Unser aller Mobbing-Problem

Nirgends in Europa werden so viele Schüler gemobbt wie in der Schweiz. Und dennoch wird kaum etwas dagegen getan.

Gefährliche Ausgrenzung: Wer in der Schule gemobbt wird, hat als junger Erwachsener ein erhöhtes Suizidrisiko. Foto: iStock

«Mami, du siehst mich nicht!», ruft das kleine Kind, während es sich ein Kissen vors Gesicht hält. Wir mögen über diesen kindlichen Irrtum schmunzeln, aber tappen wir Erwachsenen nicht manchmal in ähnliche Fallen? Nur weil wir etwas nicht sehen, heisst das nicht, dass es nicht da ist. Mobbing zum Beispiel. So werden die Folgen von Mobbing massiv unterschätzt. Gespräche mit betroffenen Eltern und Beiträge wie «Nirgends in Europa werden so viele Schüler gemobbt wie in der Schweiz» haben mich zu dieser Überzeugung gebracht.

Was ist Mobbing? Von Mobbing spricht man, wenn jemand systematisch und wiederholt über einen längeren Zeitraum ausgegrenzt, gedemütigt oder verletzt wird. Aufgrund des grossen Machtgefälles kann sich das betroffene Kind nicht aus eigener Kraft daraus befreien. Mobbing gedeiht dort am besten, wo eine heterogene Gruppe von Menschen über längere Zeit (unfreiwillig) zusammen ist und gegenseitige Abhängigkeiten bestehen. Hierarchische Strukturen, Leistungsdenken und Bewertungen begünstigen Mobbing. Somit bieten Schulen einen idealen Nährboden für Mobbing – wenn die Sensibilität und das Wissen um die Gefahren nicht vorhanden sind.

Seelische Verletzungen bleiben

Mobbing ist Misshandlung auf Raten. Ähnlich wie bei einem Missbrauch sind Kinder noch nicht in der Lage, zu erkennen, dass sie keine Schuld tragen. Und je länger Kinder Mobbing ausgesetzt sind, desto mehr glauben sie, es liege an ihnen. Ihr Selbstwertgefühl erfährt tiefe Risse. Körperliche Verletzungen heilen, aber die seelischen bleiben. Letztlich brauchen wir aber alle das Gefühl, dazuzugehören, sonst werden wir krank. In der Hirnforschung wurde nachgewiesen, dass negative Beziehungserfahrungen im Kindesalter Nervenbahnen im Gehirn derart vorspuren, dass spätere Erlebnisse der Ausgrenzung sich ungleich stärker auswirken als bei Menschen, welche als Kind keine allzu negativen Beziehungserfahrungen hatten. Wer in der Schule gemobbt wurde, hat als junger Erwachsener ein dreifach erhöhtes Suizidrisiko.

Es braucht viel Fingerspitzengefühl und ein Verständnis für Gruppendynamiken.

Das Thema Mobbing ist aber leider noch mit zu vielen Missverständnissen behaftet. So ist Mobbing kein individuelles, sondern ein systembedingtes Phänomen. Entsprechend muss es auf der Ebene des Systems gelöst werden, das heisst in der Schule und in den Klassen. Die Aufforderung «Macht das unter euch aus» mag bei einem Konflikt angebracht sein, bei Mobbing allerdings ist es der falsche Weg: Die Opfer haben keine Chance, sich selbst aus ihrer Situation zu befreien. Deshalb müssen wir Erwachsenen die Zeichen erkennen und eingreifen. Eltern tun ihren gemobbten Kindern aber keinen Gefallen, wenn sie sich direkt an die Mobber oder deren Eltern wenden. Selbst wenn Lehrpersonen und Eltern ihr Bestes geben, so drängen Schuldzuweisungen und fehlende Empathie uns Menschen immer wieder in die Defensive und können im schlimmsten Fall die Situation für ein gemobbtes Kind noch verschärfen. Wenn Eltern das Problem an Lehrpersonen, an die Schulleitung oder an andere Eltern adressieren, braucht es daher viel Fingerspitzengefühl und Verständnis für Gruppendynamiken.

