«Du wolltest doch unbedingt Kinder»
Ein Zürcher Tram, kurz nach Feierabend. Eine Gruppe junger, gut gekleideter Businessleute, mit Blumenstrauss und Champagner im Arm, auf dem Weg zu einem Arbeitskollegen, um dessen Abschied zu feiern. Das grüne Hemd sagt: «Ich chume eifach schnäll und gang nachher nomal is Büro!» Darauf das blaue Hemd: «Das machsch sicher nöd. Vergiss mal das Büro! Susch magsch den irgendwenn gar nüme – du schaffsch ächt zvill.» Das Deuxpièces fügt bei: «Isch mega sträng für dich im Momänt, gäll?» Das grüne Hemd: «Extrem. Und d Luune vom Pitsch hälfed au nöd grad!» Verständnisvolles Nicken bei allen Farben. Was für ein nettes Team, denke ich, die lauschend eine Reihe hinter ihnen sitzt, so unterstützend und wohlwollend.
Im selben Moment betritt eine ebenfalls gut gekleidete Frau die Szene und sinkt sichtlich erschöpft auf den leeren Sitz: «Läck, ich säg eu, bin ich froh da z si! Das isch vilicht en Tag gsi! Di Chline händ de ganz Tag nur brüllt! Und i de Nacht bin ich wieder chuum zum Schlafe cho. Ich bin ächt nudelfertig!» Schweigen. Bis das blaue Hemd sagt: «Ach chum, sind doch so herzig, dini Chind! Zeigsch eus mal wieder Föteli?» Und als die Frau nudelfertig keinen Anschein macht, freudig ihr Smartphone zu zücken, bringt das grüne Hemd jenen K.-o-Satz, den schon manche Mutter zum Schweigen gebracht hat, vor: »Du hesch doch unbedingt Chind welle!», worauf alle verlegen lachen und das Thema vom Tramsitz ist.
Hör auf zu jammern, Mama!
Waren das wirklich die gleichen Leute, die eben noch so empathisch ihrem belasteten Kollegen zugehört hatten? Warum tun sie das jetzt bei ihrer Kollegin nicht, die von ihrem Muttersein erzählt? Und warum sagt keiner zum grünen Hemd, dem gerade alles zu viel wird, er habe doch schliesslich diesen Job gewollt? Gehört es bei einer bezahlten Arbeit etwa zum guten Ton, darüber zu reden, wie streng man es hat? Macht man sich vielleicht schon fast verdächtig, wenn man es nicht tut? Wählt man allerdings als Mutter den gleichen Weg der Psychohygiene, wird das schnell mal abschätzig als «Jammern» abgetan.
Aus irgendeinem Grund scheinen andere Gesetze zu herrschen, wenn man über die Belastungen in der Arbeitswelt redet als über jene in der Familienwelt. «Ach, es gibt ja auch andere», kann man nun sagen. Die Menschen aus der beschriebenen Tramszene haben halt noch keine Kinder und darum einfach kein Verständnis für die Situation dieser Frau. Doch ist
das wirklich alles? Geht es nicht darüber hinaus um einen Mythos, der sich noch immer ums Muttersein rankt und umgestossen gehört? Jenes Bild einer stets in Liebe nährenden Mutter, egal ob sie mitten in der Nacht zum sechsten Mal des Kleinkindes Kotze aufwischt oder der Pubertierende gerade beschlossen hat, sie abgrundtief zu hassen.
Kann es sein, dass aus diesem Mythos die eigene Sehnsucht spricht? Der kindliche Traum, von einer bärenstarken Mutter geliebt worden zu sein, obwohl Mütter keine Bären, sondern schlicht Menschen sind?
Zeit, den rosa Schleier zu heben
Mütter werden gleichzeitig unterschätzt und überhöht. In ihrer alltäglichen Arbeit wird oft zu wenig erkannt, wie anspruchsvoll es ist, Kinder in ihrem Leben zu begleiten. Doch wehe, das Kind zeigt irgendwelche Auffälligkeiten! Dann kommt dem Muttersein plötzlich sehr viel Einfluss zu. Viel zu oft treibt dieser selbst verinnerlichte, widersprüchliche Spagat Frauen in einen erschöpfenden Perfektionsdrang, der sein Ausrufezeichen durchaus durch solch oben beschriebene Reaktionen der Umwelt erhalten kann.
Meiner Meinung nach sollten wir mehr über die verzerrten Bilder von Müttern nachdenken und froh sein um jede von ihnen, die uns erzählt, wie es wirklich für sie ist. Ohne ihre Liebe zu hinterfragen. Allerdings sollten auch Mütter von ihrem Frust erzählen, ohne immer gleich ein «Aber ich han mini Chind ja mega gern» hinterherzuschieben. Damit täten wir den
Kindern dieser Welt viel Gutes. Denn je besser es letztlich Müttern geht, umso mehr Fundament haben ihre Kinder. Und dazu könnte in einem ersten Schritt – wie bei einer bezahlten Arbeit manchmal auch – der rosa Schleier gelüftet werden, ohne gleich beteuern zu müssen, wie sehr man seinen Job, äh, seine Kinder mag. Denn das eine hat in den seltensten Fällen mit dem andern zu tun.
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79 Kommentare zu ««Du wolltest doch unbedingt Kinder»»
Ich möchte anmerken, dass ein Job für die meisten von uns und im Gegensatz zur Vater- bzw. Mutterschaft ZWINGEND ist und insofern keine freie Wahl. Daher habe für jemand, der über seinen Job klagt, schon mehr Verständnis.
Ich verstehe es… Arbeiten müssen wir alle, um den Alltag zu finanzieren. Kinder haben ist eine persönliche Entscheidung… Und muss nicht zwingend sein. Das mag unpopulär klingen… ist dennoch wahr.
Eventuell sollten sie mal den Unterschied erkennen den sie in ihren beiden Beispielen gezeigt haben.
