Warum wir Karriere neu denken müssen

Geliebte Ungewissheit: Lebensläufe und Karrieren verlaufen selten starr und linear. Foto: iStock
«Verzichtest du für die Familie auf eine Karriere?», fragte mich der Moderator am Podiumsgespräch. Neben mir sassen ein bekannter Spitzenkoch und ein noch bekannterer Professor. In solchen Situationen kommt mir als Vertreter des Pöbels beim Rülpsen gerne ein Schluck Demut mit hoch.
Meine berufliche Situation liest sich nicht gerade wie der Ratgeber «in 5 Schritten zum CEO». Mit Brechtis Geburt reduzierte ich auf 60 Prozent. Den Sessel als Geschäftsleitungsmitglied eines IT-Unternehmens hatte ich schon drei Jahre zuvor geräumt. Inzwischen arbeite ich seit neun Jahren als Soldat in einer Agentur. Teilzeitsoldat.
«Beruflicher Erfolg wäre schon schön, aber meine Familie ist mir wichtiger.» So antworten wir Pensumsreduktionisten oft auf die Karrierefrage. Stimmt ja auch: Erfolg = toll und Familie = wichtig. Nur das «aber» dazwischen passt mir nicht.
Hier ein anderes «aber»: Ich bin weder Spitzenkoch noch Professor, aber mein Leben duftet trotzdem lecker nach Karriere. Es war noch nie so intensiv, so vielseitig. Noch nie war mein Managertalent so sehr gefordert. Dazu gehört natürlich die Waschplan-Optimization, das Interactive-Coaching beim Schwimmkurs und das Change-Management bei den Tischmanieren. Aber ich bin auch mit meiner beruflichen, nicht ganz stereotypen Karriere sehr zufrieden.
Das ist doch keine Karriere …
Wir haben Karriere als starre, lineare Laufbahn gelernt – Marcel-Ospel-Style. Jeder Jobwechsel muss ein kräftiger Schritt hin zu mehr Geld und mehr Macht sein, bis wir schliesslich ganz oben angekommen sind.
Nichts gegen Geld und Macht. Nehme ich sofort. Senden Sie bitte Umschläge voller Geld und Macht zu meinen Händen an die Redaktion des Tages-Anzeigers.
Aber Geld und Macht als einzige Berufsziele, denen man alles unterordnet. Das klingt für mich eher nach güldenem Götzenkalb als nach beruflicher Selbstbestimmung. Die klassische Karriere wird allzu oft an der Anzahl Überstunden gemessen. Zuerst werden sie noch kompensiert oder ausbezahlt, mit dem Kadervertrag dann als selbstverständlich vorausgesetzt. Ausserdem bedeutet der Weg zur Macht jahrzehntelange Unterordnung. Wer noch nicht ganz oben thronte, dient als Räuberleiter für eine Person, die schon höher steht und ihr Köpfchen noch ehrgeiziger nach dem Chefpöstchen streckt.
Denen, die das schön finden, will ich den Spass nicht verderben. Aber man könnte Karriere breiter denken. Seit Gründung der tschannenschen Familie ist Freiheit eines meiner obersten Karriereziele. Ich will meine Woche selber planen, flexibel und unabhängig sein.
Mit meinem Arbeitgeber fand ich über viele Jahr hinweg ein Modell, das mir sehr viele Möglichkeiten bietet. Natürlich will ich bei aller Flexibilität auch beruflich wachsen, fachlich besser werden und stets Neues lernen. Zurzeit bin ich der drittbeste Kommunikationsberater der südöstlichen Berner Agglo unter 40 und da geht noch was – das spüre ich bei Föhn in den Gelenken.
Hier ein Standbeinchen, da etwas Influence
Neben der Anstellung betreibe ich eine eigene kleine Firma mit bescheidenem Umsatz. An warmen Tagen gönne ich mir eine Glace auf die Firmenkreditkarte, esse sie genüsslich vor dem Eingang der kantonalen Steuerverwaltung und kichere dabei wie Sepp Blatter, wenn er Michel Platini ein Bündelchen Zehntausendernoten zusteckt.
