365 Tage ohne neue Kleider

Von Wäscheberg bis Klimawandel: Wir sollten unserem Überfluss die Stirn bieten – und damit die Welt verbessern. Foto: iStock

Das Leben mit Kindern ist eine klassische Sisyphusarbeit. Aufräumen, aufräumen, aufräumen. Und danach nochmals aufräumen. Aufräumen macht futsch. Und futsch macht reif für Netflix. Zumindest mich.

Vor ein paar Wochen änderte sich mein Aufräum-Netflix-Kreislauf mit einem Schlag gründlich. Ich landete mit dem Computer auf dem Sofa und entdeckte die Netflix-Serie «Aufräumen mit Marie Kondo». Ja, auch ich! Ich war sofort Feuer und Flamme. Schon nach der ersten Folge wusste ich, wie ich mein Leben besser machen könnte. Das Zauberwort heisst: Ausmisten.

So füllte ich bereits am nächsten Tag Berge von Säcken mit Dingen fürs Brockenhaus. Und es ging weiter. Folge um Folge, Sack um Sack. Mittlerweile las ich auch in den Medien über diese Serie. In Amerika, heisst es, seien die Gebrauchtwarenläden so gefüllt wie nie.

Ein weiterer Kritikpunkt war, dass man doch bitte nicht abfeiern soll, wenn man ausmistet. Vielmehr gehe es darum, erst gar nichts mehr anzuschaffen. Und falls das doch einmal unumgänglich ist, sollte der Kauf möglichst nachhaltig sein.

Das sass. Nichts mehr kaufen. Dieser Satz brannte sich in mein Hirn.

Die Marie-Kondo-Methode

Gemäss Marie Kondo soll man beim Aufräumen alle Kleider auf einen Haufen türmen, damit man sieht, was man alles hat. Erschreckend viel. Dann soll man jedes Teil in die Hand nehmen und schauen, ob es einen glücklich macht. Falls ja, darf das Teil in den Schrank zurück. Falls nein, muss es weg.

Szene aus «Aufräumen mit Marie Kondo». Foto: Netflix

Ich fing im Kinderzimmer an, und es erschlug mich fast, als ich vor mir auf dem Boden liegen sah, was wir alles besitzen. Klar, meine Tochter kriegt regelmässig die ausgetragenen Kleider ihrer kleinen Nachbarin. Ein Einzelkind, mit unfassbar vielen, wunderschönen Kleidern. Natürlich bewahre ich alles auf, bis meine Tochter in sie hineingewachsen ist. Schliesslich passt dieses Nachtragen von Kleidern zu meinen Werten. Aber eben: Es sind Unmengen von Dingen. Viel zu viele.

Und auch bei meinem eigenen Schrank war es nicht besser. Brav nach Marie Kondo habe ich mich von ganz vielen Kleidern verabschiedet. Und wie! Loslassen at its best. Schlagartig wurde mir klar, dass dies für mich erst der Anfang war.

Also erzählte ich meiner Familie von meiner Idee: «Ich werde mir ein Jahr lang keine neuen Kleider mehr kaufen! Ich habe alles!» Mein Zauberwort: Kaufstopp!

Mein zehnjähriger Sohn meinte sofort trocken, dass ich das nicht schaffen würde. Der Kleinere (7) fragte besorgt, ob wir denn kein Geld mehr hätten. Und die Tochter (4) ass ungerührt weiter.

Mein Zauberwort: Kaufstopp!

An jenem Abend redeten wir noch lange über Überfluss und darüber, was wir alles haben. Und über Kinderarbeit. Spätestens jetzt wurde meinem Mann und mir bewusst, dass unsere Kinder grösser werden. Plötzlich können wir mit ihnen über die Welt reden und darüber, wie jeder sie ein bisschen besser machen kann.

Und so begann am nächsten Morgen mein Einjahresprojekt. Ein Jahr kaufe ich keine neue Kleidung mehr für mich. Trage die Sachen, die ich besitze. Ich habe ja alles. Da ich einige Freundinnen gefunden habe, die mitmachen, gründeten wir die Chat-Gruppe «Kleiderkaufstopp». Darin teilen wir uns unsere Befindlichkeit mit dem Thema mit, schauen, was sich verändert hat, und gratulieren uns, wenn ein Monat geschafft ist. Gerade wurde die Frage diskutiert, was ist, wenn jemand an eine Feier eingeladen ist und nichts Passendes hat. Wir einigten uns darauf, dass wir im Chat nachfragen und sonst in unserem Umfeld etwas suchen.

