Mein Sohn ist ein Sturkopf!

Mit fünf erreicht das Fantasiespiel einen Höhepunkt: Die Kinder sind dem Spiel ganz hingegeben und blenden alles andere aus. Illustration: Benjamin Hermann
Liebe Daniela, unser fünfjähriger Sohn ist ein totaler Sturkopf. Wenn er Lego spielt und aufräumen sollte, tut er beispielsweise so, als hätte er die Aufforderung nicht gehört. Auch nach mehrmaligem Wiederholen und ungewolltem Erheben meiner Stimme zeigt er keine Bereitschaft aufzuräumen. Meist muss ich schreien, damit etwas passiert. Er ist ein richtiger Verweigerer, und wenn er zu etwas keine Lust hat, tut er das einfach nicht. Ich bin verzweifelt. Was soll ich tun? Christine
Liebe Christine
Die Situation, die Sie schildern, höre ich oft in der Erziehungsberatung: Kinder, die nicht tun, was ihnen die Eltern sagen. Das ist aufreibend und belastet bestimmt Sie und Ihren Sohn. Wie ist es für Sie, wenn Sie Ihren Sohn anschreien? Wie fühlen Sie sich dabei? Und was denken Sie, wie geht es Ihrem Sohn dabei?
Wenn ich mit Eltern diese Fragen bespreche, dann höre ich oft, dass sie sich eine Beziehung zu ihren Kindern wünschen, in der sie kein autoritäres Verhalten einsetzen müssen. Schreien wird nicht als adäquates Erziehungsinstrument betrachtet. Gleichzeitig haben viele Eltern die Vorstellung, dass die Kinder einer Autoritätsperson gehorchen müssen. Ein Zwiespalt, der durchaus zu Verzweiflung und Sorge führen kann, so, wie Sie das beschreiben.
Viele Erwachsene verstehen Erziehung als klare Rollenteilung: Die Eltern erziehen, die Kinder werden erzogen. Je nach Erziehungsansatz kann das dann jeweils etwas anders aussehen. Ein Grossteil der Eltern erzieht die Kinder zunächst so, wie sie selber erzogen worden sind. Besonders in Stressmomenten wird auf erlernte Erziehungsmuster zurückgegriffen. Dazu gehören oft auch Macht, Druck, Strafe und Schreien.
Heute wissen wir mehr über die kindliche Entwicklung als früher und können unsere Erziehungsmethoden entwicklungsgerechter gestalten. Dabei ist wichtig zu wissen, dass Kinder ihre Erziehung und Bildung nicht passiv erleben, sondern aktiv mitgestalten, wie es die Entwicklungspsychologin Gabriele Haug-Schnabel in ihrem Buch «Grundlagen der Entwicklungspsychologie» beschreibt.
Wenn unsere Kinder mit uns kooperieren wollen, warum tun sie denn nicht, was wir ihnen sagen?
Auch in Ihrem Fall heisst das: Sie haben in Ihrem fünfjährigen Sohn ein kompetentes Gegenüber! Vertrauen Sie darauf, dass er sich entwickeln und lernen will. Und kooperieren. Der dänische Familientherapeut Jesper Juul sagte das in «Die kompetente Familie: Neue Wege in der Erziehung» sehr schön: «Kinder wollen gern mit ihren Eltern zusammenarbeiten und ihnen das geben, wonach sie verlangen. Das verschafft ihnen ein Gefühl von Glück und Zufriedenheit. Verbote und Kritik bewirken – wie bei Erwachsenen – das Gegenteil.»
Wenn unsere Kinder mit uns kooperieren wollen, warum tun sie denn nicht, was wir ihnen sagen – oder erst, wenn wir sie anbrüllen? Um dies zu beantworten, braucht es zuerst einen Blick auf eine besondere Entwicklungsaufgabe von Kindern: das Spielen. Die Spielpädagogin Susanne Stöcklin-Meier betont in einem Interview in der Zeitschrift «Wir Eltern»: «Das freie Spiel ist die Lebensform des Kindes. Im Durchschnitt spielt es in den ersten sechs Lebensjahren rund 15’000 Stunden. […] Und deshalb sollte man sie dabei auch nicht stören.»
