Baby-Kater: Als Mama ist eben doch alles anders!

Irgendwie gehts immer? Eben nicht! Ein Baby stellt das Leben ganz schön auf den Kopf. Foto: «Let down»/Netflix
Ich bin gut ausgebildet. Ich bin karrieretechnisch gesehen im sogenannten goldenen Alter. Ich bin Chefin. Ich bin Mutter. Ich bin Perfektionistin. Mottos sind ja total Neunziger, aber wenn ich mich auf eins festlegen müsste, das mich und mein Leben beschreibt, dann wohl dieses: «Irgendwie geht es immer». Aber in den letzten Wochen musste ich schmerzlich merken: Das tut es eben nicht.
Als ich wieder einmal nach der Arbeit zum Tram gerannt bin, fiel ich der Länge nach hin und schürfte mir meine Knie auf. Gerannt bin ich, damit ich meine Tochter noch sehe und ins Bett bringen kann. Ich habe es geschafft. («Irgendwie geht es ja immer!») Aber ich muss an dieser Stelle auch gestehen, dass ich, als ich neben ihrem Bettchen wartete, bis sie eingeschlafen war, unter der Bettdecke Büromails gecheckt habe. Das mache ich nicht immer so, aber es kommt eben vor. Und ich fühle mich deswegen schuldig. Schliesslich ist das doch unser Moment. Sollte ich sie also nicht andächtig beim Einschlafen beobachten und dankbar sein, für die Gluckslaute, die sie im Halbschlaf macht? Sollte ich. Leider bin ich aber zu sehr damit beschäftigt, mich schuldig zu fühlen, dass ich nicht mehr im Büro bin.
Trinkt für mich weiter!
Neulich war ich auf einer Party einer sehr guten Freundin. Ich wusste: Am nächsten Morgen um sechs Uhr wird das Baby wach werden. Ich wollte tanzen und sinnlose betrunkene Gespräche führen. Jede Minute, die ich länger blieb, würde aber eine Minute weniger Schlaf bedeuten. Und damit auch eine neue Woche, die mit einem Energielevel von unter null beginnen würde. Dabei ist doch das Wochenende meine einzige Gelegenheit, den Energiehaushalt ein wenig aufzutanken. Um ein Uhr verliess ich also die Party. Früh für meine Verhältnisse – jedenfalls bevor ich Mutter wurde. Meine Freunde versuchten, es nicht persönlich zu nehmen, aber ich glaubte in so manchem Gesicht das Bedauern zu sehen, dass es nun nicht mehr wie früher war. In solchen Momenten mache ich gern ironische Bemerkungen wie: «Trinkt für mich weiter, ich muss Windeln wechseln.»
Um sechs Uhr morgens, man kann wirklich die Uhr danach stellen, war das Baby hellwach. Dieses Wesen mit dem zuckersüssen Grübchen-Lächeln, den strampelnden Beinchen und Ärmchen. Sie patschte mir ins Gesicht, und ich hätte heulen können. Aber nicht vor Glück. Mein Mann hatte die Nachtschicht zuvor geschoben, es war also nichts zu machen – ich war dran. Nach einem erfolglosen Versuch, die Kleine wieder in den Schlaf zu wiegen, schleppte ich mich aus dem Bett, zog etwas, das wohl mal ein Kleid gewesen war, an, setzte eine sehr grosse, sehr dunkle Sonnenbrille auf und lief verkatert und planlos mit meinem Baby und meinen düsteren Gedanken durch den Wald: «Muss ich jetzt akzeptieren, dass ich in keiner Situation jemals wieder voll im Moment sein werde? Ich liebe mein Kind, aber manchmal soll bitte einfach alles so sein wie früher.» Nur ist eben nichts so wie früher. Und ich weiss manchmal (noch?) nicht, wie ich damit umgehen soll.
Weil ein Teil von dir stirbt…
Lernt man das mit der Zeit? Andere Mütter scheinen diese Probleme jedenfalls nicht zu haben. Ich höre sie immer nur flöten, dass sie ja jetzt die besseren Arbeitnehmerinnen seien, weil sie endlich wüssten, wie man priorisiert. Ich kann den Satz: «Alles eine Frage der Organisation!» nicht mehr hören. Und mal ehrlich: Um Priorisierung geht es gar nicht in erster Linie. Es geht als Neu-Eltern vielmehr darum, zu akzeptieren, dass ein Teil von dir gestorben ist und du ihn vorerst beerdigen musst. Allein schon der eigenen Gesundheit zuliebe. Das zu akzeptieren, ist wahnsinnig schwer. Wie oft verfolge ich auf Instagram die Leben meiner Freunde und werde wehmütig. Passiert das mit den Prioritäten bei anderen wirklich einfach von heute auf morgen, ganz selbstverständlich? Kind da, und schon ist glasklar, was priorisiert werden muss? Beziehung, Kind, Job? Ganz klar: natürlich das Kind! Ganz klar: natürlich der Job? Und was ist mit den Freunden?
