Streiten für Fortgeschrittene

Streiten ja, aber konstruktiv: Paare sollten beim Streiten gewisse Regeln befolgen. Illustration: Benjamin Hermann
Anhand der Streitkultur von Paaren lässt sich sehr gut vorhersagen, wie stabil, zufrieden und glücklich eine Beziehung verlaufen wird. Das ist nicht der einzige Faktor, aber ein wichtiger. Und im Corona-bedingten Dichtestress bekommt er gerade eine ganz besondere Brisanz.
Zoff ist normal. Er gehört zu unserem Alltag dazu. Er bietet sogar die Chance zur Weiterentwicklung für Beziehungen, indem wir uns öffnen, emotional abgleichen und unseren Partner besser verstehen. Dabei müssen jedoch keine Teller, Ninjasterne oder Handgranaten fliegen. Es lohnt sich also, ein paar Regeln zur Konfliktlösung zu kennen.
Es müssen keine Teller, Ninjasterne oder Handgranaten fliegen.
Zuerst einmal sollten Paare verstehen, worum es bei ihren Streitigkeiten wirklich geht. Die wahren Gründe liegen häufig verborgen unter der Oberfläche. Laut dem Psychologen und Paarforscher Howard Markman spielen oft drei grosse Bedürfnisgruppen eine Rolle: Macht und Kontrolle, Zuwendung und Bindung und/oder Respekt und Anerkennung.
Um herauszufinden, welche Bedürfnisse hinter der eigenen Streitlust liegen, kann es sehr hilfreich sein zu fragen:
- Was sind meine Trigger? Was bringt mich ganz sicher auf die Palme?
- Was könnten Gründe sein, weshalb mich diese Dinge derart treffen? Weshalb erscheint mein Verhalten in diesen Momenten starr und unflexibel, ja fast automatisch? Was sind die darunterliegenden Bedürfnisse?
- Was hilft in diesen Situationen? Was bringt mich wieder runter von der Palme?
Die eigenen Muster und Bedürfnisse (und die der Partnerin oder des Partners) zu verstehen, ist das eine. Eine gute Kommunikation bedingt aber auch, dass wir versuchen, diese Bedürfnisse unserem Gegenüber geschickt zu vermitteln – und nicht als Vorwürfe an den Kopf zu werfen. Doch warum fällt uns das so schwer?
Droht ein Gespräch in Richtung Streit zu kippen, dauert es in etwa 10 Sekunden, bevor wir in einen Verteidigungsmodus wechseln und denken: Fight or Flight, Kampf oder Flucht. Diese zwei Abwehrmechanismen sind überlebenswichtig, indem sie uns helfen, bei grossen Gefahren blitzschnell zu reagieren, ohne nachzudenken. Der Körper wird wie auf Knopfdruck in den Alarmzustand versetzt, Stresshormone werden ausgeschüttet, das Blut fliesst aus dem Gehirn in die Extremitäten, und wir bekommen einen Tunnelblick. Unglücklicherweise ist unser Alarmsystem derart dominant und überempfindlich, dass bei einem Streit im Grunde physiologisch und emotional genau das Gleiche passiert wie in einer Gefahrensituation. Was da durchaus hilfreich sein kann, ist für unser Liebesleben ausgesprochen schlecht. In so einem Zustand ein einigermassen zivilisiertes oder gar konstruktives Gespräch führen? Schwierig.
Es gilt darum, die oben genannten 10 Sekunden, bevor das Gespräch kippt, auszudehnen, um die sich anbahnende physiologische Aktivierung herunterzufahren. Aber wie?
VW-Regel
Eine hilfreiche Technik, um Konfliktsituationen zu entschärfen, ist die VW-Regel. Sie besagt, dass man jeden Vorwurf in einen Wunsch umformulieren sollte. Ein Beispiel: «Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du den Müll rausbringen sollst?» klingt so viel netter: «Es wär mir echt wichtig, dass du den Müll runterbringen würdest.» So fühlt sich das Gegenüber nicht gleich angegriffen und feuert nicht automatisch ein paar Torpedos als Gegenattacke.
Ich-Botschaft
«Du lässt mich mit der ganzen Arbeit allein!», «Dir ist das natürlich wieder völlig egal!», «Jetzt hast du schon wieder …» – Du-Botschaften können wie Degenstiche daherkommen. Ich-Botschaften haben dagegen den gleichen deeskalierenden Zweck wie die VW-Regel. Sie klingen nicht vorwurfsvoll, sondern helfen der Partnerin, die andere Seite zu verstehen. Das könnte zum Beispiel so klingen: «Es frustriert mich extrem, ich würde mir wünschen, dass du das verstehst und mir dabei hilfst …»
Klarer Fokus
Ein weiteres wichtiges Gebot: Bleiben Sie beim Thema. Komplett eskalierende Gespräche sind oft daran zu erkennen, dass es schon längst nicht mehr um das anfängliche Problem geht. Stattdessen stapeln wir dreckiges Geschirr so lange aufeinander, bis wir komplett den Überblick verloren haben und gar nicht mehr wissen, worum es eigentlich ging.
Eine Charakterfrage
Wenn wir dafür sorgen wollen, dass das Haus vollends abbrennt, dann müssen wir nur den Charakter unseres Partners infrage stellen oder verletzen. Das möchte niemand. Versuchen Sie, auch im Streit lediglich das Verhalten zu kritisieren, welches Sie stört oder verletzt. No-gos: «Du bist genau wie deine Mutter!», «Wie dämlich kann man eigentlich sein?» oder «Das beweist wieder mal deine emotionale Unzulänglichkeit».
