Jedes Kind will lernen!
Ein Gastbeitrag von Clarita Kunz*

Langweilig? Nein, nein! Aus Angst vor Mobbing bleiben Hochbegabte lieber unerkannt. Foto: iStock
Viele Kinder sind in Hunderten Schulstunden unterfordert. So auch der Sohn von Xaver Heer. Der studierte Biologe und ausgebildete Primar- und Gymnasiallehrer musste feststellen, dass es für hochbegabte Kinder wie seinen Jungen keine massgeschneiderten Schulangebote gab, aber sehr wohl eine Nachfrage. Deshalb lancierte er 1998 in der Stadt Zürich ein schweizweit einmaliges Pilotprojekt: Unter dem Titel «Talenta» wurden neun hochbegabte Kinder zwischen sieben und zehn Jahren in einer eigenen Klasse unterrichtet. Solche Institutionen liegen, wie alle Privatschulen, quer in der Bildungslandschaft und werden vom Beamtenstab der öffentlichen Schulen nicht als Ergänzung, sondern als Konkurrenz betrachtet. Auch bei der Talenta war der Gegenwind enorm – und ist es geblieben.
Dass Hochbegabte unter sich sein sollen, ist aus pädagogischen Überlegungen fragwürdig. Die Zuweisung zu solchen Institutionen entspricht nicht der gewünschten Inklusion, sondern einer Exklusion. Effiziente Begabungsförderung sieht anders aus. Sie separiert niemanden, auch nicht die Hochbegabten.
Auf Unterforderung folgt Minimalismus
Doch auch in öffentlichen Schulen werden Fehler gemacht. In den Volksschulen werden häufig veraltete Unterrichtsmethoden angewendet, die gleichaltrige Schüler dazu zwingen, gleichzeitig die gleichen Aufgaben zu lösen. Das missfällt allen, auch den begabten Schülern! Sie langweilen sich und fühlen sich unterfordert. Und die häufigste Folge von Unterforderung ist Minimalismus. Schnell lernende Kinder sind irgendwann nicht mehr bereit, den Mitschülern andauernd zu zeigen, wie begabt sie sind. Mit der Zeit machen sie nicht mehr mit beim mündlichen Unterricht. Bevor sie eine Arbeit abgeben, warten sie, bis die Mitschüler fertig sind. Sie weigern sich, ihre Aufsätze vor der Klasse vorzulesen. Sie wollen nicht, dass die anderen sehen können, wie flink und mit wie wenig Fehlern sie arbeiten, sonst bekommen sie auf dem Pausenplatz bald einmal den Neid der anderen zu spüren. Und wer will schon ein Streber sein und in Kauf nehmen, dass er gemobbt wird?
Dasselbe Drama spielt sich ab, wenn Lehrpersonen Aufgaben verteilen, die innerhalb von einer Woche gelöst werden müssen. Da sitzen dann vier Kinder an einem Tisch und arbeiten. Schnell wird klar, wer wie viel beziehungsweise wie wenig Zeit braucht, um das Wochenpensum abzuarbeiten. Die Folge eines solchen Unterrichts, der nach wie vor als «modern» gilt: frustrierte, demotivierte Kinder und hilflose Eltern, die laut oder im Stillen das Schulsystem beklagen und kritisieren.
Woher die Schulmüdigkeit?
Zu viele Schüler verschwenden zu viel Energie auf Gedanken rund um Themen wie Selektion und Mobbing. Sie können sich nicht mehr auf den Schulstoff fokussieren. Dies beeinträchtigt die Qualität ihrer Leistungen. Dabei gibt es am Anfang einer Schulkarriere kaum Kinder, die nicht lernen wollen! Der Lernwille verschwindet nicht grundlos und plötzlich im Verlauf der Schulzeit oder aufgrund der Pubertät. In seinem Buch «Jedes Kind ist hochbegabt» schreibt der deutsche Neurologe Gerald Hüther: «Es ist kein Naturgesetz, dass die meisten Kinder, sobald sie ein, zwei Jahre in der Schule sind, ihre angeborene Lust am Lernen verlieren. Das liegt nicht an ihnen und auch nicht an ihrem Gehirn, sondern am Unterricht.»
