Best of: Darf man Kinder weinend zurücklassen?

Tränen vor der Krippe, Geschrei vor der Skischule: Was Eltern in solchen Momenten am besten tun.

Während der Ferienzeit publizieren wir Texte, die besonders zu reden gaben. Dieser Beitrag erschien erstmals am 4. März 2019.

Da muss er jetzt alleine durch: Wenn Kinder beim Abschied weinen. Foto: iStock

Eine Freundin und ich unterhalten uns über die Skischule, wohin sie ihre vierjährige Tochter in den Ferien begleitet hat. «Andere Mütter gaben ihre weinenden Kinder ab und verschwanden», berichtet sie, sie scheint konsterniert. Ich entgegne: «Je nach Situation ist es vielleicht besser, den Abschied nicht unnötig in die Länge zu ziehen.» Sie schüttelt den Kopf. «Nur um selber möglichst bald auf der Piste zu stehen?» «Wie lange haben die Kinder denn geweint?», frage ich, unsicher darüber, was ich problematischer finde: Eltern, die sich kaum von ihren Sprösslingen trennen können, oder jene, die dann einfach mal weg sind. «Unterschiedlich. Aber selbst wenn das Kind zu weinen aufhört, sobald die Mutter oder der Vater verschwunden ist, hat es ja gar keine andere Option, als der Skilehrerin oder dem Skilehrer zu folgen. Sein Wille wird gebrochen», hält sie fest.

Ich bin verunsichert. Beim Anziehen der Strumpfhose, die das Kind trotz Minustemperaturen partout nicht tragen will, bei der Durchsetzung von Nuggi- oder später Fernsehzeiten oder dem Einfordern gewisser Verhaltensregeln, die einem wichtig sind – als Eltern begegnen wir doch immer wieder Situationen, in denen wir uns über den Willen des Kindes hinwegsetzen müssen und wollen. Aber ist das so verwerflich? Und ist der Ausdruck «den Willen brechen» in diesem Zusammenhang nicht etwas übertrieben?

Mein eigenes Trauma

Die Frankfurter Primarschule, die unsere Söhne besuchen sollten, organisierte einen Besuchstag für alle zukünftigen Erstklässler. Unsere Kinder, die keinen der umliegenden Kindergärten besucht hatten, kannten niemanden und waren entsprechend nervös. Wie ich das vom Kindergarten her gewohnt war, versprach ich, am Anfang dabei zu sein und mich dann zurückzuziehen. Doch es kam anders. An der Eingangstür stand eine Lehrerin mit einer Liste, wo sich jedes Kind anmelden und dann an der Hand eines anderen einreihen musste, um das Schulhaus gemeinsam zu betreten. Einer unserer Söhne weinte, klammerte sich an mir fest. Ich schlug vor, ihn zu begleiten. Doch die Lehrerin kannte kein Erbarmen. Sie packte ihn vehement an der Hand und zog ihn mit den anderen Kindern ins Schulhaus.

Ich blieb konsterniert und mit einem schlechten Gewissen zurück: Dass ich meinem Sohn nichtsahnend versprochen hatte, am Anfang dabei zu sein, war ein Fehler gewesen, denn jetzt – so empfand ich es in jenem Moment – hatte ich ihn trotz meines Versprechens im Stich gelassen. Es waren zwei sehr lange Stunden, bis ich die beiden abholen konnte. Endlich kamen sie fröhlich aus dem Schulhaus gerannt, schnappten sich einen Ball, um auf dem Pausenplatz mit ihren neuen Freunden zu tschutten.

Eine Frage der Perspektive

Die Lehrerin kam auf mich zu, begründete ihr Vorgehen. Sie habe gemerkt, dass dieser Abschied schnell gehen müsse, sonst hätte das zu einem Drama geführt, und dass mein Sohn, kaum habe er das Schulhaus betreten, zu weinen aufgehört und sich sofort integriert habe. Tatsächlich war das für mich eine Art «traumatisches» Erlebnis – aber, und das ist der Punkt: Nur für mich, nicht für unseren Sohn. Der fand das im Nachhinein nämlich überhaupt nicht schlimm und sehnte von diesem Zeitpunkt an den Schulbeginn herbei. Er wurde sogar in die Klasse jener Lehrerin eingeteilt, und selbst dies erwies sich im Nachhinein als Glücksfall.