Fassen wir mal zusammen: Wenn ich nicht zu Hause bin, fühle ich mich meinem Kind gegenüber schuldig. Wenn ich zu Hause bin, fühle ich mich schlecht, weil ich nicht im Büro bin. Weil ich nichts für unsere Gesellschaft tue, denn eigentlich sollte eine Frau in einer Führungsposition aus feministischer Sicht doch möglichst viel tun, um das altmodische System umzustossen, damit Teilzeitpensen, Jahresarbeitszeit und Remote Work zur Selbstverständlichkeit werden. Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt noch etwas anderes tue, als mich schuldig zu fühlen; das schlechte Gewissen schwebt über mir wie eine dunkle Wolke. Und das Schlimmste: Es ist hausgemacht! Man kann das System, den Partner, den Job oder die Gesellschaft verantwortlich machen. Fakt ist allerdings leider: Die perfekte Situation, um Kinder grosszuziehen, wird es hier wohl für die wenigsten von uns in nächster Zeit geben.
Scheiss auf das schlechte Gewissen!
Das Einzige, was wir tun können, ist also, unserem ständigen schlechten Gewissen die Freundschaft zu kündigen. Keine Angst, ich schlage jetzt auch nicht ganz viele tolle Achtsamkeits-Apps vor. Ich plädiere einfach nur dafür, jeden Tag ein kleines bisschen mehr im Moment zu sein. Mir scheint, dass die wahren Gewinnerinnen unter den Müttern nicht entweder die Erwerbstätigen oder die Hausfrauen sind – es sind die, die es schaffen, ihrem schlechten Gewissen den Stinkefinger zu zeigen.
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69 Kommentare zu «Baby-Kater: Als Mama ist eben doch alles anders!»
Das Kind gibt dem Leben erst seinen Sinn.
Es ist nicht immer ein Honigschlecken aber es bereichert ungemein.
Wieso nicht einfach dankbar sein, dass ihr Kind gesund ist und sie überhaupt nebenbei arbeiten und feiern können als langweilig darüber zu jammern wie streng das Leben mit Kind ist?
Sie haben absolut keine Ahnung wie streng das Leben mit Kind sein kann.
…aus den Augen verloren wird. Die Zuwendung zur selbstbewussten Weiblichkeit, zu sich und dem Innehalten im Wissen darum, dass Kinder haben keineswegs eine Nebensache ist. Sondern eine grosse Wertschätzung verdient.
ich bin da voll bei ihnen & denke sehr ähnlich wie sie!!
Ich kann die autorin verstehen, bei dem was sie durchlebt, hatte ansatzweise auch mühe damit dinge loszulassen, die (vorübergehend) eben nicht mehr zu einem leben mit kind passen… man gibt dinge ab, auch solche, die man sich vorher vielleicht dank viel einsatz erarbeitet hat. Was man stattdessen alles dafür bekommt entdeckt man oft erst mit der zeit.
nein, es stirbt kein teil von einem! Im Gegenteil: man transferiert & entwickelt sich. Man lässt sich von den neuen erfahrungen den horizont erweitern & überdenkt auch einmal seine wahren werte, statt in den alten denkmustern zu verharren… das gilt des übrigen für Mütter wie Väter genau gleich!
„Trinkt für mich weiter, ich gehe dann einmal Windeln wechseln“ ist kein lustiger & schon gar nicht feministisch-emanzipierter Spruch, sondern Selbsterniedrigung & und heruntermache vom wahren Wert der Aufgabe für ein Kind verantwortlich zu sein. Es ist der Versuch den anderen zu gefallen, statt sich selber.
In die gleiche Kategorie gehört etwa dieser Spruch: „Nur Windeln wechseln würde mir langweilig. Für Windeln wechseln bin ich überqualifiziert“.
…das sehe ich genau so, die ich Entwicklung durch meine Tochter und das bewusste einlassen und auseinandersetzen mit der Begleitung eines Kindes hat mich um so viel Lebenserfahrung reicher gemacht, welche ich auch in mein Berufsleben einfliessen lassen kann. Leider suggeriert uns die Gesellschaft und das Bildungssystem dass wir uns fast aufgeben und über unsere Grenzen hinaus gehen müssen, um möglichst „sehr gut“ oder noch besser ausgezeichnet zu sein. Innehalten wird uns nicht gelernt.
Deshalb der Schock des Mutterseins den ich auch kenne. Mittlerweile finde ich es gibt nichts Schöneres als die Langsamkeit eines Kindes, sein Blick für Dinge, die wir Erwachsenen verloren haben, weil wir es und nicht leisten vom fahrenden Zug zu steigen und innezuhalten.
..Zeit und Bewusstheit.
Wie kurz erscheinen mir im Nachhinein die ersten vier Jahre meiner Tochter bis zum Kindergarten. Und wie gern hätte ich meine ganze Zeit investiert, denn Arbeiten, kann ich noch jahrelang. Wie froh wäre ich gewesen zu wissen, wie meine eigenen Prägungen mich in der Begleitung meines Kindes beeinflusst hat, und ich deshalb zu viel an Nähe leider nicht ausgehalten habe.
In der Diskussion über hochprozentig berufstätige Mütter frage ich mich in letzter Zeit oft, ob es nicht sinnvoll wäre, dem Muttersein und der Wichtigkeit dieser schönen Aufgabe (wie prägen wir die Menschen der Zukunft) neue Wertschätzung entgegenzubringen.