Unser Bildungssystem schränkt die schulischen Leistungen zu vieler Talente ein. Zu viel Potenzial bleibt liegen! Bereits der US-Amerikaner Carleton Washburne hat Anfang des 20. Jahrhunderts ein Konzept entworfen, wie es möglich ist, gleichzeitig langsam Lernende und begabte Lernende ihrem Potenzial entsprechend zu fördern. Sein Konzept findet sich heute in den Montessori-Institutionen und ist teilweise auch bereits in einigen Volksschulen anzutreffen. Es besteht darin, dass jeder Schüler in den Selektionsfächern Deutsch und Mathematik selbst über das Lerntempo bestimmen kann und auch darüber, zu welchem Zeitpunkt er eine Prüfung schreiben will. Im Unterschied zu den meisten übrigen individualisierenden Ansätzen ist das selbstbestimmte Lernen zeitlich nicht beschränkt, sogar das Schuljahr übergreifend möglich. Die Folgen sind ausschliesslich positiv: Kein Kind bleibt sitzen. Kein Kind ist unterfordert. Das Potenzial jedes einzelnen Kindes wird ausgeschöpft. Und: Die Schüler lernen intrinsisch motiviert. Ihr Selbstwertgefühl wird gestärkt, nicht geschwächt.
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57 Kommentare zu «Jedes Kind will lernen!»
Autorin
Der Mastery Plan von Washbourne entspricht vielen anderen pädagogisch-didaktischen Konzepten. Das bekannteste ist jenes, das man in Montessori Institutionen findet. Es gibt auch Volksschulen, die gemäss dieser Ideen arbeiten, etwa die Gesamtschule „In der Höh“ in Volketswil. Als Pädagogin ohne Montessori Diplom mache ich Werbung für diese Unterrichtsart, nicht für die Institutionen – die haben genügend Zulauf. An den Volksschulen wird sehr engagiert gearbeitet. Trotzdem erreicht jedes fünfte Kind die minimalen Lernziele nicht! Die Praxis zeigt, dass der vorgeschlagene Weg dazu führt, dass alle, nicht nur viele Schüler die Lernziele erreichen.
@Clarita Kunz: Dazu ein paar Verständnisfragen: Warum nur Mathe und Deutsch? Lernziele gibt es in allen Fächern. Werden die auch erfüllt? Wenn das Lerntempo selbstbestimmt ist, und die Prüfungen ebenfalls. Wie kann man dann sicherstellen, dass niemand die Fächer einfach ganz weglässt? Und wie kann der Lernstand bestimmt werden, wenn die Kinder gar keine Prüfungen absolvieren? Oder nur selbstgewählte Prüfungen? Wie funktioniert das, dass nach Abschluss einer Periode, z.B. Primarschule, alle Kinder doch wieder zumindest auf dem vorgesehenen Stand sind (Lernziele erreicht)?
Und ganz grundsätzlich: Ist das erreichen von Lernzielen nicht grundsätzlich ein Widerspruch zu selbst bestimmtem Lernen?
Mann sollte bei der Bewertung differenzieren – das duale Schulsystem ist sehr gut und gibt auch Personen, die keine herausragenden Schüler waren die Möglichkeit eines Uni-Abschlusses und entsprechenden Karrieremöglichkeiten. Auch ist die Lehre ein gutes Fundament für spätere Weiterbildungen. Das negative am System liegt bei den Lehrern und der Art wie unterrichtet wird. An den PH’s werden genormte Lehrer produziert, die wenig bis gar nichts von unterschiedlichen Lehrformen verstehen. Langjährige Lehrer begnügen sich oft mit dem was sie kennen und haben kein Gespür für eine sich verändernde Welt und sich geänderte Forderungen von Schülern. In einem an sich guten System ist es reine Glückssache eine engagierte und auf der Höhe der Zeit angekommene Lehrperson zu haben.
Die Schulsystem ist gut für Leute (wie mich), die sich eine 4.5 zum Ziel setzen. Dafür bleibt in jungen Jahren genug Zeit für Sport & TV, in Lehre und Gymi für Sport & Parties. Und die Besten können es sich sogar noch leisten, vor sich hin zu dösen und ab und zu absichtlich Fehler einbauen, um nicht aufzufallen. Für mich kam die Zäsur an der ETH, als sich das Tempo massiv verschärfte: 6-8 Stunden Vorlesungen/Übungen, dann Kraftraum, bis Mitternacht Übungen lösen, und vor dem Schlafengehen eine Runde joggen, um abzuschalten. Die Wochenenden und Ferien vollständig fürs Lernen reserviert, um die Prüfungen irgendwie zu bestehen. Für mich gilt Folgendes: Frontalunterricht ist Zeitverschwendung, zuhause am Computer lerne ich viel schneller & effizienter. Das gilt insbesondere auch für Sprachen.
eigentlich traurig, dass im Beitrag begrifflich so vieles absolut beliebig durcheinander geschüttelt wird. Das „Bildungssystem“ ist schuld, lernen wir, und die „Lösung“ bestehe in der Individualisierung im Unterricht?
