Unperfekter Familienhaushalt? Perfekt!

Spielen statt bügeln: Denn viel zu oft bleibt uns keine Zeit für die richtig wichtigen Dinge. Foto: iStock
Ich bin die perfekte Mutter! Glauben Sie nicht? Ich auch nicht. Meine Kinder aber sind davon überzeugt – und das ist eigentlich die Hauptsache. Daran sollten wir immer wieder festhalten.
Ich sehe mich selbst als eine kreative Perfektionistin: Ich mache, was zu tun ist. Unermüdlich, proaktiv, engagiert und manchmal etwas überdiszipliniert. Und das zeigt bereits, wie viele Facetten die Perfektion mit sich bringt und wie individuell sie sein kann.
Woher aber kommt dieses Verlangen nach Perfektionismus überhaupt und warum wollen wir immer noch mehr, noch schneller und noch besser? Jeder Mensch strebt von Natur aus nach Erfolg und Anerkennung. Das ist zum einen überlebenswichtig, zum anderen füttern wir damit unser Ego. Unsere ersten Ziele stecken wir uns unbewusst, bereits kurz nach der Geburt. Und irgendwann können wir uns fortbewegen, schneller springen, höher klettern und werden vielleicht zur besten Athletin der Klasse. Bilanz: Wir erhalten Respekt, Lob und gewinnen neue Freunde. Das süsse Gefühl, für seine Leistungen bewundert zu werden, kann süchtig machen, und darum wollen wir es immer wieder erleben.
Bye-bye, Perfektion!
Aber zurück zum «Muttersein». Die Funktion einer Mutter hat in den vergangenen fünfzig Jahren viele Aufgabenbereiche dazugewonnen – so viele wie wohl keine andere Stellenbeschreibung. Plötzlich führen wir nebst der Erziehung der Kinder und dem Haushalt auch noch Projekte oder ganze Teams, verdienen Geld, begleiten und unterstützen die Kinder an wichtige Sport- und Freizeitanlässe, betreiben mehrere Hobbys und einen hippen Lifestyle, den es zu managen gilt. Dass wir mit unseren Smartphones immer erreichbar und überall aktiv sind, trägt auch nicht gerade zu einem entspannten Alltag bei. Schnell wird klar, dass uns bei gleicher Stundenzahl pro Tag weniger Zeit für die einzelnen Aufgabenbereiche bleibt und wir infolgedessen entweder dreimal so schnell sein oder uns von unserer Perfektion verabschieden müssen.
Gefährlich wird es dann, wenn die bestrebten Perfektionisten in allen Bereichen ganz oben mit dabei sein wollen. Für diese Menschen gibt es zwei Stolpersteine: Zum einen fällt es ihnen schwer, sich Hilfe zu holen oder um Hilfe zu bitten. Zum anderen ist es für sie nicht leicht, die eigenen Ansprüche runterzuschrauben. Und das, liebe Perfektions-Mamas und -Papas, müssen wir dringend lernen! Es ist an uns, Grenzen zu ziehen und nicht überall in der Top League mitspielen zu wollen. Wir selbst müssen unsere Ansprüche reflektieren und an einem gesunden Selbstwertgefühl arbeiten, statt permanent die Grenzen zu überschreiten und ans Limit zu gehen.
Priorisieren heisst das Zauberwort
Auch ich muss mich immer wieder an der eigenen Nase nehmen und meine mich stets antreibende Disziplin und meinen Gewinnerinstinkt zügeln und stattdessen einfach mal durchatmen. Die Küche nur zu 90 Prozent aufräumen und die Wäsche ruhig mal Wäsche sein lassen. Mit unserem perfekt getrimmten Garten gewinnen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin keinen Vorstadtwettbewerb. Stattdessen sollten wir lieber mit den Kindern zusammen Tomaten pflanzen, die schönen Blumen geniessen und die Beeren ernten.