Keine Verallgemeinerungen
Weitere Symptome destruktiver Streitgespräche sind kategorische Verallgemeinerungen wie «Immer bist du spät dran, und ich muss auf dich warten…» oder «Niemals kommst du rechtzeitig!». Auch diese provozieren eine Abwehrhaltung. Stattdessen empfiehlt es sich, spezifisch zu bleiben: «Mich ärgert es gerade extrem, dass du heute zu spät gekommen bist, obwohl ich dich explizit gestern darum gebeten hatte, pünktlich zu sein.»
Mehr Wertschätzung und Respekt
Bereits fortgeschrittene Fighter können sich an der hohen Kunst üben, der Partnerin zu sagen, dass wir sie als Person lieben und schätzen, obwohl uns ein spezifisches Verhalten im aktuellen Fall ärgert. Das ist eine wertschätzende und würdigende Botschaft, die es unserem Gegenüber erleichtert, Verantwortung zu übernehmen, ohne das Gesicht zu verlieren und sich in die Verteidigungshaltung gedrängt zu fühlen.
Die Melodie ist wichtiger als der Text
Das Allerwichtigste: Der Ton macht die Musik. Nicht die Themen, über die wir streiten, sind entscheidend, sondern die Form. Mit unserem Tonfall, der Wortwahl, der Mimik und der Gestik senden wir die entscheidenden Botschaften auf der Beziehungsebene. Dort also, wo wir besonders verletzlich sind. Sich uneins zu sein bei Themen auf der Sachebene, ist in der Regel nicht verletzend. Verletzend ist das Gefühl, dass mein Partner sich nicht für mich interessiert, dass ich nicht beachtet oder gesehen werde. Denken Sie daran, wenn Sie ein heikles Gespräch beginnen.
Wir sind jetzt also, eingedenk der obigen Hilfestellungen, wahre Samurai des konstruktiven Streitgesprächs. Dennoch wird uns der Alltag ab und zu Streitgespräche bescheren. Diese Konflikte zehren an unserem Beziehungspuffer – also der positiven Substanz, von der eine Beziehung zehrt. Deshalb ist es von fundamentaler Wichtigkeit, dass wir diesen Beziehungspuffer gezielt auf- und ausbauen. Das hilft uns, in schwierigen Situationen und Zeiten nicht von einem riesigen Negativstrudel hinabgesogen zu werden.
Die kleinen grossen Momente des Glücks
Übungen aus der Positiven Psychologie können dabei sehr hilfreich sein. Der Paarforscher John Gottman beobachtete bei unglücklich-instabilen Partnerschaften ein deutliches Übergewicht negativer Interaktionen. Die sogenannte Gottman-Rate von 5:1 besagt, dass in stabilen und zufriedenen Beziehungen das Verhältnis von positivem zu negativem Verhalten mindestens 5:1 beträgt.
Das heisst: Eine negative Interaktion kann durch fünf positive ausgeglichen werden. Ein gut gemeisterter Streit ist also noch nicht alles. Er sollte eingerahmt werden durch möglichst viele kleine und grosse schöne Momente: ein gutes Gespräch, eine Umarmung am Morgen, gemeinsames Lachen, ein Dankeschön oder etwas Nachsicht, wenn die Partnerin gerade völlig geschafft ist von einem weiteren Corona-Tag.
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56 Kommentare zu «Streiten für Fortgeschrittene»
Ich bin ein Asperger. Die Melodie ist wichtiger als der Text funktioniert bei mir nicht. Meine Gegenüber kapieren das nicht und ich muss immer nachfassen mit „wie meinst du das?“ „ich verstehe dich nicht!“ und manchmal geht es nur schriftlich. Auch wenn ich ihnen sage, was es für mich als Asperger bedeutet (Kopfschmerzen, Müdigkeit etc.), den „Normalos“ ihr Grundrauschen herauszufiltern, damit ich die für mich verständliche und nützliche Botschaften bekomme, machen sie munter weiter, weil sie davon ausgehen, dass der Sender (in meinem Fall meist die Senderin) immer Recht hat mit ihrer Art der Kommunikation. In ultima ratio, verweigere ich die Kommunikation, weil das BlaBlaBla mit der Zeit sehr anstrengend wird. Aber das kann nur ein/e Asperger/in wirklich verstehen. Paradox, oder?
Danke, dass Sie die verletzten Grundbedürfnisse als Streitursache nennen. Seit der häuslichen Isolation ist es mit meinem Mann eskaliert. Wir haben alles versucht, waren beim Paar-Coaching und haben sämtliche Tipps ausprobiert. Der Frust sitzt zu tief. Mein nächster Gang geht nun zum Anwalt für Scheidung. Mein Leben ist zu kostbar für ständigen Streit. https://www.swalve.de/?option=com_content&view=article&id=7:online-scheidung&catid=9&itemid=118
Punkt 1: Nur 1 Thema pro Streit.
Punkt 2: Vertagen. Man muss einen Streit auch unterbrechen, bevor man dchlafen geht.
Punkt 3: Immer nach dem aufwachen und vor dem schlafen den Partner 2 Minuten umarmen. In schlnen wie in rauen Zeiten.
Und ganz hilfreich: Gewaltfreie Kommunkation nach Rosenberg. Man muss sich etwas einüben, aber auf die Dauer wird damit jede Beziehung noch besser als sie schon war (Youtube oder Bücher). Ob privat oder geschäftlich.
Als alleinerziehende Single-Mutter (von zwei Wochen Selbstisolation wegen Kind mit Symptomen direkt in die nächste weil selber Symptome) nerven mich die ganzen Corona-Beziehungstipps. Seid froh, dass Ihr jemanden habt und reisst euch ein wenig zusammen, echt jetzt. Und wer über Müllsäcke streitet, sollte vielleicht einfach mal erwachsen werden.
