Sind Kinder noch sicher auf der Skipiste?

Während einige Tempolimiten oder ein Mindestalter für schwierige Pisten fordern, sehen andere die Lösung in baulichen Massnahmen: Skischüler am Schilthorn. Foto: Keystone
Vor einer Woche ist es in Arosa passiert, ein Jahr zuvor in der Lenk: Ein kleines Kind wurde auf der Skipiste umgefahren und schwer verletzt, 2018 sogar tödlich.
Solche Meldungen schockieren einen als Eltern. Man stellt sich die Frage, wie man sein Ski fahrendes Kind vor einem solchen Unfall schützen kann. Und ob tatsächlich von Jahr zu Jahr mehr Raser auf den Pisten unterwegs sind oder sich solche Schlagzeilen per Zufall häufen.
Die Anzahl Kollisionen ist konstant
Die Beratungsstelle für Unfallverhütung gibt bezüglich der zweiten Frage Entwarnung: «Die Kollisionen zwischen Personen machen seit vielen Jahren konstant rund 7 Prozent aller Ski- und Snowboardunfälle in der Schweiz aus», sagt Sprecher Marc Kipfer zu «20 Minuten». Keine Zunahme also. Und doch sind in den letzten Jahren gleich zwei kleine Kinder nach einem Zusammenstoss auf der Skipiste verstorben.
Müssen also Massnahmen getroffen werden, um die Pisten gerade für die Kleinsten sicherer zu machen? Und wie sollen diese aussehen? In Grindelwald gibt es seit mehr als zehn Jahren eine Tempo-30-Piste. Anfänger und Langsamfahrer sind dort unter sich, was sich zu bewähren scheint.
Neben Anfänger- auch Raserpisten?
Vielleicht müsste man es mit den rasanten Skifahrern genauso machen, findet Riet Campell, Direktor von Swiss Snowsports, dem Dachverband der Schweizer Skischulen: «Eine extra Piste nur für die ganz Schnellen, ähnlich wie ein Snow Park.» Irgendwo müssten die Schnellfahrer schliesslich ihre Energie rauslassen, und wenn sie auf einer Piste rasen könnten, würden sie auf den anderen vielleicht zurückhaltender fahren.

«Die heutigen Skipisten sind oft regelrechte Autobahnen», sagt Riet Campell, Direktor von Swiss Snowsports. Foto: PD
Während einige noch viel mehr solche Tempolimiten oder auch ein Mindestalter für schwierige Pisten fordern, sehen andere die Lösung in baulichen Massnahmen. So sollen zum Beispiel Buckelpisten-Abschnitte vor einer Kuppe dazu führen, dass die von oben kommenden Skifahrer ihr Tempo drosseln.
Eine Idee, der auch der oberste Skilehrer etwas abgewinnen kann. Denn «die heutigen Skipisten sind oft regelrechte Autobahnen», sagt Riet Campell. Dies, gepaart mit den modernen Carvingski, verführe manch einen dazu, sein Können zu überschätzen und zu schnell zu fahren.
Ist ein Rückenpanzer sinnvoll?
Solange diese Ideen nur in der Theorie existieren, bleibt die Frage, was man selber ganz konkret tun kann, um sich und vor allem seine Kinder besser zu schützen. «Man sollte als Erstes darauf achten, dass man gut ausgerüstet ist», sagt Campell, sprich: die richtige Skigrösse fährt, die Bindung gut einstellen lässt und nie ohne Helm auf die Piste geht.
Manche empfehlen auch für Skifahrer einen Rückenpanzer, wie er bei Snowboardern schon länger verbreitet ist. «Ob so ein Rückenschutz tatsächlich viel bringt bei einer Kollision zwischen einem Erwachsenen und einem Kind, kann ich Ihnen nicht sagen», gibt Campell zu.
Die Skischulen machen es vor
Wichtiger als ein Rückenpanzer ist es denn auch, die wichtigsten FIS-Regeln zu kennen und sich stets daran zu halten. Diese ermahnen Wintersportler etwa, nur am Pistenrand und an übersichtlichen Stellen anzuhalten. Oder vor dem Anfahren und vor Schwüngen stets hangaufwärts nach oben zu schauen, ob gerade jemand angefahren kommt.
Regeln, die übrigens auch in der Skischule gelehrt werden, immer und immer wieder, weshalb dort zum Glück nur sehr selten ein Unfall passiere. «Die Sicherheit ist unser wichtigstes Thema», sagt Riet Campell, «wichtiger noch als das Skifahren selbst. Es gibt für einen Skilehrer nichts Schlimmeres, als wenn er den Eltern sagen muss, ihr Kind habe sich im Unterricht verletzt.»
19 Kommentare zu «Sind Kinder noch sicher auf der Skipiste?»
Man könnte sich mal überlegen, ob Skiferien nicht völlig unökologisch sind. Oder Zweitwohnungen in Tourismusorten. Und seinen Kindern was anderes beibringen.