Ich würde mich selbst als emanzipierte Frau beschreiben, nur frage ich mich, ob in diesem Fall zugunsten des Kampfes, genügen zu wollen…
Ich war mit meinem Kind eins schon ab Schwangerschaft. Dieses Verantwortungsgefühl und Beschützerinstinkt kannte ich zuvor nicht. Mindestens nicht so stark ausgeprägt. Es gibt nichts schöneres als Kind zu bekommen.
Gut organisiert geht vieles. Zum Stein des Unfalls wird erst die Abhängigkeit von Ignoranten und Besserwisser.
Meine Frauenärztin sagte mir damals, dass es 9 Monate braucht, bis ein Kind auf die Welt kommt und 9 Monate, bis man sich als Mutter an das Kind gewöhnt hat.
Habe ich das vor der Geburt noch eher belächelt, scheint es mir rückblickend recht wahr zu sein.
Wir sind alle voneinander abhängig. Das ganze System, die ganze Erdkugel, der Lauf der Planeten beruht auf Abhängigkeiten.
Wer alleine lebt, muss sich kaum einschränken, kann tun und lassen was, wann, wo und mit wem er/sie etwas tun will. Sobald er/sie aber andere Lebewesen in sein/ihr Leben lässt, wird es zwangsläufig zu Einschränkungen kommen. Je mehr diese Lebewesen von einem abhängig sind, desto grösser die Einschränkungen. Wer mit einer solchen Situation nicht umgehen kann oder will, sollte ganz bewusst alleine bleiben.
Und irgendwann hat man sich an das neue ich gewöhnt…. Und macht dann neue Dinge, die man ohne Kindern niemals gemacht hätte und findet diese sogar gut, z.B. Club Ferien. Alles zur seiner Zeit halt!
haben…
Weil unsere Mütter nie die Wahl hatten, mussten sie sich auch nie mit der Qual der Wahl beschäftigen. Das ist nun für unsere Generation etwas sehr Neues & fast jede Frau/Neumutter/Neueltern die ich kenne, stolpern darüber & sie sind irgendwie erstaunt darüber…
Ein ständiges schlechte Gewissen würde ich aber trotzdem als Signal deuten, dass Anpassungen an die neuen Umstände & die eigenen Bedürfnisse notwendig sind…
Ein sehr spannendes Thema…
Meine Erfahrung nach ein paar Jahren mit zwei Kids ist die: man kann nicht alles -und schon gar nicht auf einmal – haben. Egal was man tut oder aber auch lässt, es gibt immer(!) Opportunitätskosten, also die Kosten die man trägt, weil man sich für etwas entscheidet und damit etwas anderes nicht haben kann.
Will ich die Zeit mit den Kindern voll verbringen, verzichte ich auf die berufliche Seite. Will ich weiter Karriere machen, verzichte ich auf viel Zeit mit den Kindern. Will ich beides haben, verzichte ich darauf mich auf das eine oder andere wirklich einlassen zu können…
Ich denke unsere Generation ist im Irrglauben aufgewachsen, dass wir alles haben können. Wir dürfen zwar inzwischen (weitgehend) wählen wie wir leben, trotzdem können wir nicht alles
Sie beschreiben genau die Missverständnisse der Emanzipation/Gleichberechtigung. Man/Frau hat die Wahl, kann aber niemals alles haben.
Ist man zerissen, hat man die falsche Wahl getroffen, ändert diese, oder man ist weiterhin zerrissen.
Ich habe den Text nicht gelesen und werde ihn auch nicht lesen. Such die Kommentare. Oder allfällige gegen Kommentare.
Allein das Bild ist schon so was von daneben………
Ein interessanter Beitrag. Redet sonst keiner mit Dir ?
Und es ist eben doch eine Frage der Organisation, so banal es klingen mag. Nehmen wir das Beispiel mit der Party. Wenn ich weiss dass ich eine Nacht durchfeiern möchte, organisiere ich mich mit dem Partner doch so dass ich am nächsten Morgen eben nicht aufstehen muss. Meine Frau und ich machen das seit unserem Ersten Kind so, klappt in den meisten Fällen problemlos. Braucht etwas Planung, zugegeben. Und die kurzen und schlaflosen Nächte sind rückblickend schnell vorüber gegangen , Ehrenwort :-).
Bei Einladungen kann man aber nicht unbedingt die Schichten des Partners planen, während man eigene Unternehmungen/Partys halt um das Restleben herumplant.
Oder aber man feiert auch dann einmal bis in die Morgenstunden, wenn ausschlafen nicht drinliegt und trägt die Konsequenzen.
Evtl war der Zeitpunkt Kinder zu bekommen war massiv verfrüht?! Der Text löst bei mir fast Wut aus und ich frag mich echt, woher diese rapide Degeneration der Lebenstüchtigkeit kommt. Ich hatte auch eine Karriere mit 2 babies und einem Partner und Freude am Feiern. Wir erledigten das Anstehende meistens mit Grazie, Humor und einer gesunden Prise Selbstironie – Dauermüde, aber auch riesig dankbar für ein hammerschönes ja priveligiertes Leben. Lasst euch auf Veränderungen ein! Geniesst was ihr habt in vollen Zügen, es kann plötzlich weggenommen werden. Schafft euch aber auch ein Netz für wohlverdiente Pausen, notfalls bezahlt. Anyway, betrunken labern könnt ihr wieder im nächsten Jahrzehnt. Rollt Augen.