Wenn die hier gebrachten Beispiele für Streitereien typisch sind, dann wundert es mich nicht, dass so viele Ehen scheitern.
Bevor ich jemandem vorwerfe, nie machst du das oder jenes, mache ich doch das selber oder ich bitte einfach darum, es JETZT zu tun. Vom Partner der Partnerin zu erwarten, dass er oder sie Wünsche erahnen kann, ist echt zu viel verlangt.
Es ist natürlich eine grundlegende Voraussetzung für ein glückliches Zusammenleben, dass beide keine Spiele spielen und erwachsene Menschen sind. Ansonsten ist ein Zusammenbleiben reine Zeit und Emotionen Verschwendung.
Ehrlich gesagt weiss ich gar nicht, warum man eigentlich immer davon ausgeht, dass es zwingend zu emotional geführten Streitereien kommen muss.
Wenn es so ist, dann doch entweder, weil die Partner nicht bereit sind, einerseits Toleranz zu üben, andererseits aber auch die Anliegen des Partners und seine Wahlfreiheit zu respektieren.
Oder aber es kommt zum Streit, weil jemand müde und angespannt ist, und gerade nicht so viel erträgt wie sonst. Aber dann ist streiten ja sowieso keine Lösung, sondern nur ein zusätzliches Problem.
Anh und 13 – Sie gehen von Konstellationen aus, bei denen es am sinnvollsten wäre, die Beziehung zu beenden. Weil wenigstens ein Partner, nicht die Einstellung mitbringt, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen.
Sämtliche Tipps funktionieren natürlich nur, wenn beide Partner eine ehrliche, faire, liebende und gleichberechtigte Beziehung wollen und charakterlich (psychisch) dazu auch fähig sind.
Sie beide beschreiben Partner, die schon in ihrer Grundeinstellung auf Ausnutzen und Übervorteilen aus sind. Da werden natürlich sämtliche Tipps nichts nutzen. Aber wenn dem so ist, sollte man die Reissleine besser früher als später ziehen. Es sei denn, es gefällt einem in einer solchen Beziehung.
„Es sei denn, es gefällt einem in einer solchen Beziehung“.
Was soll denn diese Bemerkung?
Natürlich gefällte es niemanden in einer solchen Beziehung. Wenn aber Kinder im Spiel sind, ist es nicht mehr so schön einfach wie Ihnen das vorschwebt.
Als Hauptverdiener würde ich im Fall einer Trennung meine Kinder nur noch jedes zweite Wochenende sehen. Das hat mir meine Frau mehrmals angedroht. Ich will aber nicht ohne meine Kinder leben. Also nehme ich diese Partnerschaft auf mich. In einigen Jahren werden die Kinder dann ausfliegen und ihr eigenes Leben führen. Ich dann auch.
Es ist nicht alles so schwarz/weiss wie das Ihnen vielleicht vorkommt.
tststs – ihr Aspekt gilt natürlich auch.
Es gibt einen Reifeprozess. Die Wenigsten gehen „Erwachsen“ in eine Beziehung.
Zusammenfassend:
13 geht davon aus, dass er tatsächlich „immer“ zu spät kommt, und „nie“ den Müll rausbringt, da würde ich tendenziell sagen: Wenn das stimmt, beende es am besten.
Häufig ist aber, dass das „nie“ und „immer“ eben gar nicht stimmt, sondern vom Partner nur so vorgeworfen wird. Und da kann eine Änderung der Formulierungen viel bringen.
Stichwort: deeskalierende Formulierungen – und eine Stufe höher: gewaltfreie Kommunikation
„13 geht davon aus, dass er tatsächlich „immer“ zu spät kommt, und „nie“ den Müll rausbringt, da würde ich tendenziell sagen: Wenn das stimmt, beende es am besten.“
Echt jetzt, deswegen? Ich würd sagen: „hör auf zu nörgeln und trag halt den Müll selber raus, aber wenn Du dies ganz dringend brauchst, um froh sein zu können, dann such‘ dir halt einen, der den Müll rausträgt, aber bis du den gefunden hast, wirst du ohnehin den Müll selber raustragen müssen.
Nörgeln ist nicht streiten, ich verstehe, dass der Nörgler selber weiss, dass sein Nörgeln nichts ändern wird, er nichts gewinnen kann, er will einfach nörgeln, Streitende glauben, gewinnen zu können.
Alles mit „immer“ ist nicht Streiten, sondern Nörgeln: Man hat es längst akzeptiert, muss es aber erwähnen:
@ roxy
Und selbst wenn das „immer“ oder „nie“ stimmt, so beendet man hoffentlich keine Beziehung wegen einer Sache, die stört. Wer einen perfekten Partner wünscht, sollte am Besten von vornerein alleine bleiben.
Ich sehe das nicht ganz so streng; die beiden beschreiben ein Verhaltens/Streitmuster, dass ich nur zu gut kenne und es braucht wirklich eine gewisse persönliche Reife um dieses „Spiele spielen“ hinter sich lassen zu können. Weil man wirklich Instinkte unterdrücken muss.
Und dann gebe ich Anh Toan Recht: ob die eine oder andere Formulierung, derselbe Seich in verschiedenen Schläuchen. Es gibt IMHO in der Güseldiskussion nur zwei Wege:
1) ich mache es kommentar- und groll(!)los selber
2) ich bitte meinen Partner WORTWÖRTLICH darum, denn Güsel rauszubringen.
Das ist spielefreie Kommunikation.