Priorisieren heisst das Zauberwort. Bei der Erziehung der Kinder sollten keine Abstriche gemacht werden, im Beruf sind wir ebenfalls verpflichtet, 100 Prozent zu geben. Doch ob die Wohnung nun täglich gesaugt wird, oder nur nach Bedarf, die Bettwäsche gebügelt, oder einfach glattgezogen wird, das spielt nun wirklich keine Rolle. Es darf auch mal was stehenbleiben. Denn in einer Familie ist schliesslich immer was los – und das darf man ruhig auch sehen. Bei uns bleiben Buntstifte und Schreibblöcke oftmals liegen, und wenn wir den ganzen Tag ausser Haus sind, stört das auch bestimmt niemanden.
Liebe PerfektionistInnen…
Unsere Kinder brauchen vor allem ein gutes Vorbild. Sie brauchen Liebe, Zeit, Verständnis, Aufgaben und nicht zuletzt Regeln.
Sehen wir doch ein, dass wir nicht ständig allen gefallen können, und klopfen wir uns ruhig öfter mal wieder selbst auf die Schultern. Anstatt ständig der Perfektion hinterherzuhetzen, sollten wir lieber Zeit mit unseren Liebsten verbringen, gemeinsam spielen, den Wald durchstreifen und miteinander lachen. Wichtiger als ein gebügeltes T-Shirt ist für Kinder, dass man auf ihre Bedürfnisse eingeht und ihnen Geborgenheit schenkt, Traditionen weitergibt und sie dabei unterstützt, erwachsen zu werden. Muttersein bedeutet für mich, mein Kind auf das Leben vorzubereiten und seine Persönlichkeit zu respektieren.
In der folgenden Tabelle sehen Sie die Antworten von 35 Kindern der Stadt Zürich auf die Frage, wie sie sich ein perfektes Mami vorstellen. Also: Seien wir nett und unternehmen öfter etwas gemeinsam mit unseren Kleinen.
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49 Kommentare zu «Unperfekter Familienhaushalt? Perfekt!»
Eine liebe Mutter muss nicht noch dazu viele andere gute Eigenschaften haben. Sie soll sich Zeit nehmen für ihre Kinder und so werden sie später eine gute Erinnerung an sie haben. Das ständige stressen und telefonieren muss aufhören.
Nicht die perfekte Mutter sein und danach doch eine Rangliste der perfekten Mutter aus Kindersicht erstellen und eine entsprechende Empfehlung abgeben. Es gehört doch auch dazu, dass diese Rangliste nicht erfüllt werden kann, muss… Erst dann ist man von den Vorstellungen anderer befreit und lebt das Unperfekte.
Bin mit dem Artikel voll einverstanden.
Was ich jedoch nicht verstehe, wie die Autorin mit ihrer beinahe allumfassenden Weitsicht eine ALLEINERZIEHENDE Mutter sein kann (siehe letzten Blog der Autorin). Welcher uneinsichtige Mann würde solch eine Familie aufgeben? War es (zu)späte Einsicht der Autorin, die erst die Beziehung zerstörte (infolge Perfektionswahn) und nun zwangsläufig zu obiger Einsicht gezwungen wurde, weil eine Alleinerziehende logischerweise keinen Perfekten Haushalt MEHR hinkriegt. Dieses Thema wäre einmal einen Artikel im Mamablog wert, denn es könnte vielen (Noch)Gebundenen die Augen öffnen, bevor sie sich infolge Imperfekten Partners trennen, nur um dann selber imperfekt zu werden. Die Leidtragenden an solchen späten Einsichten sind leider die Kinder.
Selten so einen Stuss gelesen. Warum soll die Autorin alleine für die Trennung verantwortlich sein? Frau Hager hat schon mehrfach erwähnt, dass der Ex keine Verantwortung für die Familie tragen wollte und vielleicht ist er ja ein fauler Hund, der im Haushalt nie einen Finger krumm gemacht hat und seit er weg ist, gibt der Haushalt nur noch halb soviel zu tun.
Zudem: was hat es mit alleinerziehend zu tun, wenn der Haushalt nicht perfekt ist? Die versifftesten Wohnungen habe ich bisher bei verheirateten Vollzeitmüttern angetroffen.
@Tamar
das wissen wir doch seit „Papi kommt nicht“, die (vorwiegend Frau) ist die Angstgestörte voller „Planungszwang“, welche dem spontanen, unbeschwerten Mann das Leben zur Hölle macht…,
glücklich wer es so klar in schwarz-weiss sehen kann,
macht vermutlich schon vieles einfacher wenn es vor allem am Anderen liegen muss… .
