Was Eltern über Tik Tok wissen müssen

Ist Tik Tok auch an Ihrem Familientisch ein Thema? Unsere Autorin hat sich die Erfolgs-App angeschaut – und ein Glossar erstellt.

Faszination Social Media: Mit Verboten ist das Thema Tik Tok wohl nicht vom Tisch. Fotos: Getty Images

Tik Tok ist längst auch in unserer Schule und in Kinderzimmern verbreitet. Und seit einigen Monaten führen wir auch immer wieder Diskussionen um Tik Tok am Familientisch. «Nein und Punkt» zu sagen, wäre die eine äusserst praktische Möglichkeit. «Ja okay» eine pragmatische zweite. Die für mich richtige Variante ist, zusammen mit den Kindern zu erforschen, was in dieser App eigentlich steckt, was sie kann und warum sie fasziniert.

Der Nachteil letzterer Option: Sie ist mit einem grossen Zeitaufwand verbunden. Das Hauptproblem liegt darin, dass wir nicht auf unsere eigenen Erfahrungen als Teenager zurückgreifen können. Zudem kommen täglich neue uns unbekannte Apps auf den Markt, die uns Erwachsene eigentlich gar nicht interessieren. Trotzdem sollten wir uns mit diesen auseinandersetzen, sie gemeinsam mit unseren Kindern anschauen, Gefahren erkennen und erklären.

Warum nicht verbieten?

Natürlich höre ich bereits jetzt die Zurufe aus der Leserschaft, dass wir es als Erziehungsberechtigte selbst in der Hand haben und unseren Kindern den Zugang zu solchen Apps einfach verbieten können. Doch ist das wirklich eine nachhaltige Lösung? Früher oder später sind die Kinder in der digitalen Welt unterwegs und müssen diese verstehen und nutzen können. Social Media üben auf unsere Teenager eine magische Anziehungskraft aus, sie wollen dabei sein, mitreden und mitmachen können.

Wir können davon ausgehen, dass sie trotz elterlichem Verbot einen Weg finden würden, die jeweilige App runterzuladen oder diese über das Handy der Kollegin bzw. des Kollegen zu nutzen. Ein striktes Nein führt im schlimmsten Fall dazu, dass unsere Kinder uns nicht mehr erzählen, was sie auf den Social-Media-Kanälen erleben. Das kann gefährlich werden, wenn sich die Kinder bei Problemen keine Hilfe holen können.

Für mich führt dementsprechend kein Weg daran vorbei, die jeweilige App gemeinsam kennen zu lernen, darüber nachzudenken und den damit verbundenen Lernprozess zuzulassen. Unsere Kinder müssen sich in der digitalen Welt zurechtfinden und lernen, eine App zu hinterfragen und damit umzugehen. Es ist Teil unserer erzieherischen Verantwortung, sie auf diesem Weg zu begleiten.

Meine Tik-Tok-Recherche

Virale Datenverbreitung auf Knopfdruck und im Sekundentakt.

Schnell wird mir klar, Tik Tok ist die am meisten heruntergeladene App 2018, und zwar fast auf der ganzen Welt. Eine Social-Media-Playback-Applikation, ehemals Musical.ly, auf welcher Nutzer Videos und Choreografien zwischen 15 und 60 Sekunden produzieren und hochladen. Im endlosen Video-Feed finden sich vor allem Tanz, Sketches, Pranks (Glossar s. unten), Mini-Tutorials und Comedy-Videos. Es kann gelikt, kommentiert und geteilt werden. Laut Nutzungsbedingungen beträgt das Mindestalter 13 Jahre, die App ist aber bereits auf den Geräten vieler Primarschüler weit verbreitet. Top User sind Teenager.

Ein Highlight ist sicherlich, dass Inhalte auch auf das eigene Gerät heruntergeladen oder als GIF gespeichert werden können. Die Videos lassen sich per Klick auf weiteren Plattformen wie Facebook, WhatsApp, Instagram etc. teilen. Also virale Datenverbreitung im Sekundentakt.

Auf Tik Tok stehen die Modi «öffentlich» oder «privat» zur Verfügung. Unter «Privatsphäre und Sicherheit» lässt sich auch der Kontakt zu Unbekannten ausschliessen. Wobei die Videos aber nie wirklich privat sind, denn laut Nutzungsbestimmungen darf die App Videos auf anderen Netzwerken abspielen und für Werbung benützen. Sie erkennt automatisch den aktuellen Aufenthaltsort, liest Informationen wie Imei, die SIM-Kartennummer und die Telefonnummer. Ausserdem hat sie das Recht, auf SMS und Telefonkontakte zuzugreifen. Was sie damit macht, weiss niemand.

