötig. Denn ist Entspannung angesagt.
Ich bin überzeugt, dass ich mit meinen 59 Jahren „sexuell“ (leider) weniger erfahren bin als die meisten 30-Jährigen. Und ich kenne Gleichaltrige, die dasselbe behaupten würden von sich. Immerhin finde ich es schön, dass man heutzutage reden und schreiben kann, ohne sich schämen zu müssen. Insofern begrüsse ich auch die Ratgeber, zumal man nie alles wissen wird auf dem Gebiet – gezwungen, sie zu lesen, wird eh niemand.
Mägi
Ich bin 75 Jahre alt und habe immer noch gerne Sex. Für mich ist es der Ausdruck einer tiefen Liebe. Ein Geben und nehmen, verbunden mit einer tiefen Dankbarkeit, denn es ist nicht selbstverständlich.
Wie schön!
Vielen Dank für diese Stellungsnahme Frau Fehlmann. Als Sexualmedizinerin und 59 jährige Frau weiss ich aus beruflicher und privater Erfahrung um die „Last“, wenn Sex zu einem Bildungsprogramm und dadurch zu einem „Leistungsanspruch“ wird. Wir sind nicht so kompliziert wie uns gerne weisgemacht wird, und auch sicher nicht so unwissend, denn unsere Körper, wenn wir sie spürend erleben, wissen was für uns wann stimmt. In jedem Alter.
Selbstoptimierung, Sexualberatung, Frau als Reizwäsche-Modell mit 59: alles scheinen mir Instrumente, um aus den Defiziten der heutigen Gesellschaft Kapital zu schlagen. Menschen sind oft unzufrieden und nun wird ihnen vorgeführt, dass mit Geld die Zufriedenheit eingekauft werden kann…man hat ja nur ein Leben und will alles reinpacken, und zwar schnell!
Sex wird aus meiner Erfahrung erst ein unendliches Abenteuer, wenn man ihn nicht mehr als ein „Nehmen/Kompensieren“ versteht, sondern als ein „Geben.“ Wer will jedoch beim One-Nigth-Stand lediglich dem Fremden etwas geben??? Weder Sex/Kleidung/Selbstoptimierung bedürfen eines Nachhilfekurs durch Experten, sondern die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wer die sofortige Befriedigung sucht, dessen Durst wird nie für längere Zeit gestillt
Wir sind ganz im Diesseits?
Ich zitiere Paul Klee:
Diesseitig bin ich gar nicht fassbar.
Denn ich wohne grad so gut bei den Toten,
wie bei den Ungeborenen.
Etwas näher dem Herzen der Schöpfung als üblich.
Und noch lange nicht nahe genug.
Das meine ich mit Ergänzungshälfte der Seele.
Schönes Gedicht. Aber ich bin weder Künstler, wie Herr Klee, noch esoterisch, sondern fühle mich eins mit mir und der Welt- meistens.
Tja, erfahrungsgemäss sind es gerade die „Allwissenden“, die am meisten Nachholbedarf haben..
Kann es tatsächlich sein, dass sich irgendein halbwegs normaler Mensch auf dieser weiten Welt findet, der in dieser grauenerregenden Betonzelle und diesem sargähnlichen Verschlag (in gewissen Kreisen möglicherweise „Bett“ genannt), Lust auf Sex verspürt?
Ja ich! Mein Bett ist auch kein Sarg, sondern eher das Gegenteil. Und hinter dem Beton beginnen Wiesen und Felder!
Danke, Frau Fehlmann! Heute wird allen, die einfach nur normalen Paarsex haben und damit happy sind, eingeredet, sie kämen zu kurz und es fehle ihnen etwas. Schade.
Nonsense, wer mit seinem Sexualleben zufrieden ist, liest entsprechende Ratschläge in Heftlis allenfalls um sich zu unterhalten und geht bestimmt nicht zu einem Sexologen oder so.
Also bei mir auf alle Fälle hat noch keiner von denen an der Tür geklingelt um ungefragt mein Sexualleben zu verbessern.