….ich kenne diese Gefühle zu gut. Und einige Jahre später bin ich zu meiner persönlichen Erkenntnis gelangt, dass das Anstreben dem modernen Frauenbild zu genügen mich sehr viel Kraft gekostet hat. Durch mein vieles Arbeiten, erledigen und überall sein, hatte ich nicht die Zeit, mich einzulassen auf – zwar alles andere (nicht richtig) – mich. Wie es mir damit geht, Mutter zu sein, was es mit mir macht. Mir dafür Zeit zu nehmen.
Ich wünschte mir für mich selbst ich hätte das gemacht. Jetzt, da ich weiss, dass in den ersten Lebensjahren eines Kindes, die Beziehungsfähigkeit, sowie anschliessend die Fähigkeit sich und seine Bedürfnisse ernst zu nehmen und dafür einzustehen, von meinem Mann und mir geprägt wird, wünschte ich, ich hätte mir auch deswegen mehr Zeit genommen…
Nun ja, man kann nicht alles gleichzeitig und sofort machen. Das einfache Mantra, >>Konzentrier‘ dich auf das eine Wesentliche<< im Moment sei wohlgemerkt. Dann klappt auch wieder vieles.
Sie haben keine Kinder, oder?
Wenn Sie zu Hause sind, dann tun Sie durchaus etwas für die Gesellschaft: Sie ziehen Kinder gross und nehmen somit Ihre Verantwortung war. In der Wirtschaft mithelfen können Sie später wieder.
Genau !!!
Ich habe Entlastung gefunden, indem ich alles outsource, wie anno dazumal meine Grosseltern, die sich auch Angestellte (Kindermädchen, Haushaltshilfe, Internat) leisten konnten:
1. Kind isst mittags im Tagi, wenn es nachmittags Schule hat. = 3 ganze effiziente Arbeitstage für mich! Diese Mittage nutze ich zum Lunchen mit Freunden.
2. Einkaufen: Coop@Home = Samstag freier Nachmittag für Familie!!!
3. Putzfrau: in 3 Stunden fit und konzentriert putzt sie besser als ich übermüdet am Abend
4. Ferien: Omas / Tagi / Nanny und ansonsten mit Ehemann im Schichtbetrieb
Ich arbeite es weil es mir mehr Spass macht als meinen Kindern beim basteln zuzuschauen und ich stehe auch dazu. Die gesellschaftliche Sicht ist mir ehrlich gesagt egal.
Punkt 2 und 3 habe ich einer befreundeten Familie auch schon vorgeschlagen, die immer wieder am Anschlag sind. Am Geld würde es nicht scheitern (Coop@Home bekommt man meist ohne Liefergebühren, Einkaufskosten bleiben sich also gleich). Aber das latent schlechte Gewissen verhindert es… dass man dann als faul gelten würde, oder was wohl die Nachbarn/Freunde/Familie dann darüber denken. Ich finde schon auch, dass man solche Leistungen ruhig nutzen sollte und dafür mehr Zeit für die Kinder (oder auch für sich selbst oder Paar-Zeit) hat.
Ja, so stellen sich viele Familien selbst ein Bein. Meine (versicherte) Haushaltshilfe kostet mich rund 300 im Monat. Wir haben klar aufgeteilt was sie macht und was ich mache. Weil ich bei Coop konzentriert einkaufe (mit Liste und in Multipacks) und mir alles liefern lasse, habe ich nicht mal ein Auto… Meine Standardbestellung ist hinterlegt. Wocheneinkauf? 15 Min. Aufwand und Lieferung abends am Folgetag.
Kinderkleider: immer aus einem guten Onlineshop, wo ich weiss, welche Hose passt. Kleiderkauf pro Saison: 15 Min.
Geschenke für Kindergeburtstagseinladungen kaufe ich immer alle auf einmal und auf Reserve. Wenn ich ein Geschenk für ein Gspänli brauche, gucke ich im Schrank was zum Kind passt. Spart sehr viel Zeit.
Wunderbar auf den Punkt gebracht! Meine Partnerin und ich arbeiten beide 80% und teilen uns die Kinderbetreuung – trotzdem haben wir beide ab und zu 100% schlechtes Gewissen… Ein Hoch dem Stinkefinger!!! 🙂
Ich fände mal interessant zu wissen, was der Auslöser bei Euch ist, ein schlechtes Gewissen zu bekommen. So wie es hier beschrieben wird, macht Ihr es doch optimal. Beide konntet Ihr Teilzeit arbeiten und beide teilen sich die Kinderbetreuung. Was kann es da noch geben, was ein schlechtes Gewissen initiiert ? Irgendwelche ‚guten‘ Freunde oder Superhelikopter Mammis ??
Liebe Frau Krause-Blouin
Sie SCHREIBEN mir von der SEELE. Genau so geht es mir seit 16.5 Monate…. Ich glaube es liegt an unserer Generation: gut ausgebildet, viel Freiheiten & Möglichkeiten des Lebens bis 30 genossen und dann einen tollen Mann gefunden – der unserem Glück zuhause miterzieht und dabei ist, dass Mama&Frau und Arbeitnehmerin auch weiter Teil der Gesellschaft ist.