Wenn Kinder spielen, lernen sie die Welt und sich in dieser Welt kennen. Spielen ist für sie Grundlage jedes Lernprozesses – und dabei essentiell. Im Alter Ihres Sohnes, also mit fünf, erreicht das Fantasiespiel einen Höhepunkt: Die Kinder sind dem Spiel ganz hingegeben und gehen in dieser Tätigkeit völlig auf. Sie sind das Spiel. Dabei vergessen sie um sich herum alles. Etwa so, wie wenn wir Erwachsenen bei der Arbeit im «Flow» sind. Das ist wichtig! Susanne Stöcklin-Meier sagt: «Ein Kind, das konzentriert spielen kann, vermag später auch in der Schule konzentriert zu lernen.» Damit unterstreicht sie, dass Kinder sich im Spiel Fähigkeiten fürs Leben aneignen. Ich gehe also davon aus, dass Ihr Sohn, wenn er die Legos nicht aufräumt und weiterspielt, dies nicht aus böser Absicht tut.
Aber der Familienalltag kann nicht permanent auf das kindliche Spiel Rücksicht nehmen. Unterbrechungen sind unumgänglich. Damit Sie dabei nicht in die Brüllfalle tappen – das Kind also erst reagiert, wenn Sie zu schreien beginnen –, stelle ich Ihnen drei Schritte aus dem Film «Wege aus der Brüllfalle» vor.
Sie erreichen Ihren ins Spiel versunkenen Sohn, wenn Sie …
- … sichtbar werden. Zurufe verhallen im Raum, sind unspezifisch und erreichen Ihr Kind im Spiel nicht. Betreten Sie seinen Spielraum. Dadurch werden Sie erlebbar.
- … Augenkontakt und eventuell Körperkontakt aufnehmen. Wichtig ist dabei, dass auch Ihre Körpersprache entspannt, zugewandt und nicht bedrohlich ist. Falls Ihr Sohn eine stärkere Intervention braucht, können Sie ihn auch am Arm oder an den Schultern berühren und warten, bis er den Augenkontakt zu Ihnen aufnehmen kann.
- … das Kind direkt ansprechen. Formulieren Sie ruhig und klar, was Sie wollen. Geben Sie deutliche Anweisungen und beschränken Sie sich auf wenige Sätze. Zum Beispiel: «Es gibt Mittagessen. Ich möchte, dass du jetzt dein Spiel unterbrichst und deine Legos hierhin zur Seite räumst. Danach kommst du an den Tisch.»
Durch dieses sogenannte «Kontakten» kann Ihr Sohn auf Sie reagieren, ohne dass Sie laut werden müssen. Wenn das für Sie beide neu und noch etwas ungewohnt ist, braucht es vielleicht auch ein paar Versuche, bis es richtig gut klappt. Sie sind dadurch auch ein super Vorbild für Ihren Sohn.
Falls sich auf Dauer nichts verändern sollte, kann es für Sie vielleicht entlastend sein, wenn Sie sich an eine Erziehungsberatungsstelle in Ihrer Nähe wenden, damit Sie die Situation genauer besprechen können.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Erläuterungen helfen, Ihren Sohn nicht mehr als einen Sturkopf und Verweigerer zu betrachten, sondern als ein Kind, das seinen Entwicklungsraum kompetent schützt und etwas Hilfe braucht, um gerne das zu tun, was Sie von ihm möchten.
Gutes «Kontakten»!
Daniela
Brauchen auch Sie einen guten Rat? Schreiben Sie uns. Gerne nehmen wir Ihre Erziehungsfragen unter [email protected] entgegen.
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28 Kommentare zu «Mein Sohn ist ein Sturkopf!»
Wenn die Kooperationsbereitschaft dauerhaft schwierig ist und die klassischen Erziehungstipps nicht fruchten, dann lohnt es sich, nach Empfehlungen unter dem Stichwort „autonomes Kind“ zu suchen.