Gehe ich durch die Stadt, nehme ich die vielen Dinge wahr, die man kaufen kann. Und entscheide mich dagegen. Das fühlt sich gut an. Befreit. Womit ich nicht gerechnet habe, ist die Wirkung auf unsere Kinder: Vor seinem Geburtstag verkündete mein Sohn, er werde auf die Einladung schreiben, dass er keine Geschenke haben möchte. Er besitze schon alles. Wenig später sagte mir meine kleine Tochter vor dem Einschlafen: «Mami, kauf mir auch keine Kleider mehr. Ich habe so viele Sachen.» Diese Erlebnisse haben mich sehr berührt. Logisch, gibt es immer noch viel aufzuräumen bei uns. Aber ab und zu denke ich jetzt: Vielleicht können wir die Welt ja doch ein wenig verbessern. Ich möchte daran glauben. Und Sie?

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51 Kommentare zu «365 Tage ohne neue Kleider»

  • Reincarnation of XY sagt:

    Ich bin ja der Anti-Asket hier und halte nichts von dieser Rhetorik, dass man mit Verzicht die Welt retten kann.
    Aber witzig find ich das dann schon, wenn eine Aktivist es als Leistung deklariert einen Monat(!) keine Kleider gekauft zu haben.
    Ich kauf Kleider, wenn ich irgendwann mit Schrecken feststelle, dass meine „neuen“ Kleider mittlerweile so alt, abgetragen und abgewetzt sind, dass ich mir einfach eine neue Garderobe kaufen MUSS.

    Irgendwie ist das typisch.
    Prediger/Aktivisten neigen dazu, dass sie meinen ihr öffentliches reden und „Zeichen setzen“ setzt sie bereits auf die Liste der Guten.
    In der Logik: Man prangert irgendwelche Verschwender an und hält sich dadurch für sparsam.

    • Martin Frey sagt:

      @RoXy
      „Ich kauf Kleider, wenn ich irgendwann mit Schrecken feststelle, dass meine „neuen“ Kleider mittlerweile so alt, abgetragen und abgewetzt sind, dass ich mir einfach eine neue Garderobe kaufen MUSS.“
      Aber das ist bei ganz vielen anderen Menschen nicht der Fall. Gerade beim Shoppen vieler Frauen geht es nicht selten um alles andere als das Erstehen von etwas, weil man es wirklich benötigt. Der Weg ist das Ziel, die Psychohygiene dabei nicht zu unterschätzen.
      Insofern erinnert mich das alles sehr an die Anonymen Alkoholiker oder andere Selbsthilfegruppen, wo man sich auch zusammenschliesst um „es zu schaffen“ und sich im Entzug ggs. zu bestärken.
      Und dies für etwas, das für andere gar nie ein Problem darstellt, weil deren Motivation zum Einkauf keinen Suchtcharakter aufweist.

    • Anh Toàn sagt:

      „…halte nichts von dieser Rhetorik, dass man mit Verzicht die Welt retten kann.“

      Wenn unser Konsum die Welt kaputt macht, können wir selbstverständlich mittels Verzicht auf diesen, diese zumindest weniger kaputt machen.

      Sind Sie ein Leugner des Einflusses des Menschen auf den Klimawandel?

      An anderen Orten schreiben Sie, wir brauchen einfach neue Technologien, aber die haben wir nicht jetzt. Verzichten können wir aber, dazu brauchen wir keine neue Technologien, nur neue „soziale Bewertungsmassstäbe“: Nicht wird uncooler sein, als einen SUV zu fahren, ein grosses Haus weit weg von der Arbeit auch noch, zu bewohnen, neue Kleider zu tragen: Die Hippies haben das schon angedacht.

      • Anh Toàn sagt:

        Ich weiss, ist etwas sehr überspitzt, aber ich könnte ja sagen:

        Es hilft nichts, wenn ich aufhöre, meinen Feind mit einem Stein auf den Kopf zu hauen: Wir brauchen neue Technologien um Hirnverletzungen zu heilen.