Weiter belästige ich Sie hier alle zwei Wochen als Papablogger und kolumniere in zwei, drei Heftchen. Wie Sie aus den Kommentaren meiner einschlägigen Kritiker wissen, muss man dazu nicht viel können. Trotzdem bringt der Job viel Fame. Eltern kreischen, wenn sie mich in der Öffentlichkeit erkennen. Ich kann kaum durch einen Bio-Supermarkt schlendern, ohne Autogramme zu geben und ein paar Säuglinge zu küssen. Klar, das Kreischen würde aufhören, wenn ich vor dem Küssen um Erlaubnis fragen würde. Aber im grossen Schema meiner Karriere sind das nur kleine Ungereimtheiten.
Ich liebe meine Karriere. Sie ist natürlich keine Vorlage für andere Menschen in anderen Situationen und mit anderen Zielen. Am liebsten ist mir die Ungewissheit. In fünf Jahren sitze ich nicht auf dem Kalbsledersessel meines aktuellen Chefs. Ich habe keine Ahnung, wozu ich erst fähig sein werde, wenn ich das Bootcamp der Kleinkind-Elternschaft überstanden habe. Aber es wird sich bestimmt sehr nach Karriere anfühlen.
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59 Kommentare zu «Warum wir Karriere neu denken müssen»
Guter Artikel. Allerdings muss man die Gedanken von Herrn Tschannen in zwei Punkten ergänzen:
Erstens ist eine Reduktion des Arbeitspensums trotz Kindern ein Luxus. Man muss sich den Verzicht auf eine klassische Karriere erst einmal leisten können.
Zweitens wird denjenigen, die eine „klassische“ Karriere absolvieren, implizit unterstellt, die Haupttreiber seien Geld und Macht. Das greift zu kurz. Oft ist Leidenschaft für den Beruf mindestens genauso wichtig. Insofern kann eine klassische Karriere eben auch darin bestehen, eine Tätigkeit mit Freude und Leidenschaft auszuüben.
Leidenschaft für den Beruf und die damit verbundenen Tätigkeiten sind mir persönlich auch wichtiger als Geld und Macht.
Wenn man sich allerdings die aktuelle CS-Spitze so anschaut, gibt es aber noch genügend bzw. zu viele Leute, die vor allem Geld und Macht wollen 🙁
Seit der Erfindung von Penicillin scheint sich das Karrierenverständnis vom „Besten Geber“ zum „Gierigsten Nehmer“ gewandelt zu haben. Während zuvor das eigene Leben als fragil erschien und jeder Weitsichtige darauf bedacht war, beim eigenen Krankheits-/Todesfall die grösstmöglichste Unterstützung in der Gesellschaft auf seiner Seite zu wissen (was vorheriges „Geben“ an andere voraussetzte), war nachher nur noch wichtig, wieviel mehr zu Nehmen es nach dem erreichen des neuen Karrierenziels gab: mehr Auto/Ferien/Vergnügen… Familie ist aber immer noch auf das klassische “Geber-Konzept“ ausgelegt und bringt dem „Gierigen Nehmer“ nichts, ausser Kopfschütteln in unserer gleichgeschalteten Gesellschaft…bis das System kollabiert/eine unkontrollierbare Epidemie ausbricht…
Lieber Herr Tschannen. Für diesen Beitrag liebe ich sie heiss und innig. Mein Mann (arbeitet aktuell 60%) und ich (aktuell 80%) haben das wunderbare Vergnügen nebst unseren Jobs – ohne Karriere aber trotzdem erfüllend – unsere drei Kinder grosszuziehen. Und das ist die perfekte Balance für uns – im Moment, denn die Pensenaufteilung ändern wir auch immer mal wieder, gesamthaft bleibts aber immer bei den 140%. Und ich weiss, dass wir auch in vielen Jahren noch zufrieden zurückblicken werden, weil wir gute Vorbilder waren und unsere Kinder nie zu kurz kamen.
