Warum bin ich als Mutter immer der Bad Cop?

Unfaire Rollenverteilung: Oft werden Väter von den Kindern als entspannter wahrgenommen. Illustration: Benjamin Hermann
Liebe Daniela, bei uns zu Hause bin ich immer der «Bad Cop». Mein Mann hingegen wird von den Kindern als «voll easy» wahrgenommen. Das ist unfair: Wie schaff ichs, diese Rollenverteilung zu durchbrechen? Leonie
Liebe Leonie
Wenn Sie von «Bad Cop» und «voll easy» sprechen, was meinen Sie genau? Ich assoziiere bei «Bad Cop» einen Elternteil, der ständig ermahnt, streng ist und Druck aufsetzt, um Regeln durchzusetzen. Ich stelle mir vor, dass die Atmosphäre dann ganz schön angespannt und anstrengend sein kann. Je nach Häufigkeit kann die Beziehungsgestaltung zu den Kindern zudem erschwert sein, und das Selbstbild kann darunter leiden. «Voll easy» verbinde ich hingegen mit «auch einmal eine Fünf gerade sein lassen» und mit einem lustbetonten Zusammensein mit den Kindern. Aus diesen Assoziationen heraus verstehe ich sehr gut, dass Sie die konkrete Rollenaufteilung verändern möchten.
Um die bestehende Rollenverteilung zu durchbrechen, braucht es eine offene und ehrliche Klärung.
Eine Rolle wird als Verhaltensmuster betrachtet, das durch Selbst- und/oder Fremderwartung geformt wird. Soziale Normen, wie zum Beispiel die gesellschaftlichen Erwartungen, wie Eltern ihre Kinder zu erziehen haben, sind dabei prägend. Es erstaunt daher wenig, dass die Rollenanforderungen unabhängig von der Person, welche die Rolle übernimmt, bestehen. Spielraum besteht jedoch in der individuellen Interpretation und Ausgestaltung. Persönliche und biografische Anteile der Person, welche die Rolle übernimmt, prägen Rollenübernahme und Gestaltung mit.
Um die bestehende Rollenverteilung von «Bad Cop» und «voll easy» zu durchbrechen, braucht es eine offene und ehrliche Klärung – für sich selbst und als Elternpaar.
Ich möchte Ihnen ein Vorgehen vorschlagen, das sich in meiner Arbeit zum Thema «Rollenklärung» bisher gut bewährt hat. Dafür stelle ich Ihnen einige Fragen auf verschiedenen Ebenen zusammen, die Sie in einem ersten Schritt für sich selbst reflektieren können. Laden Sie Ihren Mann dazu ein, das auch für sich zu tun.
Definition der Rollen
Versuchen Sie in einem ersten Schritt, die Rollen von sich als Person zu entkoppeln und diese allgemein und wie aus einer Vogelperspektive zu betrachten. Dadurch entwickeln Sie ein klares Verständnis für die Rollen an sich, was bei den Fragen auf den beiden anderen Ebenen hilfreich sein wird.
- Was tut ein «Bad Cop» typischerweise, was jemand, der «voll easy» ist?
- Welche Werte verkörpern diese Rollen?
- Welche Anforderung und Erwartungen haben Sie an diese beiden Rollen?
- Welche Rahmenbedingungen braucht es, um in diese Rollen zu schlüpfen?
- Welche Auswirkung haben diese Rollen in einer Familie? Welche Ziele sind damit verbunden, und wo gibt es Konfliktpotenzial?
- Könnten diese Ziele auch mit anderen Rollen oder Verhaltensweisen erreicht werden?
Sie und Ihr Mann als Rollenträger/in
Was Sie vorhin entkoppelt haben, stellen Sie in diesem Schritt einander gegenüber: Sie betrachten jetzt die definierten Rollen vor Ihrem individuellen Hintergrund.
- Welche individuellen Voraussetzungen bringen Sie, Ihr Mann für «Ihre» Rollen mit?