    • tina sagt:

      genau da ist man beim denken falsch abgebogen. man braucht nicht zu verzichten! es geht nur um weniger überfluss.
      es spricht ja gar nichts gegen kaufrausch. wenn man 10 dinge zu 10.– kauft hat man eben weniger davon, als wenn man eins für 100.– kauft. es ist immer noch gleich viel geld im umlauf. es verlängert den kaufrausch, wenn man vergleicht und abwägt. die freude hält länger weil das ding wirklich gewollt und gebraucht ist.
      interssanterweise erzeugt weggeben von dingen bei leuten mit niedriger impulskontrolle den besseren rausch

      • tina sagt:

        aber vorallem: wenn man 1 für 100 statt 10 für 10 kauft, hat man weniger überflüssig resourcen verbraucht. und vorallem hat jemand damit vielleicht auch geld verdient, ohne ausgebeutet zu werden für seine arbeit

    • tststs sagt:

      Noch lustiger finde ich diese Körnli-Picker-Askese (wenn schon, denn schon konsequenter Konsumverzicht), und dann wird das Objekt der Nichtbegierde auch noch vom Asketen selber ausgewählt! Haha!
      Dementsprechend stolz darf ich verkünden, dass ich bald mein 5. Jahr totaler Bildungsaskese feiere. Beim Bier komme ich schon auf 20 Jahre und Nabelschnur-Asket bin ich bald auch schon seit 4 Jahrzehnten…

    • Anh Toàn sagt:

      Eigentlich ist egal, ob ich mit Verzicht die Welt retten kann, Verzicht macht glücklich!

      Es ist buddhistische Denkweise, dass unsere Wünsche / Begehren uns unglücklich machen. Denn solche sind Ausdruck zwischen unserem realen Leben, und dem, das wir gerne hätten. Unser Leben aktuell ist also suboptimal. Es ist viel einfacher, auf ein Optimum zu verzichten, als dieses tatsächlich zu erreichen.

      Gerade bei Klamotten kann man tatsächlich jeden Monat dem neuesten Trend nachlaufen, jeden Monat gibt es Neues, das man noch nicht hat und doch will, weil man will ja das neuste, und somit lebt man dauernd in einem suboptimalen Zustand.

      Kurz: Verzicht macht glücklich! Ich bin glücklich, nicht wegen dem, das ich habe, sondern wegen dem, das ich nicht brauche.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Es sei Ihnen unbenommen Buddhist zu sein. Schlecht wird es immer, wenn Religion einen Universalanspruch erhebt.
        Und sehen Sie Anh Toin, wenn es um das Klima, um die Fakten geht, dann sind die Aktivisten eher religiös- denn Fakten gesteuert.
        Fliegen, SUV und Fleisch essen, sind die neuen Todsünden. Keiner fordert sofortigen Baustopp (was sämtliche Bauarbeiter arbeitslos machen würde) obwohl der Bau von Häusern (Beton mit Eisenarmierungen) ein vielfaches an Co2 ausstösst als all das miteinander. Auch unsere Kleidung ist Co2 intensiver als fliegen. Und wer zwei Hunde hat stösst mehr Co2 aus, als wer einen SUV fährt. Auch wenn er mit Strickpullover in einem alten Bauernhaus wohnt. Etc. etc. etc.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Am Ende werden unserer Erde, unserem Lebensraum nur Massnahmen nützen die der globalen Herausforderung gerecht werden.
        Mio von Arbeitsplätzen hängen von unserem Konsum ab. Sie sagen: «ist alles Geldscheffelei der Grosskapitalisten». Aber so einfach ist es nicht.
        Als Macron in F den Sprit verteuern wollte, um die Klimaziele zu erreichen, kam es zu revolteartigen Unruhen der Gelbwesten. Uns nützen die schönsten Absichtserklärungen nichts, wenn die Menschen nicht Arbeit, Nahrung und Perspektive haben. Wenn sie das nicht haben, wählen sie Populisten wie Trump, führen Kriege, fackeln Häuser ab wegen gestiegener Spritpreise …. Kurz sie nehmen nicht die geringste Rücksicht auf die Umwelt.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Das Paradox ist folgendes: erst bei steigendem Wohlstand sinkt die Fertilität (noch mehr Menschen sind Problem Nr. 1 punkto Umweltschutz) und erst bei steigendem Wohlstand sind die Menschen bereit sich über den Tellerrand hinaus sich für die Umwelt zu engagieren.
        Andererseits bedeutet steigender Wohlstand mehr Co2 Ausstoss pro Kopf.