Einmal ein Chef der einen Mitarbeiter bis zum Äussersten fordert und andererseits ein Baby das seinen Mami fordert. Im letzteren ist die Mutter in der Rolle des Chefs, daher ist es eine komplett andere Situation. Wenn sich der Chef beschwert dass einem die Mitarbeiter oder Kinder über den Kopf wachsen und nerven, dann ist er sicher selber schuld. Daher sollten wir überlegen ob Kinder unser Chefs sind.
20:30h bei uns zu Hause: Die Eltern kochen das Znacht, obwohl sie bereits seit 6 Uhr morgends auf den Beinen sind, um Arbeit/Taxifahrten zu Aktivitäten der Kinder/Badewasser einlassen etc. für unsere „Hotelgästen“ unter einen Hut zu bringen. Während des Kochens sitzen unserer Gäste auf dem Sofa und konsumieren ihr tägliches Kontigent an 40min. Screen-Time. Während des Znachts sagt die Tochter: „Ich habe mir Nudeln gewünscht, nun habe ich es mir doch anders überlegt, sorry. Ich will ein Früchte-Smoothie.“ Die Tochter steht auf und sitzt auf das Sofa um ihren Kolleginen zu texten. Ich brodle und meine Frau macht sich auf die Beine, um ein Smoothie zu zubereiten…Sind wir Eltern nicht manchmal selbst schuld, wenn wir tot müde sind? Beim Job haben wir oft nicht so viel Spielraum.
Herr Minder, wenn Ihre Tochter einfach vom Tisch geht und Spezialwünsche hat und erfüllt bekommt, dann ist das kein Grund zum Brodeln, sondern Ergebnis Ihrer Erziehung. Selber schuld.
Finde die Beobachtungen super. Bravo! Als Single Mum ist es noch schlimmer und niemand spricht offen darüber. Es gilt als Versagen, wenn Frau jammert darob. Schlimm eigentlich. Beste Grüsse
Mir kommen die Tränen.
Wirklich streng haben es die 100% Väter, die die ganze Familienshow finanzieren und jede freie Minute neben der Arbeit für die Kinder da sind. Denen dafür zum Dank von ihren Frauen ständig gedroht wird zu Bezahlvätern gemacht zu werden, wenn sie mal nicht spuren. Denen von ihren Frauen die „Liebe“ zu ihren Kindern abgesprochen wird, weil sie „sonst ja nicht soviel arbeiten würden“. Denen von ihren Frauen im „Papa-Blogger-Stil“ gesagt wird, als 100% können sie keine richtigen Väter sein, bloss Hobby-Väter.
Aber die Kinder werden mal Flügge, und dann ziehen diese „Kindsentzugsdrohungen“ nicht mehr, die jetzt gut funktionieren, weil er seine Kinder über alles liebt und nicht ohne sie leben kann. Er ist dann auch weg und freut sich darauf.
Ich lese wieder nur Mütter, Mütter, Mütter. Es wäre schön hier mal ein Zeichen für Gleichberechtigung zu setzen. Würde mir als Vater, der Kinderbetreuung und Haushalt mit meiner Frau zu gleichen Teilen aufteilt, gut tu. :-)…so mal als Denkanstoss für den Mama-Blog, denn ich kann mich mehrheitlich mit den Beiträgen identifizieren.
Völlig einverstanden! Gleichberechtigung nicht nur einfordern, sondern auch aufzeigen, vorleben.
Liebe Mamis! Denkt daran, die ersten vier Jahre sind die Hölle (deshalb auch nur ein Einzelkind, nie wieder, lieber opfere ich einen Arm!). Aber danach wird es besser, wenn man das Kind gut und liebevoll und zur Arbeit erzogen hat. Mein Kind ist 7 und macht schon toll die Wäsche, räumt auf und putzt sein Zimmer, geht schnell Milch im Konsi holen oder Spaghetti aus dem Keller, er sortiert Wäsche, versorgt das Haustier und putzt seine eigenen dreckigen Stiefel. Mit 10 bringe ich ihm einfache Rezepte zum Kochen bei. Also doch nicht nur Kosten und Generve, sondern eine kleine Alltagshilfe. Mein Idol ist meine Bürokollegin. Ihre 3 Kinder sind im Studium, wohnen zwar mietfrei und machen ihren Haushalt und alle Besorgungen inkl. Fahrdienste, während sie sorgenfrei arbeiten kann.
Ja toll!! Bewunderung!!! Und Zeit für Hausaufgaben und Spielen mit Freunden bleibt der „kleinen Alltagshilfe“ hoffentlich auch noch zum „Kindsein“?
Toll, dass man/frau sorgenfrei arbeiten kann wenn man/frau drei erwachsene Kinder hat…. Chapeaux!
Wenn mir jemand permanent seine Unzufriedenheit bei der Arbeit vorjammert, dann sage ich ihm/ihr auch: „Niemand hat dich gezwungen, diesen Beruf zu erlernen und diese Arbeit anzunehmen“. Natürlich darf man mal ein paar schlechte Tage haben, aber wenn man nur noch schlechte Tage hat, und ändert nichts, dann ist man irgendwo selber schuld und braucht nicht die Umgebung vollzujammern.
Das ist bei Kindern zugegebenermassen schwieriger: Denen kann man schlechter kündigen, als der Arbeitsstelle. Aber oft hat man doch auch gewisse Gestaltungsmöglichkeiten, die man nutzen kann und soll.
Tatsächlich ist es so, dass Kinderkriegen freiwillig, die Arbeit für den Lebensunterhalt jedoch obligatorisch ist. Die Aussage des grünen Hemdes ist also vollkommen korrekt.
