Fäkaler wird es nicht

Die löbliche Ausnahme der Ausnahme der Ausnahme: Saubere Schwimmwindel auf dem Kopf. Foto: jinglejammer (Flickr)
Ja, Sie lesen richtig: In diesem Text wird das grosse Geschäft von kleinen Kindern ausführlich thematisiert. Hier erfüllen sich gleich die schlimmsten Befürchtungen, die Sie an Texte gewöhnlich haben. Denn ich mag als Autor gewiss nicht frei von Eitelkeiten sein, aber diesen Text können Sie von mir aus so richtig beschissen finden. Ich habe nämlich einen Grund zum Feiern: Meine Jüngste braucht bald keine Windeln mehr. Das mag Sie jetzt eher unterwältigen, mich aber erleichtert es enorm.
Konservativen Schätzungen zufolge benötigt ein Kind etwa 5000 Windeln, bis es aus dem Gröbsten raus ist. Bei vier Kindern sind das 20’000 Windeln für die Lebenskomplizin und mich. Wenn wir davon ausgehen, dass sie und ich uns diesen Job 50/50 teilen, bleiben immer noch 10’000 für mich. 10’000 Windeln in den verschiedensten Grössen.
Knallblubbernde Geräusche
Angefangen vom Kindspech, bei dem man einfach nur hofft, das Baby möge beim Absondern dieser schwarzen Darmfüllmasse windelfrei auf dem Wickeltisch liegen, weil das Zeug so klebrig ist, dass man mehrere Anläufe braucht, um es zu entfernen. Über die eher gelblichen Schisse, die so umfassend auf Milch basieren, dass sie olfaktorisch glücklicherweise gar nicht so einfach zu erfassen sind – und man sich stattdessen auf diese kleinen angestrengten, lustig-zerknautschten Gesichtchen und die knallblubbernden Geräusche in der Windel verlässt. Bis hin zu den ersten, noch einigermassen erträglichen Beikostversuchen, die schliesslich in ausgewachsene Mahlzeiten münden – mit Fleisch.
Dann ist der Grad an geruchlicher Belästigung erreicht, bei der ein windelfreies vierjähriges Geschwister aus dem Kinderzimmer stürmt, vor die Eltern tritt, sich kurz schüttelt und sehr resigniert «Kacka!» seufzt. Und die Eltern wissen, dass sie nicht allzu viel Zeit verstreichen lassen können, bevor das Ganze konsistenzmässig in den Zementbereich geht und sie statt an Feuchttücher an einen Meissel denken.
Pipi ist kein Problem
Die Leserinnen und Leser, die nach diesen für solch ein Thema womöglich doch überraschend weitschweifigen Ausführungen noch bei mir sind, fragen sich vielleicht, warum hier nicht vom Pipimachen die Rede ist. Ganz einfach: Bis auf einige Ausnahmen ist das relativ unproblematisch. Es stimmt, dass Sie die Windel auch ab und an wechseln sollten, wenn sich dieser Vorgang ihrer Nase nicht so unmittelbar aufdrängt. Andernfalls leisten Sie Entzündungen und wunden Stellen Vorschub.
Ausserdem kann so eine Windel auch platzen. Glauben Sie mir, dass wollen Sie nicht erleben. Dieses vollgepinkelte Windelgranulat versteckt sich anschliessend in alle Hautfalten. Aber abgesehen davon, ist das schnell erledigt. Und auch wenn mal etwas daneben geht, hält sich der Nachbereitungsaufwand in Grenzen. Wenn nicht gerade das Familiensofa mit nicht abziehbarem Bezug dran glauben muss, ist alles waschbar und schnell erledigt.
Selbst in der Phase, in der die Kinder lernen, auf die Toilette zu gehen, sind urinöse Zwischenfälle kein Grund zum Hyperventilieren. Meistens saugen es die Klamotten vollständig auf, werden gewechselt und gewaschen. Im schlimmsten Fall ist das Kind gerade nackt im Bad herumgelaufen, hat eher beiläufig auf die Fliesen gepinkelt, wollte sich vom Ort des Geschehens entfernen und ist dabei im eigenen Pipi ausgerutscht (Tun Sie nicht so, Sie wissen genau, wovon ich rede!). Aber auch das ist machbar.