Soweit ich informiert bin, dürfen Lehrerinnen und Lehrer sowieso methodisch didaktisch so ziemlich alles umsetzen, was sie möchten. Was das aber mit dem „Bildungssystem“ zu tun hat, bleibt hier absolut schleierhaft. Hauptsache ein „System“ ist böse – und Montessoris Reformpädagogik hilft weiter, oder mit Hüter die Psychologie.
Man möge eine kritische Prüfung zukünftiger Beiträge auf dem MB erwägen bitte..
Da haben Sie recht, luftibus. Schon vor 40 Jahren hörte ich genau dasselbe. Schlechtes System, Frontalunterricht etc. Nach vielen Jahren Experimentierens, blieb wenig vom angeblichen Superunterricht. Nicht weil wir nicht kritisch offen gewesen wäre für andere Unterrichtsformen, aber wir mussten feststellen, dass die meisten an der Disziplin scheiterten. Es wurde so laut im Klassenzimmer, dass irgendwelche Formen von Unterricht dadurch gestört wurde.
Neben 10 Fächern hat sich noch die gesamte Gesellschaftsproblematik eingeschlichen. Das kann kein Lehrer ernsthaft und zielführend unterrichten, aber so tun als ob, das kann er. Reformer idealisieren das Kind. Menschliche Eigenschaften wieLügen, laut sein,die anderen hänseln und schlagen, müde sein und unmotiviert, gibt es bei ihnen nicht.
Luftibus kann ich beipflichten. Als Lehrer, der sehr viele Experimente mit individualisierendem Unterricht gewagt hat, kann ich sagen, dass die Nebenwirkungen dieser Unterrichtsform gern unterschätzt werden. Wo die Heterogenität in einer Klasse ein gewisses Mass übersteigt und das Arbeitsverhalten der Schüler noch nicht stabil ist, wird es schwierig. Es besteht auch absolut kein Grund, das instruierende Lernen („Frontalunterricht“) schlecht zu reden, wie dies in gewissen Reformkreisen oft getan wird. John Hatties grosse Studie belegt die Wirksamkeit eines guten gemeinsamen Klassenunterricht eindrücklich. Reformen müssen genau geprüft werden, ob sie die gewünschte Wirkung tatsächlich bringen.
eigentlich traurig, dass im Beitrag begrifflich so vieles absolut beliebig durcheinander geschüttelt wird. Das „Bildungssystem“ ist schuld, lernen wir, und die „Lösung“ bestehe in der Individualisierung im Unterricht?
Soweit ich informiert bin, dürfen Lehrerinnen und Lehrer sowieso methodisch didaktisch so ziemlich alles umsetzen, was sie möchten. Was das aber mit dem „Bildungssystem“ zu tun hat, bleibt hier absolut schleierhaft. Hauptsache ein „System“ ist böse – und Reformpädagogik hilft weiter, oder mit Hüter die Psychologie.
Man möge eine kritische Prüfung zukünftiger Beiträge auf dem MB erwägen bitte.
Wenn Minimalismus ein Zeichen von Hochbegabung ist, dann war ich wohl extremst hochbegabt…
Im Ernst: heute gilt doch jeder als hochbegabt, der sich die Schnürsenkel zubinden kann.
Das ist Blödsinn, Sie können den Kausalzusammenhang nicht einfach umdrehen. Als hochbegabt gilt, wer bei einem standardisierten IQ-Test wie z.B. dem HAWIK mit einem Schnitt über 130 abschneidet. Wobei ein Kind mit IQ 135 problemlos funktionen kann und man einem mit IQ 128 unter Umständen in der Volksschule überhaupt nicht gerecht wird. Hängt ja auch noch alles biz mit dem Charakter zusammen …
Müller: Echt jetzt? Danke fürs Womensplaining! Ohne Sie wäre ich aufgeschmissen!