@ tststs
Damit löst man zwar das Problem des Abfallsacks, aber nicht dasjenige, das einer nur dann etwas macht, wenn er dazu aufgefordert wird. Das (fehlende) Mitdenken ist bekanntlich eines der grössten Konflikte in Beziehungen. Ich persönlich mag weder den Abfall immer alleine entsorgen, noch meinem Mann Anweisungen erteilen. Ich will eine Beziehung, in der derjenige, der etwas wegwirft und sieht, dass der Abfall voll ist, ihn rausnimmt und entsorgt. Und darum sage ich genau das und nicht: „Könntest Du bitte, den Güsel entsorgen?“ oder noch schlimmer: „Mich stört es, dass Du heute den Güsel nicht entsorgt hast, obwohl ich Dich darum gebeten habe…“
Wenn Sie eine nette Bitte bereits als eine Anweisung betrachten…
Manche denken mit, andere eben nicht. Aber wenn er den Abfall trotz Bitte nicht entsorgt, dann ist die Liebe wohl eh gestorben.
Ich nehme an, dass Ihr Mann immer so war. Weshalb haben Sie sich dann auf ihn eingelassen? Ich bin immer davon ausgegangen, dass zwei Menschen sich zusammentun, um sich das Leben gegenseitig zu erleichtern.
@ tigercat
Zur Klarstellung: Mein Mann ist erwachsen und entsorgt den Abfall selbstverständlich alleine und ohne Anweisung, wie er es auch schon vor unserer Beziehung getan hat. Das Beispiel war rein hypothetisch.
Es ging aber nur darum, dass das Problem nicht immer im Offensichtlichen liegt, sondern dahinter und dann dieses direkt anzusprechen wäre. Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass man alles vorher sah. Erstens ändern sich Menschen und gewisse Abläufe (oftmals gerade, wenn die Kinder kommen und die Frau das Pensum reduziert) und zweitens die Bedürfnisse. Da ist und bleibt die ehrliche und offene Kommunikation das A und O.
@13: „Das (fehlende) Mitdenken ist bekanntlich eines der grössten Konflikte in Beziehungen.“ Ich nehme an, du sprichst das „Mental Load“-Konzept an. Korrekterweise müsste man ja sagen, es geht nicht um das fehlende Mittenken, sondern das offenbar vorhandene Gefühl, für alle Denkarbeit zu Hause allein zuständig zu sein.
Die Frage bleibt dann, ob das überhaupt stimmt, und ob das allenfalls auch der Arbeitsteilung entspricht, die vereinbart ist.
Ausserdem erinnert dein Konzept des Mitdenkens an das militärische „Mitdenken im Sinne des Vorgesetzten.“ Da ist der Abfallsack ein schlechtes Beispiel, aber es gibt genügend, wo es nicht nur eine sinnvolle Option gibt. Und auch wenn die Frau den Sack nicht ensorgt, käme er früher oder später weg.
@ SP
Das mental load ist nur die Spitze dessen. Ich denke nicht, dass jemand sich überfordert fühlt, weil er immer den Abfall rausbringen muss, daher hatte ich auch das nicht gerade vor Augen. Aber ja, das Konzept ist ähnlich. Was die Arbeitsteilung angeht, so bin ich nun mal der Meinung, dass zu Hause keine Hilfsarbeit geleistet wird, sondern wer da ist, der macht das, was anfällt. Was meinst Du mit militärischem Mitdenken?
Und ja, der Sack kommt irgendwann weg…bis dahin muss man mit ihm leben. Das ist keine zufriedenstellende Option.
@13: Wenn ein Task bei meiner Frau ist, unterstütze ich sie. Und umgekehrt. Wir müssen nicht für beides gleichermassen zuständig sein. Und wenn sie mehr zu Hause ist als ich, hat sie entsprechend dort auch mehr Aufgaben und mehr Verantwortung.
Da hinkt ja übrigens dann auch das Mental Load-Konzept. Weil es sich nur auf den Haushalt fokussiert, und ausser Acht lässt, dass ja der andere vielleicht auch den ganzen Tag mit Aufgaben und Terminen beschäftigt ist, und vor lauter Pendenzen nicht schlafen kann.
Mitdenken im Sinne des Vorgesetzten heisst, dass man versucht, die Aufgaben so gut zu lösen, wie es der andere erwartet. Aber eben nicht hinterfragt, ob die Aufgabe überhaupt sinnvoll ist, ob man sie überhaupt erfüllen will.
@ SP
Wenn mein Mann arbeiten geht, gehe ich (und wohl auch sein Arbeitgeber) davon aus, dass er seine Arbeit alleine und selbständig erledigt und insbesondere ohne meine Anweisungen erledigt. Warum? Weil er zu dem Zeitpunkt Geld verdient und nicht etwa mir beim Geldverdienen hilft.
Und Vorgesetzte habe wir zu Hause nicht. Auch derjenige, der seltener da ist, hat das Recht, sich zu Hause wohlzufühlen. Aber dafür muss er natürlich mitarbeiten.
@13: Da komme ich jetzt nicht mehr mit. Nein, natürlich musst du deinem Mann (und umgekehrt) nicht bei den beruflichen Aufgaben helfen (obwohl das bei mir durchaus auch vorkommt, gegenseitig). Dennoch können die Aufgaben unterschiedlich verteilt werden, bis hin zu vollständiger Trennung der Aufgabenbereiche. Dann hält sie ihm für den Job „den Rücken frei“ (oder umgekehrt) oder verdient etwas dazu, und er (oder umgekehrt) hilft im Haushalt mit. Dass beide alles miteinander machen ist natürlich auch eine Option.
Beim angesprochenen Mental Load müsste es aber natürlich um die Gesamtbelastung gehen, nicht einseitig nur um Haushalt.
Und das mit dem „Wohlfühlen zu hause“ kann eben widersprüchlich sein, wie ausgeführt. Man kann nicht putzen und ausruhen gleichzeitig.