Es kommt darauf an, was wir vorleben

Wissen ist heute überall und jederzeit verfügbar. Die Vermittlung von Fachwissen wird daher an den Schulen in den Hintergrund treten. Vielmehr kommt es heute darauf an, unsere Kinder auf eine Zukunft des lebenslangen Lernens vorzubereiten. Lern-, Sozial- und Selbstkompetenz sowie die Persönlichkeitsentwicklung jedes Einzelnen werden viel wichtiger. So weisen nicht nur Hirnforscher regelmässig darauf hin, dass Lernen nur dann optimal funktioniert, wenn es mit positiven Emotionen verknüpft ist. Auch deshalb muss die Schule also ein Ort sein, wo alle Kinder gern hingehen – ohne Angst vor Be- und Abwertungen.

Leider gibt es aber noch immer Schulen, an denen Mobbing bagatellisiert wird. Wenn Schulleiter davon überzeugt sind, dass in ihren Klassen alles in Ordnung sei, so ist das alarmierender als das Geständnis «Ja, wir haben diese Probleme genauso, wie es ab und zu Lausbefall gibt». Entscheidend sind eine bessere Aufklärung sowie der Wille, jegliches Verhalten, das Mobbing begünstigt, bereits im Keim zu ersticken. Man kann Kindern ja vieles versuchen beizubringen, aber letzten Endes machen sie nach, was wir ihnen vorleben. Wo also Respekt, Wertschätzung und Zivilcourage vorgelebt werden, da gibt es weniger Nährboden für Mobbing. Das 30-Sekunden-Video «Children See. Children Learn.» bringt dies gut auf den Punkt:

Die Schweiz hinkt hinterher

Viele Länder gehen entschlossener gegen Mobbing vor als die Schweiz. An amerikanischen Schulen gibt es zum Beispiel 60-seitige Infobroschüren zur Mobbing-Prävention. Dan Olweus, ein schwedisch-norwegischer Psychologe, gilt seit den 1980er-Jahren als Pionier in der Erforschung von Gewalt an Schulen. Auslöser seines Engagements war der Suizid von drei norwegischen Schülern, die massiv gemobbt wurden. In der Folge begannen die Behörden in Skandinavien und auch in Grossbritannien, den Zusammenhang zwischen Jugendsuiziden und Mobbing systematisch zu untersuchen, um entsprechende Massnahmen ableiten zu können.

Im Sommer 2017 nahm sich die 13-jährige Céline nach massivem Cybermobbing das Leben. Der 17-jährige Raymond Krbavac wurde gemobbt, bis er Depressionen bekam. Aber im Gegensatz zu Céline hatte er Glück: Eine Kollegin konnte ihn im Herbst 2018 im letzten Moment vom geplanten Suizid abhalten. Inzwischen hat er seinen Lebensmut wiedergefunden und setzt sich heute mit einer Petition für eine wirksamere Aufklärung an Schulen ein. Denn eines ist klar: Die Erfahrungen der beiden Aargauer Teenager sind nur die Spitze eines Eisbergs. Tausende Kinder und Jugendliche leiden im Verborgenen, aus Scham, Angst und Resignation.

Wann endlich erhält die Mobbing-Prävention schweizweit den Stellenwert, der bitter nötig wäre? Was wir jetzt tun können, ist, achtsam und sensibel auf Signale zu reagieren, die darauf hinweisen, dass es unseren Schützlingen in der Schule nicht gut geht. Wir können unsere Kinder stärken, indem wir die Tipps von Fachleuten nutzen, und wir können Raymonds Petition unterzeichnen.