- Wer hat damit bereits welche Erfahrungen, persönlich aber auch in der Familie?
- Welche Haltungen und Werte verbinden Sie damit?
- Wie identifizieren Sie sich daher mit der Rolle?
- Wie stehen Sie zu den Rollen «Bad Cop» und «voll easy» im Zusammenhang mit Ihren Zielen in der Familie?
Gestaltung der Rolle
Je nachdem, wie Sie die bisherigen Fragen beantwortet haben, geht es nun darum, ob und wie Sie die Rolle einnehmen möchten:
- Was möchten Sie allenfalls konkret so beibehalten oder verändern?
- Inwiefern wollen Sie die Rollen verstärken und abmildern?
- Welche Wirkung erhoffen Sie sich von einer Veränderung – auf Sie, Ihre Kinder, Sie als Elternpaar?
- Was kann Sie bei der neuen Rollengestaltung unterstützen?
Legen Sie nun zusammen mit Ihrem Mann fest, in welchem Rahmen Sie sich zum Thema austauschen möchten. Diese Art Gespräche können, wie Sie sich vielleicht denken können, rasch emotional werden. Überlegen Sie sich im Vorfeld, wie es Ihnen bei Bedarf gelingen kann, sachlich zu bleiben. Hören Sie einander zu, ohne zu bewerten.
Ihre Frage beinhaltet für mich noch eine andere Dimension: Sie empfinden die Situation als unfair und möchten die Rollenverteilung durchbrechen. Das kann grundsätzlich gemeint und nicht nur auf die oben erwähnten Rollen bezogen sein. Ich denke, es ist wichtig zu unterscheiden: Geht es wirklich nur um die Klärung Ihrer Rolle als «Bad Cop» oder vielleicht ganz allgemein um Ihre Rollenaufteilung in den Bereichen Haus-, Familien- und Erwerbsarbeit? Eine anregende Grundlage für Letzteres finden Sie in der Broschüre «Fairplay-at-home» des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung von Frau und Mann.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Mann spannende Gespräche.
Daniela
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10 Kommentare zu «Warum bin ich als Mutter immer der Bad Cop?»
Der Text ist spannend und lädt zum reflektieren ein. Jedoch fehlt mir ein wenig die „Alltagsdimension“. Ich verstehe die Frage „Wie schaff ichs, diese Rollenverteilung zu durchbrechen? “ auch als Wunsch nach direkter Handlungsanleitung.
Und ich glaube, hier gibt sich Leonie die Antwort fast schon selbst: Sie hat mit ihrem Mann ein Vorbild, an dem sie sich orientieren kann. Also: Machen Sie’s wie Ihr Mann!
(Und wenn er dann tatsächlich Ihre Rolle übernimmt, versuchen Sie in der seinigen zu verharren 😉 )
Und ich meine mit „orientieren“ eigentlich „kopieren“. Wenn es zu einer „Cop“-Situation kommt, schauen Sie nicht auf das Kind, beobachten Sie Ihren Mann und machen Sie möglichst genau dasselbe wie er (Gestik, Haltung, Worte, Tonfall)
Aus meiner Erfahrung ist es so, dass die Bad Cops sich stets beschweren über ihre Rolle und subtil oder direkt, den „beliebten“ Partner beschuldigen, dass es so gekommen ist.
Das schwingt auch hier mit „das ist unfair“
Bei dieser Einstellung, nützt alles bereden nicht viel. Solche Personen müssen erst einmal Verantwortung für sich selbst übernehmen.
Es gab keine „Rollenverteilung“, wie im Schultheater. Der Bad Cop wurde ihnen doch nicht „zugeteilt“. Intuitiv haben Sie selbst, sich zu einem Bad Cop entwickelt. Das sagt vor allem etwas über Sie selbst aus.
Die richtige Fragen wäre also:
Wenn Sie gar nicht so sein wollen, warum sind Sie es dann?
Warum sollten alle anderen dafür verantwortlich sein, wie Sie sich benehmen?