@ SP
Was ich damit sagen will, ist: Auch wenn ich Hauptverdienerin bin, eine Weile kam von mir über 80% des Familieneinkommens rein, so ist das, was er tut, eine eigenständige Aufgabe und kein Helfen. Und auch wenn ich während dieser Zeit mich im Haushalt praktisch nur um die Wäsche gekümmert habe, so habe ich das gemacht und nicht nur ihm geholfen. Gleichwertig, wie die Aufgaben, die er hat. Nur weil es nicht 50:50 verteilt ist, braucht es kein Gefälle. Der Mental load bezieht sich nicht nur auf den Haushalt. Tat er noch nie. Aber halt auch.
@13: „Und auch wenn ich während dieser Zeit mich im Haushalt praktisch nur um die Wäsche gekümmert habe, so habe ich das gemacht und nicht nur ihm geholfen.“
Ok. Für mich ist das eine Spitzfindigkeit. Du warst ja auch HAUPTverdienerin, und nicht etwa gleichwertig. Aber gut.
„Der Mental load bezieht sich nicht nur auf den Haushalt. Tat er noch nie. Aber halt auch.“ ICH für meinen Teil habe noch nie irgendwo einen Artikel zu Mental Load gesehen, bei dem der Mental Load des Mannes, entstehend bei der Arbeit, erwähnt oder gar in die Waagschale geworfen worden wäre. Aber für einen Hinweis dazu wäre ich dir dankbar.
Ist ja letztlich egal, ob man nicht schläft, weil noch Kindertermine im Kopf herumschwirren, oder Geschäftstermine.
@ SP
Ich schätze mal, dass in den Kreisen, wo Wörter wie mental load vor allem fallen, in den Köpfen der Frauen Kindertermine, Haushaltssachen UND Geschäftstermine herumschwirren. Nur werden ihre weniger wichtig genommen, denn sie ist ja nur die ZU-Verdienerin. Und genau darum sind auch diese „Spitzfindigkeiten“ nicht ganz unwichtig….
@13: „Nur werden ihre weniger wichtig genommen, denn sie ist ja nur die ZU-Verdienerin.“ Immer wenn du in diese passiven Formen wechselst, frage ich mich, wer denn hier das Subjekt ist. WER nimmt ihre Termine nicht so wichtig? Das können hier ja eigentlich nur zwei Personen sein, die direkt betroffen sind. Also wen meinst du?
Und ja, sobald einer weniger macht als der andere in einem Bereich, ist seine Leistung meistens weniger wichtig für das Ganze. Ist nun mal so. Wenn die Hauptverdienerin ausfällt, wird man das im Portemonnaie mehr merken wie wenn der Zuverdiener wegfällt.
Wenn der Haushaltsführende wegfällt wird mehr unerledigt bleiben, wie wenn für einmal abends die Wäsche nicht zusammengefaltet wird. Zumal man noch mit Mehrarbeit kompensieren kann.
@13: Zum Mental Load. In den Kreisen, da von Mental Load die Rede ist, geht es immer nur um die Belastung der Frau. Und eigentlich immer nur um die Denkarbeit im Haushalt. Oder kennst du eines der vielen Beispiele, in denen auch die Geschäftstermine angeführt werden?
Kein Wunder, denn dann würde ja das ganze Gerüst zusammenfallen, dass nämlich vorallem die Frauen belastet sind. Das geht nur, wenn man sich auf den Haushalt beschränkt, und alles andere ausklammert.
So wie ich es sehe zeigen die Statistiken, dass Väter und Mütter total etwas gleich viel arbeiten. Und schon wurde „Mental Load“ erfunden um zu zeigen, dass Mütter dann doch wieder mehr leisten. „Dreifachbelastung“ geht in die gleiche Richtung, also ob nicht die Gesamtbelastung wesentlich wäre.
@ Sp
Ja, das Subjekt sind hier beide. Es soll hier aber nicht um „Schuld“ gehen.
Das mit dem Wegfallen, sehe ich anders: Wenn ich eine Mitarbeiterin habe, die 40% arbeitet und sie kommt einen Tag nicht, weil das Kind krank ist, fehlt sie 50% ihrer Arbeitszeit. Bei einem Vollzeitarbeiter 20%. Lässt der Papi zu Hause seinen einen Papitag sausen, fällt die Zeit alleine mit Papi weg. Erhöht die Mutter ihre Berufsarbeit von 20 auf 40%, fällt nur einer von 4 Tagen weg. Es fällt ja im Normalfall nie etwas komplett weg, sondern nur Anteile.
Die Hausfrau beklagt sich ja eher selten über den mental load. Also, ja Dreifachbelastung und diese ist nie mit einer Einfachbelastung zu vergleichen. Sich auf eine Sache voll konzentrieren zu können, ist etwas anders als mit x Bällen zu jonglieren.
@13: Das Wegfallen wegen Krankheit oder Krankheit der Kinder ist wieder ein anderes Thema. Aus Sicht des Arbeitgebers fehlt einfach die Arbeitsleistung für einen Tag, wenn jemand fehlt. Und ich finde es da richtig, dass nicht immer die Mutter fehlt.
Zum Mental Load weichst du ziemlich ins Spekulative aus. Noch einmal: Bei allen mir bekannten Beispielen geht es bezüglich Mental Load immer nur um Belastungen zu Hause, in Haushalt und Kinderbetreuung. Der Mental Load der Arbeit wird nie erwähnt, schon gar nicht, dass die Väter dort vermutlich sehr viel mehr belastet sind. Gerne warte ich weiterhin auf ein Gegenbeispiel.
Und ja, so gesehen bin ich allein beruflich mindestens fünffach belastet.