Also erstmal, Arbeiten gehen muss man um Geld zu verdienen. Kinder zu haben ist was ganz anderes, kann also nicht miteinander verglichen werden. So! Wer Kinder haben möchte sollte sich halt auch nicht noch zusätzlich belasten mit externer Arbeit, den Haushalt und Kinder sind trotzdem Abends noch da und das ganze Organisatorische wer jetzt wann zu den Kids kuckt oder Kita Gebühren die erstmal verdient werden müssen, NEIN DANKE! Sowas muss man sich nicht noch zusätzlich aufbrummen. Kein Wunder müssen so viele zu Psychiater. Als Mutter hat man genug zu tun. Da ich weniger verdienen würde, geht mein Mann arbeiten und ich bin Vollzeit zu Hause. Wir wollten die Kinder und da gehört Verzicht auch mit dazu damit es geht allein seine Brut zu betreuen. Wer das nicht kann sollte es lassen.
Ja, das höre ich oft von Vollzeit-Müttern: „Ich verzichte halt auf etwas für die Kinder, im Gegensatz zu diesen egoistischen Karriere-Müttern“. Aber wenn sie ehrlich wären, hat der Beruf sie einfach angeödet und sie waren froh als sie endlich „der Kinder wegen“ aufhören konnten.
Nö, wir wollten tatsächlich eine Familie gründen. Es gibt tatsächlich noch Frauen und Männer, die sich von ganzem Herzen Kinder wünschen und zwar mit allem was da dazu gehört. Ausserdem wäre das ein schlechter Tausch wenn ich angeblich zu Faul zum Arbeiten wäre, den als Vollzeit Mama hab ich wesentlich längere Arbeitstage. Ich arbeite nämlich auch zu Hause, das nur so zur Info.
„Arbeiten gehen muss man um Geld zu verdienen.“
vs
„Kinder haben möchte sollte sich halt auch nicht noch zusätzlich belasten mit externer Arbeit…“
Hahaha!
In der hiesigen Leistungsgesellschaft ist Jammern doch gar nicht erlaubt. Egal ob Job, Familie oder was auch immer. Im Gegenteil, immer weiter, immer mehr. Familie ist Privatsache, daher hat man das auch zu handeln. Im Job wird das Wirtschaftssystem sofort zusammen brechen, wenn man sich irgendetwas leistet (Ferienwoche, Vaterschaftsurlaub, Wochenstunden etc.).
Was daher sinnvoll ist: in der Blase bleiben. Natürlich darf auch die Mutter sagen, dass im Moment einfach alles zuviel ist. Nur sollte sie das in ihrem engsten Umfeld tun. Bei guten Freund*innen. Dort erfährt man auch Zuspruch, weshalb ein solches Umfeld Gold wert ist. Hier hat sie sich ganz offensichtlich die falsche Blase gesucht.
Umgekehrt ist es ja nicht so, dass sie Verständnis erfahren hätte, wenn sie auf dem Spielplatz erwähnt hätte, sie sei todmüde, weil sie am Tag zuvor bis Mitternacht an einem Memo gearbeitet hat. Eher ein „Du wolltest es ja so, wenn Du trotz Kind eine Karriere anstrebst.“ Also, wer nicht riskieren will, noch mehr Tritte zu erhalten, wenn man sich eh schon am Boden fühlt, der sollte schauen, wem er was sagt.
@13: In der Leistungsgesellschaft ist es im Gegenteil sehr üblich geworden zu jammern, um gleichzeitig zu zeigen, welche fast unmenschlichen Leistungen man bewältigt.
Und bei den Ausgaben ist etwas politische Vernunft durchaus angesagt. Es gibt ja (fast) nichts gratis, und man könnte manchmal das Geld auch sinnvoller einsetzen. Persönlich bestimme ich lieber selber meine Ausgaben, als dass ich immer mehr Steuern zahle, damit der Staat dann nach Gutdünken subventionieren kann.
Und doch, auch im Job kann man gerne über die Familie sprechen. Und auch mal klagen. Aber vielleicht nicht dauernd?
„Leistungsgesellschaft“ – nennen Sie mir eine Zeit, in der der Mensch weniger tun musste, um zu überleben, als heute.
Nahrung im Überfluss, vollständige medizinische Versorgung, stabile Häuser mit Heizung, Warmwasser, Kühlschrank – ja sogar Waschmaschine und TV …. und und und
5 Tage Woche plus bezahlten Urlaub,
Geregelte Arbeitsbedingungen
Nötigenfalls ein Rechtsstaat
Für 98% aller Menschen die jemals gelebt haben, wäre das Schlicht das Paradies gewesen.
@ SP
Nur weil etwas mal vorkommen (dass jemand jammert) heisst das nicht, dass es gesellschaftlich toleriert wird. Deine Statements sind ja eine klare Bestätigung der Autorin. Und wer klagt, weil es ihm wirklich halt (gerade) nicht gut geht, der ist nun mal bei Menschen, die das als „um gleichzeitig zu zeigen, welche fast unmenschlichen Leistungen man bewältigt.“ empfinden, schlecht aufgehoben. Gerade dann ist es wichtig, sich nicht noch zusätzlichem Druck oder gar Spott auszusetzen. Schwäche zeigen ist wünschenswert und gesund, aber an geschützten Orten.
@13: Ich würde mir einfach manchmal etwas mehr Normalität wünschen. Elternschaft ist anstrengend, und man kann und soll von mir aus auch mal darüber klagen. Doch, das wird gesellschaftlich sehr toleriert. Aber irgendwann ist auch wieder mal gut.
Wenn wir aber ständig vom „härtesten Job der Welt“, von 24/7, vom „alltäglichen Wahnsinn“ etc. lesen, dann ist das doch nicht nur leicht überhöht. Womit wir übrigens auch wieder bei diesem Mutterkult sind, der meiner Meinung nach der Vereinbarungsfrage am meisten im Wege steht.
Und zurück zum Ausgangsthema: Wer ständig jammert, aber nichts ändert, obwohl es Möglichkeiten gäbe, verliert natürlich irgendwann das Verständnis.
@ SP
„Doch, das wird gesellschaftlich sehr toleriert.“
Hmm, das sehe/empfinde ich anders.
„Wer ständig jammert, aber nichts ändert, obwohl es Möglichkeiten gäbe, verliert natürlich irgendwann das Verständnis.“
und was soll man ändern? Kind zurückgeben?