Dass Sie ihrem schlafenden Baby gegenüber ein schlechtes Gewissen haben, zeigt sehr schön, wie absurd dieses Gewissens-Ding ist. Das Kind schläft, es merkt nicht, ob Sie es anstarren oder Mails schreiben. Sie waren da, als es einschlief, haben es gestreichelt und mit ihm gesprochen, die Zeit genossen. Sie entscheiden sich, neben ihrem schlafenden Kind zu bleiben, weil es schön ist, und schreiben ein paar Mails…ist doch toll, und es gibt durchaus üblere Arbeitsplätze. Machen Sie es, und bitte lassen Sie das schlechte Gewissen weg, es gibt absolut keinen Grund dafür. Sie schreiben, dass Sie das nicht immer so machen, warum müssen Sie das erwähnen? Machen Sie, was für Sie stimmt, ohne Rechtfertigung und aus Überzeugung. Es ist Ihr Leben und Sie entscheiden, wie Sie „geniessen“ definieren.
Irgendwie geht es immer – wer das wohl erfunden hat und warum ? Doch wohl nur deshalb, um uns beim schlechten Gewissen zu packen und noch mehr Leistung herauszuquetschen, als eigentlich normal ist.
Generell rückt man enger zusammen, wenn die Zahl der Arbeitenden vom Arbeitgeber runtergefahren wird und schafft die Arbeit auch weiterhin. Siehe Krankenpflegepersonal im KH. Und Mutter-Vatersein stellt das Leben in der Tat auf den Kopf. Man kann es vor der Geburt nur theoretisch vorstellen, was es bedeutet, viele Freiheitsgrade zu verlieren. Wenn es dann zur Praxis kommt, sieht es trotzdem ganz anderes aus.
Aber man wollte doch Kinder bekommen oder ? Also muss man da durch – ohne wenn und aber. Die verlorene Freiheit kommt wieder, garantiert. Dauert nur etwas.
Es ist mE nicht ehrlich, wenn man Frauen vormacht, dass alles möglich ist. Ich kann nicht 100% beim Kind sein, 100% im Job verfügbar, 100%gleich für Freunde… Zumindest dann nicht, wenn ich überall „perfekt“ sein will. Ich habe daher gekündigt weil es mich innerlich zerrissen hat :War ich Zuhause dachte ich an die Arbeit. Die Zeit, in der die Kinder so klein sind, ist so kurz. Daher habe ich mich beim 2. dafür entschieden, im Moment 100% bei den Kindern zu sein. Meine Lebensqualität und mE auch die der Kinder ist gestiegen. Es gibt aber viele Frauen, welche Arbeit als Ausgleich für das Muttersein brauchen, das ist nat. auch ok. Mich hätte es aber zerrissen und ich bin dankbar, hatte ich überhaupt eine Wahl.
Das Problem ist nicht das Baby, sondern dass sie sich schlecht fühlen, wenn sie nicht im Büro sind. Sie arbeiten also Überzeit, damit Teilzeitpensen und remote-working möglich werden ? Wenn sie selber aber nicht daran glauben, wie soll denn das möglich sein ?
Wer in einer Führungsposition sitzt, müsste doch wissen, wie Prioritäten setzen und Verantwortung für getroffene Entscheide übernehmen funktioniert. Dann bleiben auch die Schuldgefühle weg.
Als meine Tochter im Babyalter war, habe ich ganz pragmatisch komplett aufs Alkoholtrinken verzichtet (und zwangsweise Weinflaschen à gogo verschenkt 🙂 ). So einfach geht das.. Ohne Drama, ohne Unbill. Als bald 48-Jähriger, 50%-Teilzeiterziehender (welch‘ Unwort!), mit einem mittlerweile doch gerüttelt Mass an diversen Erfahrungen mit Frauen, muss ich doch noch erwähnen: Wäre ich ihr Mann, es würden bei mir die Alarmglocken anfangen zu schlagen. Aber das ist ein anderes Thema.
«Wenn ich zu Hause bin, fühle ich mich schlecht, weil ich nicht im Büro bin. Weil ich nichts für unsere Gesellschaft tue…». Wenn Sie zu Hause sind, erziehen Sie Ihr Kind und je nachdem wie gut (was das heisst, muss jeder/jede für sich selbst bestimmen) Sie das tun, tun Sie damit mehr für die Gesellschaft, als wenn Sie im Büro sitzen.
Da hat der Arbeitgeber aber einen vortrefflichen Job gemacht, das Sie schlecht fühlen, wenn Sie nicht an Ihrem Arbeitsplatz sind. Man kann überall etwas für die Gesellschaft tun, nicht nur an Ihrem Arbeitsplatz. Helfen Sie in einer Suppenküche, fahren Sie TixiTaxi, betreuen sie freiwillig alte Menschen, stehen sie in der Bahn auf, um einem Älteren Ihren Platz anzubieten, gehen Sie für einen Hilfsbedürftigen einkaufen, geben Sie Asylanten Sprachunterricht, werden Sie Tagesmutter.
