«Mama, sie ischs gsi!»

Nach Streitereien geht es schnell um Schuldzuweisungen. Warum es aber nicht ratsam ist, als Eltern Richter zu spielen.

Ewig unfair bleibt der Geschwisterstreit: Denn nur selten ist eindeutig, wer denn tatsächlich schuld ist. Foto: iStock

Am Tag, als die Kinos ihren Lockdown beendeten, hat mich mein Mann zu meiner Freude an der Hand gepackt, eine Nachbarin zum Kinderhüten organisiert und wir sind ungewohnt planlos zum Kino gelaufen, um uns einfach den Film anzuschauen, der als Nächstes gerade gezeigt wurde. Wie gut, dass ich nicht wusste, wovon dieser handelt. Denn ich hätte mich an jenem Tag wohl kaum für einen derart verstörenden Film wie «La fille au bracelet» entschieden – und dadurch ein wahres Meisterwerk verpasst.

Der Film handelt von der 16-jährigen Lise, die wegen des Mordes an ihrer besten Freundin angeklagt wird. Sorgfältig zeichnet er das Zerbrechen einer Familie nach, die seit der Verhaftung ihrer Tochter zwei Jahre zuvor mit Lise im Hausarrest lebt, wobei Lise permanent durch eine Fussfessel überwacht wird.

Was mich nebst der Geschichte besonders aufwühlte, war, dass mich der Film in ständiger Ambivalenz hielt, ob Lise diesen Mord nun begangen hat oder nicht. Kaum war ich mir sicher, dass sie unschuldig ist, verhielt sie sich derart verstörend, was mich wiederum vom Gegenteil überzeugte, bevor mich dann ein anderes Detail der Geschichte wieder auf die andere Seite katapultierte. Geradezu körperlich war diese Erfahrung. So schien es für mein menschliches Gehirn unerträglich zu sein, wenn es keine Schubladen öffnen, nicht bewerten, schuldig oder unschuldig sprechen kann, weil es einfach nicht weiss, was der Wahrheit entspricht.

Mama, die Staatsanwältin

Und genau diese Erfahrung führte mich im Anschluss an den Film zu meinem eigenen Leben und zu meiner Rolle als Staatsanwältin, die mir die Kinder immer dann unterzujubeln trachten, wenn sie sich wieder mal in jener Dramatik auf die Kappe geben, die einen glauben lässt, es fliesse gleich mindestens ein Liter Blut. Obwohl sich ihre Anklagen nur in Gefilden wie: «Mama! Die dumm Chueh hed mich ghaue!» (Brüll), und: «Mama! Dä isch soo gemein, dä hed mini Burg kaputtgemacht. Äxtra!!» (Tob) bewegen. Wenn in solchen Momenten mein Puls synchron zu ihrem nach oben schnellt, ist die Versuchung jeweils gross, die mir zugedachte Rolle zu übernehmen, mal kurz für Ruhe im Stall zu sorgen und den Hauptverdächtigen schuldig zu sprechen und zu tadeln. Denn wie gesagt: Das Verlangen des menschlichen Gehirns nach Kausalität und Ordnung ist gross und wir leben letztlich in einer Welt, in der wir gelernt haben, dass diese Werte uns weiterbringen.

Schuldigsprechungen verhindern die Gelegenheit, Empathie und Selbstreflexion zu üben.

Doch, und da kommt der Film wieder ins Spiel, ist es mit der Schuld eine äusserst knifflige Sache. Denn ganz oft kennen wir die Wahrheit nicht. Ja, in den meisten Fällen gibt es noch nicht mal die eine Wahrheit, sondern mindestens so viele, wie es Beteiligte gibt. Und nicht immer ist das Kind, das am lautesten klagt, auch das vermeintliche Opfer.

Und ja, tatsächlich kehrt manchmal Ruhe ein, wenn ich einen Schuldigen bestimme und diesem ordentlich «d’Chnöpf itue». Vordergründig. Aber es gibt ein grosses Problem mit Schuldzuweisungen: Sie führen das eigentliche Problem in eine neue Dimension. Wenn wir verurteilt werden, vielleicht zu Unrecht, kann uns das nämlich noch wütender machen, weil unsere Sicht der Dinge kein Gehör findet. Vielleicht schlucken wir unseren Ärger runter, wo er im Bauch aber weiter vor sich hin gärt. Die Einsicht, heftige Gefühle nicht zeigen zu dürfen, wird beim nächsten Streit zu weniger Offenheit, aber mehr Hinterhältigkeit führen. Oder aber wir gehören zu der angepassten Sorte, die macht, was man von uns verlangt, damit aber die Gelegenheit verpasst, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle ernst zu nehmen und formulieren zu lernen.