@13: Obwohl es Möglichkeiten gäbe…, war die Ausgangslage. Kind zurückgeben ist offensichtlich keine Option. Aber glücklicherweise ja auch nicht die einzige Möglichkeit, wie man sich das Leben erleichtern kann.
Und ich frage gerne nochmals: Welche Möglichkeiten?
@13: Zu welchem konkreten Fall denn? Aber ganz grundsätzlich: Aufgaben reduzieren, fokussieren auf das Wesentliche, Hilfe holen, beim Partner, in der Familie, im Umfeld, bezahlt, bei der Gemeinde. Ausschlafen, Auszeit nehmen, …
Na zu der Überforderung oftmals mit Hunderten von Bällen jonglieren zu müssen. Aufs Wesentliche konzentrieren? Klar ja, aber das ist denn wesentlich. Kind oder Job? Kind 1 oder Kind 2? Hilfe einholen, ja klar. Führt einfach dann oft zu mehr Organisationsstress. Bei Auszeiten schaffen das Gleiche. Klar, ist alles möglich, machen ja die meisten auch, nur so locker flocker stressfrei wie viele es darstellen, ist es natürlich nicht. V.a. nicht, wenn jemand eh schon am Limit ist.
@13: Ich kenne Leute, die sind ständig am Limit, immer auch am klagen. Ändern aber gar nichts. Im Gegenteil. Je mehr sie im Stress sind, desto mehr Aufgaben sehen sie vor sich.
Aufs Wesentliche kontrollieren heisst, bezüglich Haushalt mal Abstriche zu machen, und ebenso bezüglich Prinzipien der Betreuung.
Und entlasten: mal eine Nacht ausser Haus verbringen, statt dass jede Nacht beide Eltern ständig wach sind.
Und vor allem: Hilfe suchen, und vor allem annehmen, wenn sie mal angeboten wird.
Und nein, das alles heisst nicht, dass alles ganz locker ist. Nur dass Kopf in den Sand strecken nicht die beste Option ist. Und dass es Hilfsangeboten gibt.
Nun, ist das so? Wird Jammern gesellschaftlich verschieden gewertet?
Ich erlebe Menschen, welche auf das Jammern abfahren und sich wohlfühlen in Jammergemeinschaften: „oh wir Armen, oh die bösen Anderen“.
Vielleicht waren die Bürlolisten eine solche Gemeinschaft und hatten dementsprechend wenig Verständnis für einen Aussenseiter.
Jedoch würde die Hausfrauengemeinschaft genauso wenig Verständnis aufbringen für deren Gejammer, so, wie auch die Handwerkerjammeri wenig Verständnis für das Bürojammeri haben.
Egal, was man arbeitet. Man sollte sich von diesem unnützen Gejammer emanzipieren und sich mit Menschen umgeben, welche den Nöten des Lebens konstruktiv begegnen.
„Egal, was man arbeitet. Man sollte sich von diesem unnützen Gejammer emanzipieren und sich mit Menschen umgeben, welche den Nöten des Lebens konstruktiv begegnen.“
Es ist doch nicht entweder-oder, sondern sowohl-als-auch. Meine Freunde tätscheln mir das Köpfli… für eine gewisse Zeit, dann wird konstruktiv nach vorne geschaut.
Und übrigens: Sie merken schon, dass Sie gerade ein wenig über Jammeris jammern 😉
Nun, dann haben Sie ja ein Umfeld mit Verständnis, das aber konstruktiv nach vorne schaut.
Das haben Sie, weil Sie selbst so sind und eben solche Freunde wollen.
Die Jammeris wollen das aber nicht. Die wollen nur hören, dass sie Arme sind und die Anderen die bösen.
Und nein, ich jammere jetzt nicht ein bisschen. Das würde ich tun, wenn ich sagte: „Alle Menschen sind so (nur ich nicht, ich Armer). Aber das tue ich nicht. Ich sage nur, dass viele so sind und dass wir, wenn wir es mal erkennen, da nicht mehr mitmachen sollten.
„Das würde ich tun, wenn ich sagte: „Alle Menschen sind so (nur ich nicht, ich Armer).“
Wenn das Ihre Definition von Jammern ist, ja dann, ok, dann sind Sie nicht am jammern 😉
Dann ist aber auch die Mutter im Blogbeispiel nicht am jammern.
Nun ja, das gewählte Beispiel unterstützt das „Jammeri-Bild“ aber auch zu hundert Prozent.
Während der Büezer nicht jammert, sondern einfach erzählt, welchen Einsatz er heute noch leistet, ist die Mutter halt eben genau das: Am Jammern.
Stellen Sie sich die Antworten andersrum vor.
Der Büezer: Läck war das ein Tag, nur nervige Kunden, und dann der ständige Lärm im Grossraumbüro. Ich bin fix&foxi.
Die Mutter: Also, auf einen Kurzen komm‘ ich noch mit, aber nachher muss ich dringend nach Hause, es warten noch Aufgaben.
Wem von beiden würde man aufmunternd zunicken und bei wem würde man mit den Augen rollen?
Und bitte nicht falsch verstehen, Jammern ist eine wichtige Tätigkeit für die Psychohygiene. Aber genauso wie ich andere psychohygienischen Vorgänge nicht am Arbeitsplatz oder im halböffentlichen Raum vornehme, sollte ich auch diese Themen dort besprechen, wo sie hingehören: in den intimen Rahmen von Vertrauten,
Über meine Kinder rede ich nur mit Kollegen und Freunden, die ebenfalls Kinder haben. Dann ist es aber nicht unbedingt Jammern, sondern eher ein Austausch von Erfahrungen. Wenn man gleichaltrige Kinder hat, hat man meist ähnliche Baustellen und ich erfahre gerne, wie andere Eltern jeweils damit umgehen.. Mit kinderlosen Bekannten rede ich über andere Dinge wie die Arbeit, Freizeit etc. Kinderlose interessieren sich meist micht für die Kinder von anderen und deren Probleme, was ich auch ok finde, es hat mich auch nicht interessiert, als ich noch keine Kinder hatte.
