Best of: Was Frauen übers Masturbieren wissen müssen

Es sind Sommerferien, auch für unsere Autoren. Deshalb publizieren wir einige Beiträge, die besonders viel zu reden gaben. Dieser Beitrag erschien erstmals am 11. Januar 2018.

Wundermittel: Selbstbefriedigung hilft gegen Stress, Schlaflosigkeit und Menstruationskrämpfe. Foto: iStock

Zuerst fand ich es ein bisschen lächerlich. «Sie kommen», so hiess der Titel einer Story im «Zeit-Magazin» Ende November. Der Inhalt: Eine 31-jährige Journalistin lernt mithilfe einer Website, sich selber zu befriedigen. Und oh mein Gott, ihr Leben hat sich gewaltig verbessert! Ich fand es lustig, weil ich es nicht glauben konnte: Sie brauchte 31 Jahre, bis sie entdeckte, wie das geht? Armes Kind. Müssen wir darüber reden?

Das war vielleicht etwas gemein. Denn nach kurzer Recherche durfte ich feststellen: Weibliche Masturbation ist ein grosses Thema. Es gibt Magazin- und Lifestyle-Artikel, Websites, Filme und Seminarien dazu, Popstars singen und Schauspielerinnen sprechen davon. Also muss da irgendetwas dran sein.

Und das ist wahrscheinlich ganz gut so. Denn es ist eines, wenn Frauen beim Beischlaf nicht kommen können oder wollen. Wenn sie aber nicht einmal selber wissen, wie sie sich zum Orgasmus bringen sollen, dann läuft wirklich etwas schief.

Selbsterklärend? Nicht für alle

Nun kann man einwenden, dass es Wichtigeres gibt als Orgasmen – und ich bin überzeugt, dass orgasmusunfähige Frauen sagen würden: «Wozu soll das gut sein? Ich habe es bislang auch nicht vermisst.» So was Ähnliches habe ich auch gesagt, als ich das erste Mal ein Smartphone gesehen habe. Und dann besorgte ich mir eins und habe es seither nicht mehr weggelegt.

Ein Smartphone kann man für alles Mögliche benutzen, zum Beispiel auch dafür, sich selber das Masturbieren beizubringen. Inzwischen bin ich auch nicht mehr so arrogant, zu denken, dass es das nicht braucht. Für Männer mag das mit dem Sex und den Orgasmen selbsterklärend sein, sobald der pubertäre Testosteronschub einsetzt – für Frauen ist es nicht so.

In einem Interview, das ich für eine andere Recherche führte, erklärte mir eine junge Frau ihr erstes Mal so: «Enttäuschend. Mein erster Kuss war eine Erleuchtung. Aber Sex? Ich habe nicht begriffen, was das soll.»

Wer davon profitiert

Eine Sexologin erklärte mir dieses Phänomen so: Männer spielen von klein auf mit ihren Geschlechtsteilen, und wenn sie in die Pubertät kommen, wissen sie schon ganz genau, was sich wie anfühlt, was sie mögen und was nicht. Frauen beginnen in der Regel erst dann mit dem Üben. Wenn überhaupt.

Laut einer amerikanischen Studie hat eine von fünf Frauen noch nie in ihrem Leben masturbiert. Dabei ist es sogar gesund. Masturbation hilft gegen alles Mögliche: Schlaflosigkeit, Menstruationskrämpfe, Stress. Vor allem aber hilft sie, den eigenen Körper und die eigene Sexualität besser zu verstehen, was Frauen wiederum glücklicher und zufriedener macht. Und davon profitieren letztlich alle. Und deshalb ist die Antwort auf die eingangs gestellte Frage: Ja, wir müssen darüber reden.

Oder sehen Sie das anders?

Lesen Sie dazu auch unsere Web-Specials «Sechs Frauen über Sex» und «Fünf Männer über Sex».

10 Kommentare zu «Best of: Was Frauen übers Masturbieren wissen müssen»

  • Karl-Heinz Failenschmid sagt:

    Ich kann nur zustimmen. Und wenn Frau dann entspannt und glücklich ist, haben auch wir Männer etwas davon.

  • marsel sagt:

    Männer spielen von klein auf mit ihren Geschlechtsteilen? Wir haben zwei Mädchen, und was da in jungen Jahren abgegangen ist war ziemlich… intensiv. Ich war dagegen ein Waisenknabe.

    • Karin Keller sagt:

      Und woher wissen Sie das? Ist wohl nicht die Idee, dass die Eltern darüber genau Bescheid wissen…?!

      • Andreas sagt:

        @Keller
        Ach kommen Sie, die meisten Kinder sind nicht gerade vollendete Meister in Sachen Heimlichtuerei.

      • glueschtler sagt:

        Weil seine Kinder in einem Alter waren, in dem das Schamgefühl diesbezüglich noch gar nicht entwickelt war und sie diese Sachen nicht nur in aller Heimlichkeit machten…

  • Nicole sagt:

    Je allgegenwärtiger Sex und Erotik in der Öffentlichkeit sind, desto verklemmter wird die Gesellschaft, so scheint mir. Dazu kommt der zwinglianische Einfluss, der unterschwellig immer noch wirkt, und eine allgemeine lebens- und lustfeindliche Haltung. Vorne herum wird wahnsinnig offen und tolerant getan, hinten herum läuft nix. Offenbar nicht mal bei der Selbstbefriedigung. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass die moderne Menschheit sogar dazu Anleitung braucht….

  • Hans Minder sagt:

    Selbstbefriedigung dient zum Stillen der eigenen Lust.
    Wie jede andere lustorientierte Angelegenheiten braucht sie eine permanente Steigerung, um auf Dauer die gleiche Lust zu erzeugen. Irgendwann geht es mit der Steigerung nicht mehr und der Frust setzt doppelt so stark ein, wie noch vor der Entdeckung der Selbstbefriedigung.
    Statt auf einen Ersatz zu hoffen scheint es viel wirksamer, mit seinem Partner die Sexualität zu entdecken. Hier geht es nicht um die eigene Lust, sondern um das Kennenlernen des Gegneübers und das uneingeschränkte Geben….und dies kennt keine Grenzen, auch nach Jahrzehnten nicht.
    Selbstbefriedigung kann auch Gefahren bergen, da heute in vielen Aspekten die Beziehungsunfähigkeit uneingeschränkt gefördert wird. Masturbieren ist ein weiterer Egotrip …..

    • ma sagt:

      wieso denn? das erklärt sich nur, wenn mann u frau in einer guten Beziehung sind,was aber wenn mann o frau alleine leben muss oder will?

  • Philipp M. Rittermann sagt:

    man(n) sollte es wohl vermeiden sich mit den gem. studie 20% der frauen einzulassen, welche noch nie masturbierten. das kommt nicht gut – im wahrsten sinne des wortes.

    • Christian Suter sagt:

      Sehr richtig – wenn frau nicht mal selbst weiss, wie sie funktioniert, wie soll es denn zu zweit klappen! Jede/r muss doch selbst wissen, was/wie/wo er oder sie es am liebsten mag – und dafür braucht’s Erfahrung – auch mit sich selbst!

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