😉
@Tamar von Siebenthal.
1. Frage: Weshalb heiratet eine intelligente/weitsichtige Frau einen Tausendsassa, der wirklich zu gar nichts taugt und gründet mit ihm noch eine Familie? Könnte es sein, dass die Frau Spass am Tausendsassa hatte, bis eben die Kinder kamen? Sie verändere sich dann, während er blieb, wie schon immer war? Er hätte somit bloss einen Fehler begangen, wenn er vor der Familiengründung ein verantwortungsvoller, involvierter Partner war, der dann nach der Geburt der Kinder komplett abstürzte.
2) Im vorherigen Blog hat er die Kinder bei der Autorin nicht abgeholt und ihr alleiniges Wellnesswochenende vereitelt. Weshalb konnten die Kinder nicht mit ins Wochenende? Ich persönlich hätte die Kinder gerne dabei. Ein Zustellbett im Hotel zu bestellen ist wirklich kein Problem.
Genauso mir eben passiert. Danke für diesen Kommentar!
Stimmt, liebe Brunhild. Es ist ja auch ziemlich frech, wenn die angstgestörte, planungswütige Mutter für ihr (angeblich) kinderfreies Wochenende plant auszugehen, während der Erzeuger die Kinder dann spontan nehmen möchte, wenn seine Verabredungen spontan abgesagt haben und der Herr somit nichts Besseres zu tun hat, als seine Brut zu hüten…. tststs nei aberau…
Mann hat doch Recht auf ein Singleleben und die Kinderchen drumherum zu organisieren und da macht die „Alte“ doch so einen Aufstand. So fräch… Ironie off..
Ja, habe das selber erlebt.
Brunhild Teil 2
Bezeichnend auch, dass dieselben Männer, welche bei solchen Beiträgen den Wahrheitsgehalt hinterfragen und beide Seiten hören wollen, um sich ein Urteil zu bilden, bei denselben Themen von Männern geschrieben sich auf die Seite der Väter schlagen, ohne Einwand, die andere Seite anhören zu wollen.
Ganz nach dem Motto: Frauen lügen sowieso und die Männer sind immer die armen Opfer.
@Tamar von Siebenthal.
1. Frage: Weshalb heiratet eine intelligente/weitsichtige Frau einen Tausendsassa, der wirklich zu gar nichts taugt und gründet mit ihm noch eine Familie? Könnte es sein, dass die Frau Spass am Tausendsassa hatte, bis eben die Kinder kamen? Sie verändere sich dann, während er blieb, wie schon immer war? Er hätte somit bloss einen Fehler begangen, wenn er vor der Familiengründung ein verantwortungsvoller, involvierter Partner war, der dann nach der Geburt der Kinder komplett abstürzte.
2) Im vorherigen Blog hat er die Kinder bei der Autorin nicht abgeholt und ihr alleiniges Wellnesswochenende vereitelt. Weshalb konnten die Kinder nicht mit ins Wochenende? Ich persönlich hätte die Kinder gerne dabei. Ein Zustellbett im Hotel zu bestellen ist wirklich kein Problem.
@Tamar von Siebenthal.
Meine obigen Kommentars sind Fragen, nicht Feststellungen. Ich würde genauso fragen, wenn ein Vater seine perfekten Ansichten/Einstellungen/Kindsbeziehungen im Mamma Blog schriebe und dann über seine Ex-Frau als das unzuverlässigstes Subjekt der Welt berichtete. Meine Kommentars zielen dorthin: In einem Grossteil der Beziehungsprobleme war der Knall an die Wand voraussehbar, da der eine Partner davon ausging, dass nach der Geburt der Kinder eine Veränderung im Lebensstil der Eltern stattfinden muss. Einige Partner wollten sich nie binden und sich die Freiheit nehmen, zu lieben wen sie wollten. Andere wollen nie Verantwortung übernehmen. Noch andere waren schlichtweg am Gegenüber nie interessiert. Wer auf solche Menschen setzt, der trägt eine gewisse Mitschuld.