Hmmm…. etwas gar viele Punkte zum besprechen.
Mir scheint, Sie sollten die auf 3 oder 4 kürzen.
Es scheint mir sehr unrealistisch, dass sich ein Paar 15! Gesprächspunkte notiert und die Punkt für Punkt miteinander durchspricht.
Dies scheint mir nicht einmal für psychologisch geschulte Gesprächsprofis realistisch.
Wer voll easy drauf ist, windet sich doch genau damit auch aus dieser Auseinandersetzung mit dem Thema raus: „Was stresst du schon wieder? Mir geht es ja gut so. Musst halt auch etwas lockerer sein.“
Es geht hier doch letztendlich um Erwartungen. Das Rollenspiel kann man dann machen, wenn beide Eltern sich auf der ganzen Linie einig sind, welche Erwartungen es gibt und wie vollständig diese eingehalten werden müssen.
Aber Männer suchen sich idR ihre Schwerpunktthemen und ihren Kämpfen aus und sorgen dafür, dass sie sich an diesen handvoll Punkten durchsetzen. Kinder können nicht beliebig breit verzettelt denken, die brauchen Freiheit und Platz zum Ausleben.
Mein Tipp: spricht zuerst die Erwartungen and und seid nicht zu pingelig. Aber seid euch einig.
Vielleicht geht es ja gar nicht nur um Rollen und Wahrnehmungen. Vielleicht entspricht die Wahrnehmung auch einfach dem Verhalten, das wiederum auf unterschiedlichen Einstellungen basiert? So oder so muss ein Austausch der Eltern stattfinden, damit beide am gleichen Strick ziehen, und die Einhaltung gemeinsam beschlossener Regeln auch deutlich von beiden eingefordert wird.
Wenn Sie keinen Bock haben der Bad Cop zu sein, lassen sie es bleiben:
Ist eigentlich ganz einfach, wenn es wäre, wie Sie es sehen, aber Sie sind der Bad Cop, weil Sie einer sind und nicht aus Ihrer Haut können.
Und noch zu Bad und Good Cop beim erziehen: Der Good Cop aus Sicht der Kinder ist ein Bad Cop aus Sicht der Erwachsenen (Unverantwortlich etc.), man muss ich fragen, häufig sind die Eltern Bad Cops für ihre Kinder weil sie gute Cops für den Rest ihres sozialen Umfeldes sein wollen: Wenn meine Kinder geussen und Schoggi dürfen so viel sie wollen, bin ich ein schlechter Vater, ein Bad Cop für Viele.
1. Ich spiele keine Rollen in der Familie, (vielleicht überall sonst.., aber ganz sicher nicht gegenüber Frau und Kindern, da bin ich der Mensch der ich bin und darf das sein)
2. Vor kurzem hat sich meine Frau beklagt, sie müsse immer putzen und ich könne mich mit den Kindern vergnügen. Am nächsten Tag, wollte sie anfangen zu putzen, da hab ich ihr das Zeugs aus der Hand genommen und gesagt, sie solle jetzt gefälligst sich mit den Kindern vergnügen, ich putzte:
Dauerte nicht lange, bis sie merkte, dass sie lieber putzt, als sich mit den Kindern zu vergnügen.
Einfach mal, wenn man denn könnte, die Rollen tauschen, dann übernimmt der andere plötzlich eine andere Rolle:
Aufhören zu putzen, dann putzt der Andere, vielleicht nicht so perfekt, wie man selber putzen möchte, aber er putzt. Die Termine vergessen, dann kümmert sich der Andere darum.
Auf alle Fälle jammert meine Frau gerne darüber, was sie alles tun müsse, aber niemand ausser sie selber sagt ihr, dass sie es tun müsse. Und wenn sie es nicht tun würde, ginge das Leben auch weiter.
Wenn Sie immer der Bad Cop sein müssen, ist das, weil sie einer sind. Wären Sie keiner, hätten Sie sich einen als Partner gesucht, idealerweise.