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33 Kommentare zu «Unser aller Mobbing-Problem»

  • Hans Meier sagt:

    „Mobbing gedeiht dort am besten, wo eine heterogene Gruppe von Menschen über längere Zeit (unfreiwillig) zusammen ist und gegenseitige Abhängigkeiten bestehen.“
    Nun, wer wollte eine möglichst heterogene Multi-Kulti-Welt?
    „Die Aufforderung «Macht das unter euch aus» mag bei einem Konflikt angebracht sein“ – nein, das funktioniert eigentlich nie. Das ist ein linkes Denken, um sich vor der Entscheidungsverantwortung zu drücken.
    Aber das grösste Problem sind meiner Meinung nach ganz eindeutig die Lehrer, Schulleiter und Eltern, die alle viel zu passiv reagieren auf Verdachtsfälle. Das hat auch viel mit Führungsschwäche und fehlendem Willen, Verantwortung zu übernehmen, zu tun. Lehrer müssten viel schneller und entschiedener reagieren. Mobbing geht meist von wenigen Rädelsführern aus.

  • sarah jane sagt:

    dank dem laschen umgang mit mobbing füllen sich kinderheimer und psychiatrische institute die kinder behandeln. dass es um viel geld geht und langfristige arbeitsaufträge, kann wohl jeder zusammenrechnen. auch wäre die justiz mehr belastet, würden all diese straftaten geahndet. unhilfreich ist auch diese „selber schuld“ einstellung vieler leute, schliesslich erwarten diese auch dass man mit ihnen nachsichtig ist wenn sie fehler machen.

  • Björn Andersen sagt:

    Danke für diesen wichtigen Bericht! Als Vater und Lehrer mache ich hervorragende Erfahrungen mit dem Buch „Fit und fair im Netz“ von Felix Rauh (hep Verlag). Das Buch ist nicht einfach ein zusätzlicher Ratgeber fürs Regal, denn es wird u. a. ein Klassenworkshop beschrieben, welcher in der Praxis unkompliziert funktioniert und bei den Kindern und Jugendlichen gut ankommt. Seit wir den Workshop mit Partizipation von Kindern, Jugendlichen, Eltern, Lehrkräften, Schulleitung in allen Klassen durchführen, hat sich die Situation deutlich beruhigt. Wenn wir gefährliche Entwicklungen beobachten, agieren wir nicht mehr verunsichert im luftleeren Raum, sondern es besteht durch den Workshop eine stabile – und allen im Schulhaus bekannte – Basis für die Intervention.

  • Alexander sagt:

    Mein Ex-Arbeitgeber und seine Bande hatten mich immer wieder und weiter gehender angemobbt. Obwohl ich in meinem Leben schon mal ganz andere Caliber ins KO befördert hatte, hielt ich mich zurück und war gespannt, wie weit dieses (a)soziale Experiment geht. Irgendwann mal wurde ich dann auch durch einen anderen Vollidioten-Partner entlassen. Nun ist mir leider noch keiner von denen auf der Strasse begegnet. Sollte es dennoch passieren, vielleicht zuckt meine Rechte. Bis dahin blebt diese Bande mir gehenüber in einem tiefen moralischen Soll.

  • Michèle Pine sagt:

    Nicht wenige Eltern mobben ihre eigenen Kinder.
    Und Geschwister „helfen“ ihnen dabei.
    In vielen ganz „normalen“ Familien sind katastrophale Machtmechanismen Alltag.
    Ebenso unter Lehrkräften im Kontext der Schulleitung.
    Beim Mobbing unter Kindern wegzuschauen passt da einfach ins Bild.

  • Lisa sagt:

    Wie ist denn Mobbing im Ländervergleich überhaupt messbar? Abgesehen, dass ich solchen Vergleichen nicht traue: die scheints grosse Anzahl von Fällen in der Schweiz korreliert ja wohl doch mit der Allgegenwärtigkeit von Smartphones, die sich in der Schweiz fast jeder leistet. 1. Smartphones gehören NICHT an die Schule. Konsequente Wegnahme bei Schulbeginn, Rückgabe bei Schulende. 2.Aufklärung, Gruppenaktionen, Aufbrechen von Cliquen und sofortiges Eingreifen, wenn ein Kind wiederholt ausgegrenzt wird. 3. bei Eltern gegen Mobber eingreifen, selbst wenn deren Kind ja nie schuld ist. 4. nicht Psycho- bzw. Pathologisieren. Eingreifen, trennen, strafen. Und dann ist gut.