Gute Laune – doch zu welchem Preis?

Für die Erstellung der Videos stehen zahlreiche Effekte, Musikstücke aus den Charts und Filter zur Verfügung. Hier ist es cool, Performer zu sein! Jeder wird mit wenigen Handgriffen und geringem Können ein kleiner Star in der Community.

Die intuitive Handhabung und die Möglichkeit, sich ein Video nach dem nächsten «reinzuziehen», verleitet dazu, Stunden in der App zu verbraten. Durch den Scroll-Modus und die stete «Nutzer-Befürchtung», etwas zu verpassen, entsteht ein enormes Suchtrisiko. Übernächtigte, gestresste und unkonzentrierte Kinder sind die traurigen Begleiterscheinungen. Durchschnittlich wird die App nämlich achtmal pro Tag geöffnet.

Weitere Gefahren sehe ich in den Bereichen Hasskommentare, Mobbing, Pädophilie und Pornografie. Die Teens werden verleitet, ihren Körper zu inszenieren oder mit waghalsigen Stunts zu beeindrucken.

Tik Tok auf dem Schulhof

Sie fragen sich, wie das möglich ist? Ganz einfach, wie dieses Beispiel zeigt: Amelie, zehn Jahre, hat Tik Tok auf dem Smartphone installiert. Bei der Altersangabe hat sie beim Download einfach geschummelt. Amelie hat bereits Schulschluss und ist in ihrer Freizeit mit ihrem Handy, mit dem sie jederzeit online gehen kann, auf dem Pausenplatz. Der neunjährige Ben wird im Hort betreut, hat kein Handy dabei und auch kein Tik Tok. Die Kinder sind in derselben Klasse und treffen sich auf dem Pausenplatz. Die Freunde drehen gemeinsam mit weiteren Kollegen ein Video und sind total begeistert von den Effekten und den zahlreichen Kreationen. Dummes, Lustiges, Mutiges, ein bisschen von allem.

Die Videos sind hochgeladen, und die Kids sind begeistert. Und wer Tik Tok nur minimal kennt, weiss, dass es auch für nicht sonderlich wertvolles Material Likes gibt. Für die Darsteller also Motivation, weitere Videos hochzuladen und die vorgängigen zu toppen. Abends berichtet Ben voller Stolz zu Hause: «Mami, ich habe ein meeega cooles Tik-Tok-Video gemacht!» Als Mutter oder Vater bleibt einem da erst einmal der Mund offenstehen.

Austausch statt Geheimnistuerei

Wir alle sind überfordert mit dem sich ständig ändernden Angebot an Unterhaltungs-Apps. Vielen Eltern ist es zudem höchst unangenehm, zuzugeben, dass ihre Kinder – obwohl noch nicht einmal zehn Jahre alt – bereits ein Smartphone haben. Diese Geheimniskrämerei hilft uns aber schlussendlich nicht weiter. Wenn wir miteinander im Gespräch bleiben, welche Videogames, Social Media etc. unsere Kinder konsumieren, können wir voneinander profitieren und bleiben leichter up to date. Ja, es wäre einfacher, wegzusehen oder es einfach zu verbieten. Aber: In den seltensten Fällen ist damit das Problem gelöst, man steckt einfach nur den Kopf in den Sand.

Schweizer Sternchen und andere Tik-Tok-Vorbilder

Der Internetkomiker Zeki Bulgurcu bringt auf Tik Tok bereits über 278’000 Follower zum Lachen (Stand November 2019), und Luca Hänni zeigt seinen 744’000 Followern viel nackte Haut und seinen trainierten Oberkörper. In Winterthur verbreitet seit Februar 2019 Social-Media-Polizistin Rahel Egli Präventionstipps an über 80’500 Follower. Red Bull lockt international mit tollkühnen Videos und zählt heute bereits 3,1 Millionen Follower.