Von dieser Situation auf alle weiteren zu schliessen, wäre natürlich falsch. Aber manchmal ist es eben doch anders, als es auf den ersten Blick scheint oder wir es zu wissen glauben – für Kinder genauso wie für uns Erwachsene.

 

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53 Kommentare zu «Best of: Darf man Kinder weinend zurücklassen?»

  • Chris sagt:

    Ich bin überzeugt, unabhängig vom Charakter, dass kein Kind unsicher und mit Trennung- rsp Verlustangst zur Welt kommt. Sicherheit und Selbstbewusstsein kommen von den Eltern. Aber jeder kann nur geben was er hat – also muss halt die Betreuung entsprechend angepasst werden.

    • Tamar von Siebenthal sagt:

      Jedes Kind und jedes Tier kommt mit Verlustangst auf die Welt, weil es um die Abhängigkeit weiss, bzw diese instinktiv spürt.

  • Chris sagt:

    Also aus meiner Erfahrung (mit 3 kleinen Kindern) ist die, dass wenn man von Anfang an die Kinder hin und wieder wo (bei Grosseltern, Verwandten, o.ä.) lässt (auch gerne über Nacht – kommt der Beziehung zugute), dann kommen sie beim Eintritt in die Krappelgruppe, Kita (haben wir nicht), Spielgruppe, Übernachtungsmöglichkeit, Skischule, etc super zurecht. Wenn das aber erst mit 4 Jahren oder älter das erste Mal der Fall ist, dann kann das durchaus dramatisch/traumatisch sein. Woher soll das Kind auch wissen, dass es gerade schön ist nicht Zuhause bei Papa/Mama zu sein und ganz neue Erfahrungen zu machen und zu verstehen, dass es viele viele Menschen gibt, die es lieben? Und das wichtigste: Dass Mama/Papa es dann voller Freude und Energie wieder abholen…

  • Nick sagt:

    Meine Tochter ging mit drei Jahren in die wunderbare Skischule auf der Riederalp. Auch sie weinte, als ich ging.

    Da ich mich schuldig fühlte, beobachtete ich von hinter der nächsten Hausecke, was als Nächstes geschah:
    1. Sie hörte sofort zu weinen auf, und erkundete interessiert, was es hier tolles zu entdecken und spielen gab.
    2. Andere Eltern klebten an ihren Kindern fest, was zu stundenlangen Weinkrämpfen und Schreikrämpfen dieser Kinder führte. Was diese Klebeeltern ihren Kindern antaten, war tatsächlich schädlich.
    3. Meine Tochter hatte riesen Spass in der Skischule. Sie betrieb das spielerische Lernen dort mit einer beeindruckenden Ernsthaftigkeit, wie‘s wohl nur kleine Kinder können. Sobald die offizielle 3h Lektion vorbei war, hat sie auch mich über die Anlage gejagt 🙂

  • Res Enderlin sagt:

    Tja, um zu wissen ob man nun besser gehen oder beim Kind bleiben sollte, muss man sein Kind kennen und Einfühlungsvermögen zeigen, d.h. es Ernst nehmen. Leider ist dies in unserer Smartphone Zeit, in der Kinder oftmals nur karrierekrönende Accesoires für egozentrische Eltern sind, oftmals schon zuviel verlangt von diesen sogenannt „Erziehungsberechtigten“….

  • Paul Moser sagt:

    Oh je, es gibt doch da keine Patentrezepte, die dann für alle und alles immer wieder gelten sollen. Es kommt doch auf das Kind an, sein Alter und seine Entwicklung, seine bisherigen Erfahrungen mit solchen Situationen. Und genau, es kommt auf die Situation an, auf die Vorbereitung dazu, auf die Tagesform, auf die Bezugspersonen usw. Unser Kinder waren da ganz unterschiedlich und wir haben das auch unterschiedlich gehandhabt. Vielleicht hier halt doch etwas mehr Bauch und weniger Kopf.

    • Maike sagt:

      Das kann ich nur rundheraus bestätigen. Die Frage, ob man ein Kind weinend zurücklassen soll, ist viel zu allgemeingültig. Dazu hat jeder KommentatorIn recht und auch gleichzeitig unrecht. Ohne weitere Info, kann man eigentlich garnicht Stellung dazu nehmen.