Bei unserem Sohn 2.5 klappt das ganz gut. Wir gehen zu ihm hin oder wenn er eh schon mit uns spielt, kündigen wir an, dass jetzt dann XY (Nachtessen, Mittagessen, Rausgehen, Schlafen etc. ) folgt und dann kommt eine Abschlussformel. Also z.B. noch drei Mal die Rutsche runter oder noch fünf Autos rausnehmen oder noch fünf Bilder anschauen usw. Und dann gibts einen Countdown. Ich weiss jetzt nicht, ob er das Konzept von Zahlen versteht, aber damit steht er danach oft von selbst auf und kommt zum Zähneputzen etc. Natürlich gibts auch Sachen, die er einfach nicht mag. Aber auch da, macht er mit, wenn er weiss, dass er nachher gleich das machen darf, was er vorhatte.
Um noch einen anderen Aspekt reinzubringen (ist aber nur meine eigene Beobachtung):
Wieso hören Kinder dann doch plötzlich zu, wenn Eltern beginnen zu schreien und schimpfen?
Ich behaupte: es hat nichts mit der Lautstärke oder dem aggressiven Unterton zu tun, sondern damit, dass Eltern erst dann authentisch und somit verständlich für das Kind kommunizieren.
Aus dem Satz „Räumst Du bitte kurz das Spielzeug weg“ mit dem Staubsauger in der Hand kann das Kind u.U. nicht schliessen, dass man jetzt genau da staubsaugen muss.
Die Aussage hingegen „Jetzt, gopferdori, das Legozeugs stört mich beim Staubsaugen“ (und das muss zackig rüberkommen, sonst ist es nicht glaubwürdig) versteht ein Kind sehr gut!
Und wenn man noch miteinbezieht „Kinder wollen gern mit ihren Eltern zusammenarbeiten und ihnen das geben, wonach sie verlangen. Das verschafft ihnen ein Gefühl von Glück und Zufriedenheit. Verbote und Kritik bewirken – wie bei Erwachsenen – das Gegenteil.“ dann ist klar, weshalb es dann eben doch klappt.
Oder um es mit dem Kommunikations-1×1 zu sagen: erst im Schreimodus werden Ich-Botschaften gesendet.
Es soll auch vorkommen, dass absolut verständnisvolle Eltern Sturköpfe als Kinder haben. Und dass gemeinsame, „auf Augenhöhe“ getroffene Vereinbarungen ständig wieder nicht eingehalten werden.
Ich finde es richtig, dass Eltern ihren Erziehungsstil immer wieder hinterfragen und bei Problemen zuerst bei sich selber suchen. Und dass sie alles mögliche ausprobieren.
Aber es ist nicht so, dass die Probleme einseitig bei den Eltern zu suchen sind. Und es ist keine Lösung, den Schwierigkeiten und Konflikten immer aus dem Weg zu gehen, und eigene Bedürfnisse ständig hinten anzustellen. Da lernt das Kind nicht, dass es ernst genommen wird, sondern dass alles sich um sie dreht, dass alle sich nach ihren Launen richten.
„Aber es ist nicht so, dass die Probleme einseitig bei den Eltern zu suchen sind.“
Insofern nur die Eltern ein Problem HABEN, sollten sie es auch bei sich suchen. 😉
@tststs: Wie so oft verstehe ich gar nichts bei Ihnen. Die Kinder bekommen schnell eigene Probleme, wenn die Eltern sie nicht für sie lösen.
Richtig, dem Kind ständig einen Sonderstatus zu gewähren, bedeutet ja genau ihm nicht auf Augenhöhe zu begegnen. Zu leugnen dass es im Prinzip gleich Mensch ist wie wir. Um ein Kind zu verstehen, müssen wir uns erst mal selbst verstehen.
Man sieht: Augenhöhe wird sowohl von Befürwortern, wie Gegnern oft falsch interpretiert, weil die Implikationen nicht gründlich genug durchdacht werden.
Empfehle an dieser Stelle nochmals die Lektüre von Ichiro Kishimi. 🙂
🙂 auf Augenhöhe getroffene Vereinbarungen
🙂 ganz verständnisvolle Eltern, ganz sture Kinder
Da kann man nur sagen: die armen Eltern!
Vereinbarungen treffen mit Dreijährigen scheint kaum dem Prinzip „auf Augenhöhe“ zu entsprechen, da die Eltern davon ausgehen zu scheinen, dass sie den 3jährigen einfach als Erwachsenen behandeln können.