    • Maile sagt:

      Nun kommen Sie mal raus aus Ihrem Wolkenkuckusheim und erklären sie einmal, wie das umgestzt werden soll !
      Punkt 1 – wenn man das Handy zu Schulzeiten nicht hat, was soll einen Mobber daran hindern, seine hinterhältigen Posts nach der Schulzeit zu veröffentlichen.
      Punkt 2 fängt gut an – hört aber stark auf. Wie soll sofortiges eingreifen geschen ? Durch eine Dauerüberwachung ?
      Punkt 3 – bei eltern gegen Mobber eingreifen ? Welcher Personenkreis soll das machen ?
      Punkt 4 – was ist mit eingreifen, trennen, strafen genau gemeint ? Und wer soll das übernehmen ?

  • Christoph Daum sagt:

    Ich kann mich nur für den Bereich Schule äussern. Es ist noch gar nicht so lange her, da hatten die Kinder von der ersten bis zur 6.Klasse eine Lehrperson, ergänzt um die Fachlehrerin im textilen Werken. Das Beobachten der Kinder geschah schon fast automatisch. Bedrückte Kinder fielen einer nur einigermassen sensiblen Lehrperson auf, die dem Grund nachging. Kinder lieben ein friedliches Miteinander und so konnten Unstimmigkeiten, die es sehr wohl gab, rasch bereinigt werden. In der Sekundarschule waren es 2 Lehrkräfte, die übers Kreuz unterrichteten und sich austauschten. Heute haben Kinder bis zu 7 verschiedene Lehrpersonen. Da bleibt keine, die genug Zeit hat, um Probleme zu erkennen und mit der Klasse zu lösen. Ein Zurück zur wirklichen Klassenlehrperson würde sicher etwas bringen.

  • Hannes H. Müller sagt:

    Mobbing wird vor allem durch schwache Führung begünstigt. In Schulen also dirch Lehrpersonal, das die Probleme lieber nicht sehen will. Das nicht sanktioniert.

  • Maike sagt:

    Mobber hat es schon immer gegeben. Nur heutzutage hat das durch das Internet eine ganz andere Dimension erlangt. Ich habe mir damals als Opfer von Diskriminierung in der 12. Klasse noch den Typen schnappen können und ihm ernsthafte Konsequenzen angedroht, wenn er das Getuschel nicht sein lassen würde. Hat geholfen – aber das war auch damals.
    Heute bekommt man die Mobber ja garnicht mehr zu fassen. Das einzige was in meinen Augen helfen kann ist, seinen Kindern ein starkes Selbstbewusstsein zu vermitteln.

  • Hans Joss sagt:

    Art. 11 Schutz der Kinder und Jugendlichen (Bundesverfassung)
    ‚Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung)‘. Die Rechtslage ist eindeutig, tönt gut. Ein Schulsystem, das Kinder noch immer selektionieren und diskriminieren muss, kann diese nicht gleichzeitig schützen und fördern. Eine Situation, die leider noch immer mehrheitsfähig ist.

  • 13 sagt:

    Ich muss zugeben, ich kenne andere Länder zu wenig, um zu beurteilen zu können, ob mehr oder weniger getan wird, aber dass hierzulande nichts oder zu wenig gemacht, stimmt zumindest nach meiner Beobachtung nicht. Im Gegensatz ist das Thema, verglichen mit meiner Schulzeit da und es wird auch einiges unternommen. Oftmals gerade mit der Schwierigkeit, die richtigen zu erreichen. Es gibt durchaus Broschüren und Infoanlässe. Diese werden nur typischerweise nicht von den Eltern der Mobber besucht resp. gelesen. Und solange nun mal viele Eltern der Ansicht sind, dass das nun mal dazu gehöre, wird es auch schwierig. Denn Angebote für die Opfer sind gut und wichtig, aber Prävention bei den Tätern wäre mindestens genauso wichtig.