Schuldspruch und Einsicht

Ich glaube, dass beide Strategien letztlich dazu führen, dass der nächste Konflikt noch schwieriger zu lösen sein wird. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Es geht mir nicht darum, dass Kinder den Preis ihrer Gemeinheiten nicht einsehen und verstehen sollen. Im Gegenteil. Genau das möchte ich ihnen beibringen. Aber es soll aus ihnen heraus geschehen. Schuldigsprechungen verhindern die Gelegenheit, Empathie und Selbstreflexion zu üben, weil sie das Herz verschliessen.

Aus diesem Grund haben wir in unserer Familie den sogenannten «Streitstein» eingeführt, der immer dann hervorgeholt wird, wenn wir die Energie dazu haben und ein Konflikt sich als besonders hartnäckig erweist. Dabei gehen wir wie folgt vor: Zuerst erhält Kind A den Stein und darf ohne Unterbrechung und Anschuldigungen erzählen, was es erlebt und wie es sich dabei gefühlt hat. Dann geht der Stein an Kind B über und wird so lange hin und her gereicht, bis jeder erzählt hat, was ihm auf dem Herzen liegt. Am Schluss können beide Kinder formulieren, was sie sich vom andern wünschen und was sie selbst hätten anders machen können. Während diesem Ritual habe ich es selten erlebt, dass die Wut sich nicht aufgelöst hätte und kein Verständnis und Einsicht entstanden wäre. Nur ein einziges Mal grummelten sie auch noch dann vor sich hin, als bereits alles gesagt war. Doch als ich sie mit einem «Und nun vergrabt den Stein zusammen an einem Ort, an dem ihn kein Erwachsener findet!» entliess, rannten sie kichernd los. Sie, das Kinderteam, das gemeinsam einen Schatz hat, von dem wir Erwachsenen nichts wissen. Und das ist gut so.

«La fille au bracelet» läut aktuell in den Schweizer Kinos.

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35 Kommentare zu ««Mama, sie ischs gsi!»»

  • Peter Stutz sagt:

    Das „sich nicht einmischen“ von den verantwortlichen Eltern, wie hier von Lina Peeterbach propagiert, ist extrem bequem. Es setzt sich dann einfach immer das brutalere, stärkere, skrupellosere Kind durch, das lauter schreit und besser lügt, und als Eltern hat man Ruhe.
    Ich finde diese Einstellung maximal falsch.
    Zur Verantwortung von Eltern gehört es auch, sich zu interessieren was läuft, was durchaus Energie und Zeit verbraucht, aber diese Energie und Zeit muss man haben.
    Sonst schadet man seinen Kinder sehr, und die verteilten Rollen bleiben ein Leben lang hängen: Hier die Täterin die sich alles erlauben darf, hier das Opfer das nie zu seinem Recht kommt. Bloss, weil es bequem ist, und den Aufwand minimiert. Das im Artikel erwähnte Ritual mit dem Stein finde ich sehr sinnvoll.

    • Lina Peeterbach sagt:

      Ich denke ich wurde hier nicht ganz richtig verstanden, habe mich vielleicht auch nicht gut ausgedrückt. Selbstverständlich wende ich mich nicht desinteressiert ab, und mir ist auch das Kräfteungleichgewicht bewusst.
      Aber ich greife nicht bei jedem kleinen Gezank um ein Spielzeug ein, sondern lasse es bewusst häufig auch rollen und sehe, wie sie es lösen. Wenn es dann zu negativen Mustern kommt, thematisieren wir das meist eher in ruhigen Momenten als im Streit.
      Rollen und Verhaltensweisen ergeben sich ohnehin aus jeder Familienkonstellation, und ich glaube, dass man eben auch lernen muss damit zu leben. Es ist nicht immer alles fair.
      Aber zum Glück haben sich unsere Kinder (bislang) wirklich sehr gerne, und es ist keine zugrundeliegende Bösartigkeit im Spiel.