Ich dachte, ich wüsste, dass Kinder grossziehen eine strenge und anspruchsvolle Aufgabe ist, der ich aber gewachsen bin, so wie jede andere Mutter auch. Aber ich hatte ja keine Ahnung, wie anstrengend und zermürbend es tatsächlich ist! Ich dachte auch, dass die Freude und Liebe, die Kinder einem schenken, diese Anstrengungen bei weitem wett machen, ja dass Kinder unser Leben erst komplett machen, wie man immer hört. Weit verfehlt! Ich wünschte, man hätte mir das Thema nicht so verklärt vermittelt. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so unglücklich und gestresst wie in den ersten beiden Jahren nach der Geburt. 30 min Freude am Tag sind nicht genug Entschädigung für 18 Stunden Stress und Sorgen. Und gerade mal 5-6 Std. unsteter Schlaf machen die Sache auch nicht gerade besser.
Eine befreundete Psychiaterin erzählte mir einmal, ich würde aus allen Wolken fallen, wenn ich wüsste, wieviele Mütter sie in ihrer Praxis hat, die völlig am Ende ihrer Kräfte sind. Dass die Zeit mit Kleinkindern die absolut anstrengeste unseres Lebens ist, dass wir dann auch viel anfälliger für psychische Erkrankungen sind, wird in unserer Gesellschaft immer noch totgeschwiegen.
Das geht aber nicht allen so. Ich habe die Zeit nach den Geburten auch genossen, da ich da endlich mal mehr Zeit hatte, Dinge zu erledigen, die im normalen Arbeitsalltag keinen Platz hatten. zB jeden Tag lange Spazieren zu gehen. Oder stundenlang „zu denken, was man möchte“ :). Ich habe immer 100% gearbeitet und fand die beiden Mutterschutz-Zeiten sehr schön.
Ja sorry, aber ein bisschen anders ist Dein Fall schon: Du hast „immer 100% gearbeitet“. Dann hattest Du signifikante Abwechslung vom Kinderalltag. Der Mutterschafts“urlaub“ ist zeitlich beschränkt, und die Kinder sind noch nicht ganz so aktiv. Du kannst es nicht vergleichen.
Aber Kinderbetreuung und Elternsein ist ja nicht das Gleiche. Ich habe es wie Sie. Ich habe „nur“ den Mutterschaftsurlaub gemacht und ansonsten immer hochprozentig gearbeitet (80-100%) und fand den MU sehr entspannend. Aber als es dann wieder losging, dann kann auch der Stress. Jedoch nicht einfach wegen der Arbeit, sondern beidem zusammen. Dass man trotz Zahnen, Kranksein, schlechten Nächten oder Schulproblemen bei der Arbeit funktionieren muss. Und dass man trotz Fristen, mühsamen Kunden etc. für die Kinder dasein musste.
Und ganz ehrlich zum MU: Meine Kinder mit 3 Mt betreuen war ein Klacks gegenüber der Zeit zwischen 1-2 Jahren und nochmals was ganz anderes als nun die Zahnlückenpubertät und „richtige“ Pubertät…
Ich verdiene mehr als mein Mann, ich arbeite 100%, er schaut zu den Kindern. Ich stehe am morgen auf, kümmere mich um die Kinder, gehe arbeiten, komme Mittags nach Hause, weil ich das wichtig finde, mache den Windeldienst etc., gehe wieder arbeiten, komme nach Hause und kümmere mich wieder um die Kinder. Das ganze Abendritual vollziehe ich alleine, da die Kinder mich durch den Tag durch nicht haben. Wenn die dann endlich im Bett sind, möchte mein Mann auch noch etwas Zeit mit mir. Aber auch nur, wenn ich nicht per Homeoffice nachts um 9 noch Überstunden leisten musste. Und am Wochenende hängen die Kinder natürlich auch die ganze Zeit an mir. Der Mutterschaftsurlaub war tatsächlich schön in Bezug auf Planungsfreiheit, aber mit 16 Wochen doch schon ziemlich kurz.
Wenn ein Vater 100 Prozent arbeitet, gilt das unter Frauen, er kümmert sich nicht um die Kinder.
Und Sie ?
@Mira: Was ist denn das für eine schräge Geschichte?
Sie arbeiten also 100 Prozent, und machen dazu noch alles, um sich auch zu Hause unentbehrlich zu machen? „Weil sie es wichtig finden?“
Hier ist der Stress tatsächlich hausgemacht, und das nicht etwa wegen dem vollen Arbeitspensum. Wofür das alles, wenn sie doch eigentlich gar nicht mehr können und wollen?
@Sportpapi: Weil unser Vater nie Zeit für uns hatte. Es hiess: Lasst den Papi in Ruhe, er hat einen strengen Job und braucht Erholung. Am Wochenende hat er z.B. seine F1 Rennen geschaut, wehe man hat ihn dabei gestört. Dabei hätten wir Kinder doch gerne Zeit mit ihm verbracht und mit ihm gespielt. Ausserdem hab ich gesehen, wie viel Arbeit meine Mutter geleistet hat und wie wenig unser Vater sie dabei unterstützte, das fand ich unfair. Ich möchte es besser machen, meinen Mann im Haushalt unterstützen und für meine Kinder da sein. Deshalb finde ich es auch wichtig, den Mittagstisch mit meinen Kindern zu teilen (bei 10 min Weg geht das auch) und zu erfahren, was sie so alles machen. Ja, Stress pur, „die Kleinen gehen vor“ war lange unser Credo. Bis ich kurz vor dem Kollaps stand.
@Mira: Als Ihr Mann bräuchte ich keine Hilfe im Haushalt, wenn ich doch da bin. Und wenn schon Mittagessen, dann an den gedeckten Tisch sitzen und wieder gehen. Und abends mit den Einschlafritualen abwechseln, dafür mal entspannen, um dem Mann auch einmal die Partnerin sein, die er sich sicherlich auch wünscht.