Wer definiert was ein perfekter Haushalt inkl. Kindererziehung inkl. Eheführung ist ? Die Schwiegermutter ? Eine Zeitschrift ? Irgendeine Promifrau ? Als unsere Mädels noch klein waren, spielten sie die erste Geige im täglichen Leben. Je älter sie wurden, desto mehr Freiheitsgrade gewannen sie und wir bekamen unsere langsam wieder – perfekt !
Hey zäme!
Eltere sii darf me jo nid mol säge I der Schwiz…Elternsein ist darum so kritikanfällig, weil sich inzwischen so viele Geldverdiener/-Fachleute um deren Aufgaben reissen. Fremdbetreuung schafft Arbeitsplätze. Putzfrauen einstellen ebenso. Kinder sollten die meisten heute eh nicht haben, denn steter Liebesentzug durch Herumschieben von Krippe nach Tagesmutter zu Schule baut eh nur seelisch verzettelte identitätsschwache Psychos, denen Herzensgefühle piepegal sind, auf. Schaun wir mal, wie überkompliziert unsere Wirklichkeit schon ist (Ritalin, ADHS, Allergien en masse usw. Auch das stete Hetzen von A nach B nach C ist der Gesundheit sicher abträglich. Sich selbst spüren oder gar kennen – wie überbewertet…tja das kann noch heiter werden mit den vielen Karriereopfer-Kids…
Ich mag eigentlich nicht nörgeln, aber zum ersten Mal in der Schweizer Geschichte hat das Parlament vor einigen Tagen zumindest einen minimalen Vaterschaftsurlaub abgesegnet. Ein Referendum ist nicht sehr wahrscheinlich…und der grösste Elternblog der Schweiz schreibt über nervige Kommentare, technisches Unvermögen und einen nicht-perfekten Haushalt?
Sehr guter Einwand.
Aber 13, die Prioritäten wollen doch richtig gesetzt sein… 😀
„Umfrage mit 35 Kindern zwischen 8 und 14 Jahren“. Also wenn das Resultat 3 Prozent ist, betrifft das ein einzelnes Kind. Welche Altersstufe hat wohl angegeben, dass sie gemeinsam spielen und gemeinsam Ausflüge unternehmen wollen?
Haha 🙂 Ist mir gar nicht aufgefallen. Das setzt auch all die anderen „Ergebnisse“ in ein ganz anderes Licht… Eine Umfrage mit 35 kann ja ohnehin niemals repräsentativ sein, insofern ist eine quantitative Auswertung eigentlich totaler Quatsch. Wenn schon dann müsste man das qualitativ anschauen.
Noch ein Kommentar zur „Umfrage“- ich glaube nicht, dass die Ansichten von Kindern, wie die perfekten Eltern zu sein haben, uns allzu sehr in unserem elterlichen Verhalten beeinflussen sollten. Ich bin sicher, wenn ich meine Kinder fragen würde, dann kämen Antworten wie „sie sollen mir immer Süssigkeiten geben wenn ich Lust darauf habe“, „sie sollen nie schimpfen“ oder „sie sollen nicht immer sagen, dass ich dies oder das schon alleine kann, sondern mir lieber helfen“. Bei all diesen Wünschen bin ich überzeugt, dass meine elterliche Ansicht zum Thema sich langfristig auszahlen wird. Erziehung und Familienverhalten kann nicht basisdemokratisch ausgehandelt werden, denn wir sind nicht die Freunde unserer Kinder, sondern ihre Eltern.
und wenn es zwei kinder sind, dann sollten es 6% sein. also wie kommt man dann auf 4% für unterstützend? oder 5% für streng und fröhlich? ist das jeweils 1 1/2 kind?
und so wie die fragestellung auf der grafik ist, finden 13% (von was? allen befragten?) dass die perfekte mama nett ist. bedeutet das, dass 87% der kinder finden dass die perfekte mama nicht nett ist?
mamma mia, daten richtig widerzugeben ist wohl nicht eine eigenschaft für eine perfekte mama (oder papa)…
Es kann ja auch Mehrfachantworten gegeben haben? Oder nicht?