Übrigens: Erst der Helm, jetzt der Rückenpanzer. Was als nächstes?
Ich gebe es zu. Ich gehöre zu den Schnellfahrern (manche würden wohl Raser sagen). Als ehemaliger Skilehrer sicherlich bei den besten Fahrern, aber bei 80km/h auf 2 Meter anhalten zu können, ist auch bei mir illusorisch. Ich versuche auszuweichen, indem ich Stosszeiten (Neujahr und früher Nachmittag!) meide, schwarze Pisten befahre (gibts in vielen Skigebieten halt kaum) und die Pisten mit heiklen Stellen auswendig kenne. Viel geholfen wäre schon, wenn die (schlechten) Fahrer nicht an unübersichtlichen Stellen halten würden (hinter der Kuppe!). Auch ich will, dass wir alle wieder gesund nach Hause kommen (Gott sei Dank noch nie einen Pistenunfall gehabt).
Ist zwar ein bisschen Off-Topic: Ich stell mir aber viel mehr die Frage, ob man Kindern heute das Skifahren überhaupt noch beibringen soll. Unsere beiden +- 3 Jährigen Knöpfte haben in Ihrem bisherigen Leben keine 5 Schneetage (im Flachland) erlebt, eigentlich waren das auch bestenfalls Matsch-Stunden. Damit Sie überhaupt mal ein bisschen Schnee sahen, mussten wir auf 1800 m rauf. Warum den Kindern heute eine Sportart beibringen, die bis in 20 Jahren kaum mehr ausgeübt werden kann? Der Platz über 2500 m in den Alpen ist sehr beschränkt. Die Zeiten des Skifahrens als Volkssport sind vorbei.
Gute Idee – wäre auch für die Natur nicht schlecht, das sie sich die kahlgefrästen plattgewalzten Gebiete wiederholen könnte.
Allein, es gabe dann aber ein massives Problem mit den ausfallenden Einnahmen in diesen ehemaligen Skigebieten.
Das darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben !
Es stellt sich ja schon lange nicht mehr die Frage, ob es ein massives Problem mit den ausfallenden Einnahmen in diesen ehemaligen Skigebieten geben wird. Es stellt sich nur noch die Frage, wie wir damit umgehen.
„Sind Kinder noch sicher auf der Welt?“ müssten sich viele Frauen eher fragen, BEVOR sie (Gluggen-)Mutter werden. Würde viele Probleme lösen…
Zum Glück werden alle Frauen mittels unbefleckter Empfängnis Mütter, so dass sich die Männer (wie immer?) aus der Verantwortung ziehen können.
Gewisse Kommentare sind das beste Beispiel dafür, wie verbittert ewige Singles sind.
100% Sicherheit gibt es nicht, aber klare Pistenregeln, Kontrollen und happige Bussen bei Nichteinhaltung würde so mancher Pistensau den Spass verderben, bevor es zu einem Unfall kommt.
Helm und Rückenpanzer sind immer gut und vernünftig, selbst wenn auch diese keinen Garant darstellen.
Zudem sollte es obligatorisch sein, Kinder in die Skischule zu schicken. Gerade Kinder, welche von ihren Eltern das Skifahren „erlernen“, sind ebenfalls oft als Pistensäue zu beobachten. Was Hänschen nicht lernt…
Es sind wesentlich mehr Leute auf der Piste, es gibt heutzutage ganz andere Sportgeräte, mit denen man die Piste runter donnert. Und die diese Raser wesentlich weniger im Griff haben wie früher.
Als ich noch aktiv auf der Piste war, fuhr ich Rennlatten von Head F1 mit einer Länge von 195cm. Da brauchte man richtig Kraft für die Bögen. Dann kamen später die kurzen Carvings, wo jeder Hans und Franz um die Kurve kann – und sich für Franz Klammer 2.0 halten kann.
Ich hab’s aufgegeben, weil mir dieser ganze Skizirkus nicht mehr gefällt. Für mich stimmt das Preis:Leistung Verhältnis nicht mehr. Statt Berge bin ich jetzt an der Nordsee. Und weil – gefühlt – der Rest der Welt auf der Piste ist, habe ich das Meer ganz für mich alleine.
Meine Tipps:
1. Relativieren.
2. Skischule: nicht nur um die Kinder ideal zu trainieren, sondern auch weil eine Gruppe wird viel weniger Opfer eines blinden Rasers als ein einzelnes Kind wird.