  • Anja sagt:

    Die Skilehrerin hat uns damals weggeschickt und meinte, unser vier jähriger Sohn hört dann schon auf zu weinen. Im Nachhinein bereute ich’s sehr, dass ich mich nicht durchgesetzt habe und beim Sohn blieb. Er hatte danach plötzlich auch grosse Probleme mit dem Abschiednehmen in der Spielgruppe und später im Kindergarten. War es einfach nur Zufall? Oder hat das Erlebnis in der Skischule evtl. doch solche Spuren hinterlassen? Naja jetzt fünf Jahre später ist das Abschiednehmen zumindest kein grosses Problem mehr…

  • Tamar von Siebenthal sagt:

    Nein, wenn es zu vermeiden ist, sollte man kein Kind weinend zurücklassen.

    Ich war selber in der Situation, als mein Jüngster nach einem schweren Unfall in der Reha war und ich am Abend nachhause musste. Er hat geschrien und geweint. Nachdem ich mich von ihm verabschiedet und versprochen habe, ab nächsten Morgen wiederzukommen, hat er weiter geschrien, bis ich aus der Tür war und 20 Sekunden später aufgehört. Das widerholte sich ca drei Mal und von da an weinte er nicht mehr. Auch dann nicht, wenn er am Wochenende zuhause war und wieder eintreten musste.

    Gleichzeitig war ein anderes Kind, dessen Abschied sich täglich über mehrere Stunden hingezogen hat.

  • Peter Imboden sagt:

    Sorry, meinen Kinder gehen in die Skischule, um Skifahren zu lernen und nicht damit ich meine Ruhe habe.
    …ich kann mich leider nicht mehr erinnern, als ich als 4-jähriger weinen musste, wenn mich meine Eltern irgendwo abgegeben haben, denke aber nicht dass das unserer Beziehung geschadet hat…

  • Klärli Benz sagt:

    Das sind für mich Luxusprobleme. Als Alleinerziehende hatte ich keine andere Wahl: Hatte man das Geld für Skiausrüstung und Skischule zusammengekratzt, kam es gar nicht in Frage eine Stunde ausfallen zu lassen. Musste ich zur Arbeit, hätte ich nicht noch eine Stunde lang Loslösungsprozess machen können. Nun habe ich bemerkt, dass mein Kind welches „musste“ selten eine Szene machte. Es hat früh gelernt, dass nicht nur die eigenen Bedürfnisse zählen. Und, dass die Welt ohne Mami keine feindliche ist. Die frühe Selbständigkeit kam und kommt ihm zu gute.

    • 13 sagt:

      Ob ein Kind in die bereits bezahlte Skischule geht oder nicht, macht im Portemonnaie keinen Rappen Unterschied (d.h. sofern man es nicht zurückbekommt, dann ist man sogar im Plus, wenn die Skischule verweigert wird). Aber falls es ihm wirklich nicht gefällt, bewahrt man es vor einer schlechten Erfahrung.

      • Tamar von Siebenthal sagt:

        Das Thema hat Null mit alleinerziehend zu tun, sondern mit der Beziehung zum Kind. Ich musste auch aufs Geld achten, hätte aber sicher nicht meine Kinder zu etwas gezwungen, nur weil es bezahlt ist. Sowieso muss bei arbeitenden Eltern die Kinderbetruung eh organisiert werden, nicht nur während vier Mal zwei Stunden jährlich für Skikurs.

        Ihr Kommentar tönt für mich lieblos und kalt.

    • Klärli Benz sagt:

      @13: Ausrüstung, Anreise, Tageskarten und Verpflegung damit das Kind mir bäägend an der Skihose hängt? Wenn das Ziel ist, dass das Kind Ski fahren lernt, IST es ein finanzieller Verlust. Aber ganz abgesehen davon: Was für ein Frust für das Kind! Lieber ein bisschen Mut anerziehen und dann schöne Tage erleben.
      @Tamara: Das zweite Beispiel bezog sich natürlich auf die Kita. (Wer geht denn arbeiten, währen das Kind in der Skischule ist?) Lieblos war ich meinem Kind gegenüber ganz sicher nicht. Aber wer am Existenzminimum lebt, wird halt realistisch. Gewisse Sachen liegen einfach nicht drin. Jedenfalls nicht, wenn man vorwärts kommen will. Und ich sags nochmals: es hat ihm sicher nicht geschadet, mit einem gewissen Grad an Disziplin ins Erwachsenenleben zu starten.