Wurden die Kinder auch gefragt, was sie sich von einem Papa wünschen? Und warum ist der Artikel so Mama-lastig geschrieben? Dafür gibt es doch beim heutigen Thema gar keinen Grund. Wir können uns doch nicht über mangelnde Gleichstellung beschweren, aber das Haushaltsthema so einseitig beleuchten… Und der eine Alibi-Kommentar über die Papas ist so offensichtlich am Ende hinzugeschmuggelt worden, dass er nicht über den Grundtenor hinwegtäuscht. Schade.
Frau Hager ist alleinerziehend. Das könnte die Erklärung dafür sein, dass der Papi nur eine Randerscheinung ist.
Auch wenn ich noch so viel Zeit hätte: Bettwäsche glätten? Täglich staubsaugen? Echt jetzt?
Und noch etwas anderes: bei der Erziehung der Kinder sollten keine Abstriche gemacht werden? Naja – zwischen „sollten“ und der Realität liegen oft Welten. Ich bin auch nicht ganz sicher, dass ich das so unterschreiben würde. Wir sind was Haushalt und viele andere Dinge angeht nur Menschen, warum gilt das nicht für unsere Rolle als Eltern? Ich denke es ist authentisch, wenn wir mal nicht konsequent sind, oder mal schreien und Schimpfwörter rauslassen, die sonst tabu sind. Eltern sind Menschen, keine wandelnden Erziehungspäpste. Ich denke für Kinder ist genau diese Lektion auch eine ganz wichtige – viel wichtiger als der unperfekte Haushalt.
Wer noch nie bei der Arbeit nur 75% gegeben hat und bei der Erziehung mal Abstriche gemacht hat, werfe den ersten Stein….
Ich verstehe einfach nicht, weshalb wer – in welcher Hinsicht auch immer – perfekt sein will. Leben die denn in der Schweizer Illustrierten, oder so?
Genügt es denn nicht, das Bestmögliche oder sogar nur das Bestnötige zu geben (ich sage extra nicht „zu leisten!)?
Ich lese die Mamablog Artikel immer sehr gerne, aber langsam kann ich es wirklich nicht mehr hören: „ Alles ist gut, wird gut wenn Du nur genug an Dir selbst arbeitest bzw. Deiner Einstellung arbeitest“ Dann geht das Alles. Wir brauchen dringend z.B. Maßnahmen welche flexiblere Arbeitszeiten einfordern, einen gesellschaftlichen Wandel der sich vielleicht auch wieder mehr darauf besinnt das Familienzeit und das begleiten der Kinder ins heranwachsen ein Zugewinn für die Eltern und ihre sozialen und menschlichen Kompetenzen ist. Punkt. Das diese Zeit Dir wir „ Uns“ und unseren Kindern widmen der Gesellschaft und auch der Wirtschaft zugute kommt. Ich sage nur „soft Skills“ versus Wissen ist ja in aller Munde: Zukunft, Digitalisierung, Unternehmen, Bildung.
Wissen ist in aller Munde, aber eben nur im Munde. Selten war eine Gesellschaft so kultur- und bildungsfeindlich wie die westliche seit ca. 1990. Deutlich wird es am Niedergang der Sprache im öffentlichen Raum – z.B. an Fehlwörtern wie ‚Digitalisierung‘ – , auch wenn sich derzeit eine gewisse Sensibilität dafür wieder entwickelt.
Alles an sog. Wissenschaft ist derzeit auf platte wirtschaftliche Ziele gerichtet, die menschlichen Inhalte überlässt man der Esoterik. ‚Gesunde Lebensweise‘ ist so ein typisches esoterisches Konzept.
Es ist eine selbstreferentielle Kultur, welche selbstreferentielle Individuen erzeugt, die jede gesellschaftlich Sinnsetzung und die Bildung dahin vergessen haben. Bildung durchläuft derzeit ein lokales Minimum. Es herrscht die Doofheit.
Schon immer haben sich die Alten über den Zerfall der Sitten, des Wissens und der Kultur beklagt, das ist wahrlich nichts neues.
Ich würde Ihrer These deshalb gerne widersprechen: noch nie in der Geschichte der Menschheit ist das Wissen zu weit gestreut und verbreitet wie heute. Die Menschen waren im Durchschnitt noch nie so gebildet. Noch vor 120 Jahren war für die Meisten nach der Primarschule Schluss. Mag sein, dass bei einer kleinen „Elite“ Latein und die alten Klassiker präsenter waren – aber das darf nicht mit „Wissen“ verwechselt werden. Ich sehe nicht, was an neuen Wörtern wie „Digitalisierung“ falsch ist. Auch vor 150 Jahren war man gezwungen, neue Begriffe wie Automobil einzuführen.