      • Papa of 2 sagt:

        Sie haben es bereits im Artikel genau so geschrieben.. Herrn Stutz Kinder sind entweder längst ausgeflogen oder nie zur Welt gekommen.. danke für die Streitstein Idee – sehr sympathisch!

    • Lina Peeterbach sagt:

      Übrigens braucht es auch Zeit und Energie, Geschwisterstreit auszuhalten.

    • Balu sagt:

      vielleicht hätten sie den ganzen Artikel und nicht nur den Titel, lesen sollen, dann hätten sie vielleicht verstanden, dass dieser Weg alles andere als einfacher ist.

  • Coco sagt:

    Ich finde, man sollte insbesondere dann eingreifen, wenn ein Kind immer unter die Räder kommt oder sich ständig verbiegen muss, um es dem bzw den anderen recht zu machen. Die Rollen, die man in der Kindheit insbesondere in der eigenen Familie mit den Geschwistern annimmt, haftet einem meist das Leben lang an. Von daher, einerseits schon selber streiten lassen, aber genau hinsehen! Ich habe 3 Kids und eines akzeptiert oftmals die Dominanz der anderen zwei. Wenn ich mitkriege, wie die andern wieder mal versuchen, ihn „zurechtzubiegen“, zB durch Erpressung aus einem Nein ein Ja herauszuquetschen, was teilweise sehr einfach ist, dann greife ich insofern ein, als dass ich ihn dabei unterstütze, bei seinem Nein zu bleiben. Mittlerweile höre ich oft, wie er selbst beim „Nein“ bleibt.

    • Coco sagt:

      Ansonsten finde ich auch, sie sollen unbedingt lernen, Konflikte selber zu lösen, und ich empfehle dazu ebenfalls das Buch „Geschwister als Team“. Statt Richter zu spielen, lässt man beide ihre Aussagen machen und wiederholt sie. Du hast Blablabla gemacht, weil Blablabla… und das auf beiden Seiten. Ich versuche dann, dass die Kids das einander gegenseitig sagen, statt mir. Halt dem anderen erklären, wieso sie was gemacht haben und was sie am Verhalten des andern stört. Natürlich gelingt mir diese Lehrbuch-Konfliktlösung aus Millionen von Gründen bei weitem nicht immer. Aber wenn ich das so durchführe, dann klappt das eigentlich sehr gut und alle fühlen sich danach besser (niemand schuldig und dumm, auch ich nicht 😉

  • Martin Berlinger sagt:

    Zuerst: Ein Riesenkompliment zu ihrer Streitkultur, und … zu ihrer Erzählweise. Spannend zu lesen wie ein Krimi.
    Dann zu der Frage, ob „Mamablog“ noch zeitgemäss sei. Ich denke unbedingt, ja. Denn die Mama bleibt die Mama, egal welche Zeitströmung gerade herrscht. Egal, wie sich Eltern, Beruf und Haushalt bzw. Familienzeit aufteilen. Für die Kinder ist Mama, Mama und Papa, Papa. Diese Rollen können und sollen wir nicht ändern
    Wir sind nicht gleich – aber gleichwertig.

  • 13 sagt:

    Wie bei Ehe-/Paarstreitigkeiten ist bei Geschwistern selten nur eine Seite die Schuldige und die andere das Opfer. Ein Beispiel: Mein Sohn provoziert bei Langweile und aus Spass immer seine Schwestern. Die ältere haut ihn, wenn er nicht aufhört. Die jüngere droht ihm damit zu schreien, weil dann jemand kommt und er Ärger kriegt. Wer ist nun schuld? Der Provokateur, der aber nichts konkretes tut? Diejenige, die haut, obwohl wir das eigentlich nicht erlauben? Die kleine Manipulatorin? Alle und keine*r. Zu 99% können sie das alleine lösen. Eltern sollten eingreifen, wenn es a) gefährlich wird (gerade bei grossem Kräfteungleichgewicht) oder b) wenn um Hilfe gebeten wird.
    Buchtipp: „Geschwister als Team“ von Nicola Schmidt

    • Simona Seiler sagt:

      Meine Meinung: Provozieren ist nicht nichts machen. Er weiss genau, was er da tut. Genau wie mein älterer Bruder genau wusste was er tat, als er mich provozierte. Ständig. Vorzugsweise so, dass es sonst keiner merkte. Auch ich habe versucht, mich zu wehren, und empfand es immer als grosse Ungerechtigkeit, mindestens gleich viel Schuld zu bekommen wie mein Bruder. Argument: ich hätte ja nicht reagieren müssen. Ich finde, das ist von einem Kind zu viel verlangt.
      .
      Ehrlich gesagt finde ich Provokation schlimmer wie die Reaktionen, die es möglicherweise auslöst. Und es sollte auch darum gehen, wer angefangen hat (sofern eruierbar). Mir ging es damit auch eher so wie Tamar unten beschreibt und habe das Verhalten meines Bruders als Mobbing in Erinnerung. Bis heute trübt es unser Verhältnis.