Die meistgefolgte Tik-Tok-Influencerin ist die 17-jährige blonde Schönheit Loren Gray aus Pennsylvania, sie hat unglaubliche 35 Millionen Follower aus der ganzen Welt. Ob es uns gefällt oder nicht, unsere Kinder finden diese Social-Media-Stars toll und eifern ihnen nach. Influencer und Youtuber sind heute Berufswünsche wie früher Feuerwehrmann oder Pilot.

Der Zuckerbergkonzern und andere schlafen selbstverständlich nicht und haben auf die Beliebtheit von Tik Tok auf dem amerikanischen Markt bereits mit dem Video-App «Lasso» reagiert. Eines kann ich Ihnen garantieren: Wir werden uns auch künftig weiterhin mit vielen Apps und deren Popularität auseinandersetzen und unsere Kinder in der digitalen Welt begleiten müssen.

***

Glossar

Tik Tok: Die Zusammenlegung und das Rebranding beider Apps waren vermutlich schon lange geplant. Ein Grund dafür war das angeschlagene Image von Musical.ly. Die App galt als Ort, wo Pädophile mit Minderjährigen Kontakt aufnehmen konnten. In China heisst Tik Tok «Douyin», das ist die Kurzform von «Dǒuyīn duǎnshìpín», was wortwörtlich «Vibrato Kurz Video» bedeutet. Als «Vibrato» wird ein in der Musik gehaltender Ton bezeichnet, dessen Frequenz kaum verändert wird.

Challenges: Eine einstudierte kurze Performance zu einem Song oder einem Sketch, welcher durch den Hashtag viral geht. Zuschauer vertrödeln damit Stunden und werden inspiriert, eigene Videos zu erstellen.

Feed: Eine Mischung aus Postings von Teilnehmern oder Hashtags, denen man folgt, bzw. eine Reihe gelikter Beiträge, die mittels eines Algorithmus erweitert werden.

Gif: Graphics Interchange Format ist ein Mini-Bewegtbild, meist lustig und in einer Endlosschleife. Es wird oft im Internet und in Chats geteilt, um ein Gefühl oder einen Witz auszudrücken. Das Besondere am GIF ist, dass man dieses Format nutzen kann, um kurze Animationen zu erstellen, die man ins Internet hochladen kann.

#Hashtag: Suchfunktion und Kommunikation innerhalb Social Media.

Memes: Internet-Hype, virales Phänomen, Bild-, Ton-, Text- oder Videodatei, welche sich schnell über das Internet verbreitet.

Prank: wortwörtlich «Streich»; jmd. pranken: jmd. verarschen, provozieren, zum Narren halten. Die Urheber der «Prank-Videos» legen teils ein schädliches, negatives und sozial auffälliges Verhalten an den Tag, um eine emotionale Reaktion ihrer Opfer und Follower zu erhalten. Das negative Verhalten wird damit gerechtfertigt, dass es nur im Rahmen eines «Pranks» stattgefunden hat.

Social Media: Portale, auf welchen Nutzer sich vernetzen, austauschen und mediale Inhalte einzeln oder in einer definierten Gemeinschaft oder öffentlich erstellen und weitergeben. Die deutsche Übersetzung «soziale Medien» ist irreführend, weil das «social» nichts mit fürsorglich zu tun hat.

Tik-Tok-Account löschen: Online finden Sie zahlreiche Seiten mit Anleitungen, um den Account zu löschen.

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33 Kommentare zu «Was Eltern über Tik Tok wissen müssen»

  • Synn sagt:

    Ich weiss, das ist jetzt nicht konstruktiv, aber ich bin sooo dankbar, dass ich noch analog aufwachsen durfte und ich hätte mir das für meine Kinder auch gewünscht. Und nein, früher war nicht alles besser aber eben auch nicht alles schlechter.

  • Susanne Meier sagt:

    Nicht zu vergessen sind die unzähligen Youtube Kanäle, die sich über TikTok Content lustig machen!

  • Fran Cine sagt:

    Meiner Meinung nach haben viele Eltern einfach selber keinen Blassen davon, welche Gefahren im Internet lauern und weil das ja alles so schrecklich kompliziert ist, wollen sie sich auch nicht damit beschäftigen. Wäre ja Arbeit.

    Und abgesehen davon, dass all diese preisgegebenen (persönlichen) Daten einfach irgendwo landen, ist das ganze auch ein Paradies für zwielichtige Gestalten. Kinder sind so einfach zu beeinflussen, dass man alles mit ihnen machen kann. Wollen die Eltern, dass das passiert?