Der Autor hat Kinder im Alter von 0 und 5 Jahren und ist also noch voll im erweiterten Vaterschaftsurlaub. Reden wir in fünf Jahren nochmal darüber, wenn schon ein paarmal die coolen Projekte an Leute gingen, die auch Mittwoch und Freitag da sind und der 40% Lohnverzicht nicht mehr für Quality Time, sondern Logistik und Grundversorgung drauf geht.
Was der Autor noch nicht erkannt hat ist, dass nach seinem Modell mittelfristig alle ein bisschen etwas werden opfern müssen, sonst geht es nicht auf. Momentan glaubt er den ‚Free Lunch‘ gefunden zu haben, dabei ist nur der Saldo noch zu klein.
Äh nein. Natürlich ist mir klar, dass berufliche Entscheide manchmal auch Opfer erfordern. Mir ist schon aufgefallen, dass meine Gehaltsüberweisungen nach der Reduktion von 100% auf 60% etwas magerer ausfielen. Können Sie sich vorstellen, dass ich diesen Schritt bewusst gegangen bin?
Gut gekontert Herr Tschannen!
Statt noch mehr Geld lieber ein bisschen mehr Freizeit – das ist ein Luxusproblem. Das ist für die meisten schon heute nicht mehr aktuell. Es gibt ja kaum eine Familie, wo nicht beide Eltern arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen. Und das wird in Zukunft nur noch zunehmen, denn die fetten Jahre sind vorbei.
Ich rede hier auch nicht von Vollzeit vs. Teilzeit sondern von klassicher Karriere vs. anderen Formen beruflichen Erfolgs. Wenn Sie nur deshalb wöchentlich 30 Überstunden buckeln, um in zwei Jahren befördert zu werden, ernährt das ihre Familie heute nicht besser. Die Abkehr von einer klassisch linearen Anstellungskarriere muss auch nicht zwingend einen finanziellen Verlust bedeuten.
„Es gibt kaum eine Familie, wo nicht beide Eltern arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen.“
Wenn Sie von Vollzeitarbeit reden, finde ich das übrigens eine krasse Übertreibung.
„Die Abkehr von einer klassisch linearen Anstellungskarriere muss auch nicht zwingend einen finanziellen Verlust bedeuten.“
Tut es aber aller meistens. (Warum? Vor allem, weil jemand, der sich nicht entsprechend verhält, als Aussenseiter, als Anders wahrgenommen wird, ein Fremder, keiner von uns Managern, dem kann man nicht trauen. (Noll/Bachmann haben im „kleinen Machiavelli“ über graue Mäuse und Papageien geschrieben.) Zweitens fehlt oft die Dokumentation der beruflichen Tätigkeiten, klare Stellenbeschriebe, Zeugnisse. Da wird es schwierig mit Bewrbungen, geht eigentlich nur noch Netzwerk. Drittens fehlt Linienfunktions Erfahrungen, die verlangt fast immer mindestens Vollzeit. Übbrigens: Alles Einhalten muss auch nicht zwingend zu einer erfolgreichen Karriere enden.
Wer keine klassische Linienkarriere verfolgt, wird gleich als Aussenseiter wahrgenommen? Also ich weiss ja nicht. Mir scheint da eine etwas gar spezfische und bisweilen verstaubte Vorstellung von Berufslaufbahn mitzuschwingen. Lesen Sie mal die Interviews „Beruf und Berufung“ von Mathias Morgenthaler mit all den Menschen, die in unkonventionellen Laufbahnen ihr Glück und beruflichen Erfolg gefunden haben.
Ich bin viel egoistischer, verzichte auf Familie und Karriere und habe einfach meine Ruhe.
Witziger Blog.
Etwas das mir aufgefallen ist:
Waren auf dem Podium neben dem männlichen Blogger, männlichen Spitzenkoch und männlichen Professor auch Frauen, die gefragt wurden, ob sie zugunsten der Familie auf Karriere verzichten?
Nein, es war ein reines Männerpodium und hiess auch „Berner Vätertalk“.
