Geschwisterstreit, deine Tage sind gezählt!
«Könnt ihr nicht EINMAL friedlich miteinander spielen!», rufe ich meinen Jungs genervt zu, die sich schon wieder wegen irgendeines dummen Plastikteils in den Haaren liegen.
Seit ich Mutter bin, habe ich eine Vorstellung davon, wie schwierig es sein muss, Konfliktparteien zu einem Kompromiss zu bewegen. Täglich kommt es zwischen meinen Jungs zu mehr oder weniger handgreiflichen Auseinandersetzungen. Ein Wort gibt das andere, und schon geht die Streiterei von neuem los. Dann versuche ich zu schlichten und zu erklären, beschwichtige und denke zehn Sätze voraus, um das Schlimmste zu verhindern.
Manchmal folge ich dem Rat, dass Geschwister ihre Streitereien unter sich ausmachen sollen. In den allerseltensten Fällen gelingt das. Meist verschärft sich der Konflikt, und ich muss erst recht eingreifen. Eigentlich logisch. Ist ja auch bei Erwachsenen so. Sind die Gemüter erhitzt, kann man selten vernünftig denken und dem anderen gegenüber nachsichtig sein.
Mama, die UNO
Bei uns in der Familie bin ich die UNO. Im Kleinen spiegelt sich, was wir täglich in der Zeitung lesen. Wenn sich meine Buben um ein Legoauto streiten, das vorher monatelang unbeachtet in der Kiste lag, geht es gleich darum, wem es gehört, wer es bekommen oder mit seinem eigenen Geld gekauft hat. Das liegt nicht daran, dass meine Kinder nicht teilen können. Der Nachbarsbub darf sehr wohl mit dem Auto spielen, nur der Bruder, der darf es nicht anfassen!
Die Frage von mir an den Älteren, warum er nicht einfach den Jüngeren mit dem Lego, das angeblich ihm gehört, spielen lässt, ist in etwa so dämlich, wie die Konfliktparteien im Nahen Osten zu bitten, doch endlich Frieden zu schliessen.
Es geht ja beim Streit der Brüder gar nicht unbedingt um dieses eine Spielzeug. Es geht um Macht und Einfluss. Wer setzt sich durch? Wer ist der Bessere, der Stärkere? Am nächsten Tag will dann der Grössere den Fussball vom Kleineren ausborgen, darf er natürlich nicht, wegen des Legoauto-Gate vom Vortag. Und so geht das endlos weiter. Aaaarrrrggghhhh!!!
Halten Sie durch!
Als Mutter bin ich hin- und hergerissen und bemühe mich um einen Ausgleich. Es bricht mir das Herz, wenn der Jüngere auf Biegen und Brechen versucht, beim Fangenspielen oder Velofahren mit dem grossen Bruder mitzuhalten. Ich kann seine Frustration so gut verstehen, wenn es nicht klappt. Und wie sollte es auch? Zweieinhalb Jahre Altersunterschied, das macht viel aus bei Kindern! Manchmal wird aus der Verzweiflung Wut, die sich in Form von Faustschlägen gegen seinen Bruder richtet. Und wieder muss ich die Friedensrichterin spielen.
Diese Szenarien prägten unseren Familienalltag, bis auf wundersame Art und Weise die Streitereien weniger wurden und schliesslich ganz aufhörten. Die Buben sind heute elf und vierzehn Jahre alt, und jeder hat seine Nische gefunden, in der er sich wohlfühlt und sich frei entfalten kann. Sie haben ihre eigenen Freunde und verbringen ihren Alltag an verschiedenen Schulen. Wenn sie sich jetzt zu Hause beim Mittagessen treffen, erzählen sie sich gegenseitig, was gerade so läuft. Ich lehne mich entspannt zurück und bin einfach nur glücklich über diese Harmonie!
Und falls Sie gerade tagtäglich Streitereien zwischen Ihren rivalisierenden Kindern schlichten müssen: Halten Sie durch! Es kommt der Tag, da sitzen auch Ihre Kinder friedlich am Mittagstisch.
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27 Kommentare zu «Geschwisterstreit, deine Tage sind gezählt!»