Am Arsch der Welt
Ganz anders, wenn die Kacke am Dampfen ist. Die Klamotten sind beschissen. Die Beine sind beschissen. Am liebsten würden Sie das Kind, wie es ist, einmal komplett durchwaschen, aber das geht natürlich nicht. Stattdessen pellen Sie es aus der bekackten Situation, das Kind will weg, Sie greifen nicht richtig zu, es tritt rein und läuft los. Ein Fest in schillernd braun. Beim anschliessenden Einweichen der Sachen ertappen Sie sich dabei, wie Sie sehnsuchtsvoll an die letzten Male zurückdenken, wo nur so ein einziger übersichtlicher Köttel in der Strumpfhose war, der sich einfach in die Hand nehmen und wegschmeissen liess. Ja, richtig gehört: mit der Hand.
Ich habe also gute Gründe, das kommende Ende dieser Tage zu feiern. Nicht nur aus den genannten Gründen. Windeln, Feuchttücher und derlei mehr sind auch kein unbeträchtlicher Kostenpunkt. Ausserdem freue ich mich darauf, mit den Kindern am Arsch der Welt zelten zu gehen, ohne dass mir andere Ärsche einen Strich durch die Rechnung beziehungsweise einen Streifen in die Windel machen. Ich finde, das haben wir uns alle verdient. Und falls ich wirklich etwas vermissen sollte, kann ich mir ja immer noch ein Buch kaufen, um darin furzende Einhörner auszumalen.
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17 Kommentare zu «Fäkaler wird es nicht»
Nachdem ich mit Pampers und Co. zwei Mädels grossgezogen habe, wuchs mein Respekt vor meinen Eltern in’s Unermessliche. Die hatten in den 50igern nämlich nur wiederverwendbare Stoffwindeln zur Verfügung. Und die müssten zur Wiederverwendung geleert und gewaschen werden. Und das meist täglich. Dazu hatte damals nicht jeder schon eine Waschmaschine.
Also wer hier jetzt jammert, der jammert auf ziemlich hohem Niveau.
Gratuliere, sehr lustig. Beim Kind dass im eigenen Pipi ausrutscht musste ich laut lachen. Mein Kleiner Verstand zwar nicht warum, aber lachte auch mit.
Ja, und wenn es nicht mehr die eigenen Kinder sind, kommen als nächstes die Enkel, haha! Da mache ichs wenns sein muss wie bei den eigenen: Kind hochheben und auf direktem Weg in die Badewanne stellen…. Genügend Reservekleider zu Hause haben. Dann ist alles kein Problem.
Der gute Herr Pickert hatte offenbar noch nicht mit älteren Menschen zu tun. Die genannten 5’000 Windeln sind keinesfalls das Ende. Erschwerend kommt hinzu, dass die Alten entschieden keine Windeln mögen und sie lieber wegreissen, bevor sie den irdischen Bedürfnissen ihren Lauf lassen.
Man muss eben die Vorteile der Windelzeit sehen: Solange sie Windeln tragen benutzen sie kein öffentliches Klo, wo sie sich dann am Rand der Schüssel festhalten. Das finde ich viel schlimmer als eine volle Windel!
Wir benutzen teilweise wiederverwendbare Windeln. Da kann es zwar auch „Unfaelle“ geben, aber Windelgranulat ist wenigstens nie ein Problem. Und es schont die Umwelt und hilft etwas gegen das schlechte Gewissen, einen Windelberg von 20k Windeln zu produzieren…
In einem Monat wird er 17, unser Teenager. Wir geben uns alle Mühe, den Familienfrieden aufrecht zu erhalten, doch das fällt schwer. Er sei nun schliesslich ein Mann und müsse weder etwas tun für die Familie, noch irgendjemandem zuhören. Und wir hätten sowieso alles falsch gemacht und geben ihm nicht einmal ein angemessenes Taschengeld. Schliessen hätten sich die Zeiten geändert, heute brauchen Teenager viel Geld, sagt er oft. Und ein Auto sollte auch bald drin liegen. Und zudem arbeiten Teenager heute nicht mehr, meint er. Aufgaben seien langweilig, PS4 viel besser. Usw, usw. Ach wie herrlich die Zeiten, als es noch klar war, wo die Scheisse heraus kam….