        Es wird eifrig an neuen Technologien geforscht und vieles ist schon da. Aber die Öllobby kämpft um ihre Pfründe und auch viele Umweltaktivisten stehen leider oft auf Kriegsfuss mit faktenorienterter Wissenschaft, weil eben oft pseudoreligiöse Vorstellungen ihre Antriebsfeder sind und nicht ein ideologiefreier, wissenschaftlich, lösungsorientierter Geist.

      • tina sagt:

        steigender wohlstand muss eben nicht zwangsläufig zu mehr co2 ausstoss führen, wie ich dir mehrfach versuchte zu erklären. ja, ich finde auch, dass die aufregung der leute oft unnachvollziehbar unverhältnismässig ist. aber ICH baue eben kein haus. ICH kann aber wählen, was ich konsumiere und wie ich mich fortbewege. man kann weniger resourcen verbrauchen ohne verzichten zu müssen, indem man weniger überflüssiges konsumiert. wie im blogtext thematisiert: mal ein wenig weniger unnötige kleider kaufen ist doch ein anfang. du wiederholst immer diese leier von konsum sei wichtig, weil es geldfluss generiert. dass man aber gleich viel geld fliessen lassen kann, während man weniger resourcen verbraucht, scheint bei dir nicht anzukommen

      • Anh Toàn sagt:

        Steigender Wohlstand fördert CO2 Ausstoss, wenn wir steigenden Wohlstand an den m2 messen, die wir bewohnen, an der Grösse des Fahrzeuges, mit welchem wir im Stau stehen, an der Anzahl der Klamotten, die wir kaufen:

        Aber wenn wir nicht mehr atmen können, kein sauberes Wasser mehr haben, alles Öl verbrannt sein wird, stehen wir nicht mehr so wohl.

        Um die Geburtenraten zu bremsen, braucht es, aber nicht viel Wohlstand: Vietnam hat eine Geburtenrate von 1.8 pro Frau, die Bevölkerung wächst nur noch, weil die Lebenserwartung steigt.

      • Anh Toàn sagt:

        „…obwohl der Bau von Häusern (Beton mit Eisenarmierungen) ein vielfaches an Co2 ausstösst als all das miteinander.“

        Selbstverständlich sind 46m2 Wohnraum pro Kopf in der Schweiz genauso perverser Konsum, wie 60 Kleidungsstücke pro Jahr pro Kopf.

        Sind Sie sicher, dass Ihre Zahlen für den Bau von Wohnhäusern sind und nicht die gesamte Bauwirtschaft: Der Bau der Fabriken, in welchen die Konsumgüter hergestellt werden, die Strassen auf denen die Arbeitnehmer zur Herstellung der Konsumgüter fahren und die Waren zur Kundschaft transportiert werden. Auch ein grosser Teil der die Umwelt belastenden Schiffe fährt wegen unserem Konsum über die Weltmeere, nicht einfach so zum Spass.

      • Anh Toàn sagt:

        Vietnam hatte 2016 nicht einmal die Hälfte des CO2 Ausstosses pro Kopf von dem der Schweiz. Und dies, obwohl ein grosser Teil des CO2 Ausstosses in Vietnam für die Produktion unserer Konsumgüter ist, wir mit der Produktion auch den CO2 Ausstoss nach Vietnam verlagert haben.

