Best of: Ein dickes Vorbild für die Töchter
Es sind Sommerferien, auch für unsere Autorinnen und Autoren. Deshalb publizieren wir einige Beiträge, die besonders viel zu reden gaben. Dieser Beitrag erschien erstmals am 19. Februar 2018.

Den Kindern Selbstbewusstsein zu vermitteln, gelingt am besten, wenn man selber darüber verfügt. Foto: Privat
Dies gleich vorweg:
1. Ich bin dick. Nicht nur «curvy», sondern dick.
2. Ich wäre natürlich gerne etwas schlanker, aber…
3. Ich mag mich wirklich, so wie ich bin.
Warum genau ich das Selbstbewusstsein eines 25-jährigen israelischen Topmodels habe, weiss ich auch nicht. Das war schon immer so. Und je älter ich werde, desto glücklicher bin ich darüber, dass ich mich selbst so richtig mag. Denn es wird erst jetzt richtig klar, dass das überhaupt nicht normal ist und dass bei mir offensichtlich irgendwelche Sicherungen anders geschraubt sind als bei vielen Frauen.
Darum frage ich mich, ob die Tatsache, dass meine Teenager-Töchter eine dicke, aber glückliche Mutter haben, positive Auswirkungen haben wird, was das eigene Selbstbewusstsein und die Körperwahrnehmung der beiden angeht.
Ich hoffe verdammt fest, dass die Antwort ja ist.
Meine Mädchen sind jetzt 15 und 13 Jahre alt und haben mich im Laufe ihres Lebens schon dünner «gekannt». Bereits zweimal in meinem Leben habe ich richtig viel abgenommen und war auch stolz auf meine Leistung, denn Abnehmen ist echt hart. Aber das Vorleben und auch Zelebrieren einer ausgewogenen Esskultur war mir immer wichtiger als die Zahl auf der Waage.
Deshalb machte ich am Tisch nie ein grosses Theater um «viel oder wenig essen»: Jetzt, wo meine Mädchen in der Pubertät sind, ganz besonders nicht. Trotzdem achte ich darauf, dass sie genug und gesund essen und nicht plötzlich irgendwelche komischen Macken entwickeln. Da mache ich mir wohl die ganz normalen Mami-Sorgen, weil ich genau weiss, dass es ein Prozess ist, seinen eigenen Körper kennen und lieben zu lernen.
Lob und Tadel für den Körper ist fehl am Platz
So war meine Jüngere, Lily, während einiger Zeit etwas runder als ihre Schwester im selben Alter, doch – genau wie ich erwartet hatte und ohne weiteres Zutun – hat sich das wieder ausgeglichen. Auch, weil sie plötzlich innert Monaten um einen halben Kopf gewachsen war. Daraufhin gab es einen Schlüsselmoment, als einer unserer Freunde – der die 13-jährige Lily schon länger nicht mehr gesehen hatte – zu ihr sagte: «Läck, du hast aber schön abgenommen! Toll siehst du aus!»
Ohne zu zögern, fuhr ich ihn an und sagte ziemlich deutlich, dass ich nicht wolle, dass man meine Kinder für ihren Körper lobe oder tadle. Und zwar so ruppig, dass ich mich danach unter vier Augen bei ihm entschuldigte und meinen Standpunkt erklärte. Es ist mir wirklich ein grosses Anliegen, dass sich (meine) Kinder nicht darüber definieren, ob sie nun dick oder dünn oder hübsch oder hässlich sind.
Meine Mädchen wachsen gerade in ihre Körper hinein und ich wünsche mir sehr, dass sie dies auf eine gesunde, glückliche Art tun können. Sie sollen sich an ihren ausdrucksstarken Augen oder ihren perfekt geformten Zehen freuen. Aber bitte noch viel mehr an ihrer Empathie, ihrem Wortwitz oder den vielen weiteren Talenten, die sie vielleicht erst noch entdecken werden.
Generation #bodypositivity
Vielleicht sehen sie in mir, dem dicken Mami, dass es nicht darauf ankommt, welche Jeansgrösse man trägt? Immerhin sagen sie jetzt politisch korrekte Dinge wie: «Das ist im Fall so out, dass man sich wegen des Gewichts runtermacht!» Sie finden selbst, dass ihre Generation #bodypositivity nicht nur als Hashtag benutzt, sondern auch lebt. Sie kapieren, dass es genug Dinge gibt, die wichtiger sind als die Figur: Dass man sich stark fühlt, sich verstanden fühlt, man sich ausdrücken kann. Dass man mitfühlen und mitreden kann. Und man sich mit Menschen umgibt, die all das an einem lieben.