    • Maike sagt:

      Muss man den auch die anderen Länder kennen, wie es da läuft ? Zum einen, ist das doch eher schweiz-untypisch. Zum anderen, wenn einem eine Situation hier in der der Schweiz nicht passst, muss etwas dagegen unternommen werden. Und Mobbing ist da ganz vorne mit dabei.

  • Reincarnation of XY sagt:

    Ich finde Mobbing niederträchtig und die Rückgratlosigkeit von Verantwortlichen die nicht einschreiten beschämend.
    ABER nicht alles ist Mobbing, was Mobbing genannt wird.
    Bei uns gab es z.B. einen Jungen, der geschlagen und gestohlen hat und sich gemobbt fühlte, weil ihn niemand mochte.

    Eines meiner Kinder fühlte sich auch „gemobbt“ und ich musste ihm erklären, dass es auch mit seinem Verhalten zu tun hat.
    Es gibt das typische mobben des „Schwachen“ und das ist schlimm. Sehr schlimm. Aber es gibt auch eine Kehrseite: Menschen, welche durch ihr mühsames Benehmen, negative Reaktionen regelrecht herausfordern.
    Das muss auch thematisiert werden, wenn man von Mobbing spricht!

    • Brunhild Steiner sagt:

      @Reincarnation

      ich verstehe Ihren Punkt, bin aber nicht einverstanden, denn hier ist das Problem eher eine Verwechslung, oder Zuordnung einer Angelegenheit in eine komplett falsche Kategorie.

      Mit solchen „über das muss auch geredet werden“ wird eher die Schiene „das Opfer könnte eigentlich irgendwo auch Täter sein“ unterstützt, welche für meinen Geschmack immer noch viel zu sehr gefahren wird!
      Was man tun könnte um diesen Aspekt gebührend zu gewichten: unabhängig vom Mobbingthema grundsätzlich über Verhaltensauswirkungen zu sprechen.
      Und sowieso die Eltern viel mehr in die Pflicht nehmen.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Brunhild- ich verstehe Ihren Punkt und es kann von Schule zu Schule ganz anders sein.
        ABER ich musste schmerzlich erfahren, dass es wirklich häufig vorkommt, dass Täter sich als Opfer ausgeben. Gerade auch in diesem Thema. Deshalb MUSS es erwähnt werden.
        Wir müssen genau hinschauen und nicht alles sofort Mobbing nennen.
        Es gibt viel mehr Täter als wir meinen, die eine Opferrolle zelebrieren. Ich musste das schmerzlich erfahren.

        Nicht zuletzt können wir unseren eigenen Kindern schaden, wenn wir Konflikte vorschnell als Mobbing abhaken. Wäre ich ein 0815 Elter, hätte mein Bub in eine Opferrolle hineinwachsen können, die ihn später am Arbeitsplatz wieder eingeholt hätte.

        Deshalb MUSS die Kehrseite genau betrachtet werden.

  • Muttis Liebling sagt:

    ‚Nirgends in Europa werden so viele Schüler gemobbt wie in der Schweiz.‘

    Ganz sicher nicht. Ähnlich wie beim Suizid werden individuelle Themen selten so breit getreten, wie in der Schweiz. Es entsteht nur die Illusion des Viel, ist aber nicht viel, auch nicht beim Suizid.

    Die Brutalität unter Kindern ist z.B. in den osteuropäischen Ländern sehr viel grösser, als in Mittel- oder Westeuropa. Da sind die Eltern heilfroh, wenn nur Worte fallen. Es gibt Statistiken über Verbrechen von Kindern an Kindern, da kommt die Schweiz nicht vor.

    • Reincarnation of XY sagt:

      Danke ML.
      Es ist unterträglich, wie Gedankenlos diese „Flosklen“ in den Medien kolportiert werden.