@ Roxy
Nein, das stimmt so nicht. Ich gehe von einer Beziehung aus, die im Wandel ist, v.a. wenn sie Jahre und Jahrzehnte überdauern sollte und die durch verschiedene Lebensabschnitte Bestand haben. Dass sich damit auch die Bedürfnisse der einzelnen Partner ändern, liegt in der Natur der Sache. Dazu kann es zu neuen Problemen kommen und diese sollen m. E. auch angesprochen werden sollen und zwar direkt und ehrlich und auch warum. Ansonsten löst man das Problem nicht, sondern diskutiert immer wieder das Gleiche.
13 Prinzipiell mit allem einverstanden. Aber gerade wenn Sie sagen „aber nicht dasjenige, das einer nur dann etwas macht, wenn er dazu aufgefordert wird. “ Bestätigen Sie wiederum, was ich meinte. Wenn der eine Partner, eben wirklich so tickt, dann wird das wohl nichts mit der Beziehung, trotz allem Bemühen.
Dann wäre eine Trennung wohl das Beste, es sei denn es gefällt einem in so einer Beziehung.
@ roxy
„Wenn der eine Partner, eben wirklich so tickt, dann wird das wohl nichts mit der Beziehung, trotz allem Bemühen.“
Ja, wenn sich das auf alle Bereiche ausdehnt und nicht nur punktuell ist UND der andere die Rolle des Managers, des Planers, Denkers und Anweisers nicht immer ausüben will, wird es schwierig. Oftmals ist es aber ja nicht nur schwarz-weiss.
13 – ja genau das meine ich. Völlige Übereinstimmung.
Bergläufer – wenn Ihre Situation tatsächlich so ist, wie Sie sagen, kommt es darauf an, wie alt ihre Kinder sind. Ab einem gewissen Alter entscheiden die Kinder, bei welchem Elternteil sie leben wollen. Und wenn ihre Frau wirklich so egozentrisch ist und Sie nicht, werden die Kinder bei Ihnen bleiben wollen. Ich kenne wenigstens 2 Väter, welche genau diese Erfahrung machten.
Wir dürfen uns nicht von Drohungen und Ängsten bestimmen lassen. Das ist kein Leben und es tut auf die Dauer niemandem gut.
Selbst wenn wir es manchmal nicht sehen: wir haben immer eine Wahl.
@RoXY: Er hat ja die Wahl getroffen. Und das kleinere Übel gewählt.
Ich finde es auch nicht falsch, real existierende Risiken auch einzukalkulieren.
SP
Genau – eine Wahl trifft man immer.
Deshalb schrieb ich ja: „es sei denn, dass es einem so gefällt“
Solange man in einer Beziehung „leidend ausharrt“, hat man für sich gewählt, dass einem dies immer noch besser gefällt, als den Zustand zu beenden. Zumindest in einer freien Gesellschaft, wie der unseren.
Und bei den „real existierenden Risiken“ habe ich einfach einen zweiten Blickwinkel aufgezeigt. Wer sagt denn, dass die Kinder automatisch zur Frau kommen? Auf die Kinder wird heute -ab gewissem Alter – viel mehr gehört, als annodazumal, (als man dies für modernen Unfug hielt).
War das jetzt so schwer zu verstehen? Habe ich das unklar ausgedrückt?
@RoXY: Da war nichts schwer zu verstehen. Nur kommt die Botschaft mit, er soll halt es halt mal mutig darauf ankommen lassen, es könnte sich ja auch zum Besseren wenden.
Ich halte das für etwas sehr optimistisch. Und ich würde die Verantwortung eines solchen Ratschlags nicht tragen wollen. Denn es könnte ja auch ganz gut anders kommen.
Ach wo SP….
Bergläufer schildert seine Situation ausweglos. Ich gebe ihm lediglich eine Perspektive, dass seine Situation nicht zwangsläufig ausweglos ist.
Denn nach seinen Worten, hat er noch gar nie darüber nachgedacht, dass seine Frau, die ihn nach seinen Worten erpresst, nicht zwingend durchkommen muss.
Und erzähle ihm, dass ich wenigstens 2 Fälle kenne, wo bei einer solchen Konstellation, die Kinder beim Vater geblieben sind.
Ich, in seiner Situation wäre dankbar, wenn mir jemand sagen würde, dass auch andere Perspektiven denkbar sind, als die Erpresser-Allmacht-Drohung meiner Frau. (Es sei denn, ich möchte lieber ein wehrloses Opfer sein.)
Dankbar dafür, dass Sie den 08.15 Tip gegeben haben sich zu trennen? Was geht denn bei Ihnen ab?
Hier scheint mir jemand doch sehr rational darzulegen, warum eine Trennung (vorerst) keine Option ist.
„Es sei denn, ich möchte lieber Opfer sein“, „Es sei denn, es gefällt einem in einer solchen Beziehung“.
Was sind denn das für überhebliche Sprüche. Ist das die Augenhöhe, welche hier gepredigt wird?
Jemand schildert eine (nachvollziehbar) schwierige Situation und als Antwort kommen solche Platitüden?
@RoXY: Ich verstehe es auch so, dass Sie „Bergläufer“ nicht ernst nehmen. Indem Sie offenbar annehmen, dass er, als Betroffener und Leidender, nicht wirklich seine Optionen geprüft hat. Ja, es kommt vor, dass die Kinder dann beim Vater leben. Schön, dass sie zwei Beispiele dazu kennen. Ich kenne Dutzende andere, darunter einige, bei denen der Entscheid für die Mutter in keiner Weise nachvollziehbar ist. Aber er wurde gefällt.
Wenn er nun auf Ihren Rat hört, und auf die Nase fällt. Dann ist er letztlich doch wieder selber schuld, denn Sie übernehmen ja keine Verantwortung dafür.
Streiten unter Erwachsenen:
1. Nicht über das Streitthema reden, sondern darüber, wie über das Thema geredet wird. Und wann auch, ob zu zweit oder mit Mediatoren, professionellen oder solchen aus dem Umfeld.