    Beschäftigt euch mit solchen Themen, helft den Kindern sich abzusichern, klärt sie auf! Am Ende nützt es euch selber auch was.

    Gruss von einer aus der Informationssicherheit.

  • tststs sagt:

    Ich finde, ein wichtiger Aspekt wurde vergessen: TikTok hat zwei Seiten: die Konsum- und die kreative Seite.
    Ich hätte wahrscheinlich wenig Mühe, wenn mein Kind die Freizeit opfert um Content zu generieren, jedoch würde ich stundenlangen Konsum unterbinden.

  • Anton Dobler sagt:

    Jan Holler: Jeder, der ein Smartphone besitzt gibt zuallererst seine kompletten Daten in die USA (Apple, Android). Wer das Benutzerhandbuch liest (online notabene), findet irgendwo auf Seite 217 sicher den Hinweis darauf, dass diese Daten nach Ermessen dieser Firmen genutzt und weiterverarbeitet bzw. weitergegeben werden. Whatsapp, Instagram, Facebook: haben Sie sich mal die Funktionen angeschaut, für die diese Apps Zugriff haben möchten, wenn man sie runterlädt? Nein? Ich sage es Ihnen: auf Alles (Kontakte, Emails/SMS, Bildgallerie, Kamera, Telefon, Systemdateien, etc.). Wenn die USA die Leute ausspioniert, machen das die Chinesen und Russen natürlich auch. Der gläserne Lemming ist weltweit Tatsache, wer nicht mitmacht, wird ausgegrenzt oder verdächtigt. Nie war Kontrolle einfacher.

    • Jan Holler sagt:

      Herr Dobler, bin sozusagen vom Fach. Ihr Argument stösst ins Leere. Es ist von der Form: Die andern sammeln auch, da spielt es keine Rolle, wenn noch einer mehr sammelt. Es ist ungefähr so einfältig wie: Ich habe nichts zu verbergen, sollen sie doch sammeln.
      Edward Snowden hat dazu gesagt:
      „Zu argumentieren, dass Sie keine Privatsphäre brauchen, weil sie nichts zu verbergen haben, ist, als würden Sie behaupten, dass sie keine Meinungsfreiheit brauchen, weil Sie nichts zu sagen haben.“
      Installieren Sie sich NextCloud, rooten Sie Ihr Android, verzichten Sie auf die Google-Apps (Playstore, – dienste) und synchronisieren Sie Ihre Daten mit ihrer eigenen NextCloud.
      Es gibt einige Artikel zu Tik Tok. Die hätte man vor dem Blogschreiben ja lesen können. Stichwort: Cybergrooming

  • Anh Toàn sagt:

    Müssen wir uns in alles einmischen, was unsere Kinder tun? Müssen wir alles verstehen, womit die sich abgeben? Was dürfen wir denen überlassen selber zu entdecken? Ist unsere Aufgabe die vor allen Gefahren zu behüten? Ich sehe meine Aufgabe nach dem beschützen vor realen, einigermassen wahrscheinlichen, lebensbedrohenden Gefahren (Verkehr, Wasser, grosse Höhen und Feuer) im Auffangen, Aufrichten, im Trösten und Erklären. Eltern sollten das Netz sein unter den Kindern, dass die auffängt wenn sie stürzen, viel mehr als ein Netz um die Kinder, das den Sturz verhindert. Lasst sie fliegen und fängt sie auf, richtet sie auf, wenn es schief geht.

    • Barbara V.E. sagt:

      Ja, wir müssen uns einmischen. Immer dem Alter gerecht, in welchem das Kind sich befindet.
      Als meine Tochter langsam in die Pubertät kam, gab es den MSN-Messanger, ICQ und Chat. Ich habe auch alles genutzt um zu sehen, was geht. Und es war nicht alles gut was ging. Und daraus konnte ich mit meiner Tochter das Gespräch suchen und ihr konkrete Hinweise geben. Ich habe nie in ihren Chat geschaut, nie ihren Browserverlauf angeschaut etc. Aber ich wollte, dass sie um die Gefahren im Netz weiss. Und die sind nicht weniger gefährlich als Verkehr, Wasser, grosse Höhen etc.
      Von mir aus, soll das Kind seine Erfahrungen machen, aber es soll dies nicht unvorbereitet machen. Das ist meine Aufgabe als Mutter, dass ich mich informiere und das Kind aus der Sicht von Erwachsenen informiere.