Das „Problem“ dieses Beitrags liegt m.E. bei der Definition des Wortes Karriere. Ich hab’s jetzt nicht im Duden oder sonstwo nachgeschaut, jedoch versteht man in unseren Breitengraden unter Karriere halt schon den weg nach oben (Stichwort Karriereleiter – es schreit nach diesem Zusatz). Wer Karriere machen will, muss auf sehr vieles verzichten oder es auslagern (Nanny, weil Kitas ja dank den Stunden nicht passen…). Ein Leben in Balance ist da nicht mehr möglich.
Das was Sie beschreiben ist nicht Karriere. Und das ist doch gut so? Wieso zur Hölle brauchen Sie diesen Stempel? Ich mache auch bewusst keine Karriere, weil mir Balance das Wichtigste ist. So what?
Ich verstehe, was Sie meinen. Ich habe aber bewusst den Karrierebegriff verwendet, weil das Gegenteil – wenn jemand „nicht Karriere macht“ – hierzulande oft als beruflicher Misserfolg gedeutet wird.
Beruflicher Erfolg wird mit dem Wort Karriere gleichgesetzt. Deshalb sage ich umgekehrt: Ok, ich fühle mich beruflich erfolgreich. Dann ist das, was ich mache wohl eine Karriere.
Im englischen Sprachraum wird der Begriff career für die berufliche Laufbahn ganz allgemein verwendet – ob diese sich vertikal oder horizontal oder auch gar nicht bewegt ist dabei nicht so relevant. Eine *career* kann also auch beispielsweise eine reine Fachkarriere sein. Oder der gleiche Job für 35 Jahre. Und successful ist das Ganze dann, wenn es für die betreffende Person stimmt.
Frau Peeterbach beschreibt es korrekt, im englischen Sprachraum wird der Begriff career anders als Karriere im Deutschen benutzt. Im Spätlatein, welches ins Englische geriet, leitet sich das Wort von carrus ab, Karre auf Deutsch. Karre hat keine Richtung, ist einfach nur Biografie. Es geht auf und ab.
Karriere ist gerichtet und stammt vom französischen carrière ab. Karriere geht nur aufwärts. Abwärtskarrieren, wie carrus es kennt, lässt Deutsch Karriere nicht zu, diese Interpretation stammt aus dem englischen Sprachraum.
2/2 Jetzt, wo ich wieder mehr Zeit für mich und meinen Beruf habe, empfinde ich es tatsächlich als Privileg, für meine Familie da sein zu können. Es muss aber nicht zwingend die Mutter sein, die diese neuerdings allerorts diskutierte Care Arbeit leistet. Selbstverständlich können das der Vater, oder beide Partner in einem Teilzeitmodell, oder die Grosseltern genauso gut.
1/2 Karriere oder Familie, ich finde diese Diskussion sehr schwierig, selten ist das Ergebnis 100prozentig zufriedenstellend. In manchen Fällen ist sicher beides möglich, bei uns war das nicht so und ich bin seit der Geburt der Kinder zu Hause und für alle Familienangelegenheiten zuständig. Wie der Alltag mit zwei kleinen Kindern ausschaut, muss ich den Leser*innen hier nicht erklären. Wenn mir damals jemand gesagt hat, es ist ein Privileg, dass ich bei den Kindern sein kann, ist mir fassungslos der Mund offen stehen geblieben. Heute sind die Jungs 12 und 14 Jahre alt und ich sehe, was ich geleistet habe.
Das Problem ist das, dass man erst einen gewissen Bildungsstand und eine gewisse Stufe in der Hierarchie erklimmen muss um das Einkommen zu erzielen um auch mit einem Teilzeitpensum gut über die Runden zu kommen.
Nehmen wird (ohne abwertend sein zu wollen) ein klassisches Paar mit zwei Kindern an: Er arbeitet als Maurer, sie bei einem Supermarkt an der Kasse. Zusammen verdienen sie netto 7000.-
Das Tagi wird zu 90% subventioniert. IPV bekommen sie gerade nicht mehr.