Und noch etwas: Ich sehe hier eine starke Frau, die ihr Kind, ihren Job und ihre Freunde liebt und es irgendwie schafft, so vielem gerecht zu werden. Das ist grossartig und muss endlich von der Gesellschaft respektiert werden. Nein, die Entscheidung sollte nicht lauten: Karriere oder Kind, sondern: Beides! Und das ohne schlechtes Gewissen. Die Arbeit im Büro geniessen, zuhause die Mamizeit geniessen. Und die Priorisierung muss lauten: Ich komme an erster Stelle! Nicht aus egoistischer Sicht, aber man neigt dazu, sich selbst bei all dem Stress zu vergessen, das kann fatale Folgen haben. Man braucht aber die Kraft, um alles zu meistern. Weiter so, vertrauen Sie sich!
Wie kann man nur einen MamaBlogs höher bewerten als ein Kind aufzuziehen? Insbesondere mit der Erziehung eines Kindes machen Sie etwas für die Gesellschaft, und nicht mit dem Schreiben von mamablogs… Es ist mir ein Rätsel wie man so eine Einstellung dem eigenen Kind gegenüber haben kann!
Ich habe 3, und verdanke Ihnen eine wunderbare Zeit, und dass ich Teilzeit arbeiten darf…
Als alter Vater bin ich mir bewusst, dass wenn ich jünger Vater geworden wäre, ich viel mehr vermisst hätte. Jetzt sage ich, ich hatte genug davon und es war Zeit für etwas Neues, viel interessanter und befriedigender als noch eine durchzechte Nacht.
Genau mein Gedanke!
Bei mir hat es gut 2 Jahre gedauert, bis ich akzeptieren konnte, dass das Leben als arbeitstätige Mutter einfach nicht so ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Nicht negativ gemeint, aber man muss in vielen kleinen Dingen kämpfen – gegen die Zeit, gegen abschätzige Kommentare, gegen das schlechte Gewissen, gegen das Gefühl, im Schaufenster zu sitzen, gegen das Chaos zuhause;-) Aber mit der Akzeptanz kommt auch der Frieden, und manchmal die Einsicht, dass man nicht perfekt sein muss und trotzdem grossartiges leistet. Das schlechte Gewissen muss weg, es bringt niemanden etwas und führt nirgendwo hin. Lieber auf das positive konzentrieren und gut auf sich selbst achten.
Kinder zu haben ist freiwillig. Jetzt rumjammern ist peinlich. Dass Familie zu haben kein Spaziergang ist, sollte ja wohl klar sein.
Wenn niemand „rumjammert“, ist vielen eben genau nicht klar, was Elternschaft bedeutet. Aber vielleicht ist es ja auch gut, dass wir nicht alles wissen, sonst hätte ja kaum mehr jemand Kinder.
Ich verstehe Sie gut. Es ist ein Prozess, das Mutterwerden, das neue Leben annehmen, das Alte verlassen. Aber: der Anfang ist das Härteste. Man wächst tatsächlich hinein und wenn die Kinder 5 Jahre älter sind als Ihres, kann man sich Stückchenweise was zurück holen. Es sind nicht alle gleich. Es gibt Müttern, die sich ganz gut dem neuen Leben hingeben können. Bei mir hats auch gedauert…
Gleichberechtigung heisst, dass die Frau wählen kann. Hat sie sich nun dafür entschieden, Karriere zu machen, muss sie sich damit abfinden, dass sie wie Vollzeit arbeitende Väter so manches verpasst.
Dieser Beitrag berührt mich, weil es die Zerissenheit einer Mutter dokumentiert. Vielleicht sind halt Frauen doch nicht gleich gestrickt wie Männer. Die biologische Verbindung von der Mutter zum Kind ist eben doch eine andere als zum Vater, der wohl kaum so einen Beitrag schreiben würde.
Wichtig ist, sich in dieser Situation zurechtzufinden, zum Wohlfühlsein zu finden, oder die Entscheidung, als Mutter Karriere machen zu hinterfragen und zu ändern.
Der Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Beziehung zu ihren Kindern ist nicht die Genetik. Sondern der eintägige Vaterschaftsurlaub, welcher Väter verunmöglicht, solche Gefühle zu entwickeln. Und wir Frauen, welche den Männern solche Gefühle nicht zugestehen!
Das ist Ihre Ansicht. Meine Überzeugung ist, dass unter normalen Umständen die Bindung Mutter/Kind im Mutterleib beginnt und Väter haben das nunmal nicht.
Es gibt auch viel mehr Väter, welche ihre Kinder im Stich lassen, als Mütter. Eine stärkere Bindung zur Mutter ist seit Urzeiten da, als die Männer noch nicht auswärts arbeiteten.
Auch könnte man sich mal mit (Kultur) schock von vielen Adoptivkindern auseinandersetzen, selbst wenn diese Kinder noch ganz jung sind.
Danke für den Text… genau so habe ich mich immer wieder gefühlt und fühle mich ab und zu immer noch… Klar, es sind privilegierte Situationen in denen wir leben, klar, es ist das Ankommen in einer Realität, welche viele Eltern zu gut kennen, aber in dieser Realität anzukommen ist im Moment hart, hart weil nichts mehr ist wie es war und gleichzeitig will ich überhaupt nicht dass es wieder ist wie es war, ausser ab und zu, für ein paar Stunden, an der Party um 0:59 🙂
Es ist ehrlich, einfach auch zu sagen, ich vermisse mein altes Leben manchmal, obwohl ich mein Kind über alles liebe und mein altes Leben doch nicht zurück möchte…
Und dieser Text ist für viele junge Frauen mit Baby und Kleinkind sehr realitätsnah! Danke dafür!