Dass das alles nicht aufgeht, ist ja klar. Präsent sein heisst ja nicht, sich für die Kinder aufopfern.
Nach dem F1-Rennen auf den Spielplatz wäre doch ein guter Kompromiss…
Kinder haben ist ganz easy.
Mutter-sein dagegen gar nicht.
Dort liegt der Hund begraben.
Ich empfehle jedem, vor den eigenen Kindern mal ein 3-Monatiges für 36h auszulehnen und dann noch einmal Bilanz zu ziehen.
Ich liebe meine Göttikinder, aber jeises haben die mir die Augen geöffnet!
@tststs: Wir haben das jetzt drei mal durchgespielt, und das immer gut überlegt und ohne Rückgabeoption.
Und jetzt?
Es gab bei mir keinen einzigen Tag, an dem ich lieber kinderlos geblieben wäre (dass ich geniesse, wenn sie mal einen Tag weg sind, ist etwas anderes).
Ich wollte nur darauf hinaus, dass keine Beschreibung o.ä. auch nur in die Nähe des tatsächlichen Alltags mit Babies/Kindern kommt. Da hilft IMHO nur die Erfahrung am eigenen Leib. Und zwar nicht als ausführliche Erfahrung, sondern nur als kleiner Vorgeschmack.
Da sage ich einmal mehr: „Weniger jammern, mehr handeln.“ Und zwar völlig egal ob es um Elternschaft, Job, Freizeit oder was auch immer geht.
.
Jammernde sind für mich schwache Witzfiguren, die ich nicht ernst nehmen kann. Wer unzufrieden ist, soll bei sich selbst anfangen und etwas ändern, damit er/sie zufrieden(er) wird. Aber einfach weiter jammern und auf Mitleid hoffen ist halt der einfachere Weg…
Man kann die Kinder ja nicht einfach abschieben. Etwas ändern ist bei Kindern einfacher gesagt als getan.
Doch, kann man.
Nicht mehr und nicht weniger umständlich, als dass jemand „einfach“ den Job wechseln kann.
Und machmal ist die Frage halt schon eben: Will man?
Man kann seine Haltung ändern Tina.
Wer sich immer gestresst fühlt, Druck spürt und am Limit läuft, strahlt das auf die Kinder und die Umgebung ab.
Eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Man kann sich nur selbst ändern.
Je schneller wir das begreifen, um so besser.
Alles was der Jammeri sagt und glaubt ist:
„oh ich Armer!“ Will heissen: „ich wäre ja schon ok, aber DIE KINDER…. DIE GESELLSCHAFT…. DER CHEF….“
und natürlich, da er diese nicht ändern kann, wird sich auch an seinem Elend nichts ändern.
Dabei würde sich ALLES ändern, wenn er sich selbst ändern würde.
Es ist unglaublich, wie Kinder sich ändern, wenn die Eltern sich ändern. Aber das merkt man halt erst, wenn man sich geändert hat. Und bis dahin ist man überzeugt, dass es eben „unmöglich sei“, bla bla bla….
Viele schieben die Kinder ja in die Kita ab und jammern trotzdem. Heute um 6:45 Uhr radelte ich mal wieder an so einer Einrichtung vorbei und sah Kleinkinder, die um diese Zeit bereits fern von zu Hause spielen mussten. Wann stehen solche Kinder wohl auf? Um 5:30 Uhr, damit Mami und Papi pünktlich um 7:30 im Büro sind? Seien wir doch mal ehrlich: Kinder brauchen viel Zeit. Sie nur so nebenbei zu „halten“ und wie zuvor weiterzuarbeiten ist für niemanden gut. Darum meine Bitte an alle Papis und Mamis: Gebt euren Kindern die Zeit und Betreuung, die sie benötigen.
„Man kann sich nur selbst ändern.“
1. Meinen Sie damit, man kann nur bei sich selber etwas machen, nicht bei anderen; dann: Ok, einverstanden.
2. Meinen Sie, man ist selber für die eigene Situation verantwortlich; dann: jein. So einfach ist es nicht.
„Man kann seine Haltung ändern Tina.“
Hahahah, genau, ist ja soooo einfach.
„Sie nur so nebenbei zu „halten“ und wie zuvor weiterzuarbeiten ist für niemanden gut. “
Ähm, hat 40000 Jahre lang ziemlich gut funktioniert. Selbstverständlich ist Verbesserungspotential vorhanden, aber ich sehe das weniger in noch mehr Aufsicht…
@Jo Mooth, sind Sie doch wenigstens ehrlich und sagen Sie dass, was Sie eigentlich meinen: die Mütter sollen doch gefälligst wieder zu Hause bleiben. Papi kann ruhig ins Büro, denn jemand muss ja schlussendlich auch noch das Geld nach Hause bringen.
tststs
Wir sind nicht dafür verantwortlich, dass wir geboren wurden, noch dafür in welche Umstände hinein wir geboren wurden, noch für unsere Gesellschaft… etc.
Aber wir sind dafür verantwortlich, was wir daraus machen.
Vielleicht liessen wir uns lange treiben, trafen folgedessen viele Fehlentscheidungen, aber irgendwann müssen wir uns einmal entscheiden, dass nur wir allein entscheiden müssen, was wir daraus machen und die Verantwortung für unser Leben übernehmen.
Eigentlich ganz einfach.
Noch einfacher ist es allerdings, stets die bösen anderen für unsere Misere verantwortlich zu machen.
tststs , wo steht, das sei einfach?
Aber wer (ich behaupte einfach es ist 1 Kind), mit 1 Kind sooo am Anschlag ist weil sooo wenig geschlafen und alles soooo anstrengend, der/die sollte wirklich damit beginnen sich, seine Haltung und seine Ansprüche und Planungen zu hinterfragen. Oder er/sie bleibt ein/e Jammeri/n.