      • Reincarnation of XY sagt:

        dieses zu 99% können sie allein, halte ich für komplett verkehrt
        Dann wären wir ja eine gesunde Gesellschaft ohne Intrigen, Missbrauch, Gewalt etc.

        Die natürlichen Wege des Menschen konflikte zu lösen sind meistens schlecht. Das zeigt uns die Geschichte, die ungerechten Gesellschaftskonzepte in Religionen etc.

        Wir haben die Aufgabe ihnen zu helfen, dass sie es selbst lösen können. Und im heutigen Blog finden wir ein sehr schönes Beispiel, wie das gehen kann.

      • 13 sagt:

        @ simona
        Man muss etwas dahinter schauen. Er ist nicht boshaft, sondern im Gegensatz zu den Mädchen schlecht fähig, sich alleine zu beschäftigen. Wenn sie etwasfür sich machen, fühlt er sich abgeschoben, im Stich gelassen und versucht so Kontakt aufzunehmen. Es ist durchaus etwas, das wir thematisieren, angehen. Keine Sorge. Von Mobbing zu sprechen, wäre da verkehrt. Sie haben eine sehr enge und schöne Bindung. Allzu oft sind Freunde erstaunt, wie selten sie streiten.

        @ roxy
        Die 99% bezogen sich ausschliesslich auf mein Beispiel mit meinen Kindern und soll keine Formel für den Weltfrieden werden. Achtsam bleiben und so wenig wie möglich, soviel wie nötig, ist da sicher nicht verkehrt.

      • Coco sagt:

        Sehr schön formuliert: „wir haben die Aufgabe ihnen zu helfen, dass sie es selbst lösen können!“
        Bei uns spielt auch oft mit, dass eines der Kids ausserhalb der Familie „unter die Räder kommt“, und das dann daheim dem nächst besten schwächeren weitergibt. Das ist sehr viel Arbeit, bisher die größte für mich, Verständnis zeigen, erklären, unterstützen, und zwar auf allen Ebenen. Wie in einem anderen Kommentar von mir erwähnt, das gelingt natürlich bei weitem nicht immer, es ist aber das Ziel.

    • Röschu sagt:

      @13
      „Wer ist nun schuld?“
      Der Provokateur ist schuld, denn er alleine steht am Ursprung des Konflikts. Das Schlagen und das Manipulieren fänden ohne die Provokation nicht statt.

      • Lilly sagt:

        Toll, so einfach. Und wie reagieren Sie jetzt, nachdem sie das festgestellt haben? Und verstehen Sie denn, warum er provoziert hat? Gehen Sie dem überhaupt auf den Grund? Und v.a. was lernt er durch die Schuldigsprechung?

      • 13 sagt:

        @ Röschu
        Aus seiner Sicht verursacht aber nur das Ausschliessen, das Ignorieren durch die Schwestern diese Provokation. Wenn sie nämlich zusammen spielen, findet sie nicht statt. Eine etwas ungünstige Art der Kontaktaufnahme. Aber das sind Lehrplätze und wo könnte man das besser lernen als zu Hause, wo die Liebe bedingungslos ist und die gleiche Schwester 30 min spätet mit ihm kuschelt oder seit Monaten bei ihm schläft, schlicht weil sie gerne zusammen sind.

      • Sportpapi sagt:

        @Röschu: Ich sage den Jungs jeweils: Der eine hält den Ring hin, der andere springt durch. Natürlich hört die Provokation irgendwann auch auf, wenn sie keinen Erfolg hat.

  • Tamar von Siebenthal sagt:

    Eine sehr schöne Strategie, bei täglichem Kleinkram zu schlichten.