Aber klar, man kann auch der Fraktur nachtrauern und die Sprache einfrieren.
„Die Funktion einer Mutter hat in den vergangenen fünfzig Jahren viele Aufgabenbereiche dazugewonnen – so viele wie wohl keine andere Stellenbeschreibung.“
Mit allem Respekt- wenn ich an meine Grossmutter denke, hat die Stellenbeschreibung einer Mutter auch erheblich abgespeckt. Oder sind Sie den ganzen Sommer am Einkochen, Marmelade machen, Entsaften usw. damit Ihre Familie im Winter ordentlich essen kann? Kochen Sie jeden Mittag frisch ohne irgendein Fertigprodukt? Putzen Sie die Wohnung ohne Staubsauger? Waschen Sie noch per Hand? Heizen Sie Freitags den Badeofen? Heizen Sie überhaupt jeden Morgen im Winter ersten Küchenofen und dann die Kachelöfen der Zimmer?
Also machen Sie sich mal ehrlich – es hat sich alles verschoben , das ist korrekt. Aber schlechter geht es Ihnen nicht..
Danke für diesen Kommentar, das sehe ich auch so. Wir machen uns einfach heutzutage das Leben häufig selbst schwer, und schaffen Probleme, die keine sind. Und vor diesem Hintergrund verklären wir gerne auch mal die Vergangenheit… Im Gegensatz zu „früher“ sind unsere Sorgen heute meist relativ irrelevant, während sie vor einigen Generationen essentiell waren.
Sehr erfreulich dass sie trotz Mami fokussiertem Titel und Umfrage die Papis im Artikel mit einbeziehen. Und noch mehr dass Elternsein nicht als Opferrolle beschrieben wird, sondern jeder selbst es in der Hand hat an seiner Situation was zu ändern. Wir sind die einzigen, die unser Handeln und dessen Konsequenzen bestimmen können und keine Opfer von irgendwas!
Alles richtig. Aber: „Bei der Erziehung der Kinder sollten keine Abstriche gemacht werden.“ Und viel Zeit für und mit den Kindern verbringen. Wie lange wird das denn wirklich geschätzt und ist sinnvoll? Oder anders gesagt: Wäre es für Kinder ab einem gewissen Alter nicht auch wertvoll, wenn die Eltern bezüglich Betreuung und Aufsicht einige Abstriche machen würden. Und ja, die Eltern sollten sich für die Hobbies ihrer Kinder interessieren. Das heisst aber nicht, dass man jeden Tag und mehrfach Fahrdienste anbieten muss. Usw.
Das ist der richtige Ansatz.
Nun ja, Perfektionist war ich wohl noch nie, darum musste ich das nicht lernen….
SP – Ja, ab einem gewissen Alter, muss man auch da etwas runter kommen. Ich habe sehr viel Zeit mit meinen Kindern verbracht, aber mir fällt auf, dass das heute mit den Vereinen total übertrieben wird. Eltern müssen den ganzen Tag am Judo oder Unihockey Turnier ausharren, 5 Orchesterkonzerte im Jahr besuchen… und da ALLE Eltern kommen, wären die Kinder sehr enttäuscht, wenn die eigenen nicht kommen. Das ist verrückt und nicht wirklich förderlich für das Kind.
Mein Kleiner sprang das erste Mal vom 5 m Turm, als er alleine mit den anderen in der Badi war. Ohne Eltern.
@Roxy: Die Badi ist ein Fall für sich. Nein, im Alter da meine Kinder erstmals vom Turm sprangen durften sie definitiv noch nicht allein ins Freibad.
Und natürlich bin ich bei meinen Kindern auch vollumfänglich bei ihren Turnieren und Wettkämpfen dabei, vielfach auch als Vereinsleiter. Ebenso bei allen Konzerten und Aufführungen. Ich empfinde das als Wertschätzung und Unterstützung. Aber ich mache das auch gerne.