Wenn nun beide sich entschliessen (vorausgesetzt es ist in den Berufen möglich zu reduzieren wie man will), auf jeweils 80% zu reduzieren, werden die Tagi-Subventionen nicht erhöht (man könnte ja mehr arbeiten) und Lohn gibt es auch viel weniger, die IPV deckt das nur teilweise ab. Aufstiegschancen glich 0.
ich bin nicht sicher, ob Ihre Zahlen so stimmen – das würde ja heissen, dass ein Maurer nur 3-4000 bekommt, und das bei dem Fachkräftemangel?
„Aufstiegschancen = 0“ – das war ja genau Herrn Tschannens Punkt, der eben nicht „aufsteigen“ will um den Aufsteigens willen.
Hm. Und für den Titel kann der Autor wieder mal nichts, oder? Passt ja gar nicht. Ansonsten macht er ja alles richtig. Nur ist das vermutlich nicht so generalisierbar. Wie so viele Beiträge hier, die aus einer Blase stammen von Menschen, die sehr privilegiert sind. Weil sie gut verdienen und sehr flexibel arbeiten können.
Nein, generalisierbar ist das nicht. Zu unterschiedlich sind die Ausgangslagen, die Wünsche, die gegenseitigen Erwartungen, etc.
Und ja richtig, für den Titel kann ich nichts.
Für mich war Lebensqualität schon immer wichtiger als Karriere und Status. Aber wenn sie in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen sind so wie ich, dann haben sie auch gelernt: Geld = Freiheit. Wer diese finanzielle Abhängigkeit nie wirklich erlebt hat, weiss nicht, wie wichtig Geld zum Leben in Freiheit ist. Mein oberstes Ziel ist stets die finanzielle Unabhängigkeit.
@Susan: Das sehe ich auch so. Eigenes Geld zu verdienen ist eine grosse Freiheit. Es bedeutet, wählen zu können. Es bedeutet auch, dass man keine Kompromisse eingehen muss, die einem nicht passen. Ich würde nicht auf meine finanzielle Unabhängigkeit verzichten wollen.
Finanzielle Unabhängigkeit ist viel Wert, keine Frage. Ich stelle aber fest, dass viele Leute mit gutem Einkommen und Vermögen das Geld nicht für mehr Freiheit einsetzen, sondern in erster Linie für materiellen Konsum.
Es gibt eine US amerikanische Studie, die in den USA abnehmenden Grenznutzen von Zufriedenheit bei 80k USD ermittelt hat. Das war vor ein paar Jahre .
Lieber Markus
Ich bin glücklich kinderlos, verpasse aber keinen deiner Papablogs. Ich knie nieder vor deiner Schreibe und würde ganze Bücher von dir lesen!
Falls ich je einen Kinderwunsch verspürt hätte, dann wäre die Umsetzung nur mit einem wie dir denkbar gewesen
Haha danke. Das mit dem Buch lasse ich mir mal durch den Kopf gehen. 🙂
Ich will eine olympische Goldmedaille, aber bitte mit Freiheit zu trainieren, wann mir gerade danach ist und mich sonst keiner braucht: Wir müssen olympisches Gold neu denken!
Gut gekontert und auf den Punkt gebracht.
Die Anspruchshaltung solcher Linker ist unerträglich geworden. Und dann auch noch der Versuch, sich moralisch über andere Menschen hinwegzusetzen. Die Linken haben in den letzten 100 Jahren rein gar nichts dazugelernt. Die Bevölkerung schon. Deshalb muss sie heute versteckt als Grüne auftreten, um noch Zustimmung zu erhalten.
haben Sie den Artikel gelesen? Wo sehen Sie die Anspruchshaltung von Herrn Tschannen? Er sagt lediglich, dass er (und noch viele andere) Geld & Macht nicht so wichtig findet. Und natürlich trägt er die Konsequenzen, dass er halt dann weniger Geld zur Verfügung hat, selbst.
Warum ist das für Sie ein Problem? Und was hat das mit „links“ zu tun?