  • asouka sagt:

    Einen Monat ohne Kleiderkauf feiern? Wie pervers! Praktiziere das anscheinende schon seit Jahren – ohne Selbsthilfegruppe und ohne Schulterklopfen. Brauche nicht mal einen Artikel dazu oder ein Benennen der Sache. Ich kaufe ja ab und zu Kleider, aber der Konsumrausch, der hier beschrieben wird, ist mir fremd…

  • karpfen sagt:

    ich finde diesen text beispielhaft gut. ich habe ähnliche erfahrungen gemacht, wie die autorin. letztens in der deutschen bahn, alle kinder erhalten einen plastik-zug zum spielen. nachdem wir (ich und meine kinder) diskutiert hatten, woher diese plastik-spielzeuge kommen (aus ländern, wo die bedingungen für die menschen sehr schlecht sind, damit billig produziert werden kann), was danach mit ihnen passiert (nach 1-2 wochen kaputt und in den müll) und ob wir (also die kinder) sich ein solches spielzeug wirklich wünschen und haben müssen, war klar, dass wir das spielzeug nicht haben wollen. die kinder haben es abgelehnt und ich war stolz darauf. ich weise auch meine kinder darauf hin, wenn ich etwas für erwachsene sehe, das ich aus genannten gründen dann für mich nicht kaufe.

    • Camille sagt:

      Mein Sohn spielt seit Wochen mit genau so einem Zug. Produziert werden sie übrigens in Europa (Serbien oder Bosnien, müsste es nachschauen).

  • Tina sagt:

    Echt jetzt? Nur Kleider behalten, die einen „glücklich machen“? Gibt’s tatsächlich Leute, die ob ihrer Unterhosen oder Socken Glücksgefühle empfinden? Also ich habe Kleider, damit ich was anzuziehen habe, nicht damit sie mich glücklich machen…
    Wenn ich meine Kleider so ausmisten würde, dann hätte ich am Schluss nichts mehr ausser 2 oder 3 Lieblings-T-Shirts und vielleicht ein Paar Hosen. Wobei – vermutlich nicht mal die, denn auch die machen mich ehrlich gesagt nicht „glücklich“. Ich mag sie gerne, ja, aber „glücklich“?

    Ansonsten: Weniger kaufen statt dann einfach mehr ausmisten finde ich durchaus lobenswert.

    • tststs sagt:

      Es geht nicht darum, dass ein Kleidungsstück sie aktiv beglückt, es geht darum, dass Sie einem Kleidungsstück (oder sonst einem Gegenstand) ein positives Gefühl entgegenbringen.

    • 13 sagt:

      Hihi, das habe ich auch bei Marie Kondo gedacht und solche Dinge meinte ich mich „esoterisch“. Auch bedanke ich mich nicht abends bei meinen Schuhen, dass sie mich getragen haben und die Handtasche täglich auszupacken und sie dann in einer Kiste unter dem Bett zu versorgen, um sie am nächsten Tag wieder hervor zu nehmen und neu zu packen, empfinde ich irgendwo zwischen sinnlos und zwanghaft 😉
      Aber viele Tipps sind gut.

      Bei Kleidern finde ich die 2-Sekunden-Regel die Beste: Man nimmt ein Stück in die Hand, wenn man sich nicht innert 2 Sekunden dafür entscheiden kann, dass man es wirklich noch braucht, kommt es weg. Meine Tochter (11) steht dann wie eine Zeitpolizistin daneben und schaut, dass nicht geschummelt wird. So kam ich zu einer guten Menge, die konstant bleibt.

      • tststs sagt:

        Sorry, 13, aber diese 2-Sekundenregel ist IMHO nichts anderes als die praktische Umsetzung einer esoterischen Theorie.
        Sie entscheiden ja eben gerade nicht auf Grundlage von Fakten und Abwägungen, sondern aus dem Bauch heraus. Und ich gehe davon aus, Sie entscheiden sich für die Sachen, die im Hirn/Bauch ein positives Gefühl auslösen. Sie Eso, Sie 😉

        Ja, ich bedanke mich nicht auch laut und verbal bei meinen Besitztümern; aber eine innere Grundhaltung von Dankbarkeit und Demut gegenüber unseren „Dingen“ würde uns schon ganz gut tun, oder meinen Sie nicht?

      • 13 sagt:

        @ tststs
        Nein, da muss ich vehement widersprechen: Wenn ich länger als 2 Sekunden darüber nachdenken muss, wann ich es das letzte Mal getragen habe oder es wieder tragen könnte, dann kann es weg. Ich habe viele Macken, Esoterik ist ganz sicher nicht dabei (vielleicht eher Kopflastigkeit 😉 )!