Damit man mich nicht falsch versteht: Ich sage keineswegs, dass man überhaupt nicht über Körper(formen) reden darf und propagiere auch kein Übergewicht.
Aber ich schaue mich im Spiegel an und finde im vollen Ernst: «Nöd schlächt, Alti.» Es wäre ein Geschenk, wenn sie das auch einmal tun könnten.
Dieser Text erschien in längerer Fassung auf dem Blog Hey Pretty.
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Lesen Sie dazu auch das Posting von Nadia Meier: Was macht Mamas Diät mit der Tochter?
34 Kommentare zu «Best of: Ein dickes Vorbild für die Töchter»
tolles Vorbild, mit WW innert 1 Jahr von 100 auf 70kg runterhungern, und dann gleich wieder auf über 100 hochfuttern.
Irgendwie ein komisches Verhältnis zum Körper, oder nicht?
Starkes Übergewicht ist nunmal gesundheitsschädlich und diesen Umstand mit (vorgespieltem) Selbstbewusstsein überdecken zu wollen, macht die Gefahr von fehlender Lebensqualität und frühzeitigem Tod nicht minder.
Ich hatte eine stark übergewichtige (180 kg) Cousine, welche mir auch immer weismachen wollte, wie gesund gemäss Arzt sie sei und wie wohl und schön sie sich doch fühle, bis zu ihrem Geständnis, dass sie aufgrund höchster Lebensgefahr (Restlebenserwartung unter 10 Jahren mit kleinen Kindern) einer BypassOP zugestimmt hat.
Da ich selber mal dick war kann ich sagen: wenn Dicke sagen, dass es Ihnen wohl ist, ist das schlicht eine Selbstlüge. Übergewicht ist nicht ein erstrebenswerter Zustand, sondern eine schwerwiegende Erkrankung.
Es ist im Blog aber weder von starkem Übergewicht, noch von Adipositas die Rede, sondern von einem Körpergewicht am rechten Rand des Normbereiches, welche nur visuell als Übergewicht betrachtet wird.
100 kg ist nicht einmal in der Nähe von Normalgewicht, sondern Adipös.
Das kommt drauf an, z.B. auf die Grösse des Betroffenen. Je nachdem ist man auch mit 100 kg Körpergewicht nicht adipös. Man könnte sich ja auch mal zuerst informieren bevor man was schreibt…
Sagt jemand zu einem bernardiner er solle ein windhund sein, das sei gesünder?kann der windhund durch wollen ein bernhardiner werden? Wir haben verschiedenen körperformen. Das ist doch wunderbar.
Dünne menschen können sich extrem ungesund ernähren genauso wie dicke menschen. Gesundheit, wohlergehen und ein langes frohes leben hängt sich nicht an ein paar kilokörpergewicht, ob nach oben oder nach unten.
Aus medizinischer Sicht ist das Sterblichkeitsrisiko bei Magersucht wesentlich höher, als bei Fettsucht. Für 90% der Normalbevölkerung, die weder mager-, noch fettsüchtig sind, ist die körperliche Konstitution, das Verhältnis von Körperhöhe zu -breite und/oder -tiefe, das von Körperhöhe zu -gewicht gesundheitlich bedeutungslos.
Die Proportionalität ist konstitutionsbiologisch in die Wiege gelegt. Wer einen pyknischen Körperbau hat, muss sich schon pathologisch runterhungern, um einen BMI < 25 zu erreichen. Das belohnt der Körper dann aber mit Einschränkung von Gesundheit und Lebensdauer.
Als Kind/Teenager war ich selber übergewichtig. Und als junge Erwachsene habe ich damals 25 kg zu viel mit mir rumgeschleppt. Dabei habe ich mich schlecht gefühlt und extrem unattraktiv. Meine Mutter hatte nie etwas gesagt, und dafür kritisiere ich sie auch nicht. Heute mit 46 bin ich schon sehr lange normalgewichtig, sportlich, fit & fühle mich befreit und attraktiv. Als Mutter von 2 Söhnen (sie sind 12 und 18 Jahre alt) hätte ich sofort reagiert, wenn sie eine Tendenz zum Übergewicht entwickelt hätten. Zum Glück sind beide sehr sportlich & athletisch. Denn, mit Verlaub, Dicksein ist ungesund und hässlich und diese ganze Body Positivity Kampagne geht mir langsam aber sicher auf den Sender. Jedem/r seine/ihre Meinung. Ihre muss mir nicht gefallen, genau so wenig wie Sie meine mögen müssen.