@Hans Meier: Wo Frau Müller recht hat, hat sie recht. Daher nicht Womensplaining, sondern das Gegenteil: Einen dummen Esel, mit Wissen Matt gesetzt. (Man beachte den Kausalzusammenhang.)
Die meisten Schüler sind etwa auf dem gleichen Level.Einige bekommen mehr Unterstützung oder Begabtenförderung.Ich finde die Volksschule macht es sehr gut,ist sehr bemüht fast allen Kindern gerecht zu werden.Eine Hochbegabung ist sehr,sehr selten (2Prozent).Für solche Kinder gibt es spezielle Schulen.Man muss es sich aber leisten können!Talenta kostet 2000.- monatlich.Ich vermute aber dass vorallem interessierte und von Zuhause auf geförderte Kinder dorthin gehen.;-)
„Die meisten Schüler sind auf dem gleichen Level“. Das erlebe ich diametral anders. Die Streuung des Wissenstands in den Primarklassen ist unglaublich hoch. Ich habe das Gefühl, viel größer als noch vor 30 Jahren. Meiner Meinung nach braucht es für den Unterricht deswegen mehr Ressourcen als früher, um eben die Kinder auf ihrem Niveau abzuholen, damit sie lernfreudig bleiben. Das ist doch unser Kapital und sollte es uns wert sein.
Für d Zulassung zur Talenta braucht es meines Wissens einen Nachweis der ahochbegabung (IQ-Test vom Schulpsych. Dienst zb), da reicht das Gefühl der übereifrigen Eltern nicht.
Gute Leistungen sind offenbar nur Kindern von Reichen vorbehalten. Montessori und Talenta kosten fast 1000.- mtl, welche die Eltern selber berappen müssen. Immerhin verhindert dieser Umstand, dass die grosse Mehrheit der Unterschicht nicht aus dem Hamsterrad herauskommt, so dass immer genug minderverdienende Arbeiter für die Oberschicht zur Verfügung stehen.
also ich bin mit ihnen sehr einverstanden, dass nicht alle Kinder die gleichen Chancen haben. Aber also man kann durchaus auch ohne Talenta und Montessori glücklich oder erfolgreich oder was auch immer werden und gute Leistungen erbringen. Es gehen übrigens auch nicht alle schlauen Schüler mit gutbetuchten Eltern in eine Privatschule.
Talenta kostet 2100 mtl.
@ sonic
Stimmt: nicht alle Kinder von Gutverdienern besuchen eine Privatschule, aber alle Kinder von Gutverdienern, welche mit dem System der Volksschule NICHT zurechtkommen. Jedenfalls kenne ich keine gutverdienenden Eltern, welche sich über Jahre mit der Schulbehörde herumschlagen. Das müssen nur Arme.
Ich fände es schon einen grossen Schritt für die Schweiz, wenn Mädchen und Knaben ein einigermassen gleicher Zugang zu höherer Bildung ermöglicht wird (Matura, Universität/Hochschulen). Stattdessen wächst der Unterschied zwischen den Geschlechtern jedes Jahr.
Ja aber wissen Sie, solange die Mädchen im Vorteil sind, ist es eben keine Diskriminierung, sondern die Buben sind eben selber schuld. Haben Sie bei der gesellschaftlichen Diskriminierungsdebatte der Genderapparatschniks in den letzten Jahren etwa geschlafen? Sie wisse ja, Male Entitlement, Toxic Masculinity, Etc.
Also die Frauen sind ja auch immer selber Schuld, wenn es mit der beruflichen Karriere nicht klappt, und kriegen zu hören, dass sie sich einfach mehr anstrengen müssten.
Diese Dialektik gilt ja in allen Lebensbereichen. Frau Opfer, Mann Täter. Positive Eigenschaften Weiblich, negative Eigenschaften Männlich. Hören Sie mal einen Tag SRF Radio 2 !
Tönt natürlich nach Rachelust, Trotzkopf etc. Aber die Einführung der Wehrpflicht für Frauen ist ein großer Schlüssel zum Abschaffen dieser Frau muss von Mann beschützt, auf Händen getragen werden Moral.
