Nicht noch mehr Spielzeug!

Ausmisten? Niemals! Kindern fällt es oft schwer, sich von alten Spielsachen zu trennen. (Foto: iStock)
Sie liegen im Wohnzimmer herum, werden regelmässig auf dem Esstisch vergessen und füllen Regal um Regal im Kinderzimmer: Spielsachen. Egal, wie sehr man als Eltern versucht, die Flut einzudämmen, das Spielzeug findet immer einen Weg. Die grössten Wellen schwappen jeweils an Geburts- und Weihnachtstagen ins Haus, doch auch unter dem Jahr tröpfeln die Sachen herein. Mal gibts ein kleines Stofftierchen als Give-away nach der Geburtstagsparty, dann wieder schenkt eine Nachbarin dem Nachwuchs ein ausrangiertes Autöli, wenn man gerade nicht hinschaut.
Das wäre alles gar nicht so tragisch, wenn die Händchen, die all diese Dinge so begeistert an sich reissen, diese irgendwann auch wieder loslassen würden. Aber sagen Sie mal einem kleinen Kind, dass Sie etwas entsorgen möchten, weil es sowieso nicht mehr damit spiele. Es schreit kurz auf, krallt sich das Ding und erkürt es urplötzlich zum Lieblingsspielzeug, das es «NIE! IM! LEBEN!» weggeben werde.
Flohmarkt oder Ausmistzwang?
Wir Eltern denken uns deshalb allerlei Methoden aus, wie wir den Spielzeugberg etwas abbauen können. Ich habe es ein paarmal mit dem Kinder-Flohmarkt versucht. Das war ganz lustig und eine gute Erfahrung für meine zwei Kleinen. Meinem Ziel hat es mich aber kein bisschen näher gebracht, weil die Kinder ihr verdientes Geld noch vor Ort wieder in neues Spielzeug investierten.
Da ist man vermutlich erfolgreicher, wenn man das Kind vor seinem Geburtstag mit dem Satz «Wenn es keinen Platz hat im Zimmer, gibt es auch nichts Neues» dazu motiviert, ein paar Sachen auszumisten.
Eine Bekannte von mir macht es nochmals anders. Sie hat sich angewöhnt, ständig einen Teil der Spielsachen im Keller zu lagern. Nach ein paar Monaten werden diese wieder in die Wohnung geholt, dafür wandert eine andere Ladung hinunter. So freuen sich die Kinder immer wieder von Neuem über ihr Spielzeug, und die Wohnung ist weniger vollgestopft. Der Keller dafür umso mehr.
Ich selber nutze den Keller auch: Von Zeit zu Zeit lasse ich heimlich etwas wirklich Veraltetes verschwinden und lagere es im Keller zwischen. Fragt länger keiner danach (und findet es auch nicht per Zufall, wenn wir die Skikleider holen …), kann ich es getrost weitergeben. Hinterhältig? Nun, ich nenne es lieber: nervenschonend.
Weniger Spielzeug = kreativere Kinder
Und: Ich kann jetzt ganz offiziell sagen, dass ich den Kindern damit etwas Gutes tue. Wissenschaftler haben nämlich bewiesen, dass Kinder kreativer und engagierter spielen, wenn sie weniger Spielsachen zur Auswahl haben. Ein Ergebnis, das niemanden erstaunt, der schon einmal mit dem Nachwuchs einen Tag lang draussen unterwegs war und gesehen hat, wie kreativ die Kleinen Äste, Steine oder eine Guetsliverpackung zum Spielzeug umwandeln.
Im Moment schränken sich meine Kinder übrigens gewissermassen selber ein. Sie spielen zu etwa 99 Prozent der Zeit mit ihren Playmobil-Häusern – und leben dabei ihre Kreativität aus. Während sie am Anfang noch mit reinem Spielen beschäftigt waren, haben sie irgendwann angefangen, Möbel aus Karton zu basteln, Minikissen zu nähen und die Wände mit aus Zeitschriften ausgeschnittenen Bildern zu verzieren. Offenbar funktioniert die Gleichung «Fokus auf wenige Dinge = gesteigerte Kreativität» auch so.