Sind die beiden Söhne vorher angefragt worden – und waren sie einverstanden – dass sie in der Zeitung von der eigenen Mutter als Ober-Streiter dargestellt werden ??
Ist es nicht immer ein wenig peinlich, die eigenen „Heldentaten“ mit der grossen Glocke auszuläuten ??
Nein, es ist nicht nur eine Phase; auch im Erwachsenenalter gehen die Streitereien subtil weiter. Der Kern des Problems ist die Aufmerksamkeit der Eltern: Als das älteste Kind noch ein Einzelkind war, hatte es die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern, dann kommt auf einmal ein weiteres Kind auf die Welt und das erst Geborene muss sich die Eltern mit dem neuen Geschwister teilen. Manche älteren Geschwister kommen nie über den Verlust der ungeteilten Aufmerksamkeit der Eltern hinweg – auch nicht im Erwachsenenalter.
Da bin ich anderer Meinung: Ich kenne recht viele Erstgeborene, die sich im Leben äusserst gut geschlagen haben, und ein Grund dafür könnte durchaus sein, dass sie als Neugeborene die volle Aufmerksamkeit, Zuneigung, Wärme ihrer Eltern erlebt haben – eine für das Selbstwertgefühl äusserst positive, prägende Erfahrung. Die Geburt eines Bruders oder eine Schwester können sie dann sehr gut einstecken. Der älteste meiner Geschwister geht mit uns seit eh sehr liebevoll um, er ist stets hilfsbereit und grosszügig und ist stets gut gelaunt – mehr als wir übrigen, Und er ist keineswegs ein Einzelfall – im Gegenteil.
„manche x“ und „recht viele y“ ist kein widerspruch
Ich greife nur dann ein, wenn ich das Gefühl habe, jetzt ist der Streit wirklich schlimm. Dann mache ich gute Erfahrungen damit, meine nicht mehr ganz kleinen Kinder (8, 6, 3) selber einen Kompromiss aushandeln zu lassen. Nach dem Schema: A will das Autöli, B will es auch. A hatte es zuerst, aber B gehört es. Meine Frage: Wie können wir das jetzt lösen? Kind A macht einen Vorschlag, wenn Kind B nicht einverstanden ist, macht es einen Gegenvorschlag usw. Wenn es gar nicht klappen will, macht Mama oder Papa einen Vorschlag und dann bleibt das Autöli solange beim Elternteil, bis es eine Lösung gibt. Mittlerweile handeln die Kinder manchmal sogar ohne elterliche Hilfe von sich aus einen Kompromiss aus. Oder sie wenden die Technik auf uns Eltern an, da müssen wir dann mitziehen 🙂
@Kathrin
Wow, das leuchtet ein. Dieses Prinzip funktioniert genau so auch in Bundesbern.
Das werde ich gleich zur Anwendung bringen!
Danke für den Tipp!
vielen Dank für diese Beschreibung!
Mit unseren Jungs (Unterschied. 5 Jahre) ging es ganz genau so, sie stritten wie die Raben. Mich hat das sehr beschäftigt, bis mir ein Kollege das Gleiche von seinen 2 Kids (Mädchen + Junge) erzählt.
Auch hier gilt eben das wichtigste Eltern-Mantra (und jetzt alle) – „es ist nur eine Phase“
keine Ahnung was ich falsche mache aber meine Kinder sind 18 und bald 17 und sie streiten noch heute. Zwar nicht mehr wegen Legos oder Fussball aber zB. darueber, dass die grosse Schwester wieder mal coole Basketball-Hoodie des Sohnes trug (unerlaubterweise) und dieses dann ungewaschen im Waschkorb liegt obwohl der Sohnemann es eigentlich tragen wollte.
Ich habe darüber nachgedacht, wie es zwischen mir und meinen zwei Brüdern war in der Kindheitsphase. Viele Erinnerungen habe ich nicht, aber ja, bisweilen hatten auch wir Streit. In diesem Alter aber, scheint mir, trägt man Konflitke offen aus, man ist schnell laut, freilich, man geht gleich aufeinander los, allerdings meist „gewittermässig“. Ich meine: Nach dem „Wolkenbruch“ scheint wieder die Sonne, man hat sich wieder gerne, die Verletzungen heilen schnell. Man schaue sich hingegen, wie manche erwachsene Geschwister miteinander umgehen: nur vordergründig nett (in typischer Schweizerart), wohl aber voller Groll und Missgunst.