Nun, ich habe Ihnen die Lösung: Sie erklären dem Buben, Sie seien mit ihm überfordert und würden morgen die KESB anrufen, die ihn abholen komme. Abgesehen davon, dass die KESB das wirklich tun würde, wird der Bub, wenn er nicht so stark eingeschränkt ist, dass es ohnehin besser wäre, er würde fremdplatziert, sofort spuren.
Herrlich! Nicht die Sache selber, sondern ihr Beitrag zum Thema :)))
Ist er Student oder in einer Lehre? Es ist leider so, dass es diese Teenager mit aller Härte, also am eigenen Leben erfahren müssen. Das wird ihn ein paar Jahre kosten. Nach Beendigung der Erstausbildung (oder nach der Matura) vor die Tür setzen. Wenn wirkliche Einsicht herrscht, wieder unter die Arme greifen.
Ich arbeitete mit 17 als Student auf der Sihlpost nachts und verdiente mir so mein weniges Geld. Beruflich war ich dann sehr erfolgreich (weil ich „Arbeit“ buchstabieren konnte), sodass meine Kinder nie arbeiten mussten. Leider haben sie so auch nie gelernt, wo das Geld herkommt und was es wert ist. Alles wird als selbstverständlich angenommen. Meine Erziehungsfehler. Was ich aber meinte war: Die Kakaphase der Kleinsten ist geradezu süss im Vergleich was nachher noch kommt. Heute würde ich keine Kinder mehr machen.
Musste fast Kotzen!Ja, es ist eine wirklich beschissene Zeit.Herzlichen Glückwunsch!;–)
Junior war ein Frühaufsteher. Pampers gabs damals noch keine, aber vermutlich hätte er auch solche problemlos öffnen können. Er nutzte die Zeit von 5-6 jeweils, seine Kreativität zu entfalten, indem er übers Gitter aus dem Bettchen kletterte u.seinen Windelinhalt ins Täfer kleisterte. Ein Schwall des Gestanks beim Betreten seines Zimmers dämpfte zuweilen die allmorgendliche Wiedersehensfreude. Ihm war das egal, sein Werk begeisterte ihn, alles andere war Nebensache. Dem Angebot, mit Fingerfarben die Fensterscheiben zu gestalten, wurde keine Beachtung geschenkt. Man sollte Kinder die Folgen ihrer Taten selber spüren, wieder in Ordnung bringen lassen, aber in diesem Fall und in diesem Alter… ich war gezwungen, es als künstlerische Ader zu bewerten. Aus ihm ist ein Musiker geworden.
Vielen, vielen Dank!
Nebst dem beschissen lustigen Text, lohnt sich der Artikel allein schon für den letzten Satz!
My style!
Schön geschrieben.
Ich wünsche dann der Familien viel Freude mit dem neuen windelfreien Zustand. Ich kann das nachvollziehen. Als es bei uns nach 10 Jahren vorbei war, haben wir auch schön gefeiert (10 Jahre verteilt auf 3 Kinder, nicht dass sie so lange Windeln trugen 😉 ).
Da bin ich doch froh, dass wir mit unserem Sohn abhalten / windelfrei praktizieren. Volle Windel können wir an zwei Händen abzählen (er wird jetzt dann 1) und uns bleibt das Putzen von eingetrocknetem Gaggi am Kind und auswaschen von Windeln und Kleider erspart…
Klappt mit einem Kind noch ganz gut, beim Zweiten wirds schon schwieriger und ich kann mir vorstellen, dass man mit dem vierten Kind keine Zeit mehr hat immer und überall sofort mit dem Kleinsten aufs Töpfchen zu rennen 🙂