      • Anh Toàn sagt:

        @Barbara V.E. „Und die [Gefahren im Internet] sind nicht weniger gefährlich als Verkehr, Wasser, grosse Höhen etc.“

        „Anzahl Todesfälle nach Todesursachen, Kinder 0 bis 14 Jahre,…“ auf Bundesamt für Statistik nachsehen, Alle „Übrige Unfälle ohne Gewalteinwirkung“ kamen insgesamt auf 6, Verkehr alleine auf 5, Stürze auf 2 und ertrinken auf 4.

        (Feuer ist in der Schweiz kein grosses Problem, in Schwellenändern, – wo in Unterkünften Fluchtwege fehlen – , – wo mit Biogas direkt vom Stall mit einfachsten „Gasleitungen“ gekocht wird, wo 220 Volt Strom gerne ohne Erdung und ohne Sicherungen installiert wird, macht man sich dazu besser ein paar Gedanken.)

      • Anh Toàn sagt:

        Sorry, sollte heissen „Übrige Unfälle und Gewalteinwirkung“, also Unfälle und Verbrechen.

      • Barbara V.E. sagt:

        Es geht nicht nur um Leib und Leben sondern auch um die Seele. Es gibt Mobbing, es gibt Betrug, es gibt Erpressung etc.
        Ein Kind muss wissen, dass das Gegenüber nicht zwingend 13 Jahre alt ist auch wenn er/sie das so schreibt. Nacktbilder verschicken ist nicht harmlos. Und so weiter.
        Aber klar, man stirbt nicht an Internet oder Tik Tok oder an WhatsApp. Da hast Du vollkommen recht.
        Und Lieblingsspruch eines Instruktors in meiner Ausbildung: Glaube nur den Statistiken, die Du selber gefälscht hast.

      • Anh Toàn sagt:

        @ Barbara E.V. (und Andere)

        Klar müssen wir unsere Kinder vor den Gefahren im Netz warnen, aber dazu muss ich nicht jede App kennen, die bei denen gerade angesagt ist. Letztlich sind die Gefahren nicht andere, als die überall in der wilden Welt da draussen (und die grössten Gefahren drohen Kindern oft zu Hause). Das Internet ist nur ein relativ neues Mittel, – den wenigstens Eltern heute übrigens neu – , potentielle Täter suchten früher andere Wege, die Leichtgläubigkeit von Kindern zu nutzen. Und manche auch heute noch. Letztlich muss man über das Internet nur eines verinnerlichen:

        „Es gibt keinen Platz für Wahrheit im Internet.“ (Howard Wollowitz Big Bang Theory)

    • tststs sagt:

      Ihr kritisches Hinterfragen ist durchaus angebracht; jedoch kommt jetzt mein kritisches Hinterfragen: welche Gefahr ist grösser/realer: dass ein Kind/Jugendlicher von einem Auto überfahren wird oder dass es Suizid begeht? Wann braucht es elterlichen Trost und wann kann es sich selber schützen: vor blöden Sprüchen auf dem Schulhof oder vor anonymen Sprüchen im Internet?

      Eigenständiges Entdecken und elterliche Obhut schliesst sich nicht gegenseitig aus.

    • Valentin Brazerol sagt:

      Anh Toàn
      Welch wunderbare Worte! Genau so habe ich (wir) dass mit unserer Tochter gemacht. Bis heute und solange ich lebe!

    • 13 sagt:

      @ Anh
      Man muss sich dort einmischen, wo ein Kind die Tragweite der Gefahr nicht selber abschätzen kann. ein 2-jähriges kann man daher nicht einfach den Verkehr etwas ausprobieren lassen, sondern man muss es immer wieder vom Strassenrand wegziehen. Bei einem 12jährigen ist das nicht nötig. Jugendliche müssen nicht mehr aktiv vor Verkehr, Wasser, Höhe oder Feuer geschützt werden, das können sie selber. Aber man muss sie weiterhin vor Gefahren schützen, die ihnen noch nicht bewusst sind, noch nicht bewusst sein können, da ihnen die Informationen und Zusammenhänge fehlen. Diese sind manchmal abstrakter. Wenn nun Deine 14jährige mit ihrem neuen 18jährigen Freund über WE nach Rom will, lässt Du sie gehen und fängst sie danach auf? Also ich nicht. Und auch nicht Internet.