Ich erlebe regelmässig Mütter die 20-40% arbeiten, das aber eigentlich nicht wollen, das Kind stressen mit dem Tagi, sich und den Partner auch, ihre Arbeit zu anstrengend finden und keine Zeit mehr finden für sich und ihre Hobbys neben all der Hausarbeit.
„Mutter“ kann man auch problemlos mit „Vater“ ersetzen.
In diesem Beispiel liegt 100% der Verantwortung/Machbarkeit bei Mutter/Vater
@RoXY&Niklas Meier: nun ja, ich habe auch lange mit der Einstellung gelebt, dass alle Menschen so sind wie ich; und dass sie nicht so gut mit Stress umgehen können, liegt nur an ihrem Wollen, weil – hey – ich kann es ja auch.
Ja, wir könnten die Defizite/Probleme dieser Menschen in 5min lösen. Dass Sie solchen Menschen nicht mit Mitgefühl, sondern eher mit Häme begegnen, sagt etwas über Ihre Defizite aus (und meine Rede vom hohen Ross legt die meinigen offen 😉 )
Sie missverstehen mich. Wir müssen umdenken. Wir selbst produzieren den Stress. Das ist der Punkt. Wir müssen bei uns ansetzen.
Das will ich sagen. Solange wir uns als Opfer der Umstände sehen, wird nichts besser, weil wir die Umstände nicht ändern können. Ändern wir uns, ändert sich alles. Wir helfen unseren Mitmenschen auch nicht, wenn wir immer nur Verständnis haben. Das musste ich sehr sehr schmerzlich erfahren. Die Jammeri leiden letztlich unter sich selbst.
@ Jo Mooth
Nein: z.B. damit Mami oder Papi um 7.00 Uhr im OP stehen können. Und dort die Jo Mooth‘s dieser Welt versorgen.
Denken Sie, alle Chirurgen, Anästhesisten oder OP-Pfleger sind kinderlos?
Gleichheit ist eben Trumpf. Man klopft sich innerhalb der eigenen Blase mit vergleichbarer Erfahrungs- und Gefühlswelt auf die Schultern und bestätigt sich gegenseitig, um sich gut zu fühlen. Wenn jemand diese Kreise stört, mit Erfahrungen oder Erlebnissen die die Gruppe weder kennt noch teilt, dann wird die eigene kleine Welt halt relativiert und das Jammern als das demaskiert was es ist. Dadurch schliessen sich aber die Reihen, denn niemand will der Banalität überführt werden. Egal ob es Elternerlebnisse oder Krankheiten geht, man stösst schnell mal auf Ablehnung, Unverständnis, und Empathiedefizite. Die Empathie, die dieselben für sich selber einfordern.
Apropos, ist ja nicht so, dass Mütter unter sich irgendwie anders ticken würden. Diese Mechanismen sind nur allzu menschlich.
Viele Menschen machen sich eben selber das Leben schwer. Ich finde, es gibt absolut nichts dagegen auszusetzen, wenn bei mir im Betrieb die Männer oder Frauen einfach mal sagen, dass sie heute nicht gut drauf sind, weil sie schlecht geschlafen haben, oder was auch immer. Ist doch alles normal und menschlich und gehört zum Elterndasein dazu. Mir wäre es noch nie in den Sinn gekommen, jemandem zu sagen: Ja das Problem hast dir selber eingebrockt.
Das Problem in der heutigen Gesellschaft ist das bagatellisieren der Probleme der anderen. Anstatt zuzuhören und einfach dazu sein, denkt jeder ein Ratschlag geben zu müssen. Fresse halten, zuhören, einmal tröstend knuddeln und weiter geht es. Es ist nicht schlimm mal fertig zu sein, es geht auch wieder besser.
Es gibt einen gewichtigen Unterschied zwischen Stress in der Arbeitswelt und Stress im Familienalltag. In der Arbeitswelt kann man eine neue, andere, weniger stressige Arbeit suchen. Wenn es jemandem zu viel wird sollte man gehen.
Das ist im Familienalltag fast immer anders. Einfach zu gehen ist verantwortungslos, rücksichtslos, egoistisch. Manchmal trotzdem nötig. In dem Sinne ist der Spruch: „Du wolltest doch Kinder“ eben schon ok. Kinder zu haben sollte man sich gut überlegen. Wir haben das Privileg Vor- und Nachteile abzuwägen und hoffentlich an alle zu denken.
Der Erfolg dieses Blogs zeigt, dass das Thema interessiert und viele Mütter und Väter sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen und offensichtlich mindestens teilweise vom realen Leben überrascht sind.
„Wenn es jemandem zu viel wird sollte man gehen.“
Genau, weil die Welt einfach auf einen gewartet hat. Weil Jobs ja auf der Strasse liegen. Weil man ja null Loyalität und Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden hat. Weil es ja so rücksichtsvoll und nicht egoistisch ist, die Leute einfach im Seich zurückzulassen.
Das ist doch ein absurder Äpfel-Birnen-Vergleich. Und wenn, dann behaupte ich, dass dem ausgesetzten Baby sicher mehr Sympathien und Hilfe entgegengebracht wird als dem Arbeitslosen…
@ tststs
Wovon zum Teufel sprechen Sie? Einen Mitarbeiter zu ersetzen, auch bei Kaderpositionen, ist ja wohl einiges einfacher als einem Kind die Eltern. Soviel zu den Mitarbeitern. Und ja, Arbeitslosigkeit ist kein Zuckerschlecken, aber verglichen damit, seine Familie zu verlassen, ist es ein Klacks. Wer das anders sieht (und Kinder hat, bei Kinderlosen spielt es ja keine Rolle, da eh theoretisch), sollte dringend seine Prioritäten überdenken.