Seiler: Im Gegenteil. Frauen können immer die Opfer- und Diskriminierungsksrte ziehen, um das eigene Scheitern zu erklären. Selber schuld sind sie ja nie. Es ist immer das böse patriarchale System. Während Männer nur Dank Seilschaften, Männerbünden und dem Patriarchat überhaupt irgendetwas erreichen. Das sit das progressive Narrativ, das uns tagtäglich von Politikern und Medienschaffenden und „Experten“ und Frauenverbänden eingeimpft wird. Etwas anderes wird gar nicht mehr in Betracht gezogen.
Viele Aussagen im Beitrag würde ich beinahe auch in dieser Radikalität unterschreiben: „«Es ist kein Naturgesetz, dass die meisten Kinder, sobald sie ein, zwei Jahre in der Schule sind, ihre angeborene Lust am Lernen verlieren. Das liegt nicht an ihnen und auch nicht an ihrem Gehirn, sondern am Unterricht.»
Ich schreibe „beinahe“ weil ich mir bewusst bin, dass dies meine Erfahrung mit Schule ist, und ich Hoffnung habe, dass sich die Volksschule seither doch ein wenig gewandelt hat. Aber ich habe mir am Ende meiner Schulzeit gesagt: Jetzt bist Du zwar noch jung, aber du steckst da drin und weisst, es ist Sch… Erzählen dir deine Kinder mal, es sei, glaub‘ ihnen, die stecken drin und vergiss‘ nicht, wie es war bei dir. (Und bei mir reichten 1-2 Jahre nicht, nach 5-6 war Schule doof.)
Den Unterschied zu Schule durfte ich nachher an der Uni erfahren. In Vorlesungen war ich nur am Anfang, aber die Seminare, das Übungsangebot ermöglichten einem, in kleinen Gruppen mit wirklich fähigen Lehrern, nicht alle als Diktaten, aber das ist da nicht mehr wichtig, renommierten Wissenschaftlern, auch mit Bezug zur Praxis, z.B. dem wohl renommiertesten Steueranwalt der Schweiz, dem Chef der Rechtsabteilung der BIZ, usw. usw. etwas zu erarbeiten, und dabei von denen zu lernen. Kein Zwang, nur Angebote, erst noch gratis bei Leuten, die mindestens 500/p. Std. kosten. Ich hatte Schule „Oberkante Unterlippe“, mit der Uni begann lernen.
Die Volksschulen unterscheiden sich je nach Standort und Lehrkräften und damit auch Schülerinnen und Schülern bereits erheblich. Und trotzdem haben unsere Kids mit drei Umzügen in drei Jahren eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht und gehen gerne zur Schule. Sie sind keine Hochbegabten, aber interessiert und solide. Insofern interessieren mich irgendwelche zugespitzt-sektiererischen Meinungen / Konzepte zum Bildungssystem nur wenig bis gar nicht.
Das ist genau meine Theorie. Die öffentliche Schule funktioniert genau für die Kinder gut, welche nah an der Norm liegen. Die Grenzfälle sowohl oben als auch unten sind die, welche unter die Räder kommen. Und mit der Inklusion sind wir leider noch nicht soweit, dass dem Abhilfe geschaffen werden kann. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob diese Art Inklusion nicht eigentlich utopisch ist.
Inklusion ist wirklich zum neuen Zauberwort geworden. Alles muss in jeder Branche immer inklusiv sein. Ein paar Kids sind ein wenig unterfordert, andere überfordert, dazu noch je nach Fach, Lust und Laune. Die Welt dreht sich trotzdem noch. Und mit ein bisschen gutem Willen und Unterstützung wird dann schliesslich aus jeder und jedem irgendetwas halbwegs Vernünftiges. Inklusive den Hochbegabten. Und vielleicht kriegen sogar die Montessori-AbgängerInnen dann halbwegs etwas auf die Reihe.
Ist wohl eher Werbung für Montessori als eine echte Auseinandersetzung mit dem Thema. Und mit zwei drei Sätzen ist auch noch lange nicht erklärt oder belegt, dass diese Konzept besser ist als – ja welches schon wieder? Der Lehrplan 21 beinhaltet selbstorganisiertes Lernen und Kompetenzorientierung.
Dass in einem solchen Artikel dann auch noch der Satz „Jedes Kind ist hochbegabt“ von der kontroversen Person Hüther (Biologe als Hirnforscher und Bildungsexperte?) eingeflochten wird , macht diesen Mamablogbeitrag zu einer Werbepostille für Montessori.