3. Weniger stark frequentierte Gebiete aufsuchen, im Februar evtl. ab und zu verzichten, dafür im März umso mehr!
Habe keinen Bock mehr auf die „Massenveranstaltung“ Wintersport, Gedränge an der Talstation wie zur Pendelzeit am Hauptbahnhof, die Pisten voll wie früher, – als man noch in der Stadt einkaufte -, die Fussgängerzone an einem Dezembersamstag: Suche mir einen ÖV Bus, der irgendwo ein wenig in die Höhe fährt und finde dann eine Route hinunter, wo keiner ist: „Freeride für Anfänger“ nenn‘ ich das. Ohne grosses Gefälle, auf einem Waldweg, Wiese irgendwo. (Klar braucht man Kenntnisse des Geländes, der Schneeverhältnisse (ist da Schatten oder Sonne, wie warm/kalt ist es da etc.) etc. Aber gerade diese breiten Ski gehen in etwas schwerem Schnee auch ohne Piste ganz gut auch für Ungeübte. (Ja ich weiss, Schneehühner und Rehe stressen wir so)
„Diese ermahnen Wintersportler etwa, nur am Pistenrand und an übersichtlichen Stellen anzuhalten.“
Dream on! Das war vor 50 Jahren schon ein Problem und das ist es heute noch. So wie die Leute „unaufmerksam“ vor der Migros oder sonst wo im Weg stehen und auch nicht auf die Seite gehen, wenn sie einen kommen sehen, so ist es auch auf der Piste. Und wie ein Mensch sich heute einen 400PS starken Wagen kaufen kann, ist das Skimaterial heute so gut, dass eben gerast werden kann.
Darum: Mit Kindern sollte man in ruhigere Skigebiete gehen.
Ich persönlich hatte mir dann einen Helm gekauft, als die Skifahrer/innen mit dem Carven angefangen haben. Früher fuhr man in der Falllinie, heute überall, quer über die Piste.
Leider pflegte ich damals bei meinen Ski-Fahr-Versuchen jeweils nicht schön am Pistenrand hinzufallen, wodurch ich mit einer gewissen Regelmässigkeit in der Pistenmitte zu Liegen und in Folge davon auch wieder zu stehen kam. Ich denke das dürfte manch anderem Anfänger/Kind auch so ergehen. Ich für meinen Teil habe wegen Mangelndem Talent das Skifahren aufgegeben.
Ich denke, dass die Lösung in einer Entflechtung von Langsamen und Schnellen, Anfängern und Könnern liegen muss. Die heutige Situation auf den Pisten ist doch so, als ob auf Straße jeder ohne Fahrprüfung und auf beliebige Art unterwegs sein dürfte: Kleinkinder auf dem Dreirad neben Porschefahrern mit 200km/h, halb blinde Senioren zu Fuss, usw. Alkohol ist natürlich auch erlaubt, macht doch Spaß. Ein Wunder, dass nicht noch viel mehr passiert.
Diese Entflechtung ist eigentlich schon gegeben: blaue, rote, schwarze Piste.
Aber was nützt es – um bei Ihren Bildern zu bleiben – wenn einer mit 90 durch die 50er-Zone donnert…
Aber ich könnte mir tatsächlich vorstellen, einzelne blaue Pisten zusätzlich mit einem Tempo-Limit-Schild zu versehen… (Das Problem ist einfach, dass die wenigsten wissen, wie schnell sie eigentlich unterwegs sind…)
Persönlich wäre ich für eine Helmtragpflicht auf Pisten, auch wenn hier die Nostalgiker („Freiheit!“, „war früher ohne Helm unterwegs und nichts passierte“) aufheulen mögen. Analog dem Velofahren kann ein Helm beim Skifahren Leben retten, und tut es auch. Natürlich gibt es keine Studien, ob ein Rückenpanzer Kinder vor Verletzungen bei Kollisionen mit Erwachsenen schützen können, aber naheliegend wäre es. Auf jeden Fall schützt er auch bei allen anderen Unfällen mit Aufprall auf den Rücken.
Trotzdem bleibt immer ein Restrisiko. Rücksichtslose Fahrer auf Pisten gibt es wie im Strassenverkehr, wo Hedonismus und Eigeninteressen vorherrschen. Althergebrachte Regeln gelten oft nicht mehr viel und werden abgelöst durch das Recht des Stärkeren. Weshalb soll es auf Pisten anders sein?
Ich habe schon lange niemanden mehr ohne Helm auf der Piste gesehen..
@sonic
Ich schon. Aber das ist zumeist eine Generationenfrage. Sprich, Leute, die seit Jahrzehnten mit dem Wind im offenen, zumeist ergrauten oder blonden Haar und geschlossenen Beinen im 80er Jahre Stil den Hang herunterwedeln und denken, es könnte ihnen nichts passieren. 😉
Bei den Jungen und Kindern ist das Thema jedoch iaR kein Thema mehr.
Hmmm, ich behaupte mal, es ist die Schnittstelle einer gewissen Generation und von Plauschfahrern.
Ich bin eher ausserhalb der Stosszeiten auf der Piste unterwegs und teile sonics Einschätzung: Sehe so gut wie niemanden mehr; auch die Gigis konnte sich mittlerweilen überwinden.
Wenn ich einen sehe, dann habe ich jeweils das Gefühl, das ist einer, der 2x pro Jahr die Skier hervorkramt, damit er an den Aprés-Ski auf den Berg kann 😉