2. Dann zuerst mal die eigenen Ziele definieren, warum ist der Konflikt entstanden, bestehen echte Interessenskonflikte oder, gerade bei Eltern häufig, wollen eigentlich beide das gleiche, das beste für die Kinder und haben nur eine andere Auffassung, was das sei.
Konflikte, Streit entsteht, wir sollten die zusehenden Kinder lehren, wie man das löst. Und wenn sich der Konflikt nicht lösen lässt, ist es nur in den seltensten Fällen richtig, dafür den Kindern als Schuldigen den anderen Elternteil zu nennen. Die brauchen Vertrauen in beide Eltern. Schuldige braucht niemand.
Wenn man bei der Stufe „Konflikt“ angekommen ist, ist es ohne proffesionelle Hilfe meist nicht mehr lösbar…
Letztlich haben all diese Anleitungen zur Folge, dass man eine Person alles auf sich lädt, auch wenn es die andere ist, die etwas tut oder nicht. In meiner Arbeit erlebe ich v.a. bei Frauen, dass sie die Schuld ausschliesslich bei sich suchen. „Immer kommst Du zu spät“ und „Es ärgert mich, dass Du heute zu spät gekommen bist“ ist nicht das Gleiche. Das erste ist ein scheinbar grösseres Problem in der Beziehung, da es eine Person einfach nicht schafft pünktlich zu kommen oder es ihr egal ist. Beim zweiten nimmt die andere Person alles auf sich, gibt zu, dass ihr Ärger das Problem ist und verharmlos zudem, indem sie es zum einmaligen Erlebnis macht. Das Ergebnis ist schnell klar: Diese macht aus einer Mücke einen Elefanten….und den wahren Elefanten kann die andere weiterhin ignorieren.
Ich wäre froh, wenn meine Frau die „Schuld“ auch mal bei sich suchen würde. Das würde unserer Beziehung nicht schaden.
Bei uns bin für alles was nicht klappt einzig ich zuständig, alles was gut läuft ist ihr zuzuschreiben.
Dabei habe ich über die Jahre festgestellt, dass mein Engagement völlig losgelöst von ihren Rückmeldungen sind. Wenn ich alles mache wie sie will, findet sie was anderes zum bemängeln.
Ist wahrscheinlich ihr Bedürfnis an eine Partnerschaft: ihren seelischen Müll irgendwo abladen zu können. Bestärkt wird sie dadurch von ihren Freundinnen, die dasselbe ihren Männern angedeihen lassen.
Warum wir noch zusammen sind? Wegen den Kindern, ich will nicht ohne sie leben. Im Fall eine Trennung werde ich zum „Bezahlvater“, das hat sie mir mehrmals angedroht.
Mir wäre der Preis zu hoch, den ich für das Ausharren bezahlen müsste.
Aber das müssen Sie entscheiden.
@ Bergläufer
Ich schrieb, dass ich das erlebe und zwar v.a. bei Frauen, bei Männer seltener. Das heisst selbstverständlich nicht bei jeder einzelnen Frau, in jedem Fall. Es tut mir leid, in welcher Situation sie stecken, das ist sicher nicht einfach. Den seelischen Müll abladen zu können, ist durchaus ein Teil der Partnerschaft (wo soll man das sonst, als beim Mann/bei der Frau, die man liebt?), kann aber nicht der einzige Inhalt sein. Vielleicht wäre eine Beratung/Therapie sinnvoll.
@13: Ich weiss, du sprichst gerne über „Schuld“, auch wenn dann am Schluss bei einer Trennung die Schuldfrage wieder ausgeklammert wird, und es heisst, es brauche immer zwei…
Wer ist denn schuld, wenn es Streit um Pünktlichkeit gibt? Der Pedant, der diesbezüglich nicht tolerant ist? Oder der Unzuverlässige, der auch auf wiederholte Bitten sein Verhalten nicht ändert?
Noch offener: Wer ist denn schuld, der Mann, der jedem Flecken nachputzt und die Frau ständig zu Sauberkeit und Mithilfe bei der Reinigung anhält, oder die Frau, die darauf wenig Lust hat udn das auch klar kommuniziert?
Aber richtig, aus ständig sollte nicht einmal werden, wenn es tatsächlich ein Dauerzustand ist. Man sollte die Themen schon klar ansprechen, die stören.
@ SP
Es geht nicht um Schuld, sondern um Lösungsansätze. Wenn ich immer alles auf mich nehme, weil ich diejenige bin, die es stört, dann besteht für den anderen kein Anlass, etwas zu ändern. Es gibt aber manchmal gute Gründe, warum etwas stört. Und dann finden sich auch Lösungsansätze: Einer kommt immer zu spät. Den anderen stört das. Anstatt den als intolerant abzustempeln, anschauen, wo das Problem ist. Vielleicht muss der andere den Kindern immer erklären, warum sie Papi/Mami am abend nicht mehr sehen. Ok, dann soll doch der, der zu spät kommt, die Kinder anrufen. Vielleicht reicht das. Aber um soweit zu kommen, braucht es ehrliche Kommunikation.
@13: „Wenn ich immer alles auf mich nehme, weil ich diejenige bin, die es stört, dann besteht für den anderen kein Anlass, etwas zu ändern.“ Richtig. Warum sollte er. „Es gibt aber manchmal gute Gründe, warum etwas stört.“ Ach ja? So richtig objektiv? Wer bewertet denn, ob es gute Gründe sind?
Das Beispiel mit den Kindern scheitert spätestens dann, wenn es auch die nicht stört – z.B. Ordnung im Haus. Oder gilt das auch dann?