        Ich bin für vieles Materielle dankbar, dass ich den Zugang dazu habe oder es mir leisten zu kann. Das ist keine Frage. Nur bin ich dafür nicht den materiellen (toten) Dingen dankbar, sondern den Umständen, dass ich im Leben in vielerlei Hinsicht Glück hatte (man könnte es auch Schicksal oder Karma nennen, aber eben, ich bin kein Esoteriker 😉 ). Das Bewusstsein, dass es nicht selbstverständlich ist, ist aber durchaus wichtig. Da bin ich gleicher Meinung.

    • Glasmost sagt:

      @ Tina: ja – meine Outdoorklamotten und meine Lieblingsjeans machen mich richtig glücklich!!

  • 13 sagt:

    Ein guter Entscheid. Auch hier hat M.K. eine Beruhigung gebracht, da schlicht weniger Dinge umliegen, auch wenn wir das System nicht zu 100% umsetzen. Manche ihrer Ansichten sind mir etwas zu esoterisch…

    Ein Jahr Kaufstopp stelle ich mir aber bei Kinderkleidern schwer vor. Die wachsen ja. Selbst wenn man im Umfeld herumfragt oder Occassion kauft, kommt man nicht ganz drum herum. Vielleicht könnte die Autorin das noch kurz erklären? Schwierig dürfte es auch mit Jobs werden, die automatisch einen grösseren Kleiderverschleiss mit sich bringen…

  • Anh Toàn sagt:

    „….und gratulieren uns, wenn ein Monat geschafft ist.“

    Ich weiss, ist in unserer von Geltungskonsum bestimmten Welt eine Leistung, wenn wir nichts kaufen sind wir nicht, consumo ergo sum, kaufe ich nichts, bin ich nicht. Aber ich finde es dennoch pervers, wenn es schon eine Leistung ist, einen ganzen Monat lang kein einziges Kleidungsstück zu kaufen.

    • karpfen sagt:

      pervers ist eher, dass es normal geworden ist, jeden monat neue kleider zu kaufen. gut ist, wenn man merkt, wie pervers das ist und sich bewusst dagegen entscheidet, so wie die autorin. das sich gratulieren sehe ich eher als zeichen des sich-verbündet fühlen und als aufmunterung, weiter zu machen auf dem richtigen weg. und vielleicht noch andere ins boot zu holen. finde ich gar nicht so schlecht.

  • Sina sagt:

    Cool! Bei mir zieht leider der Rest der Familie nicht mit, ich selbst bin viel genügsamer, viel Materielles brauche ich schlicht nicht und bedeutet mir nichts, manchmal ersticke ich fast in all dem Kram, den die anderen anschleppen (ja, auch Sammeln und Beschenken führt zu ungewolltem Überfluss).

    • karpfen sagt:

      sprechen sie denn das thema auch ab und zu an? ich habe nämlich die gleiche erfahrung gemacht, wie die autorin: selber vorleben und das thema zum familien thema machen. geht natürlich nur, wenn die kinder ein wenig grösser sind (unsere sind 5 und 8). die kinder machen irgendwann von selber mit, wenn sie merken, dass mama oder papa das aus überzeugung machen und wenn sie die zusammenhänge (falls nötig einfach dargestellt) verstehen.

      • Sina sagt:

        Ja natürlich ist das ein Thema. Kreiert nämlich automatisch Konflikte, wenn ich mich von all dem Kram erstickt fühle und die andern sich nicht von ihren Schätzen trennen wollen. Ich miste laufend aus, die anderen schleppen an. 1 Jahr Shoppingverzicht ist für mich die Regel, ich muss mich umgekehrt überwinden, wenn was kaputt geht und ich mir Neues anschaffen muss.

  • Ariane sagt:

    Ich habe auch gemerkt, dass ich viel Kaufwütiger bin als meine Kinder. das erschreckt mich auch immer wieder.
    Bei dem Kleiderstopp möchte ich auch gerne mitmachen. Mit Hilfe einer Gruppe würde es sicher besser gelingen.
    Schöner Artikel, danke!