      • Anh Toàn sagt:

        „Wenn nun Deine 14jährige mit ihrem neuen 18jährigen Freund über WE nach Rom will, lässt Du sie gehen und fängst sie danach auf?“

        Ich denke, es würde mir schwer fallen, aber ich würde sie gehen lassen: (Meine Tochter soll nächsten Monat geboren werden, dauert noch etwas bis die 14 ist)

        Als ich rund 20 Jahr, war eine 14 Jährige in mich verknallt, ihre Mutter hat ihr geholfen, ich war der persönlich bekannt, ein Treffen (Nachilfeunterricht) zu arrangieren. Ich wollte nichts mit einer Vierzehnjährigen, aber ich fand das Vertrauen der Mutter in ihre Tochter und mich durchaus richtig. Die 14 Jährige ist heute übrigens eine gute Freundin von mir, „ging“ kurz danach mit einem 1 Jahr Jüngeren als ich, nicht als sie.

        Man sollte nicht Kämpfe führen, die man nicht gewinnen kann.

  • Maike sagt:

    Da reiben sich die Pädophilen aber die Hände, endlich ein neues Jagdgebiet !
    Was bin ich froh, das ich keine Teenies mehr habe und meine Beiden auf die 30 zugehen.

  • Beni sagt:

    Vielleicht sollten sich die Eltern von 10 Jährigen Kindern mit Smartphones fragen wieso sie ihrem Kind ein Smartphone gegeben haben. Eventuell würde es ihm mittel bis längerfristig betrachtet gut tun, wenn das Smartphone wieder eingezogen wird?
    Nicht zuletzt hat man ja auch eine gewisse Soziale Verantwortung. Wenn jeder seinem 10 jährigen Kind ein Smartphone gibt werden die Kinder ohne Smartphone ausgeschlossen.
    Und sehnt sich nicht jeder auf TikTok nach Anerkennung durch Likes? Wie viel nachhaltiger wäre Anerkennung durch Zeit die man als Eltern mit dem Kind verbringt?

  • Magdalena Junker sagt:

    Vielen Dank für den informativen Artikel. Den beschriebenen Weg, die App gemeinsam mit den Kindern zu erkunden und zu diskutieren, empfinde ich als wesentlich zielführender als ein Verbot. Seien wir ehrlich: was verboten war hat schon auf uns einen grossen Reiz ausgeübt. Und meist haben wir Wege gefunden, die Verbote zu umgehen.
    Als Ergänzung zu oben gesagtem möchte ich noch folgende Lektüre empfehlen:
    https://dasnuf.de/tiktok/

  • Nick sagt:

    Immer dieser Alarmismus. In meiner Kindheit hat man sich gesorgt, daß das Fernsehen (vor „Bonanza“ wurde eindringlich gewarnt) und die Comics die Kinder verderben würden. Und was ist passiert? Nichts. Die Welt dreht sich immer noch, die meisten Kinder von damals sind nicht kriminell geworden sondern haben einen ordentlichen Beruf gelernt. Mit TikTok und was immer danach kommen mag, dürfte es genau so sein. Beruhigt euch also und genießt das Leben.

    • Barbara V.E. sagt:

      Komm schon Nick: Bonanza gegen Anmache von Pädophilen, willst du das wirklich in eine Waagschale werfen?
      Es geht nicht um das Medium selber, sondern mit dem Umgang damit. Und da sind die Eltern gefordert. Wir durften uns als 7 jährige auch nicht die grusligsten Horror-Filme schauen. Und wenn wir in RL unterwegs waren, hatte unsere Mutter einen langen Benimm-Katalog den es einzuhalten gab.
      Die Sorge und den Auftrag der Eltern bleibt, in meinen Augen, immer gleich. Der Alltag verändert sich, die Technologien und Möglichkeiten. Aber es ist, in meinen Augen, Aufgabe der Eltern, die Kinder auf das Leben vor zu bereiten. Wo es früher notgeile Knechte auf dem Bauernhof waren, sind es nun die Pädophilen im Netz auf Plattformen für Kinder. Eltern müssen die Kinder über Gefahren informieren.

