Ich bin ein Teenie – holt mich hier raus!

Fragile Harmonie: Die Fights zwischen Eltern und Teenies sind unvermeidbar. Illustration: Benjamin Hermann
Donnerstag, 30. April
Früher, als meine Kinder noch süsse kleine Hosenscheisser waren, versuchte ich mir manchmal vorzustellen, wie das sein würde, später. Ich sah es bei meinen Freunden, was mit Kindern passiert, wenn sie heranwachsen. Sie werden irgendwann neunmalklug und frech, und ehe man sichs versieht, sind sie stinknormale Teenager, mit allem, was dazugehört. Ich bewunderte meine Freunde, wie sie die Launen halbstarker Begleiter mit einem Schulterzucken und unerschütterlicher Liebe hinnahmen.
Jetzt lebe ich mit zwei Teenagern zusammen, dank Corona sozusagen auf einem Haufen. Und sie machen auch viel Haufen, manchmal sind es Kleider, manchmal schmutziges Geschirr oder die Verpackungen der Dinge, die sie sich im Netz bestellen. Trotzdem funktioniert das Zusammenleben eigentlich erstaunlich gut, auch wenn es manchmal kurios aussieht; wenn wir alle drei mit Laptop und Ohrstöpseln durch die Wohnung wandeln, jeder an irgendeiner Sitzung teilnehmend oder in ein Gespräch vertieft, aber nicht miteinander. Es funktionierte bisher auch deshalb so gut, weil das Wetter schön und die Truppen bei guter Moral waren. Aber es ist ein fragiles Gleichgewicht, das jederzeit kippen kann. Und dann kommt es zu den berühmt-berüchtigten Fights, die Teenager und Eltern sich offensichtlich liefern müssen.
Und immer wieder fragt man sich: Wie lange halte ich das noch aus?
Ich erspare Ihnen die Inhalte der Auseinandersetzungen, die ich mit meinem pubertierenden Nachwuchs führe. Ich kann Ihnen aber verraten, die Dynamik dieser Streite ähnelt jener, wie man sie auch in zerrütteten Partnerbeziehungen findet. Dann, wenn der Inhalt des Streits irgendwann egal wird, weil jede Auseinandersetzung in den grossen Streit mündet, der immer unterschwellig lauert und jederzeit aufflammen kann. Das ist natürlich sehr ermüdend, denn wie im Beziehungsstreit wird man letztlich immer wieder mit sich selbst konfrontiert. Und immer wieder fragt man sich: Wie lange halte ich das noch aus?
Dann gibt es nur eines. Man muss den Erwachsenen-Autopiloten einschalten. Den Ärger kanalisieren in klare Anweisungen. Den Dialog suchen, die eigene Langmut finden. Wer das nicht tut, läuft Gefahr, plötzlich mit drei Teenagern zusammenzuleben – weil man selbst zum Halbstarken zu regredieren droht. Im Unterschied zu einer zerrütteten Partnerbeziehung wird man beim eigenen Nachwuchs auch nicht aufgeben. Denn die Beziehung zu einem Teenager mag schwierig sein, aber er wird ja nicht immer Teenager bleiben. Es ist eine Phase, die irgendwann vorbei sein wird, genauso, wie die Corona-Zeit hoffentlich irgendwann ein Kapitel ist, auf das wir aus der Zukunft zurückblicken und uns fragen werden, was da eigentlich passiert ist. Wir sind stark genug. Wir werden auch das überstehen.
Corona-TagebuchDurch Homeschooling und Homeoffice sind sich Eltern und Kinder zurzeit so nahe wie nie. Im Mamablog berichten wir von Montag bis Freitag um 17 Uhr vom ganz normalen Wahnsinn aus dem Lockdown: von Kindern, Schule, Arbeit, Patchwork, Beziehungen, Social Distancing und kleinen Errungenschaften im neuen Alltag. Den nächsten Eintrag von Michèle Binswanger lesen Sie am kommenden Montag.
4 Kommentare zu «Ich bin ein Teenie – holt mich hier raus!»
ltern müssen auf das Kindeswohl besorgt sein. Was bedeutet das in der Coronazeit? Wenn Eltern um das Sorgerecht, das Besuchsrecht oder die Betreuungsanteile in der momentanen Krisenzeit streiten und wenn es um die Erziehung des Kindes geht, hat das Kindeswohl oberste Priorität. Eine gute und gesunde Entwicklung ist für das Kind wichtig. Das Kindeswohl ist dann am besten gewahrt, wenn die getroffenen Entscheidungen und seine Lebenssituation die bestmöglichen Voraussetzungen bieten, dass es Ihrem Kind gut geht und es sich gut entwickeln kann.
vgl. https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19070042/index.html#a302
und
https://www.beobachter.ch/familie/kinder/kindswohl-wann-ist-es-dem-kind-wohl
und
https://www.anwalt-scheidung-zuerich.ch/rechtsanwalt-familienrecht-scheidung/
Ach ja. Das schlimmste ist, mein 16 jähriger findet das alles voll ok. Den ganzen Tag am Bildschirm? Virtuell Freunde treffen? Wo ist das Problem? War vorher auch so, einfach mit elterlichen Einschränkungen…und länger schlafen, Schule findet 2 Meter vom Bett entfernt statt. Könnte so bleiben.
Die 18 jährige dagegen leidet. Das ist schwierig. Und bis zum 8. Juni dauert es gefühlt noch eine Ewigkeit. Ich frage mich, wie das weitergeht, was es in der Psyche der Teenies und jungen Erwachsenen anrichtet. Klar ist, es ist für diese jungen Menschen nicht gut, was sie da erleben. Ich glaube, wir Eltern müssen ihnen guten Halt geben, in einer Zeit, wo sie sich eigentlich abnabeln müssten. Ach.
Tja, da kann ich überhaupt nicht mitreden. Mein Grosser war zwar bis zur Geburt seines jüngeren Bruders sehr aufwändig, aber seither sind beide pflegeleicht. Kleine Auseinanderestzungen wegen Haufen) kommen zwar ab und zu vor, aber ansonsten…. nichts. Selbst die 5 Wochen Coronaferien meines Jüngsten gingen in Harmonie vorstellen. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass meine Beziehung zu meinen Kindern je derart zermürbend wird, wie in meiner zerrüttenden Beziehung zu meinem Ex. Nicht einmal annähernd. Ich glaube einfach, dass mein Vorrat für Unfrieden und Verzweiflung für 10 Leben aufgebraucht ist, so dass in meinem Leben nur noch Platz für Harmonie ist. Leute, die mir nicht guttun, schliesse ich konsequent aus meinem Privatleben aus.
Sehr gut. Man würde gerne mal die Teenager dazu lesen!