Mir geht es eher um den Alltag unter der Woche. Da möchte ich meine Kinder schon zur Selbstständigkeit erziehen. Sie sollen also auch mal ohne Aufsicht allein zu Hause sein, frei im Freien spielen dürfen, und selbstständig ihre Hobbies aufsuchen.
Aber SP, meine Kinder haben nicht die Gene eines Sportlehrers… da war bei 3 Meter Schluss.
Und als Sportlehrer wird ihr Enthusiasmus für Turniere grösser sein.
Aber ich musste kürzlich an einem solchen Elternauflauf daran denken, dass an unseren Grümpeli keine Eltern anwesend waren. Wir haben selbst die Mannschaft zusammengestellt, selbst die einheitlichen Tenues besorgt, selbst die Turnierpläne gelesen, selbst zum Turnier gefahren, selbst nach Hause….
Davon wären die heutigen Mittelstufler komplett überfordert. Wenn nicht die Eltern alles organisieren, liefe gar nichts. Ihre Begeisterung ist definitiv kleiner und sie spielen in erster Linie für die Eltern….
Hinzu kommt: 1-2 mal im Jahr oder ständig?
„Mir geht es eher um den Alltag unter der Woche. Da möchte ich meine Kinder schon zur Selbstständigkeit erziehen. Sie sollen also auch mal ohne Aufsicht allein zu Hause sein, frei im Freien spielen dürfen, und selbstständig ihre Hobbies aufsuchen.“
Das ist doch eher der Normalfall und keine besondere Leistung. Oder kennen Sie Eltern, wo die genannten Dinge nicht zutreffen?
@ Roxy
Heute kann ich mich Ihnen völlig anschliessen. Der Musiklehrer meines Kindes (9) war auch überrascht, dass ich nicht vorhabe, jede Stunde mit im Raum zu sitzen und ihm beim Spielen zuzuhören, sondern während dieser Zeit den Wocheneinkauf erledige. Ich hingegen war überrascht über sein Erstaunen und fragte bei meiner Freundin nach. Sie erklärte mir, sie sei also immer dabei und zudem hätten die Eltern noch einmal pro Monat ein unverbindliches Treffen, wo aber alle kommen und sich darüber austauschen, wie man die Kinder beim Üben unterstützen und motivieren kann. Ich bin noch keine 40, aber die Zeiten haben sich diesbezüglich völlig verändert. Da suchte ich mir meine Hobbies und meine Eltern ihre eigenen…
@RoXY: Kinder unter 10 sollen nicht allein ins Freibad. Das Problem wird häufig diskutiert, weil die Aufsicht bei den Badmeistern bleibt.
Die Erinnerung mit den Grümpis deckt sich teilweise mit meiner. Aber schon damals war mein Vater an allen Wettkämpfen dabei, die Mutter an allen kulturellen Veranstaltungen. Und als Vereinsleiter weiss ich einfach: Da wo die Eltern nie auf Platz sind, sind auch die Kinder früher oder später nicht mehr dabei. Weil sie zu wenig Unterstützung erhalten, wenn einmal etwas nicht top läuft.
Aber klar ist: Man muss nicht immer volle Zeit dabei sein.
@Peter S. Grat: “ Oder kennen Sie Eltern, wo die genannten Dinge nicht zutreffen?“ Ja, zur Genüge. Sonst müssten wir ja auch nicht so viel über „Betreuung“ und dessen Kosten diskutieren. Und neben dem Fussballtraining würden nicht 20 Elternpaare mit 30 Autos stehen, um die Kinder wieder abzuholen…
@RoXY
„Davon wären die heutigen Mittelstufler komplett überfordert. Wenn nicht die Eltern alles organisieren, liefe gar nichts.“
Da unterschätzen Sie mMn die Kinder/Jugendlichen.
ABER: Es liefe dann evtl. anders, als dass die Eltern meinen es müsse laufen. Und das wiederum käme wohl bei einigen Eltern schlecht an…
@13: Allerdings haben sich auch die Ansprüche der Eltern an die Freizeitleiter/innen ihrer Kinder massiv gewandelt – sie sind viel anspruchsvoller gewesen.
Und ich erinnere mich noch gut, dass man früher Kinder bei Fehlverhalten nach Hause geschickt oder im Ausnahmefall auch mal ein Training abgebrochen hat.