Wir alle wissen eigentlich: Es ist der Lehrer, der den Lernerfolg ausmacht, egal, welches Schulsystem dahinter steckt.
Sie sagen es, Herr Holler. Eine Werbepostille für Montessori. Dann noch der total falsche aber verführerische Slogan „Jedes Kind ist hochbegabt“ als Speckschwarte vor der Nase potentiell verzweifelter Eltern, meine Güte.
Ein weiterer MB-Tiefpunkt.
Herr Frey, recherchieren Sie einmal Hüther. Sie werden nicht überrascht sein, dass er offensichtlich Sympathien zu rechts bis rechtsextremen Kreisen pflegt, jedenfalls den Umgang mit ihnen. Sie werden nicht überrascht sein, auf dubiose „Erziehungsmethoden“ zu stossen und Sie werden nicht überrascht sein, dass da einer auf einem Gebiet „forscht“, das meilenweit von seiner Herkunft ist. Suchen Sie einmal nach „Der tiefe Fall des Gerald Hüther“ und weiter.
Dieser Beitrag ist nach dem Glanzlicht letzthin eine grosse Enttäuschung. Es würde der MB-Leitung gut anstehen, Beiträge von Gastautor/innen vor der Publikation einer kritischen Würdigung zu unterziehen und strenge Qualitätsanforderungen zu stellen.
Hüther und noch mehr seine Schüler sind Tiefpunkte der sich gerade emanzipierenden Gesundheitswissenschaften. Ein Schmankerl ist das hier:
Esch T: Die Neurobiologie des Glücks – Wie die positive Psychologie die Medizin verändert.
(Das Vorwort hat der ‚Mediziner‘ E. von Hirschhausen, ein Freund des Autors). Soviel Esoterik findet man sonst nur in den Achtsamkeitsschinken von Amateur- Yogis in modischen Hindu- Dress.
Speckschwarte vor der Nase potentiell verzweifelter Eltern 🙂 Wunderbar ausgedrückt! Wir haben gerade erst mit dem Kindergarten begonnen, insofern kann ich heute nicht mitdiskutieren. Aber mir scheint aus dem Bekanntenkreis und der eigenen Erfahrung, dass man mal Glück und mal Pech hat während der Schulzeit, und am Ende des ganzen Rösslispiels die allermeisten plus/minus ok rauskommen. Insofern wahrscheinlich mal wieder ein Sturm in den unteren Etagen des Wasserglases 🙂
sie sagt ja es gäbe solche Volksschulen. ja wo den? bei uns ist leider genau umgekehrt.
Hochbegabte werden oft von ihren Eltern dauernd angetrieben. Ihr Lachen erlischt oft früh und meiner Meinung nach werden viele um ihre Kindheit betrogen, denn Leistung steht an erster Stelle. Freunde und Spass hemmen da nur das Vorwärtskommen. Das hat mit unserer Volksschule nichts zu tun.
Sie verwechseln hochbegabte Kinder mit hochgepushten Kinder. Ein hochbegabtes Kind liest Ihnen von heute auf morgen fließend Globibücher vor, ohne dass Sie je gemerkt hätten, dass es lesen kann. Mit seinem messerscharfen Verstand bringt es Sie (und die Lehrer…) mit seinen Argumenten manchmal fast zur Verzweiflung. Nur schon deswegen lassen sich die wenigsten wirklich hochbegabten Kinder pushen. Glauben Sie mir: Ich weiss, von was ich spreche….
Vielen Dank an Martin Frey für seinen Beitrag. Als Primarlehrerin stehe ich täglich vor 24 Kindern, die alle unterschiedliche Kenntnisse mitbringen. Jedes Kind hat seine Stärken und kann somit mit anderen Kindern lernen. Die Zeiten, wo alle an der selben Aufgabe gearbeitet haben, sind längst vorbei. Heute ist es selbstverständlich, dass die Kinder auf unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden arbeiten. Leider haben wir immer noch Noten zu geben. Gerade in der Unterstufe gibt dies einen zusätzlich unnötigen Druck auf die sehr interessierten und lernwilligen Kinder. Die Herausforderung heute ist, dass wir an vielen Orten grosse Klassen, integrierte SonderschülerInnen begleiten und wenig Ressourcen bekommen. Deshalb kommen viele Lehrpersonen an ihre Grenzen.
Genau. Inklusion und Begabtenförderung beisst sich grundsätzlich mit solchen Klassengrössen und viel Gruppenarbeiten, wie es Standard ist.