Mal schauen, ob ich das verstaubte Krokodilspiel unauffällig in den Keller wandern lassen kann, während meine Nachwuchs-Interiordesigner das nächste Zimmer verschönern …
Weitere interessante Postings zum Thema:
27 Kommentare zu «Nicht noch mehr Spielzeug!»
Was auch hilft: Ludothek- Abo! Da gibt es schrecklich tolle Sachen, die ich nie besitzen möchte. Aber mit denen unsere Kids vorübergehend glücklich spielen. Ludothek-Abo ist auch ein sinnvolles Geburigeschenk!
Aber … KonMari sagt, man darf niemals Besitz der anderen Familienmitglieder heimlich entsorgen. Schon manches Mal hat es mich gereizt, es trotzdem zu tun. Bin froh, dass ich es nicht tat. Ich würde mich schrecklich fühlen.
Die Päckliflut bekommt man mit klarer Kommunikation in den Griff. Ich kündige jeweils vor dem Geburtstag an, was gewünscht wird, meistens einen Beitrag an etwas grösserem und gerne auch sinnvollem. So gibt es dann ein! Playmobilset, das zusammenpasst und mit dem man spielen kann, und nicht 10 Einzelteile oder das gewünschte Fahrrad.
Billigster Plastikschrott (Päckli im Happy Meal oder Ü-Ei) wird gleich entsorgt oder gar erst angenommen. Die Restaurants/Läden akzeptieren durchaus ein Nein. Beim anderen genau so wie die Autorin: zuerst in den Keller, wird es nicht vermisst, kann es weg.
Seit einem guten Jahr leben wir so reduziert und es geht uns viel besser damit. Etwas zu spielen finden sie immer.
Heimlich in den Keller räumen… 🙂 Sehr schön. Mach ich auch.
Das blöde ist nur, wenn diese Sachen dann plötzlich auf einem Foto erscheinen, irgendwo ganz klein im Hintergrund! Mir laufen jedes Mal Schweissperlen von der Stirn. Und dann immer die Frage… „Wo isch das Mami?“ – sch…..
Warum zum Geier müssen die Kinder heute immer befragt werden? Kann man nicht etwas über ihren Kopf weg entscheiden, so wie es deren Arbeitgeber später für sie ja auch tun werden? (so im Sinne einer vorbereitung auf das spätere Leben, das was man früher Erziehung nannte)
Ich würde das Zeugs einfach unbemerkt entsorgen. Ein Spielzeug, mit dem das Kind nicht mehr spielt und das aus den Augen ist, ist relativ schnell aus dem Sinn. Da kann es unbemerkt verschwinden, und wenn dann später zufälligerweise danach gefragt wird, naja, dann, weiss nicht, is weg…
Wenn natürlich jedesmal noch eine Abklärung gestartet wird, ist das Cabaret vorprogrammiert, frei nach dem Motto: wer fragt, verliert.
Kann ich so nicht bestätigen. Mein Sohn wird 4. aber er kann sich auch noch an das Rote Spielzeugauto erinnern das er vor über einem Jahr das letzte mal in den Händen hatte. Ich hab das Teil entsorgt als er länger nicht mehr damit gespielt hat. Das Teil war defekt. Aber das war trotzdem keine gute Idee. Ich musste mir danach lange anhören das ich nichts mehr wegschmeissen darf und wurde streng beäugt wenn ich ein Auto versorgt habe.
@ Rémy
Sie würden es schätzen, wenn Ihre Frau einfach etwas, das klar Ihnen gehört, entsorgen würde, weil sie es einige Monate nicht mehr in der Hand hatten? Also, ich nicht.
Aber vielleicht ist es auch so, dass so erzogene Kinder gute, da ruhige und wehrlose, Arbeiter werden, während Kinder, denen ein Mitbestimmungsrecht gewährt wurde, sich wehren, die Verantwortung übernehmen und mitbestimmen werden. Die Frage ist, was man sich für sein Kind wünscht.
@13
Gehe Grundsätzlich mit Ihnen einig, dass man Kinder respektvoll behandeln soll, genauso wie man selber auch behandelt werden möchte. Wer hat es schon gerne, wenn einem die Partnerin den Kleiderschrank ausmistet. Ihre Aussage am schluss des Posts zeugt aber von wenig (historischer) Kenntnis der Working-Class und wirkt für mich auch etwas überheblich und respektlos.