    • tina sagt:

      das mit der gruppe zur unterstützung finde ich besonders erschreckend. alsob es um alkoholismus gehen würde. oder depressionen. ich finds ja gut, dass die erkenntnis eingetreten ist und man handlungsbedarf erkennt. respektive: es geht doch nur darum überflüssiges NICHT zu kaufen! wir sind doch keine kleinkinder

      • Röschu sagt:

        „das mit der gruppe zur unterstützung finde ich besonders erschreckend. alsob es um alkoholismus gehen würde“
        Macht doch aber eigentlich durchaus Sinn. In beiden Fällen geht es letztlich um nichts anderes als Sucht bzw. eben Entzug.

      • karpfen sagt:

        wir sind keine kleinkinder, aber der konsumwahn funktioniert genau so: wir sehen etwas, wollen wir haben, kaufen wir, freuen uns daran (die frage ist, wie lange), und wenn’s nicht mehr interessant ist, in die ecke/schrank/müll…. impulsives verhalten und nicht überlegtes. also finde ich das mit der gruppe gar nicht schlecht, es stärkt das bewusstsein über eine handlung, die gegen den impuls läuft (ich möchte kaufen…. nein, ich tue es doch nicht!), nicht so verschieden von sucht, finde ich und die unterstützung einer gruppe finde ich in dem fall einfach zielfördernd, warum also nicht?

      • 13 sagt:

        Wenn man es analysiert, haben Sie zu 100% recht, tina. Andererseits: Wenn die Gruppe einem dabei eher motiviert und auch noch Spass macht, spricht auch nichts wirklich dagegen.
        Man muss es nicht als Sucht sehen, vergleichen Sie es mal mit Sport für Sportmuffel. Oder einer Diät. Man weiss, dass es gut tun würde. Man kann es durchaus alleine machen. Aber das Aufraffen fällt einigen mit dem Partner, einer Kollegin, in einer Gruppe oder in einem Kurs halt etwas einfacher.

      • tina sagt:

        13, ja stimmt. viel weniger erschreckend ist der vergleich mit sport und diät allerdings auch nicht. findet ihr das nicht schockierend? man muss sich aufraffen und braucht gruppenhalt um WENIGER ÜBERFLÜSSIGES zu kaufen?! wir sollten alle bussen zahlen an sinnvolle projekte, wenn wir an dem punkt sind.
        wie wärs damit? für alles was wir nicht gekauft haben, legen wir das geld zur seite. eine liste schreiben würde reichen. und am schluss unterstützt man gemeinsam ein projekt wo etwas wichtiges finanziert wird damit.

      • tina sagt:

        „wir sehen etwas, wollen wir haben, kaufen wir, freuen uns daran (die frage ist, wie lange), und wenn’s nicht mehr interessant ist, in die ecke/schrank/müll…. impulsives verhalten und nicht überlegtes“. eben, wie kleinkinder! bei schulkindern nennt man es mangelnde impulskontrolle und gibt ihnen ritalin

      • 13 sagt:

        Doch, wie gesagt, wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es das schon. Andererseits eben, muss ich zugeben, dass ich auch oft einen kleinen Kick brauche, um den Schoggikonsum zu reduzieren oder pro Tag nur 2 Tassen Kaffee zu trinken. Oftmals ist es ja nicht unbedingt eine Sucht, sondern Gewohnheit, die man unterbrechen sollte. Und Werbung tut halt schon ihre Arbeit, immerhin werden dafür weltweit Milliarden umgesetzt. Konsum (und Botschaften, die einem sagen, dass man das UNBEDINGT haben muss) ist allgegenwärtig.

      • tststs sagt:

        Finden Sie es jetzt wirklich so unvorstellbar, dass es kaufsüchtige Menschen gibt.
        Mich überrascht eher, dass es nicht mehr Betroffene gibt (oder die Dunkelziffer ist noch so hoch).
        – Die „Belohnungseffekte“ im Hirn sind hinlänglich bewiesen.
        – Immer und überall verfügbar
        – keine soziale Ächtung (im Gegenteil, unsere Gesellschaftsform ist geradezu auf Konsum angewiesen)

        Ja, das haben Süchte so an sich; ein Nichtbetroffener kann es kaum nachvollziehen (mein Partner zB findet mein Hang zum Kommentieren – hier, in Zeitungen, Foren etc – kaum verständlich; mein Göttibub sagt mir immer wieder wie gruusig meine Ziggis sind; eine Kollegin findet, ich gebe viel zu viel Geld für Konzerte aus; dies sind natürlich keine Beispiele für eine Sucht, aber ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine)

      • tststs sagt:

        Um ganz ehrlich zu sein, tina, mich erschreckt eher gerade, dass Sie sich über jemanden lustig machen, der sich Hilfe sucht.