      • Anh Toàn sagt:

        „Wir durften uns als 7 jährige auch nicht die grusligsten Horror-Filme schauen. “ Und taten es dennoch, sobald es eine Gelegenheit gab. Aber erzählen durften wir es nicht, so wäre herausgekommen, dass wir verbotenerweise dies gesehen haben. Und dann waren wir allein damit.

  • Jan Holler sagt:

    Wie kann man über so etwas schreiben, ohne ein einziges Mal auf den Datenschutz einzugehen? Ist mir schleierhaft.
    Wer wirklich etwas zu TikTok wissen will, der besucht die Wikipedia-Seite.

    • tina sagt:

      aber wir haben doch nichts zu verbergen, nicht wahr 😉
      ich finde einfahc ein bisschen lustig, dass im glossar gifs erklärt werden. gifs gibt es seit einer million jahren. und wer heute noch nicht den begriff social media gehört hat….. da fehlen mir ein wenig die worte

    • Vierauge sagt:

      lesen hilft – der ganze 8. Abschnitt handelt davon!
      Oder vermissen Sie nur das Wort „Datenschutz“?

      • tina sagt:

        im 8. abschnitt wird konkret gesagt, dass es datenschutz eigentlich nicht gibt, denn toktok nimmt alles, oder, vierauge?

  • Martin Frey sagt:

    „Was sie damit macht, weiss niemand.“
    Die entscheidende Frage ist nicht zuletzt auch: was macht China mit all den Daten?
    Aufklärung über die Gefahren solcher Tools beginnt für mich mit Aufklärung über Regimes wie China oder Russland („FaceApp“), deren Methoden und Datenhunger.
    Alles andere ist ebenfalls relevant, aber vergleichsweise Beilage.

    • tststs sagt:

      Sorry, aber das Thema kann man IMHO als Eltern vergessen. Also ich meine es unter dem Aspekt „vorleben“. Denn wer ein Leben frei von der Datenkrake führen will, ist schlicht nicht online unterwegs…
      Und dann von den Kindern Vorsicht zu verlangen, die man als Eltern so überhaupt nicht an den Tag legt, finde ich… naja… nischt guud…

    • Luzi sagt:

      und die Amis haben kein Datenhunger? ..

    • Martin Frey sagt:

      Das sehe ich anders, tststs. Den Grad heikler Aktivitäten auf Social Media, und dazu gehört TikTok, aber auch Facebook usw, kann man minimieren. Ich für meinen Teil tue das konsequent. Was Smartphones angeht, gibt es da schon noch Unterschiede. Apple zb arbeitet nicht für die US Regierung, und ist schon gar nicht Teil von ihr.
      https://www.sueddeutsche.de/digital/datenschutz-beim-iphone-apple-und-us-regierung-pruegeln-sich-oeffentlich-1.2872637!amp
      Wie man sich aber freiwillig ans Messer liefern und mit all seinen Daten, inklusive biometrischen und hochintimen, blankziehen kann, verstehe ich nicht. Zumindest solange man eine Alternative hat.
      @Luzi
      Alle haben Datenhunger, aber da gibt es schon noch graduelle Unterschiede. Und wenn schon, sind mir persönlich die Amis doch noch lieber.

      • tststs sagt:

        Natürlich gibt es Unterschiede. Aber der Unterschied bei Ihrer Aufzählung liegt nicht bei objektiven Kriterien, sondern tut Ihr eigenes Onlineverhalten in einem positiven Licht darstellen (Disonanz lässt grüssen). Und gelle, ich bin ja kein bisschen besser; gerne erkläre ich, weshalb meine Cumulus-Karte so viel harmloser ist, als ein Ebay-Konto…
        Kleines Beispiel: Ihnen sind die Amis sympathischer. In dieser Frage finde ich die Chinesen eines sympathischer, weil berechenbarer, weil sie – Ironie lass nach – transparent sind. Als Chinese weiss ich ziemlich genau, wo der Staat mithört und eingreift. In den USA weiss ich das nicht so genau…

        Und eben, die heikelsten Daten sind IMHO staatlich verordnet: biometrischer Pass, KK-Karte und das ganze auf supermodernen Servern hinterlegt 😉

  • Romea Studer sagt:

    Vielen herzlichen Dank für die kurze und knackige Übersicht zu Tik Tok. An der Schule unserer Kinder ist es schon länger Thema und wir haben uns mit den Kindern schon über die möglichen Gefahren unterhalten. Ihre Übersicht ist für solche Gespräche eine ideale Grundlage!

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