      • 13 sagt:

        Wessen Ziel? Ihres oder das des Kindes (eher ja das erste, das Kind will ja anscheinend nicht).
        Und nein: Sie haben damit nicht weniger Geld. Der Verlust ist damit nicht finanzieller Natur. Den Verlust, den sie empfinden, ist eher der, dass Sie die Ferien nicht geniessen konnten. Das ist nachvollziehbar, aber nur auf ihrer Seite. Dass das Kind es geniessen könnte, ist eben eher in Frage zu stellen, wenn es einfach weinend irgendwo parkiert wird (und auch noch soviel mütterliche Empathie erfahren darf….).

      • 13 sagt:

        Kita ist etwas anderes. Da ist es nachvollzoehbar, dass es manchmal sein muss. Aber auch das befreit natürlich nicht von der Verantwortung gegenüber dem Kind, es möglichst schmerzlos zu machen (sprich gute Eingewöhnung und genau hinschauen, welche Kita man wählt).

      • Klärli Benz sagt:

        @13: Ferien geniessen? Ich hatte keine Ferien und hätte mir damals eine eigene Skiausrüstung nicht leisten können. Dass mein Kind nicht wollte, haben Sie interpretiert. Ich habe meinem Kind einfach signalisiert, was drin liegt und was nicht. Aus „sollen“ wurde „wollen“ – denn die Welt ist interessant und voller Herausforderungen. Komisch nicht? Kein Drama, kein Trauma. Sondern ein offener kleiner Mensch.

      • Poison Ivy sagt:

        @ Klärli Benz: ich kann Sie gut verstehen! Wir waren auch nicht auf Rosen gebettet in meiner Kindheit. Meine Eltern hätten gleich gehandelt, wenn sie das Geld zusammen gekratzt hätten um mir auf meinen Wunsch hin das Skifahren zu ermöglichen und ich im „Moment der Wahrheit“ einen Terz abgezogen hätte.

        Das hat ja alles nichts mit Empathie, Kälte oder liebloser Erziehung zu tun, wie Sie richtig argumentieren.

        Und nur wenn Geld keine Rolle spielt – weil im Überfluss vorhanden – kommt man auf das Argument, Sie „hätten ja nicht weniger Geld“. Haben Sie aber, und weder Sie noch Ihr Kind haben etwas für dieses Geld erhalten.

      • 13 sagt:

        @ K.B.
        Na gut, ja, wenn ein Kind weint, sich windet und an die Mutter klammert, gehe ich nicht gerade davon aus, dass es mit Begeisterung dabei ist. Was nicht heisst, dass sich das nicht ändern kann, wenn es probiert wird. Nur auch hier: mit Geld hat das nichts zu tun.

      • Klärli Benz sagt:

        @13: Das hartnäckige Wiederholen macht es nicht wahrer. Kinderarmut bedeutet unter anderem, genau abzuwägen, in welchem Bereich man sein Kind fördern will und kann. Hat man Ausgaben, die zu keinem Ergebnis führen, ist das verlorenes Geld. Oder anders gesagt: wenn es mit einem durchschnittlichen Budget drin liegt, schwimmen, Fahrrad fahren, Roller bladen, Skifahren + ein Musikinstrument auszuprobieren, und es dann auch nicht so schlimm ist, wenn eine Sache davon abgebrochen wird, müssen sich arme Familie auf 2-3 Sachen beschränken und auch diese mit minimalem Budget durchziehen. Wird eine Sache wegen Befindlichkeiten abgebrochen, kann sie nicht einfach ersetzt oder wiederholt werden. Das btrft übrgs auch die Zeit. Als arbeitende AE ist die Zeit dir fürs Kind zur Verfügung steht, beschränkt

      • Klärli Benz sagt:

        Wenn jeder Franken zählt, verändern sich die Perspektiven einfach gewaltig. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Thema einige nicht betroffene nervt. Ich finde es aber wichtig, dass darüber gesprochen wird. Gerade weil die typischen „Armen“ sich öffentlich kaum äussern. Sie schämen sich und das führt dazu, dass sich die Mittelschicht gar nicht vorstellen kann, wie tiefgreifend Armut das Leben der Betroffen beeinflusst.
        Wir haben jetzt viel über Skischule geredet. Das alltagstauglichere Beispiel ist ja die Kita. Und JA, dort hätte ich mein Kind weinend zurückgelassen. Ich musste zur Arbeit und hatte keine flexiblen Arbeitszeiten. Also keine Wahl.