Um da auf Augenhöhe zu kommen, muss man sich hinunterhocken und zuerst verstehen: wie sieht die Welt aus seiner Perspektive aus.
Gleichzeitig bedeutet dies auch zu verstehen. Mein Kind ist Mensch wie ich, kein Mensch wird glücklich, wenn sich „alles nur um ihn dreht“ etc.
Die Krux ist immer die Selbsterkenntnis. Je reifer ich als Mensch bin, je reifer mein Erziehungsstil.
@RoXY: „Je reifer ich als Mensch bin, je reifer mein Erziehungsstil.“
Oder desto verkopfter. Kommt dazu, dass vielfach auch sie Belastbarkeit stark abnimmt und die reiferen Menschen schneller die Geduld verlieren.
🙂 da haben Sie aber ganz eigene Interpretationen von „reif“
Wie ich es verstehe gab ich ja an: Selbsterkenntnis
Die korreliert nicht wirklich mit dem Alter.
Verkopft? das ist definitiv nicht reif
Geduld schnell verlieren? Das ist definitiv nicht reif.
Keine Ahnung wie man solche Dinge mit reif in Zusammenhang bringen kann. Es sei denn man verwechselt „Reife“ mit Alter.
Unser Nachwuchs ist noch keine 5, aber tatsächlich helfen Erklärungen/Begründungen warum man etwas möchte sehr viel mehr als ledigliche Anweisungen. Dies dennoch als klare Aussage und nicht alzu fest als „Bittibätti“. Und beim Spielen eine Aussicht darauf, dass bzw. wann es danach weitermachen kann, danach wird meist freiwillig mitgeholfen o.ä. So banal wie hilfreich ist tatsächlich das Hinknien und kurz berühren, der Unterschied zu „von oben her brüllen“ ist drastisch und ich als Mutter fühle mich damit auch sehr viel wohler. Leider sind mir in Stresssituationen aber auch schon Sätze aus meiner Erziehung rausgerutscht, die ich eigentlich nie selber verwenden wollte. Das verfallen in selbst erlebte Muster kann ich daher leider bestätigen.
„Leider sind mir in Stresssituationen aber auch schon Sätze aus meiner Erziehung rausgerutscht, die ich eigentlich nie selber verwenden wollte. Das verfallen in selbst erlebte Muster kann ich daher leider bestätigen.“
Streichen Sie das „Leider“, es macht Sie menschlich und nicht zu einem schlechten Elternteil 😉
Und ja, ich staune auch immer wieder über diese von „oben-herab-Kommunikation“.
Kinder sind keine programmierbaren Maschinen, insofern kann man auch nicht Programm A nach Erziehungslehrbuch XY abspulen und kommt zum gewünschten Ergebnis. Wenn das so wäre, hätte sich jemand mit dem einen, ultimativen Erziehungsratgeber bereits eine goldene Nase verdient.
Zum Glück aber sind alle Menschen und insofern auch Kinder individuell und verschieden, und dementsprechend ist Erziehung bzw Zusammenleben komplex und vielschichtig. Platte Erziehungstipps zu kopieren bringt also meist relativ wenig. Manchmal muss man einfach Phasen durchstehen, und sehr häufig spiegeln Kinder das eigene Verhalten (aber meist nicht 1:1, sondern versteckt, und darum schwer zu erkennen…). Kinder zu erziehen ist mal Abenteuerreise, mal Katastrophenritt, mal Sonntagsspaziergang.
Sorry, Lina, ich muss sie enttäuschen. Menschen sind nicht sooo wahnsinnig kompliziert und unterschiedlich gestrickt, wie manche immer glauben.
Und von Ratgeberbüchern, die ein gewünschtes Ergebnis „versprechen“, würde ich prinzipiell die Finger lassen.
Was immer hilfreich ist, ist die Frage: „Warum will ich gerade jetzt XY von meinem Kind?“ Diese ist aufschlussreich. Warum will ich, dass die Legos weggeräumt werden? Weil sie im Wohnzimmer im Weg liegen und mich die Unordnung stört? Gut. Wie kann ich das ändern? Das Kind im Kinderzimmer spielen lassen? Ihm die Wahl lassen, entweder hier und mit wegräumen oder dort und liegen lassen? Oder weil „man“ nun mal vor dem Essen aufräumt? Ist das wirklich gesetzlich vorgeschrieben? Wohl eher nicht. Weil ich saugen will? Ok, dann kann ich mich vielleicht mit dem Kind auf einen Augenblick einigen, wo aufgeräumt werden soll, ansonsten ist es frei. Nur wer die eigene Absicht kennt und hinterfragt, kann authentisch sein.