Grossartiger Text! Genau so ist es. Herzlichen Dank!
Danke!!!
Vielen Dank für diesen ehrlichen Text… Ich gehöre auch zu denen, die vom schlechten Gewissen zeitweise fast aufgefressen werden. Ich merke mir das mit dem „Stinkefinger“ und versuche es bewusster umzusetzen. 🙂
Alles Gute liebe Frau Krause-Blouin!
Danke für diesen Artikel! Die Zerrissenheit kenne ich nur zu gut. Von meinen Eltern habe ich mitbekommen, für mein eigenes Geld und meine eigene Rente zu sorgen und nicht von einem Mann abhängig zu sein. Mit Teilzeit-Pensum meldet sich das schlechte Gewissen ggü den Eltern und meinem feministischen Ich. Als ich aber regelmässig 2 weinende Kinder in Krippe und Hort abgegeben habe, war das schlechte Gewissen ggü meinen Kindern unübertroffen. Begleitet von eigentlich sehr lieben Kollegen, die einem sagen dass ich super Arbeit leiste und in einer anderen Diskussion feststellen, dass eine Mutter zu den Kindern gehört.
Es gibt Leute, die sich bewusst für etwas entscheiden und dann wirklich kein schlechtes Gewissen haben. Ich wüsste gern wie man zu diesem Selbstbewusstsein kommt!
Danke für Ihre ehrlichen Sätze, die tief blicken lassen.
Meine Antwort:
Indem man frei von Ideologie wird und sich nicht fremd bestimmen lässt. (Meinung der Eltern/der Gesellschaft).
Der grosse Schritt vom Jet-Set Leben in den Schweizer Familienalltag bzw. Mama-Alltag.
Will man weiterhin die Vorzüge des „früheren“ Lebens haben, dann bleibt wohl nichts anderes übrig als, dass man es sich im Haus mit Sicht auf den Zürisee im steuergünstigen Kanton Schwyz gemütlich macht, dem Husband den Rücken freihält, sich eine Nanny besorgt damit Zeit für Quality-Time, die Tätigkeit als freischaffende Journalistin, Networking und ehrenamtliche Tätigkeiten bleibt, so dass man nach 10 Jahre (über die gewonnenen / gehaltenen Beziehungen) wieder in die Arbeitswelt zurückkehrt.
Wäre schön, wenn der Blog wieder etwas „realitätsnäher“ wird. Danke
Realitätsnaher oder näher an Ihrer Realität, Herr Bünzli? Mich deucht nämlich, wenn ich andere Kommentare hier so lese, dass die Autorin sehr wohl die Realität vieler Mütter ganz gut trifft.
„Kind da, und schon ist glasklar, was priorisiert werden muss?“
Nein, nicht erst, wenn das Kind da ist. Diese Priorisierung macht man (im Idealfall zusammen mit dem anderen Elternteil) bereits, bevor das Kind „da ist“.
Gelassenheit!! Mein Motto: „So wichtig bin ich nicht“. Lese ich die Büromails heute nicht mehr, geht der Betrieb deswegen nicht unter. Sehe ich meine Kinder heute abend nicht mehr, so schlafen sie deswegen nicht schlechter, mögen mich nicht weniger und gedeihen nicht schlechter. Schwänze ich einen „Pflichtanlass“ erinnern sich daran in 1 Woche noch 2 Personen, in 3 Monaten niemand mehr. Eine Party früher zu verlassen führt vielleicht zu etwas Wehmut beim Gehen. Aber schauen Sie sich doch morgens um 06:00 Uhr im Wald um, hören Sie auf die Vögel, atmen Sie die frische Luft und geniessen Sie den Gedanken an den langen freien Sonntag, der vor Ihnen liegt. Ist doch viel schöner, als um 12:00 Uhr verkatert aus dem Bett zu kriechen!
Hängt davon ab, was man als perfekte Situation betrachtet. Für die einen ist es ja vielleicht perfekt wie es ist. Aber das ist natürlich individuell.
Obwohl ich auch arbeite und Kinder habe fällt es mir schwer, das Statement der Autorin nachzuvollziehen. Partyleben, Karriere und Kinder beißt sich letzten Endes immer. Auch bei Männern. Auch im Ausland. Wenn man wirklich Zeit mit den Kindern verbringen will. Und ein schlechtes Gewissen muss nicht sein, wenn man sich bewusst für das eine oder das andere entscheidet. Alles haben geht nicht. Da gehört nun mal auch Verzicht dazu. Ist überall so. (Das versuche ich schon meinen Kindern beizubringen. )
Jedenfalls sollte man dazu bereit sein. Und wenn es Verzicht auf Babyzeit ist, auch ok. Aber ein schlechtes Gewissen ist irgendwie unehrlich.
@Coco
„Aber ein schlechtes Gewissen ist irgendwie unehrlich.“
Nicht nur unehrlich, sondern auch inkonsequent.