      • tina sagt:

        uah drama ahoi tsts 😀 auf armen wehrlosen suchtkranken herumtrampeln.
        ja, den effekt im gehirn gibts. aber das ist schon nicht das selbe, wie an der nadel hängen. die autorin hat nicht über ihre shoppingsucht geklagt. sie ist nicht süchtig. man braucht sie nicht zu bemitleiden

    • Martin Frey sagt:

      „Bei dem Kleiderstopp möchte ich auch gerne mitmachen. Mit Hilfe einer Gruppe würde es sicher besser gelingen“
      Das tönt alles, wie auch der Artikel per se, etwas nach Suchtverhalten und Entzug. Ganz ehrlich.
      Womit man beim Shoppingverhalten und der Motivation dahinter eines beträchtlichen Teils der weiblichen Bevölkerungshälfte wäre…. 😉

      • tina sagt:

        haha. die zeiten haben sich geändert herr frey. doch, männer shoppen nicht selten gern. wenn es nicht kleider sind, dann ganz sicher gadgets. weil sie es haben wollen und sie ein kurzes stimmungshoch erleben. nicht weil sie es brauchen. der nuggieffekt

      • Glasmost sagt:

        @ Martin Frey: Klischees die Sie da bedienen, sag ich da bloss. tina hat recht.

  • tina sagt:

    erschreckend finde ich vorallem, dass das so super klingt, dass man denkt, wow, grossartig. und dabei ist es nur einfach mal ein jahr lang nicht noch mehr kleider kaufen. wenn alle kleider so lang halten würden, wie gewisse stücke, die wohl jeder im schrank hat, die wirklich 10 jahre halten, dann wäre das gar kein kunststück. diese kleiderverbrauchhaltung ist so krank… allerdings: sobald man nicht so viel geld zur verfügung hat, hat man ganz automatisch einen viel umweltverträglicheren lebensstil und zwar ohne zu leiden und ohne verzicht, sondern nur mit massiv weniger überfluss. ich spreche hier nicht von armut. ich bin sprachlos, wie scheissegal es erschreckend vielen leuten ist, dass sie so viele resourcen vebrauchen.

  • Doris sagt:

    Bin ganz bei der Autorin und praktiziere dies seit Jahren. Wenn mal, selten, etwas Neues: Second-hand ist interessanter und vielfältiger, Flohmi extravaganter. Bei mir kein Geldproblem, sondern nachhaltiges Denken. Schränke verstopfen mit Schnäppchen, keine Lust mehr.

    Lesen, lesen, lesen, treue Pestalozzi-Bibliothek-Kundin. Bringt mir mehr Genuss als Kleider.

  • Marie sagt:

    Wir haben sicher alle zuviele Kleider und die Schränke voll ! Jedoch kauft man meistens nicht weil man etwas nötig hat, sondern zum sich eine kleine Freude zu machen.

    • Christina sagt:

      Was hilft: Eine Liste führen mit Datum, Beschreibung des Stückes und Ausgaben für die Kleider. Ich habe soeben nachgeschaut: 2016 habe ich ab April 7 KG abgenommen. Was steht auf der Liste: 3 Kurzarmhemden, 2 Tshirts Fr. 210.–, Kleider enger machen Fr. 135. 2017: 5 weiter Kilos abgenommen: April: 7 Stücke enger machen Fr. 148.-. September: 1 (in Buchstaben: EIN) neues Kleid. 2018: Neue Wanderhose, (die alte lebt noch immer in alter Breite: Mit Hosenträgern perfekt bequem. Betr. Festkleider: Davon haben wir ohnehin zu viele, da sie heutigentags nur selten oder nie in Gebrauch kommen, ausser bei Banquiers und Diplomaten. Zugegeben, ein wenig schäbig, wenn die alte habliche Tante bei den Fotos der hintereinander fälligen Hochzeiten der Neffen immer dasselbe Kleid trägt.

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