Ich habe 2 Familien gekannt, wo sich die 2 Kinder so liebten dass sie fast nie streiteten. Das ist Glück. Vielleicht wollten die 2 zusammen wieder auf die Erde kommen ? Auf alle fälle waren und sind sie ein herz und eine seele, auch noch im erwachsenenalter. In einen anderen Familie war es umekehrt : die ältere Schwester hasste die kleine sobald war sie geboren, dabei hatten die Eltern „alles richtig gemacht“.
Sie haben es anscheinlich verpasst, was in vielen Kindergärten und Kleinkinder-Schulen gang und gäbe ist.
Da gibt es einen runden Teppich, der neutrales Terrain bedeutet, wo sich die Kinder verbal über die Probleme untereinander austauschen können. Allerdings sollte diese «Einrichtung» von Anfang an zur Verfügung gestellt werden…
… und über diese Einrichtung kann man dann auch wieder streiten: „der muss aber zuerst auf den Teppich“ oder „der ist sowieso schuld“.
Naja, die Pubertät kann auch Probleme mit sich bringen, Frau Hanslmayr: Die Sexualhormone, die einen eines schönen Tages mit voller Wucht „heimsuchen“ und nicht mehr loslassen, die Auflehnung gegen die Eltern, der Freiheits- und Abnabelungsdrang, der so vielen Müttern zusetzt. In meinen Augen ist die Pubertät kein Spaziergang, nicht für die Eltern und erst recht nicht für die Pubertierenden (männlichen Geschlechts). Ich jedenfalls habe keine schönen Erinnerungen an diese Lebensphase: Vor allem wegen der Sexualhormone, die man, obwohl sie am stärksten wirken in diesem Alter, kaum ausleben kann (ich hätte mir damals so gerne eine reifere Frau gewünscht, um meine Sexualität ausleben zu können, aber so was lässt sich kaum verwirklichen, da völlig verpönt in unserer „Kultur“).
Sie haben das Thema völlig verfehlt. Es geht hier um geschwisterliche Streitereien.
Ich finde, Sonusfaber hat das Thema sehr wohl treffend aufgegriffen, einfach aus einer virulenteren Perspektive. Weshalb sind Sie so herablassend, Lisa? Vielleicht weil sie kein Mann sind und unsere Erinnerungen an die Pubertät nicht teilen wollen und können? Ich erlebte das Erwachen meiner Sexualität als kraftvollen, einschüchternden und zuweilen verstörenden Prozess. Zum Glück hatte ich während diesen Jahren buchstäblich viele helfende Hände.
@ SP
Was ist denn in Deinen Augen das Thema? Weder bei Dir noch bei Sonusfaber kommt das Wort „Geschwister“, „Bruder“ oder „Schwester“ vor. Da ist doch Lisas Einwand völlig korrekt. Sie hat ja nicht gesagt, dass die männliche Pubertät nicht ein wichtiger Prozess wäre (ist im Übrigen bei der weiblichen auch so, dies nur zum überraschenden Einwand, dass sie es nicht erlebt hat), aber es hat schlicht nichts mit dem Thema „Geschwisterstreit“ zu tun.
@ LIsa A – Frau Hanslmayr hat ihre Erleichterung darüber geäussert, dass ihre zwei Kinder inzwischen pubertieren bzw. nicht mehr streiten. Mein „Einwand“ bzw. meine Ergänzung betrifft ihre Assoziation „Pubertät-Frieden“, denn nicht alle Pubertierenden sind friedlich, jedenfalls nicht meines Wissens und schon gar nicht meiner Erfahrung nach, denn die Sexualhormone (im Fall eines männlichen Pubertierenden) werden am stärksten ausgerechnet während der Pubertät ausgeschüttet, was – aus verschiedenen Gründen – zu einer echt aggressiven Verhaltensweise verleiten könnte. Insofern bezieht sich meine Ergänzung durchaus auf das von Frau Hanslmayr behandeltes Thema, denn ich schliesse dort an, wo sie sich erleichtert und zuversichtlich zurücklehnt … 🙂
@13: Noch einmal: Das war wieder mal nicht ich. Warum man eine solche Korrekturmeldung nicht veröffentlicht, entgeht mir ganz!