Das Leben der Autorin wird gerade einem Reality-Check unterzogen: Theorie trifft auf gelebte Realität. Aber anstatt das anzunehmen, und sich einzugestehen, dass sich das Leben und der eigene Lebensentwurf entwickelt, klammert man sich an Ansichten und Vorsätze, nicht ohne zu realisieren dass man daran nur scheitern kann.
Was sie erlebt, ist normal und Ausdruck des Spagats den wohl 95% der berufstätigen Eltern mit- und durchmachen (einzig der ideologische Ballast müsste nicht sein). Man wächst aber daran und entwickelt sich weiter, was nicht per se schlecht ist. Klammern an dem, was gewesen ist, hilft nicht weiter, bedeutet zudem unter dem Strich das Ggt. von Entwicklung.
Ich finde MF analysiert das sehr gut.
Aber natürlich sollten wir nicht auf dem allzu hohen Ross die Kritik anbringen.
Wenn unser Leben sich grundlegend verändert, ist es normal, dass wir eine Zeit lang (zusätzlich) leiden, weil wir noch in alten Denkstrukturen verhaftet sind.
Indem die Autorin darüber schreibt, hat sie mit der Reflexion bereits begonnen.
Dass Ideologie in keiner Weise hilfreich für den Fortschritt ist, bemerkt ihr ja beide.
Völlig zu recht!
sollte unter Milas Antwort stehen
Ich sehe das ein bisschen anders. Ja, es fällt der Autorin vielleicht nicht rundum leicht, sich ganz auf die neuen Gegebenheiten einzulassen – aber wem tut es das schon? Höchstens jemandem, der vorher im Grunde kein Leben hatte.
Es ist ein Lernprozess, und davon wird im Beitrag berichtet. Wenn man mich heute fragen würde, wie lange es bei mir ging, bis ich mich vollständig als Mutter gefühlt, und in der neuen Rolle (ein-)gefunden habe, würde ich sagen: mindestens zwei Jahre. Und ich hatte noch nicht einmal eine Doppelbelastung.
Also Kopf hoch, wird schon. Und immer daran denken: es muss nur für die Familie und einen selbst stimmen – für niemanden sonst. Schon gar nicht für irgendwelche abstrakten gesellschaftlichen Soll-Zielvorstellungen.
Ich denke nicht, dass es nur denjenigen leicht fällt, die vorher kein Leben hatten. Im Gegenteil. Ich wurde eher spät Mutter, habe vorher meine Freiheiten ausgiebig genossen. Mir war aber auch klar, dass ich dieses Leben für ein paar Jahre aussetzen muss, aber eben nur für ein paar Jahre. Meine zwei Kleinen sind nun 4 Jahre alt und ich kann schon wieder sehr viel mehr weggehen. Genauso ist es doch auch im Job. Nach ein paar Jahren sind die Kids selbst ständig weg, Schule, Freunde etc. Dann erledigt man halt ein paar Jahre lang nicht alles zu 100% perfekt, oder aber man sagt bewusst nein zur Kleinkindzeit. Ich finde, jeder muss das selbst entscheiden. Aber auch die Konsequenzen tragen ohne schlechtes Gewissen. Das klingt so unreif. Meine Kids lernen genau drum, selbstbewusst nein zu sagen.
Und ja, genau. Man muss eben niemandem gerecht werden und irgendeiner gesellschaftlichen Wertevorstellung entsprechen. Unter anderem hier sehe ich die Unreife. Selbstbewusst zu eigenen Entscheidungen zu stehen ist überaus wichtig im Leben. Aber auch, sich der Konsequenzen dieser Entscheidungen bewusst zu sein. Beides sollte man irgendwann im Leben lernen.
Ich hab sicher auch mal den einen oder andern geschilderten Moment. Aber bei der Autorin scheint der Zustand dauernd so zu sein („wie oft verfolge ich auf Instagram wehmütig…“, „das schlechte Gewissen verfolgt mich wie eine dunkle Wolke“). Dass dann auch noch hinterfragt wird, ob der Partner, das System oder die Gesellschaft verantwortlich dafür ist? Und ein schlechtes Gewissen der Gesellschaft gegenüber?
Willkommen im Leben als Mutter! Vereinbarkeit geht – aber nicht ohne diese Erlebnisse, wie Sie sie schildern oder gar problemlos. Dass Priorisieren einfach ist, sagen wohl die wenigsten. Dafür haben Sie ein facettenreiches Leben. Ich jedenfalls empfinde das so. Reich, spannend – aber sicherlich nicht stressfrei, problemlos – manchmal mit dem Eindruck, wow, ich habe alles, was ich mir erträumt habe – machmal mit dem Eindruck, weder den eigenen (zu perfektionistischen) Ansprüchen noch denen als (perfekte) Mutter oder denen des Jobs (mit der Brille: Karriere) gerecht zu werden. C’est la vie!
Ich darf Ihnen anvertrauen, dass das Leben für viele Väter auch nicht viel anders aussieht. Auch die kennen die im Artikel beschrieben Zerrissenheit, das schlechte Gewissen und die Sehnsucht nach der Zeit früher, in die sie andererseits aber auch nicht zurückwollen…
Ich denke, praktisch ALLE Menschen kennen diese Zerrissenheit, wenn sich im Leben etwas grundlegendes ändert. – Es lohnt sich deshalb, möglichst früh zu lernen, dankbar zu sein, für alles, was einem geschenkt wird