@ sottosopra
Warum? Die klassische Erziehung diente in erster Linie dazu, Kinder zu folgsamen Arbeiter oder auch Soldaten zu erziehen, die tun was verlangt, ohne es gross zu hinterfragen oder dagegen aufzulehnen. Wer dieser nachweint, muss sich bewusst sein, dass das das Ziel war. Die heute üblichere Erziehung erfolgt in Achtung der Bedürfnisse des Kindes, wodurch es auch lernt, dass seine Meinung und Gefühle wichtig sind. Diese Kinder lassen sich tatsächlich schwerer unterordnen, denn sie verlangen angemessene Bedingungen und sagen, wenn etwas nicht passt. Die Frage ist eben, welches Ziel man selber als sinnvoller erachtet.
Ging mir ausschliesslich um die negative Konnotation des Begriffs Arbeiters. Logisch dass der klassiche Vertreter der Working-Class, welcher nicht auf ein ökonomisches Auffangnetz von Eltern und Verwandtschaft zurückgreifen kann, dem Chef vordergründig folgt und eher selten aufbegehrt (gearbeitet wurde ja primär aus ökonomischen Gründen). Der Widerstand fand auf anderen Ebenen statt. So wie Sie dies kausal auf die Erziehung zurückführen, so einfach will ich mir die Gesellschaft (als Sozialwissenschaftler) nicht erklären.
Es ist nicht der einzige Zusammenhang, aber spielt eine grosse Rolle.
Wir haben auch inzwischen das 21. Jh, die Arbeiter auch auf tiefster Hierarchiestufe haben Recht und wir haben ein soziales Auffangnetz. Arbeiter, die stillschweigen gehorchen, brauchen wir immer weniger. Da ist es auch sinnvoll die Erziehungsziele zu überdenken.
Und als Horizonterweiterung über Erziehung und Widerstand in der Arbeiterklasse: Spass am Widerstand, ein Buch des britischen Soziologen Paul Willis
@13: „Die klassische Erziehung diente in erster Linie dazu, Kinder zu folgsamen Arbeiter oder auch Soldaten zu erziehen, die tun was verlangt, ohne es gross zu hinterfragen oder dagegen aufzulehnen.“ Das sehe ich eher nicht so.
Und die moderne Erziehung lässt lauter lebensuntaugliche Egoisten entstehen?
Ich wünsche mit für meine Kinder weder schwarz noch weiss. Sondern dass sie ihre Position im Leben finden. Dass sie in der Lage sind, sich im Rahmen der geltenden Spielregeln zu verhalten und anzupassen. Aber auch, die Freiräume zu nützen oder gar an diesen Spielregeln mitzugstalten.
Und ganz klassisch: „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“ Wobei ich Land ja durch Gesellschaft ersetzen würde.
@ sp
Nein, das tut die moderne Erziehung nicht, aber fördert halt Menschen, die sich nicht ganz alles gefallen lassen. Menschen sind keine Einzelgänger, sondern lebten schon immer in Gemeinschaften. Uns in eine einzufügen, ist in uns drin. Wie stark in dieser Hierarchen gelebt werden, ist jedoch unterschiedlich. In unserer bestehenden Rechts/Gesellschaftsordnung ist es aber nicht üblich, Sachen, die jemand anderem gehören, einfach wegnehmen/entsorgen, weil man selber das Gefühl hat, dass es nicht mehr gebraucht wird.
Mitebestimmunsrecht in Ehren, aber Kinder müssen erzogen werden zur Mündigkeit, sind es aber bei weitem noch nicht, und das geht heute vergessen: wenn die Gesellschaft nur noch aus kleinen Könige und Königinnen bestehen wird (weil erzogen wie Prinzen und Prinzessinnen), werden wir den Dreck haben. Nach meinen Beobachtungen wird das nicht mehr sehr lange dauern. Kleine Bemerkung am Rand: Demokratie funktioniert nur dann, wenn die Minderheit die Entscheidungen der Mehrheit akzeptiert, und kleine Prinzen und Prinzessinnen akzeptieren nichts was ihnen nicht passt. Think about it!
Ich schenke meinem Göttibueb nur Ausflüge. Er freut sich immer riesig und überlegt sich jeweils lange im Voraus was wir unternehmen könnten.
Eine Wanderung mit Sommerrodeln und ein eigenes Feuer machen? Europapark? Angeln? Eine Velotour mit dem Velo das er von den Grosseltern bekam? In den Zoo?