      Ein Anstieg der Zahl ist meist, eine genauere (oder ehrlichere) Erfassung, oder dass man die Messlatte zehnfach tiefer gesetzt hat.

    • Dietmar B. sagt:

      Ich komme aus einem osteuropäischen Land und habe dort Primarschule und Gymnasium absolviert. Ich kann bestätigen, dass das Thema Mobbing auf keinen Fall solch ein Ausmass hatte wie hier in er Schweiz. Wir mussten bei der Schulleitung wegen unseres Sohnen intervenieren, weil er gemobbt wurde und sich nicht mehr aus eigener Kraft wehren konnte

      • Muttis Liebling sagt:

        Nichts für ungut, aber dieses, ‚ich habe es anders erlebt‘ kann Statistiken weder belegen noch widersprechen.

    • Brunhild Steiner sagt:

      Ich halte nach wie vor daran fest dass jene Gewalt nicht ursachenlos vom Himmel fällt, und auch die dortigen Erwachsenen ganz froh sind wenn es bei Konflikten unter Erwachsenen mit Worten reicht und nicht zu gröberen Massnahmen gegriffen wird.

      • Brunhild Steiner sagt:

        @ML

        das wäre in längerer Form an Sie gegangen, es herrschen sehr seltsame Zustände was das entfernen und wieder einfügen von Beiträgen betrifft…

      • Brunhild Steiner sagt:

        @Redaktion

        ehm, war das jetzt eine Aktion unter der Transparenz-Flagge? Vielen Dank fürs „wieder einfügen“, aber bisschen ratlos lässt es einen schon zurück…

  • Toni Bernasconi sagt:

    Ein wichtiges Problem, das angegangen werden sollte. Der Stellenwert von Kundern und Familie in der Schweiz ist aber leider ein sehr tiefer, weshalb wir in solchen Dingen eigentlich immer hinterherhinken.

  • Doris Vögeli sagt:

    Schade werden die angebotenen Kurse der Elternbildung zum Thema Mobbing nicht besucht…. ich habe sehr viel zum Thema selbst erlebt, mit meinen Kindern durchgemacht, als Schulratspräsidentin gewirkt. Sobald man die Eltern anspricht, sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, herrscht Schweigen. Warum? Es braucht ALLE, um mit diesem so belastenden Thema umzugehen. Nicht nur die Schule und Lehrpersonen. Vor allem aber auch griffigere Gesetze und Möglichkeiten, um gegen diejenigen, die Mobbing gezielt ausüben, vorzugehen.

    • Regina Hanslmayr sagt:

      Liebe Frau Vögeli, Elternbildungsabende sind wohl überall ein leidiges Thema. Viel Organisation und dann sind nur die Hälfte der Stühle besetzt – aber freuen wir uns über die Erziehungsberechtigten, die kommen! Ich habe vor ca. zwei Jahren eine Elternweiterbildung zum Thema Mobbing mit einer Expertin von Pro Juventute besucht und viel dabei gelernt. Mir war nicht bewusst, dass man keinesfalls zuwarten soll. Mobbing geht nicht von alleine wieder weg. Das Opfer hat keine Möglichkeit sich selber zu helfen. Man muss sofort intervenieren und zwar in der Klasse/Schule und am Pausenhof. Eltern, Lehrpersonen Schulsozialarbeit und die SchülerInnen, alle müssen mitarbeiten. Im Nachhinein würde ich mache Situation, die ich mit meinen Söhnen erlebt habe, anders angehen.

  • Lea Meier sagt:

    Es ist schon seltsam, dass hier Betroffenen geraten wird, sich quasi nicht zu wehren und sich von Mobbern und deren Eltern fernzuhalten. Wenn diese nicht sofort und direkt zur Verantwortung für ihre Taten gezogen werden, werden diese geschützt und unterstützt und müssen sich auch nicht mit ihrem Verhalten auseinander setzen und dieses schon gar nicht ändern. Sollte sich nach einer Ansprache die Situation für Betroffene noch schlechter darstellen, sollen Mobber mit konkreten Massnahmen belegt werden und nicht die Opfer. Auch dass das System Schuld sein soll, ist meines Erachtens einen Ausrede, um nichts zu tun, ausser zu reden.