Ich weiss sehr wohl wovon ich rede, selber mit zwei Schwestern aufgewachsen und als Mutter von drei (jetzt erwachsenen) Jungs. Aber während der Pubertät verschieben sich die Interessen ganz woanders hin und die jüngeren Geschwister sind dann einfach nicht mehr so wichtig, stehen weniger im Fokus und damit werden Streitereien (jedenfalls für den Moment) weniger.
Ich folge zunehmend dem Rat, dass sie selbst Lösungen finden müssen, und merke meist, dass es besser und schneller geht. Häufig entsprechen die Lösungen dann zwar überhaupt nicht meinem Gerechtigkeitsempfinden, aber solange es für die Kinder stimmt, halte ich mich raus. Jeder muss seinen Platz selbst erkämpfen, und Konfliktkompetenz erlernt man eben nicht, wenn andere es für einen lösen. Das braucht manchmal Nerven und / oder Oropax, aber ich glaube es lohnt sich.
Das bedeutet natürlich nicht, dass man nicht oft genug trotzdem eingreifen muss, bevor sie sich buchstäblich die Köpfe einschlagen. 😉 Wie immer liegt die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte.
Wieder mal ein Thema wo ich mich frage, ob die Autorin ihre eigen Jugend vergessen hat ??? Gut, wenn sie ein Einzelkind war, dann hat sie nicht so viele Erfahrungswerte diesbezüglich sammeln können. Aber wenn sie Geschwisterkind war, mit Bruder und/oder Schwester in ähnlichem Alter, dann hat es da doch auch gefetzt. Das ist ein vollig normales Verhalten von Kindern, ihre Grenzen des Machbaren abzustecken.
Da nimmt niemand Schaden an Leib und Seele. Ganz selten haben unsere Eltern eingegriffen, erinnere ich.
Und was habe ich mich mit meiner Schwester zwischen 11 und 17 gestritten. Da reichte manchesmal schon ein falsche Wort zu falschen Zeit und die Post ging ab. Jetzt sind wir sowas von dicke, da passt kein Papier dazwischen. Läuft sich alles zurecht.
Nun ja, ich gebe Ihnen recht. Wenn ich heute, mit Altersmittel und dem Zauber des Vergessens zurückschaue, dann muss ich auch sagen: alles halb so schlimm.
Wenn ich mich aber wirklich zurückversetze, so mag ich mich doch an verletzte Gefühle (und Körperstellen) erinnern und die taten – dazumals – wirklich weh.
Nichts macht doch Menschen (egal ob 5 oder 50) wütender, als wenn sie in seinen Emotionen nicht ernst genommen werden.
ich kenne einen mann, der darum nur ein einzelkind haben wollte, weil sein bruder ihn so quälte als sie kinder waren. das hörte nicht auf.
man kann doch nicht einfach ein selber erlebtes beispiel nehmen und dann den anderen sagen: so läuft das immer
In meiner Erinnerung wurden Konflikte schon im Vorfeld unterbunden und unter den Teppich gewischt. Das harmonische Miteinander ging den Eltern über alles, Streit war etwas ganz schlimmes. Auch kein gesunder Weg. Aber tatsächlich haben wir Geschwister uns dadurch so gut wie nie gefetzt, also keine Erfahrungswerte. Sowas gibt’s.
Für Leseratten ist das wundervolle Buch „Geschwister als Team“ von Nicola Schmidt zu empfehlen. Es ist kein Ratgeber im klassischen Sinne, sondern ein Buch, das Geschwisterbeziehungen erklärt. Und wer versteht, woher etwas kommt, der kann auch besser damit umgehen.
Danke für Ihre erbauenden Worte! Sie geben mir Hoffnung dass es besser wird.
Ein Leben ohne Streit ist möglich, aber nicht erstrebenswert.