Nein, es gibt einen einzigen Grund, sein Verhalten zu ändern, auch wenn man es nicht einsieht. Dass ein Partner es sich wünscht, und man ihm den Gefallen tun will.
@ SP
„So richtig objektiv? Wer bewertet denn, ob es gute Gründe sind?“
Beide zusammen als Gemeinschaft. Ich bin schlicht der Meinung, dass sich zu Hause und im Familienleben beide wohlfühlen sollten. Ist das bei einem nicht mehr der Fall, sind beide gefordert, etwas zu ändern, damit dieses Wohlfühlen wieder hergestellt ist. Oder sogar alle, wenn die Kinder schon grösser sind, bei Kleinkindern wird es schwieriger.
Es geht ja im Normalfall um Kompromisse: Wenn es die Kinder nicht mehr stört, dann ist der Leidensdruck desjenigen, der zu Hause wartet, auch kleiner und er kann darüber hinwegsehen.
„Einen Gefallen tun“ finde ich etwas gönnerhaft. Ich ändere nichts, um meinem Mann einen Gefallen zu tun, sondern weil es mir wichtig ist, dass es ihm gut geht.
@13: Hm ja. Konkret: Eine fühlt sich gestresst, weil der andere am Wochenende kaum mal ruhig hinsitzen kann, und ständig überalls neue Tasks sieht, die abgearbeitet werden können. Wo man doch nach einer intensiven Woche einfach mal seine Ruhe haben möchte, und sein behagliches Zuhause geniessen (die Kinder sehen bezüglich Ordnung und Sauberkeit sowieso keinen Bedarf).
Der andere fühlt sich nicht wohl, weil er überall Dreck sieht. Und sowieso der Meinung ist, am Wochenende habe man endlich mal Zeit zu erledigen, was unter der Woche nicht geht. Er fühlt sich nicht wohl. Wer hat denn nun „objektiv“ recht? Und wie kann man es ändern, dass sich schliesslich beide wohl fühlen?
Zum „gönnerhaft“. Ich sehe da gerade keinen massiven Unterschied.
@ Sp
Da das Wohlfühlen ein persönliches Gefühl ist, haben wohl beide recht. Wie man das Lösen kann? Mit Kompromissen:
– Am Samstag morgen packen alle mit an, damit das Haus einigermassen ordentlich und sauber ist, dafür werden grössere Aufräumprojekte (Schrank ausmisten, Keller räumen etc.) nicht aufs WE verlegt, sondern unter der Woche geplant. Am Nachmittag + Sonntag ist frei.
– Oder derjenige, den es nicht stört, packt die Kinder ein und verschwindet mit ihnen 2 Stunden auf den Spielplatz, damit der andere das Haus so machen kann, dass er sich auch wohl fühlt.
– Oder man macht unter der Woche einen Putzplan, damit das WE nicht damit besetzt wird.
Das nur ein paar spontane Vorschläge. Die Gefühle des einen ganz übergehen, ist für mich keine Lösung.
Den Unterschied sehe ich darin: In deinem Fall tue ich etwas für den anderen. Evtl. sogar gegen eine Gegenleistung. Ich bin die gebende, der andere die nehmende Person. Mit meiner Formulierung, tue ich etwas für die Familie. Also auch für mich. Es gibt kein Gefälle.
@13: Kompromisse sind immer gut. Geht aber nicht immer.
Das Gefälle sehe ich da nicht. Immer habe ich die Wahl, etwas zu tun, was ich aus eigenem Antrieb nicht würde, dem Partner zu liebe, oder von mir aus der Familie zu liebe. Gehört sich so, macht man so. Mehr oder weniger.
@ SP
Wo gehen Kompromisse nicht? Gib mir mal ein Beispiel. Ich kann mir das allerhöchstens bei der Frage, ob man noch ein Kind will oder nicht vorstellen, denn ein halbes geht ja bekanntlich nicht. Aber sonst?
@13: Kompromisse gehen da nicht, wo die Bedürfnisse gegensätzlich sind und sich damit ausschliessen. Ich kann am Wochenende nicht gleichzeitig zu Hause ausruhen und ein aktives Gesellschaftsleben führen. Ich kann nicht mich Wohlfühlen in einer nach Leben aussehenden Wohnung, und ständig aufräumen.
«Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du den Müll rausbringen sollst?» klingt so viel netter: «Es wär mir echt wichtig, dass du den Müll runterbringen würdest.»
Das zweite ist genauso Befehl, Machtausübung, aber „es klingt netter“. Also wie bekomme ich meinen Partner dazu, dass er macht, was ich will, statt mit ihm zu streiten. Indem ich etwas sage wie, ich würde mir so sehr wünschen dass Du machst, was ich will und wie ich es will und wann ich es will, weil dies so wichtig ist für mich, es mir so schwer fällt, wenn andere nicht machen, was ich will?
Ist das jetzt eine Anleitung zum Streiten oder zur Manipulation des Partners?
Es ist ein guter Trick, Andere dazu zu bekommen, zu machen, was man will, indem man sich selber als schwach, als Opfer, darstellt. Mit Befehlen, direkter Machtausübung, erzwingt man Gehorsam, der böse ist der Diktator. Mit dieser Methode macht man Schuldgefühle, das funktioniert viel besser, nicht der, welcher eigentlich Machtausübt ist der böse, der andere ist böse, er ist verletzend, respektiert die Bedürfnisse des Opfers nicht: Man bekommt was man will und der Andere hat das Gefühl, er schulde dies. Man braucht sich nicht mal zu bedanken, das wäre sogar zynisch, den man bekommt ja nur, worauf man Anspruch hat, wenn es einem doch wichtig ist, dass es so ist. Und wenn man sich nicht respektiert fühlt, unterdrückt wird, Opfer ist, wenn es nicht so ist.