Hier gilt seit Jahren die Regel: Spielzeug in Gemeinschaftsräumen wird abends mitgenommen. Eigene Zimmer sind privat und müssen jeweils Freitagabend aufgeräumt sein, damit der Staubsauger am Samstag morgen durchkommt. Dazwischen ist es Sache des Kindes. Hilfe wird angeboten und kann jederzeit in Anspruch genommen werden.
Ich glaube, sie setzen einen Rat um, den ich auch schon gehört habe: Man bietet dem Kind eine Wahl/Alternativen an, die allesamt für das Elternteil auch i.O. sind.
Und Ihre Frage: „Warum will ich gerade jetzt XY von meinem Kind?“ und Ihre Schlüsse unterschreibe ich doppelt und dreifach!
@ tststs
„Man bietet dem Kind eine Wahl/Alternativen an, die allesamt für das Elternteil auch i.O. sind.“
Ja, immer und immer wieder. Und zwar aus einem einfachen Grund, weil ich von Bedürfnissen ausgehe und diese sind im Normalfall einiges tiefer als das Naheliegendste. Autonomie/Selbstbestimmung/Selbstverantwortung ist ein Grundbedürfnis wie Essen. Wenn mein Kind mich ignoriert, dann im Normalfall genau darum, weil es sich gerade von mir nichts sagen lassen will. Verstehe ich gut, zumal im umgekehrt auf einen Befehlston des Kindes auch allergisch reagiere. Aber ich habe auch Bedürfnisse (hier: Ordnung) und als die Erwachsene bin ich es nun mal, die überschauen kann, wie möglichst viele befriedigt und keine übergangen werden können.
Man kann nicht immer alles lösen – per sofort lösen.
Man bemüht sich, tut dies und das. Scheitert auf diese und die andere Weise…. Wichtig ist, dass man selbst positiv bleibt. Gut beobachtet, das Kind kennen lernt.
Unser Kleiner, wegen dem ich heute auf Schritt und Tritt Lob bekomme (tatsächlich wahr!), war in seinen ersten Lebensjahren nicht nur stur, er hat schlicht auf überhaupt nichts gehört. Er hat es komplett ignoriert. Bei uns und auch bei allen anderen. (Auch diese Rückmeldung hörte ich auch Schritt und Tritt.) Und nun übersprudelt heute genau er vor Kooperation…
Wichtig: Er war stur, aber nicht bösartig, es war auch nicht Rebellion. Es ist wichtig, genau hinzuschauen
Volle Zustimmung.
Kinder handeln nienienie bösartig oder berechnend (in einem „erwachsenen“ Sinn, in einem „instiktiven“ Sinne natürlich schon 😉 )
Es ist auch kein Provozieren der Eltern.
Es ist schlicht normales Verhalten.
Und es ist halt nunmal die Aufgabe der Eltern, die gleichen Dinge immer und immer wieder zu sagen, den Aufpasser zu spielen und manchmal auch den Richter.
Und noch was zum genauen hinschauen: Es ist ja nicht so, dass ihr Sohn früher nicht kooperiert hat! Hier muss man immer im Hinterkopf haben, dass die Unterscheidung in „ich“ und „die Aussenwelt“ ein Prozess ist; wie die Autorin selber schreibt: die rufende Mutter ist Teil der eigenen Welt/des eigenen ichs; das Feedback/die Kooperation geschieht dementsprechend auch „innen“.
Ja tststs – wobei „bösartig“ an sich ein schwieriger begriff ist. Unser moralisches Denken hat uns psychologisch nicht weitergebracht. Auch die „bösen Erwachsenen“ halten sich selbst nicht für böse.
Ich glaube mit „bös“ „gut“ „Schuld“ kommen wir nicht weiter. Wir müssen lernen die conditio humana verstehen, wenn wir den Menschen besser verstehen wollen.