Man sollte das heute mal versuchen – die Eltern sind in der Zeit doch beim Einkauf…
PS: Also meine Kinder gehen allein in die Musik.
@ SP
Die einkaufenden Eltern haben aber heute ein Smartphone in der Tasche….sollte ein Kind nach Hause geschickt werden müssen, wäre man innert wenigen Minuten da. In meinem Fall sogar schneller als von zu Hause aus. Daran kann es kaum liegen. Und die Vorstellung, dass die Eltern die Kinder zwar zu einer grossen Selbständigkeit erziehen sollen, aber gleichzeitig immer zu Hause sein sollen, wenn diese in der Schule oder beim Fussballtraininig sind (während sie sie umgekehrt lernen sollen, mal alleine zu Hause zu bleiben), ist total widersprüchlich.
Allerdings kann ich mich in all den Jahren Musikunterricht, Unihockeytraining, Kirchenchor, Pfadi nicht erinnern, dass irgendwann ein Kind nach Hause geschickt wurde oder eine Unternehmung unterbrochen wurde. Wozu auch?
@ Sportpapi: Sie kennen tatsächlich mehrere Eltern, die ihre Kinder nicht draussen spielen lassen, die sie nie auch nur 5 Minuten alleine zu Hause lassen und bei denen die Kinder ihre Hobbys nicht selber auswählen?
Das kann ich irgendwie gar nicht glauben. Was es alles so gibt….
@ Sportpapi: Zudem vermischen Sie hier zwei Dinge. Dass man kleine Kinder bei doppelter Berufstätigkeit (aus was für Gründen auch immer) nicht tagelang alleine lässt und deshalb irgendeine Form von Betreuung braucht leuchtet ja dem Hinterletzten ein.
Das hat aber natürlich nichts mit „zur Selbständigkeit erziehen“ zu tun, in dem man die Kinder altersentsprechend anfängt zuerst für kurze Zeit, dann länger, alleine zu Hause zu lassen. Und da kenne ich niemanden, der das nicht so handhabt – ob Paare mit Vollzeitmami/papi oder doppelter Berufstätigkeit.
Dass Sie soviele Eltern kennen, die das nicht so praktizieren wäre ja geradezu unglaublich, wenn es nicht so unglaubwürdig erschiene.
@13: Warum solltest du schnell da sein können, wo der Trainer doch nur das Kind nach Hause schicken will?
Und nein, du musst auch nicht zu Hause sein. War man früher auch nicht. Da war dann einfach das Kind schon wieder da, unerwarteterweise, und musste ein paar unangenehme Fragen beantworten. Heute gehen diese Fragen an die Vereinsleiter…
Wozu auch? Um den freiwillig Leitenden und die interessierten Anwesenden zu schützen? Wenn du das noch nie erlebt hast, gut für dich!
@Peter S. Grat: Ich sehe gerade die zwei Dinge nicht. Von tagelang allein war nie die Rede – diese Kinder hat man schon früher Schlüsselkinder genannt.
Aber ein Schulkind kann auch mal um 15 Uhr von der Schule kommen, wen die Eltern erst gegen 18 Uhr da sind. Ist das heute noch üblich?
Und gell, Hobbies aufsuchen und aussuchen ist nicht das gleiche!
Ich weiss jetzt grad nicht was Sie mir mit Ihrer letzten Antwort mitteilen wollen. Ich bin einfach erstaunt, dass Sie offenbar zahlreiche Eltern kennen, die ihre Kinder nicht draussen spielen lassen. Das glaube ich Ihnen schlicht nicht.
Zudem: Sie fahren mit ihren Kinder offenbar zu jeder Hundsverlocheten, jeden Match wo diese mitmachen weil es Ihnen „wichtig“ ist, aber andere dürfen Ihre Kinder nicht ins Training fahren? Wo ist da der grosse Unterschied?
Liebe Frau Hager
….meine Rede! Wenn man das mal ausprobiert hat verliert man einen grossen Teil Stress! Wenn ich 100% Urlaubsvertretung auf der Arbeit mache bleibt der Haushalt praktisch komplett liegen….egal, der läuft ja nicht weg…