„Aber Geld und Macht als einzige Berufsziele, denen man alles unterordnet. Das klingt für mich eher nach güldenem Götzenkalb als nach beruflicher Selbstbestimmung.“
Das ist aber Voraussetzung für echte Karrieren, alles diesem Ziel unterordnen. Die Karriere bestimmt die Stadt in der man und seine Familie lebt. Die Firma gibt der Familie Leben und nimmt das Leben. Ohne sich mit seiner Familie an die Firma zu verkaufen, gibt es keine echten Karrieren. Die Firma ist mein Herr und mein Hirte, wandle ich auf ihren Wegen, wird mir nicht mangeln.
Da haben Sie das kapitalistische Evangelium gut zusammengefasst. Aber man kann den Begriff ‚Karriere‘ auch deutsch denken, muss nicht die us- englische Ausdeutung benutzen. Unsere Sprache ist 500 Jahre älter und viel reicher als englisch. Unsere Sprache kennt auch die Abstiegs-, die Aussteigerkarriere.
Bitte? Wo sehen Sie Anspruchshaltung?
Sie möchten doch Ihr Prekariat als Karriere verstanden wissen. Mein Erwerbssituation war kaum je anders, andere würden Prekariat sagen, ich sehe wie Sie meine Freiheit, Abwechslung. Aber ich verlange nicht (Anspruchshaltung), dass meine Erwerbstätigkeit als Karriere anerkannt wird.
Ich verlange doch auch nicht, dass andere meine Erwerbstätigkeit als Karriere bezeichnen. Ich sage nur, für mich fühlt sich das nach Karriere an.
So denken mein Mann und ich auch. Wir arbeiten beide 80% und sind mit unserem Einkommen zwar nicht gerade reich, aber müssen auch nicht jeden Rappen umdrehen. Wir haben beschlossen, dass uns das reicht und wir nicht für mehr Prestige und Gehalt auf Freiheit, Flexibilität und Lebensqualität verzichten wollen.
@Markus Tschannen: Es gab bisher keinen Beitrag von Ihnen im Mamablog bei dem ich nicht mind. 3x vor Lachen laut herausgeplatzt bin. Fröhliche Weihnachten!
Danke, Ihnen auch fröhliche Weihnachten.
Wir leben in einer Zeit wo man nicht mehr „Karriere“ denken kann einfach weil alles so unsicher ist. Viele Grossfirmen sind nun so kaltherzig dass man nicht darauf zählen kann man würde sein Leben lang in dieser bleiben. Auch wird die Zukunft und der nächste grosse „Crash“ uns zeigen dass man einfach zu gläubig war und dachte es würde ewig so weitergehen, immer mehr Geld ! Alle leben auf Kredit, alle Staaten und die meisten Leute. Also, fertig mit träumen und der Firmenleiter hat das letzte Wort, nicht die Angestellten.
Ist es denn nicht so, je weiter oben man Hierarchiestufe angelangt ist, desto mehr Freiheit hat man in Bezug z.B. auf Arbeitseinteilung, Absenzen etc.
Der „untere“ Angestellte muss zwar weniger Überzeit leisten, wird jedoch kontrolliert bis zum-geht-nicht-mehr.
Klar erhält der „Chef“ mehr Freiheiten, aber mit der Erwartung weniger davon einzusetzen.
Kurzfristig ist dieser daher sicher flexibler, langfristig arbeitet er halt doch 10+h mehr pro Woche und ist dementsprechend weniger bei der Familie/Hobbies u.s.w…
So viele Überstunden mache ich nicht. Es kommt aber sicherlich auf die Firma an. Weniger bei der Familie bin ich wegen des Jobs nicht. Einiges erledige ich abends, wenn das Kind schläft oder am Wochenende, wenn das Kind sowieso bei Oma ist.
Ich würde sagen, es gibt zwei Arten von Chefs:
– diejenigen, die als erstes im Büro sind und als letztes gehen
und
– diejenigen, die das richtige Personal einstellen
😉
@Leila Taleb: Nein, so ist es nicht.
Ich habe ehrlich gesagt nicht diesen Eindruck, aber das ist sicherlich sehr unterschiedlich.