Kinder sind, wie wir Erwachsenen, in ihrem Handeln auch zielgerichtet, egal ob uns das bewusst ist oder nicht.
Sie können uns zum Beispiel durch Lärm „stören“, weil sie unsere Aufmerksamkeit wollen, dies kann durchaus possesiv sein, was landläufig als „egoistisch/böse“ konnotiert wird. Das ist aber falsch. Es ist schlicht ein menschliches Verhalten und wir müssen die Ursachen bzw. Zielsetzung desselben verstehen.
Was unseren Kleinen betrifft, wage ich nicht, vorschnell Ihrer Interpretation zuzustimmen.
Er hat sich (mit 2 Jahren) auch mit der Wand angelegt, welche die Frechheit besass, einfach nicht zu schwinden, obwohl er mit dem Bobicar da durch fahren wollte. Er drohte auch dem See, der ihn einfach gleichgültig weiter „anwellte“ obwohl er ihm lautstark zu verstehen gegeben hatte, er solle damit aufhören.
Es fällt uns Menschen u.a. auch schwer einzusehen, dass wir nicht allmächtig sind. Oder etwas netter formuliert: Wir müssen lernen, dass die Welt nicht so ist, wie wir sie gerne hätten.
Ich glaube: Kinder (Menschen!) sind kooperativ, das beruht auf unserem „Gemeinschaftsgefühl“ (A. Adler), aber manchmal sind wir es auch nicht „Selbsterhaltungstrieb“.
Diese Tipps helfen nicht, weil die Mutter ja geschrieben hat, dass das Kind die Mutter bereits wahrgenommen hat. Ich spreche aus Erfahrung. Auch der Satz: “ Ich spreche mit dir und hätte gerne eine Antwort“, gibt dem Kind keinen Begriff davon, wie der Familienalltag organisiert werden muss, warum z. B. regelmäßig geputzt werden muss.
Was bei uns geholfen hat: Weniger Spielzeug, möglichst gleich strukturierter Tagesablauf und Wochenablauf und ein paar strikt durchgezogene Regeln, die alle einhalten. So kann der kleine Sturkopf langsam mehr Verantwortung im Familienleben übernehmen und freut sich z. B. sehr auf das Putzen am Donnerstag, wenn er beim Staubsaugen helfen kann.
@Barbara: Das steht da so nicht, dass das Kind die Mutter schon wahrgenommen hat. Die Mutter ist der Meinung, er hätte sie wahrnehmen müssen. Das muss aber nicht aus Perspektive des Kindes tatsächlich schon erfolgt sein. Und selbst wenn das Kind die Mutter irgendwann wahrnimmt, ist die Mutter schon längs 2-3 Stufen in der Eskalation nach oben gegangen und schreit. Von daher hilft der Hinweis schon, von Anfang an darauf zu achten, zunächst einmal den Kontakt herzustellen und erst danach den Inhalt zu transportieren. Und sehr hilfreich ist auch eine Vorstufe einzubauen, d.h. ein Hinweis, dass in Kürze eine Aktion erwartet wird. Oft genug sehe ich es, dass Befehle zum Aufräumen wie ein Blitz aus heiterem Himmel kommen. Da ist Rebellion und Kampf unausweichlich.
„gibt dem Kind keinen Begriff davon, wie der Familienalltag organisiert werden muss, warum z. B. regelmäßig geputzt werden muss.“
Vielleicht hilft oder tröstet der folgende Gedanke: Es gibt nichts, was Eltern tun oder sagen könnten, dass ein 5jähriges „einen Begriff davon hat“.
Das verstehe ich jetzt nicht. Es gibt Bedürfnisse, die kann ein Fünfjähriger gut benennen (Hunger, Stuhldrang etc.). Auch Gefühle wie Langeweile und Wut können Fünfjährige benennen, wenn ihre Eltern mit ihnen über ihr Gefühlsleben sprechen. Sie verstehen wohl den Zusammenhang zwischen Aufräumen, sauberer Wohnung und ihrem eigenen Sauberkeitsbedürfnis noch nicht. Darum macht es eben Sinn, die Kinder sehr früh beim Haushalten einzubeziehen.