    Wie froh wäre ich als Kind und Teeenie gewesen, wäre das üble Mobbing durch das andere weibliche Kind meiner Eltern nicht geflissentlich ignoriert worden, welches übrigens über 40 Jahre andauerte, bis ich den Kontakt zu dieser Person vollständig abgebrochen haben.

    Die Folgen dieses Mobbing und des umgehört sein, werden mich mein weiteres Leben begleiten.

    • Coco sagt:

      Genau das meine ich. Man muss als Eltern unbedingt genau hinsehen. Wenn ein Kind immer unter die Räder kommt, weil es sich nicht wehrt und immer nachgibt, dann muss man als Eltern unbedingt eingreifen. Es gibt nämlich Kids, die akzeptieren die Rangordnung sozusagen widerstandslos, weil sie sich nicht trauen, für sich selbst einzustehen. Da muss man als Eltern Unterstützung bieten.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Absolut einverstanden.
        Aber vielen Eltern scheint das völlig egal zu sein. „Die regeln das alleine.“
        Dabei ist ja nicht nur der schwächere das Opfer. Auch der stärkere kann in seinem Leben und seinen Beziehungen scheitern, weil die Eltern eben zu selbstzufrieden waren, um genauer hinzuschauen.

  • Martine Edel sagt:

    Unter Berücksichtigung all des bereits zur Genüge vorhandenen „normalen Wahnsinns“ wird Sabienchen an dieser Stelle ermuntert, die Möglichkeit einer Publikation ihres momentan in Etappen „entstehenden“ „Romanes“ nicht ins Auge zu fassen.
    Beim „ganz normalen Wahnsinn“ handelt es sich übrigens um eine vollkommen ausgeleierte antike Lässigschreiberwendung, welche bezüglich „Roman“ grosse Ängste erweckt.

  • Lina Peeterbach sagt:

    Bei meinen Kindern halte ich mich – wann immer ich es aushalte und sie sich nicht gerade lebensgefährlich die Köpfe einschlagen – an die Empfehlung, sie den Streit selbst lösen zu lassen. Ganz sicher, wenn ich nicht 100%ig sicher bin, wer was getan hat (denn Geschichten erfinden können sie alle gut ;)). Damit entwickeln sie Konfliktkompetenz. Und meist kehrt schneller Frieden ein, als wenn ich mich eingemischt hätte.

    • Carolina sagt:

      Genau: ‚….wann immer ich es aushalte und sie sich nicht gerade lebensgefährlich die Köpfe einschlagen…‘!
      Auch diese Sache mit dem Streitstein finde ich super – aber leider gehöre ich nicht zu den Geduldigsten und gehe/ging oft genug dazwischen, vor allem wenn der Streit in eine dieser Endlosspiralen übergeht. Ich rechtfertige dieses unpädagogische Verhalten vor mir selber dann mit notwendiger ‚paradoxer Intervention‘.
      Mein sehr viel geduldigerer Mann, der auch gern die Dinge mit den Kindern ‚ausdiskutiert‘, ist mittlerweile auch soweit, was mich amüsiert.
      Aber im Prinzip (!) sehe ich es auch so: sie müssen lernen, Streit (nicht Mobbing oder Gewalt) auszuhalten und untereinander auszuhandeln. Allerdings leben wir auch in diesem Haus und unsere Geduld hatte Grenzen.

    • Reincarnation of XY sagt:

      Ich kenne ihre Familie nicht. Aber vom Grundsatz her muss ich Ihnen widersprechen. Wenn wir nur physische Gewalt wahrnehmen, dann sind wir so was von auf dem Holzweg.

      Wir sollten uns sehr wohl dafür interessieren, was zwischen unseren Kindern ab geht, welche offenen und verdeckten Konflikte zwischen ihnen schwelen und ihnen mit Weisheit helfen.
      Würden das alle Eltern tun, lebten wir in einer besseren Welt.

      • Lina Peeterbach sagt:

        Das mit den Köpfen einschlagen war nicht nur körperlich gemeint.

        Ich interessiere mich sehr dafür was zwischen meinen Kindern abläuft.

        Und ob meine Einmischung immer von Weisheit geprägt ist wage ich sehr selbstkritisch zu bezweifeln.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Weisheit wird uns in dem Blog beschrieben, Lina. Das IST Weisheit: sicheren Platz schaffen, reden lassen, zuhören, aktives mithelfen um zu reflektieren.