Vor gewissen Verantwortungen kann man nicht davon laufen. „Baby“
Bei der Arbeit ist es einfacher. Nur bevor man davonläuft, sollte man sich zuerst überlegen, was man selbst ändern kann. Es gibt ja Leute, die werden in Firma A gemobbt, dann auch in Firma B und in Firma C läuft es auch nicht besser. Hm…. spätestens dann, sollte man sich überlegen: Muss ich mich vielleicht ändern?
Bei Kindern ist es schwieriger, da man die nicht so leicht austauschen kann.
Grundsätzlich gilt aber immer: was kann ich ändern?
Manchmal sollte man das negative Umfeld einfach verlassen. Oftmals sind wir es aber selbst, die wir uns ändern sollten.
Erstaunlich, was einige Leute immer wieder erleben und wahrnehmen. Ich sehe ja, dass Jammern über Stress heute in jederlei Beziehung absolut zum guten Ton gehört. Dazu gehört auch das ständige Klagen über die unglaubliche Belastung der Elternschaft, insbesondere Mutterschaft. Nicht nur in Blogs und Artikeln, sondern durchaus auch im Büro.
Zudem ist es immer wieder widersprüchlich, auf der einen Seite sich beklagen über Vorurteile und Rollenerwartungen bezüglich Mutterschaft, auf der anderen Seite selber diesen Müttermythos wieder pflegen. Wies gerade passt.
„Denn je besser es letztlich Müttern geht, umso mehr Fundament haben ihre Kinder.“ Naja. Da hilft es aber nicht, wenn Mütter sich gegenseitig versichern, wie schwierig ihr Leben ist. Und die Väter, einmal mehr?
Doch das hilft. Viele Probleme werden weniger schlimm, wenn man sich darüber austauschen kann.
@Malin
Ich denke nicht, das Jammern hilft.
Austausch hilft.
Aber der typische Jammeri hat nur eine Perspektive: „ich Armer“ und „der Böse andere“ (Umstände/Welt/Gesellschaft….).
Darin dreht er sich stets im Kreise und möchte darin bestätigt werden. Das „ach du Armer“ und „Oh ja der böse Andere“ tröstet ihn zwar kurzfristig, aber er bleibt in seinem destruktiven Sumpf.
Ganz anders ist ein konstruktiver Austausch. Was macht mir Mühe. Warum? Wie kann ich anders dieser wiederkehrenden Situation begegnen.
Doch viele wollen das überhaupt nicht. Ihnen gefällt es, die Armen in der bösen Welt zu sein.
@Malin: Oder völlig überhöht. Da ist mir die männliche Vorgehensweise, Lösungen zu suchen und anzupacken, definitiv lieber.
@RoXY und SP: jaja, die männliche, rationale Vorgehensweise; sofort analysieren und Problem ausmerzen. (Es ist dann zwar oft ein Pseudoausmerzen, aber hey, Hauptsache Kampf, Gegner, SIEG!)
Deshalb haben Männer ja auch viiiel seltener Magengeschwüre, eine massiv höhere Lebenserwartung und kommen auch ansonsten bestens mit Konflikten zurecht. Die Suizidrate zeigt es auch deutlich auf.
Nä-hä, meine Herren, Jammern ist ein wichtiger Prozess; aber bitte an der richtigen Stelle.
@tststs: Ich sehe gerade den Zusammenhang nicht. Männer haben traditionell mehr Stress als Frauen, gehen mehr Risiken ein, verhalten sich eher gesundheitsschädlich (da holen die Frauen rasant auf) und sind überhaut wenig gesundheitsbewusst. Deshalb ist auch die Mär vom „Männerschnupfen“ so unangebracht.
Aber was hat das mit Problem lösen (versuchen) statt jammern zu tun?
tststs – ich halte das nicht für eine „männliche Vorgehensweise“ sondern, für die einzige, die etwas nützt.
Beachten Sie, dass ich beginne mit „Austausch“ hilft.
Wer Magengeschwüre hat, hat kaum seine Probleme konstruktiv bearbeitet.
Ich bin sehr offen, wenn es darum geht meine Probleme und Überforderungen zu kommunizieren. Aber „ich Armer, der böse Andere“ ist eben nicht, seine Probleme zu kommunizieren. Es ist nur der Garant dafür, dass man einfach ewig in diesem unbefriedigenden Strudel weitertreibt.
Mann darf ja schon mal etwas im Selbstmitleid schwelgen, aber dann muss die Frage kommen: „ok, und wie geht es jetzt weiter?“
Wie recht sie haben Frau Sommer. In der Arbeitswelt gehört es dazu und zeigt Engagement, wenn mann/frau über ihre anspruchsvolle bis zur Erschöpfung reichende Arbeit austauscht. Mütter und Väter dürfen gar nicht soweit kommen, schnell werden sie als unfähige Eltern gesehen. Ich bin keine erschöpfte Mutter mehr, da meine Girls mittlerweile erwachsen sind. Mein Arbeitsgebiet sind Eltern und Kinder. Und ich erlebe die ständigen Herausforderungen dieser Familien und wie froh sie sind einmal jammern zu können ohne abgewertet zu werden.
Ich kenne selber auch Mütter, die mit Fassade-Leben im Vordergrund (Eine davon 40 Jahre alt, Ehemann, 2 Kinder, Haus, Teizeit-Job) ein echt unglückliches Leben im Hintergrund führen. Dass Eheleben seit Jahren zerrüttet, die Jungs in der Pubertät und die Mutter damit überfordert, im Teilzeit-Job frustriert und unzufrieden, schlaflose Nächte, lässt sich von Freundinnen manipulieren usw. Aber trotzdem stur und ungeduldig im Alltag. Trennung ist offenbar keine Option, da sie das Fünferli und Weggli wollen und auch damit nicht Schlag kommen. Abee so tun, als würde alles stimmen !!
Als ob alle kinderlosen, wahlweise in Partnerschaften/nicht in Partnerschaften, Menschen ein durchwegs fassadenloses Leben führen würden.
Nicht-authentisch und wahlweise unglücklich leben können alle, das ist nicht ausschliesslich Müttern vorbehalten….