Ich kann einfach nicht bestätigen, dass die „normale“ Schule so schlecht ist. Bei uns werden sowohl schwächere als auch stärkere gefördert. Lehrpersonen unterrichten selten mehr alleine sondern haben oft Hilfe und so gelingt dann auch die Individualisierung. Weiter, wir sollten den Kindern ev. auch mal die Gelegenheit geben sich zu langweilen. Aus diesen Situationen entsteht oft etwas Kreatives, klar das sollte nicht zu oft sein aber etwas „stündele“ finde ich auch heute ab und zu durchaus positiv. Machen wir nicht aus allem ein Problem und haben wir etwas Vertrauen in die Schule. Aus uns ist was geworden und die Schule heute ist bei weitem besser als früher also wird aus unseren Kids sicher aus was.
Arme Hochbegabte Kinder… wahrscheinlich gibt es zu viele Eltern das glauben ihre Kinder sind Hochbegabte aber leisten nicht viel weil sie demotiviert sind. Noch lustiger ist die Idee ein Kind konnte Hochbegabte sein weil er macht die Hausaufgaben schnell. Wirklich Hochbegabte Kinder brauchen kein Anpassung der Lerntempo weil es ist besser für ihnen selber zu finden, lernen und denken was interessant ist. Und warum sollte die ganz Schulsysteme sich einrichten nach die 1% alle Schüler??
Was ich noch nie ganz verstanden habe, mich aber ehrlich interessieren würde: Es wird argumentiert, in Volksschulen sei es frustrierend für die Schüler, wenn Hochbegabte klar schneller mit allem fertig werden. Soweit einleuchtend. Aber inwiefern ist es weniger frustrierend, wenn sich der Hochbegabte in einer Montessorischule seine Prüfungstermine selbst legen kann und dann innerhalb eines Monats so viel Stoff durcharbeitet und Prüfungen ablegt, wie andere Schüler in einem Jahr? Das bleibt doch nicht unbemerkt und kann, glaube ich, zu genau denselben Problemen führen, die man auch im klassischen Unterricht hat…
Das habe ich mir genau auch gedacht! Auf den Punkt gebracht.
Hmm. Der Beitrag lässt mich als neutral bzgl Montessori eingestellte Person etwas ratlos zurück. Mein Gefühl ist, dass unreflektierte Beiträge wie dieser der Sache eher schaden. Es gibt mMn Kinder, die nicht in das „normale“ Schulsystem passen. Da sind Alternativangebote begrüssenswert. Die Gründe warum sie nicht passen sind aber vielseitig und Hochbegabung kann ein Grund sein. Das zitierte System aus den 90ern hat mit der heutigen Schule nur noch wenig zu tun. Hochbegabte werden auch da inzwischen gefördert – vermutlich abhängig von der Lehrperson. Mir fehlt mal ein reflektierter Blick. Auch Montessori hat Schwächen. Mit Sicherheit gibt es Kinder, die feste Strukturen bevorzugen. Und getreu nach dem Motto „Diamanten werden unter Druck gemacht“ den Prüfungstermin brauchen. Oder nicht?
Genau, so jemand war ich. Also vielleicht kein Diamant, aber nur unter Druck Leistung gebracht. Selbstbestimmtes Lernen hätte mich nie und nimmer ins Gymnasium gebracht, die damalige Volksschule schon.
Ein weiteres Problem: Müssen Hochbegabte sich nie anstrengen, lernen sie auch nie, wie man lernt und sich komplexen Stoff gezielt aneignen kann. Wer ohne Hausaufgaben zu machen mit Herumhängen in der Schule problemlos eine gute Matur schafft, erkennt erst gegen Studienabschluss oder gar noch später, wieviel mehr man ohne grosse Anstrengung hätte erreichen können. Arbeitstechniken nützen auch Hochbegabten! Wer in der Schule aber nichts tun muss, lernt diese nicht. Mit über 30 ist die Aneignung solcher Techniken mühselig und man ärgert sich über verplemperte Lebenszeit.
„Die Folgen sind ausschliesslich positiv:“
Tut mir leid, aber als ich das las, fragte ich mich, ob wir hier bei Erwachsenen sind oder im Kindergarten: Superdupi ist es nämlich.