  • Sleeve sagt:

    Dass sich diese Frage überhaupt stellt, ist ein klarer Beweis, wie kalt diese Gesellschaft geworden ist. Wie ich-bezogen. NATÜRLICH lässt man sein weinendes Kind nicht zurück. Was man liebt, beschützt man absolut. Und, um möglichen Kommentaren zuvorzukommen: Nein, ein Kind muss nicht auf eine harte Wirklichkeit vorbereiten.

    • Poison Ivy sagt:

      Ah ja? Auf was wird es dann vorbereitet? Auf ein Leben auf dem Ponyhof?

      Für was, wenn nicht für das selbständige Leben in der Wirklichkeit so ab dem ca. 18 LJ, stecken wir denn die ganze Energie und Liebe in die Erziehung und Betreuung unserer Kinder?

      Für die eigene Verwirklichung?

    • Astrid Meier sagt:

      Kinder erleben Trennungssituationen, sei es kurz von den Eltern, sei es ein verlorenes Spielzeug, sei es das Schüfeli, das ein anderes Kind wegnimmt. Anhand dieser Erfahrungen lernen sie. Diese einzuordnen und damit umzugehen. So weint das Kind, wenn die Mutter den Raum verlässt, und hat nach einer Woche gelernt, das die Trennung vorübergehend ist. Sie vor jedem Leid zu beschützen, bedeutet auch, sie vor Lebenserfahrung und Reifung zu beschützen. Das ist keine gute Idee.

  • Anh Toàn sagt:

    Manchmal muss man den „Willen von kleinen Kindern brechen“, denn die wissen nicht, was sie wollen. „Probier es mal aus“ ist halt bei einem sehr kleinen Kind, seinem Weinen nicht nachzugeben. Und dann sieht man, ob das Weinen bald mal endet oder sich gar steigert. Und warten, bis es vor Erschöpfung endet, halte ich auch für falsch. Aber gleich jedem Weinen nachgeben, ist genauso falsch. Weinen kann Unsicherheit genauso Ausdrücken wie tiefe Abneigung, vielleicht sind kleine Kinder da sogar nicht mal nur im Ausdruck ihrer Empfindungen undifferenziert, sondern sogar in ihren Empfindungen selbst: Entweder Anziehung oder Ablehnung.

  • tststs sagt:

    Als diejenige, die mit dem weinenden Kind zurückbleibt:
    1) Ob Kinder beim Abschied weinen oder nicht, hängt meiner Erfahrung nach bedeutend mehr mit der Tagesform als mit dem Charakter des Kindes zusammen.
    2) Noch jedes Mal war nach spätestens 3 Minuten weinen Schluss. Es tut mir leid, liebe Eltern, aber mit ein bisschen Glitzerblingtschäterätätä sind die Kinder so schnell abgelenkt, dass sie Euch und Eure Abwesenheit schon wieder vergessen haben.
    3) Je kürzer die Eltern die Verabschiedung halten, desto eher kann bei Tränen wieder zum Alltag zurückgekehrt werden.

    Nein, liebe Eltern, Ihr traumatisiert sie deshalb nicht. Es ist ok, das Kind weinend bei einer liebenden und kompetenten Person zurückzulassen.

    • tststs sagt:

      Sie haben sich wirklich noch nie (NIENIENIE) von ihrem weinenden Kind abgewendet?

      WOW! Und ich meine das wirklich ironiefrei! WOW!!!

      (Okeee, in meinem Hinterkopf bastele ich mir natürlich zusammen, dass Sie entweder das pflegeleichteste Kind aller Zeiten haben, oder dass Sie prinzipiell mit Ohrenpfropfen rumlaufen 😉 )

    • 13 sagt:

      Zu 1: Gemäss meiner Erfahrung als Mutter von 3 ganz verschiedenen Kindern. Nein! Der Charakter kommt zuerst, das andere spielt auch eine Rolle, allerdings zweitrangige. Und ich habe bei diesem Thema wirklich zwei extreme Gegensätze und noch so eines im Mittelfeld.
      Zu 2: Auch nein. Das hängt vom Kind ab (siehe 1).
      Zu 3: Bei manchen Kindern schon, bei anderen gerade nicht (siehe 1).
      4. „Kompetent und liebevoll“ ist eine Sache, „vertraut“ die andere und viel wichtigere! Eines meiner Kinder könnte ich auch im Schoss von Mutter Theresa zurücklassen, es wäre trotzdem mit der Situation völlig überfordert. Das Kind weinend beim Vater, den Grosseltern oder der lange bekannten Tagesmutter zurückzulassen traumatisiert wohl nicht. Bei einer fremden Lehrerin kann es anders aussehen.