        2. Es ist ziemlich üblich, dass wir Konflikte immer erst dann mitbekommen, wenn sie eskalieren (Köpfe einschlagen). Aber wenn wir dann auf obige Weise mithelfen, dann kommen irgendwann Stachel (Verletzungen) zum Vorschein, welche im Stillen zugefügt wurden.

        Alles was ich sagen will ist folgendes: die beschwichtigenden Statements „99%“ „erst wenn sie Köpfe einschlagen“ „können das alleine“ – mögen (richtig verstanden) ihre Richtigkeit haben, aber sie setzen mMn die falschen Zeichen. Weil echte Konfliktlösung nicht von alleine gelernt wird. Die Gesellschaft ist der Beweis, dass das nicht stimmt.

  • Lilly sagt:

    Ich verstehe eigentlich nicht, warum man überhaupt die Schuldfrage stellt. Erstens spreche ich keine Strafen aus im eigentlichen Sinn, zweitens sind eh beide schuld, wenn sie sich gegenseitig verhauen, drittens ist doch das Wichtigste, einen Weg zu finden, die Gemüter zu beruhigen, den Streit beizulegen, allenfalls einen Kompromiss zu finden und Wiedergutmachung zu leisten. Die Schuldfrage ist also wirklich irrelevant für mich – trotzdem wird die Diskussion der Schuldfrage von den Kinder jeweils sofort aufgerollt…

    • Tamar von Siebenthal sagt:

      Bei täglichem Kleinkram mag Ihre Vorgehensweise aufgehen, aber nicht bei üblen Mobbing unter Geschwistern

      • sonic sagt:

        Lilly: Hm naja es sind schon nicht immer beide Schuld, es gibt auch systematisches Plagen und Mobbing, da hat Tamar recht. Ich bin nicht dafür, dass sich immer ‚der Stärkere‘ durchsetzt (vor allem wenn die Kräfte sehr unterschiedlich verteilt sind) und der Kleinere bei Konflikten nur Vermeidungsstrategien lernt. Auch wenn die Schuldfrage natürlich schwierig ist, ich mische mich hier durchaus ab und zu ein und bringe meine Sicht der Dinge ein. (‚Findest du es ok, dass immer du zuerst auswählst, dass du einfach zuschlägst, wenn dir etwas nicht passt‘ etc etc..). Muster aufzeigen, wie Streit entsteht und wie man ihn wieder beilegen kann..

      • Lilly sagt:

        Systematisches Plagen oder Mobbing habe ich bei meinen Kindern noch nicht festgestellt. Da würde ich wohl professionelle Hilfe suchen… Ich bin allerdings auch ein totaler Gegner vom plakativen „die Kinder müssen das unter sich ausmachen/selber regeln“ – daran glaube ich gar nicht, denn wie sollen die Kinder konstruktives Streiten lernen, wenn man es einfach aus dem Ruder laufen lässt? Ausserdem kann das ja nur klappen, wenn die Kompetenzen vorhanden und/oder die Kräfte egalitär verteilt sind, was in der Regel nicht der Fall ist.

      • Lilly sagt:

        RoXY: Ich habe geschrieben „wenn sie sich gegenseitig verhauen“. Natürlich gibt es Fälle, wo eindeutig nur einen Schuld trifft an einem Konflikt. Bei normalem Kindergezänk überschreiten aber in der Regel beide die Grenzen, weshalb ja auch das Eingreifen eines Erwachsenen notwendig wird.

    • Reincarnation of XY sagt:

      „zweitens sind eh beide schuld“

      Dieser weitverbreitete Glaubenssatz ist eine Lüge.
      Es mögen oft beide schuld sein, es mag oft zwei brauchen für einen Streit.
      Aber es ist bei weitem nicht immer so.
      Es gibt streitsüchtige Menschen, es gibt Täter, es gibt Aggressoren. Und es ist sowas von ungerecht, dem der ihr Opfer wird oder sich gegen sie wehrt, einfach eine prinzipielle Mitschuld zu unterstellen.
      So fängt man es mit den Kindern an und im Erwachsenenleben geht es so weiter. Victim-Blaming ist nur die Spitze des Eisbergs.

      Aber so ist es mit Glaubenssätzen. Sie werden in der Kindheit eingeimpft, dann ein Leben lang unreflektiert wiederholt und dann an die nächste Generation weitergegeben.

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