Ausser im Kinderarten werden solche extrem-einseitigen Aussagen noch in der Werbung gemacht. Geht es hier um Werbung für Montessori?
in welchen Volksschulen gibt es dieses Konzept? Wo? Wir befinden uns genau in diesem Dilemma.
Die Lösung des Problems überzeugt nicht wirklich. Dann ist das Kind am Ende Primarschule in Deutsch und Mathe auf Maturniveau, in allen anderen Fächern weit zurück. Und jetzt?
Ich schätze die Lehrerinnen meiner primarklasse Söhne generell. Sie geben sich Mühe und unternehmen häufig tolle Dinge. Dennoch kann ich es nicht fassen, wenn der 1.-Klässler bei den Ufzgi sagt, er dürfe nicht weiter als bis xy arbeiten, das habe die Lehrerin so gesagt. Er würde von sich aus gerne weiter machen…
Auch dem wirklich enormen und breiten Interesse des 3.-Klässlers wird nicht Rechnung getragen. Wie auch? Mit 20 Kindern und disziplinarischen Problemen in der Klasse absolut verständlich…
@CoffeeToffee: Mein Sohn in der zweiten Klasse macht gerne mal die Hausaufgaben des zwei Jahre älteren Sohns. Aktuell ist er in Deutsch und Mathe (und in anderen Fächern) dem Klassenniveau weit voraus. Klassenüberspringen ist in Abklärung. Aktuell steht aber eher im Fokus, ihn breit zu fördern, mit zusätzlichen Themen, statt den Vorsprung zu vergrössern und damit konstant für Langweile zu sorgen. Die Lehrerinnen sind da sehr kreativ.
Bei uns leider nicht. Meine Tochter hat jetzt entschieden, sich aktiv dem Klassenniveau nach unten anzupassen. Z.B. schreibt sie dem Banknachbarn die falschen Resultate ab, damit sie auch Korrektur-Hausaufgaben kriegt.
Oder sie jammert eine halbe Stunde, wie schwierig die Ufzgi doch seien – und kaum stellt man ihr eine tolle andere Beschäftigung in Aussicht, hat sie die „ach so schwierige“ Ufzgi in 2 Minuten 100% korrekt erledigt… Sie ist erst in der 2. Klasse, aber wenn das so weitergeht, dann werden wir uns auch nach einer Privatschule umsehen.
Ich weiss jetzt gerade nicht, von welcher Volksschule hier gesprochen wird, aber es kann nicht dieselbe sein, wo unser Nachwuchs zur Schule geht. Denn nichts von dem trifft dort zu. Begabungen werden bei uns nämlich individuell gefördert, Lerninhalte und Tempo sind oft unterschiedlich. Niemand ist unterfordert, die Kinder motiviert, dementsprechend das Niveau auch insgesamt recht hoch. Und das alles, ohne hier das Montessori-Hohelied anzustimmen.
Natürlich ist unsere Schule so gesehen nicht zwingend repräsentativ. Aber ich schätze mal, die Volksschule hat in den letzten 20 Jahren auch Wandlungen durchgemacht die nicht nur schlecht sind, dafür vielleicht an der Autorin vorbei gegangen sind.
Ich kann Ihnen nur zustimmen, Herr Frey. Auch die Volksschule, in welche unsere Kinder gehen, geht sehr individuell auf die Kinder ein. Der Klassenlehrer hat AssistenzlehrerInnen zur Seite, welche sowohl schwächere Kinder unterstützen als auch diejenigen, die schon weiter sind, zeitweise in kleinen Gruppen unterrichten. Kürzlich durfte unser Sohn für einen Klassenkameraden ein Rechnungsblatt mit „kniffligen“ Aufgaben entwerfen, welcher dieser lösen durfte und danach umgekehrt. Beide Kinder hatten Spass an der Herausforderung, weil sie beide mathematisch vielleicht etwas „weiter“ sind als der Rest der Klasse. Die Kinder werden überhaupt nicht gebremst oder demotiviert. Keine Rede davon, dass alle gleichzeitig dasselbe tun müssen!
Dem möchte ich beipflichten. Auch die (Volksschul-)Lehrerinnen unseres Sohnes unterstützen und fördern die stärkeren Schüler genauso wie die schwächeren. Leistungskontrollen werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschrieben, stärkere Schüler bekommen auch mal schwierigere oder Spezialaufgaben zu Lösen oder dürfen ihren Gspänli ein Thema erklären.