      • tststs sagt:

        Äh, Sorry, 13, woher wollen Sie wissen, wie sich Ihre Kinder verhalten, wenn Sie weg sind?
        Und ich möchte damit auf keinen Fall sagen, dass Ihre Kinder sich bei mir nicht anders verhalten würden; aber dies sind meine gemachten Erfahrungen, mit mehr als nur 2, 3 Kindern.

        Und eines ist mir auch wichtig: Wenn es wirklich zu einem traumatisierenden Abschied kommt, dann spielt es keine Rolle mehr, zu wem das Kind muss. Es ist das Weggehen der Mutter, das traumatisiert (Verlustangst), nicht die Aufnahme in andere Arme.

        „Eines meiner Kinder könnte ich auch im Schoss von Mutter Theresa zurücklassen…“ Wie gestalten Sie hier Verabschiedungen (also ich gehe davon aus, dass diese doch vorkommen müssen)? (Gelle, dies ist ehrlich gemeint, bin immer an neuen Tricks und Kniffen interessiert)

      • 13 sagt:

        Ähm, tststs, ich spreche mit den Menschen, die meine Kinder betreuen. Und ich kenne kaum eine Mutter, die nicht vor der Türe stehen bleibt und wartet, bis das Kind zu weinen aufhören.
        Wie ich es mache? Das ist ziemlich einfach: ich lasse meine Kinder ausserhalb der Schule nur bei Personen, die sie gut kennen. Ausser natürlich, was sie selber wünschen (Schulkameraden, Lager). D.h. Ich würde sie weder bei Ihnen noch bei Mutter Theresa einfach so lassen 😉

  • Anh Toàn sagt:

    Man kann die Titelfrage auch umdrehen: „Muss einem weinenden Kind jeder Wunsch erfüllt werden?“

    Zweifellos muss man manchmal ein Kind weinend zurück lassen, abweisen: Das erste Mal wenn man ihm die Mutter die Brust verweigert. Ich bin überzeugt, da weint jedes Kind, aber ohne, würde es noch mit sieben an die Brust wollen.

    • 13 sagt:

      OT, aber: Kinder stillen sich irgendwann selber ab, kein Kind stillt mit 18, weil die Mutter ihm nicht die Brust verweigert hat….
      Zum Thema: Zwischen „dem Kind etwas verweigern und es in seiner Trauer wegen der Ablehnung des Wunsches begleiten“ und „es weinend irgendwo stehen lassen, möglichst ohne Bezugsperson“ bestehen Welten. Jedes Kind hört mal ein Nein und das ist auch gut so. Muss es dafür alleine sein?

      • Anh Toàn sagt:

        „es weinend irgendwo stehen lassen, möglichst ohne Bezugsperson“, da bin ich voll bei Ihnen, aber es wird ja nicht alleine stehen gelassen in der Kita oder der Skischule.

        Als ich das erste Mal meinem Patenkind Skiunterricht erteilen sollte, hat sie geheult. Bis ich gesagt habe, ich hätte keinen Bock mit einem heulenden Kind Ski zu fahren, und ich muss auch nicht: Ich könne sie zurück bringen zu den Eltern und sagen, ging halt nicht. Und da geh‘ ich mit meinen Freunden Ski fahren, die lachen, wenn die Sonne scheint wie heute. Dann war gut.

        Unserer kneift seine Mutter in die Brust. Die Ersatzhandlung, die sie zugelassen hat, um ihn abzustillen. Seit sie schwanger ist, ist das zu empfindlich, also lässt sie ihn nicht, sperrt sich ein im Schlafzimmer. Und ich tröste ihn.

      • 13 sagt:

        @ Anh
        In der Skischule oder eben erster Tag in der Kita/Kindergarten/Schule ist das Kind dann ohne Bezugsperson. Was wie alleine ist.
        Ich habe mein Kind auch von meiner Seite abgestillt, weil ich nicht mehr wollte. Ich wehre mich nur dagegen, dass sie sonst nie aufgehört hätte. Das hätte sie bestimmt, aber für mich war die Grenze einfach vorher erreicht. Aber eben, da wurde sie liebevoll begleitet. Von mir und von meinem Mann. Das ist ein grosser Unterschied.