Ich konnte dies im Gesundheitswesen sowie in der Pharma/Chemie Branche beobachten bzw. selber erfahren. Die grössere Flexibilität/Freiheit gerade mit einem Kind schätze ich sehr. Das Arbeitspensum und die Verantwortung sind natürlich höher, diese sind aber keine negative Punkte für mich.
Es freut mich natürlich für Sie, dass der berufliche Aufstieg mit mehr Flexibilität/Freiheit einherging.
Endlich fasst einer in Worte, was ich schon lange empfinde. Lebensqualität, das ist der Weg. Da gehört Geld mit dazu und ein gewisser Grad an „Selbstverwirklichung“ auf der Arbeit. Was ich aber als wirklichen Erfolg empfunden habe, ist das wohnen am Arbeitsort. Ich habe praktisch keinen Arbeitsweg und viel Zeit für Familie und Hobbys. Wer zufrieden ist, hat sein Karriereziel erreicht, oder?
Waren es nicht Sie, die hier mehrfach selbstsicher ausgeführt haben, wie gerecht maximale Alimente seien, und dass man den Trennungsvätern doch unbedingt tiefer ins Existenzminimum eingreifen müsse? Schon lustig, wenn dann auf der anderen Seite kommt, die eigene Karriere und das Geld seien nicht so wichtig, sondern vor allem Lebensqualität, Selbstverwirklichung, kurze Arbeitswege und viel Zeit für Familie und Hobbys.
Was sind „maximale Alimente“? Und es ging darum, dass wenn beide Eltern unters Existenzminimum fallen, die Schuld beim Sozialamt auf beide verteilt werden müsste.
Ich schreibe nirgends, Geld sei nicht wichtig. Aber: ab einem gewissen Einkommen macht mehr Geld weniger glücklich als mehr Zeit.
Im übrigen: nichts hat mir mehr Zeit mit meinem Kind gestohlen, als fehlende Unterhaltszahlungen.
Warum muss man/frau unbedingt „Karriere“ machen? Hat mich noch nie interresiert und ich bin bis Anhin ganz gut durchs Leben (das doch schon mehr als 50 Jahre dauert) gekommen.
Mein Berufsleben war und ist sehr erfolgreich. Aber Karriere habe ich nicht gemacht, u.a. weil ich das nicht wollte. Karriere ist ein Aussenmasstab, den man nicht von sich aus bemessen kann und ich möchte nicht aussenbeurteilt sein. Lieber mal scheitern, als von Fremdbewertung abhängig zu werden.
Wieder mal eine Tschannen’sche Freude zu Tagesbeginn – Balsam für die Seele. Love it!
Danke, sie sagen es!
Als Mutter gehts mir genau gleich. Wie engstirnig doch oft die Vorstellungen sind… Ich nehme auch lieber einen anderen Weg, definiere Erfolg nach meinen Vorstellungen, statt mich an XY auszurichten.
Toll, das der Artikel von einem Mann kommt. Bis vor kurzem waren das wohl nur Themen, mit denen Frauen konfrontiert waren.
Danke für diese Kolumne
Gefällt mir. Vor allem die Einsicht, dass in dieser Konstellation es nie zu einer dieser beispielhaften Karrieren geht, die uns tagtäglich vorgesetzt werden. Schlussendlich geht es um das Geldverdienen, damit genug da ist, um das Leben zu leben, die Kinder gross zu ziehen und im Alter vorgesorgt ist. All diejenigen, die mehr als nötig oder gar viel zu viel verdienen, stecken ihren Überfluss in dicke Autos, teure Handtaschen, beste Weine, Zigarren, Uhren und fürs ökologische Deckmäntelchen, wenn doch noch etwas Moral ürbrig blieb, das teuerste und schnellste E-Bike. – Doch dafür eine steile Karriere anstreben?
Hoffe für Sie und Ihre Partnerin, Herr Tschannen, dass das mit den 60% auch weiter aufgeht.
Vielen Dank, Herr Holler. Wir kommen gut über die Runden und es sieht aus, als könnten wir unser Modell noch eine Weile weiterführen.