Ich würde wetten, in ein paar Jahren wird er sich an unsere Geschichten erinnern und nicht an das was er da für x-beliebige Spielsachen bekam.
Was auch hilft: Geschenke beim Schenkenden zu lassen, als Spielzeugdepot vor Ort. Das hat 2 Vorteile: 1. Die Kinder haben auch beim Grosi / Götti etc etwas zum Spielen. 2. Grosi / Götti etc überlegen sich plötzlich viel besser, was und wie viel sie schenken wollen. Ausserdem haben wir die Menge der Geschenke klar pro Anlass und Kind auf ein Päckchen pro Person beschränkt. Wer mehr geben möchte darf immer auch noch ein Batzeli geben, das dann für grössere Wünsche gesammelt wird.
@Lina : „Batzli“ schon wieder Geld, immer Geld ? Das beinflusst doch die Kinder im negativen Sinn und heisst für den Schenkenden „nichts mehr geben das nächste Mal“.
*kauft sich für seine Kinder Playmobil-Häuser*
Mist….
Ja, unsere Kinderzimmer widerlegen die bei rechts und links beliebte These: dass der Mittelstand immer ärmer wird.
Der Mittelstand wird immer schmaler, kleiner. In einigen Staaten ist er schon fast verschwunden, nur so breit wie in der Schweiz ist er nirgends mehr.
Sie fanden doch immer, dass nirgendwo schlechter Politik betrieben wird, wie in der Schweiz…. hmmm… und nun geht es nach ihren Worten der breiten Masse ausgerechnet hier so gut….
Aber, ich kann Sie trösten: die Kinderzimmer meiner Freunde in D und A sind genauso überfüllt.
Meine Kinder sind auch Jäger uns Sammler…
Wir kennen jedoch jemanden, der Spielsachen für rumänische Kinderheime sammelt und regelmässig dorthin fährt. Den Kindern fällt es viel leichter sich von den Sachen zu trennen mit dem Gedanken, dass die Spielsachen an ein anderes Kind gehen das nicht so viel hat und sich auch darüber freut.
Aber grundsätzlich versuchen wir das Problem von Grund auf anzugehen und einfach weniger kaufen. Bei Geburtstagen und Weihnachten auch mal zusammengelegen und ein Geschenk anstatt mehrere besorgen. Natürlich kann man das Geld auch in gemeinsame Zeit investieren, diese Erinnerungen bleiben den Kids auch.
Ein Teddybaer zum liebhaben, Legos zum bauen, eine Balle zum spielen, das ist so alles was ein Kind BRAUCHT. Der Fakt dass sie wenige Sachen haben, aber gute, gesunde, wir dazu führen dass sie diese Sachen lieben.
Früher, als kinder noch nur eine Puppe oder ein Teddybaer hatten, liebten sie ihn und später liebten sie ihren Partner und nicht 10 oder 20 !
Dies hat ein Kinderpsychologe gesagt und ich finde : es stimmt. Wenn man immer von einer sache zur anderen geht, so kommen keine gefühle mehr auf.
Man kann dann als erwachsener auch ständig wechseln. Ohne Gefühle.
Mein Lieblingsstofftier war ein Schwein, das habe ich jahrelang gehegt und gepflegt. Meine Frau habe ich dann auch so behandelt. Da hat der Kinderpsychologe wohl recht.
da hat ihre Frau Glück einen solchen liebensvollen Mann gefunden zu haben.
‚…. Wissenschaftler haben nämlich bewiesen, dass Kinder kreativer und engagierter spielen, wenn sie weniger Spielsachen zur Auswahl haben. Ein Ergebnis, das niemanden erstaunt, …‘
Weil das Ergebnis einerseits so wenig erstaunt, wie der heutige Sonnenaufgang, anderseits aber niemals zu sichern ist, muss man das nicht durch Wissenschaftler ermitteln lassen. Empirischen Sozialstudien sind keine Wissenschaft, sondern Beobachtungsbeschreibungen.
Was immer man an Menschen beobachtet, wie immer man es statistisch beschreibt, es ist immer nur ein zufälliger Blick auf eine unendliche Vielfalt und kann Stoff für einen Roman oder einen Ratgeber sein. Aber niemals Stoff oder Resultat von bzw. für Wissenschaft.