      • Anh Toàn sagt:

        Kann ja sein, dass Kinder irgendwann von selbst nicht mehr an die Brust wollen, nur ist dies lange nachdem „natürlicherweise“ diese Brust bereits von einem anderen Säugling beansprucht wird. Auch ist eine Schwangerschaft und gleichzeitig ein Kind stillen, für die meisten Mütter körperlich zu viel. Einzelkinder müssen nie weinen.

      • Anh Toàn sagt:

        Ich glaube, ein kleines Kind akzeptiert niemanden als Bezugsperson, solange die Mutter zur Verfügung steht. Nur wenn sich diese entzieht, baut das Kind einen Bezug zu einer anderen Person auf, sei es der Vater, die Oma oder eine Kita Betreuerin.

      • Muttis Liebling sagt:

        ‚Ich glaube, ein kleines Kind akzeptiert niemanden als Bezugsperson, solange die Mutter zur Verfügung steht.‘

        Das müssen Sie nicht glauben, das steht in jedem Lehrbuch der Entwicklungspsychologie. Deswegen ist die Idee des Vaterschaftsurlaub eine hehre, biologisch aber nicht zu begründende Idee. Die Aufgabe des Vaters beginnt am 4. Geburtstag, vorher ist er als Person überflüssig. Ausser Mama ist verloren gegangen.

      • 13 sagt:

        @ Anh
        Sie sollten nicht eigene Erfahrung für allgemein gültig erklären. Natürlich ist das Tandemstillen (also gleichzeitiges Stillen zweier Kinder9 in der Natur vorgesehen und die meisten Frauen kommen/kämen damit auch zurecht. Im Übrigen stillt sich gerade das Ältere auch oft während dieser Zeit ab, sei es, weil in der Schwangerschaft weniger Milch kommt, sei es weil sich diese nach der Geburt verändert, da sie sich dem jüngeren Kind anpasst.
        Ob ein kleines Kind die Mutter stets vorzieht, hat nichts mit Natur, aber umso mehr mit dem Verhalten der Eltern zu tun. Nimmt die Mutter das Kind immer dem Vater ab, wenn es weint oder lässt dieser es alleine weinen, lernt es natürlich, dass die Mutter für die Bedürfnisbefriedigung zuständig ist. Es geht aber auch anders.

  • alexandra weber sagt:

    NIEMALS NIENIENIE…..

  • tamburini sagt:

    Wenn ein Kind an einem anderen Ort wo man es abgibt weint, ist es einfach zu früh. Was soll das? Skischule mit 4 usw.?

  • 13 sagt:

    Es sind zwei verschiedene Dinge. Wie man den Abschied gestalten sollte, ist sehr individuell. Einige Kinder brauchen einen kleinen Schubs, bei anderen ist es sicher sinnvoll, dem Kind die Führung zu überlassen. Auf jeden Fall ist es wichtig, greifbar zu sein, wenn es schief gehen sollte. Ich habe es leider schon selber in der Skischule erlebt, dass die Eltern fast eine Stunde brauchten, um hinzukommen, weil die Kinder einfach nicht mit Weinen aufhörten. Dies zu Lasten der Kinder und zwar der eigenen und der anderen, die damit keinen richtigen Unterricht bekamen. Das ist Egoismus in Reinkultur. Will man alleine Skifahren, dann kann man immer noch eine vertraute Betreuungsperson organisieren. Die Skischule ist kein Kinderparkplatz.

    • 13 sagt:

      Das zweite ist aber ein Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kind und da hat auch eine Lehrperson nicht das Recht, dieses zu belasten. Wir erlebten es vor Kurzem ähnlich, wie Sie bei Ihrem Erstklässler. Nur, dass es der Kindergarten war und dass die Kindergärtnerin selber in der Einladung und auch bei der Begrüssung ausführte, die Eltern könnten dabei sein und später gehen, wenn es für das Kind stimmte. Ich informierte mein Kind auch so. Nur beim Eintritt in den Kindergarten sollen die Kinder vorausgehen, damit sie den Eltern noch Infos verteilen kann, dann kämen diese nach. Kaum hat sie aber die Eltern und Kinder getrennt, verwehrte sie urplötzlich den Eltern den Eintritt. Meinem Kind gefiel es im Kindergarten. Aber es war enttäuscht, dass ich es angelogen habe. Verständlich.