  • Rolf Rothacher sagt:

    Die Natur verlangt das Prinzip der Evolution und damit der Auslesen. Wir Menschen leben heute aber derart unnatürlich, dass wir keine Auslese mehr zulassen. Das beginnt beim Mobbing und endet im Sozialismus. Mobbing ist ein völlig normales und natürliches Phänomen in der Natur, kann man in jedem Vogelnest beobachten, wenn sich die Stärkeren vordrängen und die schwächeren dabei verhungern. Doch wie gesagt, wir ertragen die Natur nicht mehr, weshalb wir dem Mobbing und tausend anderen, völlig natürlichen Dingen, den Kampf ansagen. Schizophren ist bloss, wenn dieselben Leute ein „zurück zur Natur“ von der Gesellschaft fordern.

    • Muttis Liebling sagt:

      Was Sie beschreiben ist der Sozialdarwinismus Spencers, nicht die biologische Evolution. Biologische Auslese findet ontogenetisch, nicht auf der sozialen oder psychologischen Ebene, auf welcher z.B. Mobbing spielt, statt. Triebverhalten von Tieren ist nicht dem Sozialen oder Psychischen von Menschen zu vergleichen.

      Richtig ist die bedenkliche Zunahme des naiven Wunsches, den primären Teil der Evolution, die Variabilität auszuschalten. Das Bessere hat ja nur die Chance sich durchzusetzen, wenn man es nicht vorher schon bewusst abwürgt.

      Es braucht in allen Altersgruppen Ungleichheit und asymmetrische Förderung. Der Gleichheitsgedanke ist der kulturelle Tod und das Ende der Evolution. Menschen dürfen biologisch und psychologisch niemals gleich sein.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Danke ML.
        Es ist grauenhaft wieviel sozialdarwinistisches Gedankengut in den Köpfen der Menschen rumschwirrt.
        Sie haben weder von Darwin, noch dem heutigen Stand der Evolutionsbiologie eine Ahnung.

        Und Herr Rothacher, wenn den die brutale Hackordnung der Tierwelt zum Vorbild dienen sollte… warum haben denn die Homo Sapiens über diese Spezies triumphiert? Und warum haben humane Gesellschaften über faschistoide Gesellschaften triumphiert?
        Denken Sie mal darüber nach, bevor sie sozialdarwinistische Parolen in der Welt verbreiten.

    • Maria sagt:

      Herr Rothacher,
      brauchen Sie Aufmerksamkeit? Oder warum posten Sie so einen provokativen Kommentar?

  • Georg sagt:

    Als ich aufgewachsen bin, waren kleinbürgerlicher Sexismus, Rassismus und Homophobie noch offen die Norm. Da hat man von Erwachsenen (fast ausschliesslich Männern) mit den ewigen Frauen-, Schwarzen- und Schwulenwitzen vorgelebt gekriegt, dass man andere mobben muss, um dazu zu gehören und nicht selbst gemobbt zu werden.
    Ich verachte meinen Vater bis heute dafür, dass auch er und seine geistlosen Freunde von damals mir solchen Dreck vorgelebt haben.

  • Doro sagt:

    Es stimmt, was sie schreiben. Ich möchte noch ergänzen, dass es genau so wichtig ist zu schauen, weshalb ein Opfer zum Opfer wurde. Wie können wir als Eltern, Schule und Gesellschaft Kinder stärken, dass sie sich wehten können, sich Hilfe holen können? Aus der Resilienzforschung weiss man, dass Kinder die sich Hilfe holen können, resilienter sind. Dazu braucht es das Vertrauen in ein System und zu Erwachsenen.

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