    • tststs sagt:

      „Ich habe es leider schon selber in der Skischule erlebt, dass die Eltern fast eine Stunde brauchten, um hinzukommen, weil die Kinder einfach nicht mit Weinen aufhörten.“
      Sie wollen mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass
      a) die Skiklasse eine Stunde gewartet hat
      und
      b) dass ein Kind eine Stunde durchweint und die Eltern einfach in voller Skimontur daneben standen???
      Läck, manche Leute haben schon zu viel Zeit… 😉

      • 13 sagt:

        Ich verstehe gerade die Frage nicht. Die beiden Kinder (Geschwister) haben geweint und wollten nicht mitmachen. Nach 15 Min. rief die Skilehrerin die Eltern an, diese brauchten fast eine Stunde, um sich dahin zu bewegen. Inzwischen pendelte die Skilehrerin zwischen der Klasse (Anfängerhügel) und den beiden hin und her, im Versuch beiden gerecht zu werden, was kaum gelang. Die Eltern waren wohl irgendwo am Skifahren. Ich stand die ganze Zeit dabei im Versuch mein eigenes halbweinendes, Kind doch noch für die Skischule zu begeistern. Das scheiterte, aber es wäre mir nie in den Sinn gekommen, dieses einfach dort stehen und es die anderen ausbaden zu lassen.
        Und ja, die Zeit muss man sich halt mal nehmen, wenn man Kinder hat. Oder anders planen.

      • tststs sagt:

        Aahhh, Merci für die Auflösung. Ich habe es so verstanden, dass sich der Verabschiedungsprozess über eine Stunde hingezogen hat… 😉

        Und da bin ich natürlich ganz bei Ihnen! Das geht so nicht! Ich frage mich aber, ob die Kinder geweint haben, weil die Eltern sich verabschiedet haben oder weil sie fort waren oder weil die Kinder partout nicht skifahren wollten oder weil sie mit dem Unbekannten überfordert waren.

      • 13 sagt:

        Ich vermute: eine Kombination von all dem.

  • Chris Fogg sagt:

    Habe ich direkt in einer KITA in einem Skigebiet in der Schweiz erlebt. Vater stürmt in Skischuhen mit weinendem Kind in die KITA, drückt der Betreuerin das weinende Kind in die Arme und geht innert Sekunden fast wortlos wieder. Schliesslich wartet die Skipiste. Ja der Egoismus der heutigen Eltern löst bei mir nur noch Kopfschütteln aus. Dies auch, wenn ihr Handy und Insta-Followers wichtiger sind als mit dem Kind etwas sinnvolles zu machen.

    • Poison Ivy sagt:

      Und was haben Sie in der Kita gemacht? Waren Sie „zufällig“ vor Ort….

      Was man so erlebt wenn der Tag lang ist…

  • Mona sagt:

    In solchen Texten geht es letztlich immer darum das Absurde des modernen Lebens irgendwie zu rechtfertigen. Wer vor der Arbeit noch schnell seine Kids in der Kita deponiert will solche Dinge lesen um das Gewissen zu beruhigen. Die kleinen Traumas sind aber eben auch Traumas und bleiben für immer und haben einen zwar kleinen aber eben auch negativen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes.

    • tststs sagt:

      Welches Trauma?

    • Petra sagt:

      Ist das so? Mir wurde erzählt, dass ich immer geweint habe, wenn meine Mutter mich abgegeben hatte. Aber mein Leben jetzt ist gut, ich kann mich echt nicht beklagen. Und ich kann darum, nicht sagen, dass es anders besser gekommen wäre, das kann niemand. Auch negative Erlebnisse können positive Effekte haben. Vielleicht habe ich so gelernt, dass die Menschen tatsächlich zurückkommen, wenn sie das sagen…

    • Peter S. sagt:

      Sie sind also Entwicklungspsychologin und gleichzeitig Stay-at-home-Mom? 😉

  • Esther sagt:

    Aus meiner Sicht geht es nicht darum ob man „darf“. Es würde mir das Herz brechen mein kleines Kind weinend an einem Ort zu lassen. Ab 3 Jahre ging meine Tochter in ein Kinderhort, aber nur nachmittags. Die ersten Tage blieb ich mit ihr bis sie sich zuversichtlich fühlte und getröstet war. Nachher ging es gut. Man kann ein Kind nicht einfach abschieben, auch ihm bricht es anfangs das Herz. Ab ca. 8 Jahre ging sie in ein christliches gut geführtes Ferienlager im Sommer da ich dann ganztags arbeiten musste. Es ging alles gut.

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