Wie steht es, mit den gefärbten blonden Haaren und den “Kardashian“ Stift Augenbrauen? Ds sollte ein Thema sein. Dick oder nicht ist Natur!
Für SIE ist es nicht wichtig, aber für die Jungen schon. Warum IHRE Idee über das Aussehen unbedingt als die einzige darstellen ? Wir leben nun in einer Gesellschaft welche schlank als Vorbild nimmt. Ist auch gesünder. Man sollte sich keine Paranoïa darüber machen, aber trotzdem, man weiss dass wen man in jungen Jahren schon dick ist, es nachher nicht bessert weil zu früh schon dem Kind warscheinlich zu viel süsses gegeben hat. Oder dann ist es genetisch. Aber man soll schlankheit auch nicht unterschätzen. Und schlank heisst ja nicht dünn !
Frau Hidbär,
ich habe selbst Töchter und möchte Ihnen danken, dass sie gegen das Modelideal sind, aber das kann ich nicht.
Es gab immer Menschen mit mehr auf den Rippen, genauso wie es schlankere Menschen gab.
Die Normalisierung von pathologischen Zuständen unter dem Begriff bodypositivity halte ich für hochgradig gefährlich. Ich erzähle meinen Töchtern als ehemaliger Leistungssportler immer: eine Tafel Schokolade macht nicht dick so wie einmal FitnessStudio nicht stark macht. Verantwortungsvoll genießen. Wer kurz überschlägt muss den Energieerhaltungssatz nur anwenden um zu realisieren, dass vieles einfach falsch ist, was behauptet wird. Man wird nicht magisch 35kg zu schwer.
Die Glorifizierung von Frauen mit einem 8-fach höherem Herzinfarktsrisiko ist mehr als fahrlässig.
Mein Vater war dick. Heute würde man sagen: Er hatte einen Bauch. Stelzenbeine, eine Kugel darüber, als ob er einen Medizinball geschluckt hätte. Kein Wunder fragte ihn mal ein Kind am Strand: „Haben Sie einen Ballon verschluckt?“ Und er war gerade mal 1.74m gross, gleich gross wie meine schlanke, grosse Mutter. Ich habe mich als Kind immer für seinen Bauch geschämt. Für mich als Kind war er dick und das war mir unangenehm. Meine Mutter verriet mir, als ich längst erwachsen war, dass sie sich als Kind auch immer geschämt hatte, mit ihrer Mutter (meiner Grossmutter) in die Stadt zu gehen. Und zwar weil sie dick war. Wir haben beide als Kinder (nicht als Teenager, denen alle/s peinlich ist) dieses „Geheimnis“ in uns getragen. Ich hoffe, es geht den Töchtern der Autorin nicht so.
Entschuldigung, aber wenn Kinder sich wegen des Gewichts der Eltern für diese schämen (fremdschämen), dann hat man es verpasst, ihnen Toleranz beizubringen. Dann ist einiges mehr schief gegangen als nur die mangelnde Selbstdisziplin beim Essen. Mein Vater ist auch dick, war er auch schon immer. Mich für ihn schämen wäre mir aber nie in den Sinn gekommen. Im Gegenteil, er war und ist immer noch ein grossartiger Mensch. Ich war eher stolz auf ihn und seine Persönlichkeit. Denn er hat mir beigebracht, die Menschen so zu nehmen, wie sie sind. Das Gewicht war zweitrangig, was nicht heisst, dass ich nicht finde, er sollte etwas dafür tun. Meine Kinder lieben ihren Grossvater auch und wenn sie sich wegen des Gewichts jemals für ihn schämen sollten, dann habe ich als Mutter versagt.
@13
„Entschuldigung, aber wenn Kinder sich wegen des Gewichts der Eltern für diese schämen (fremdschämen), dann hat man es verpasst, ihnen Toleranz beizubringen.“
Es gibt zig Gründe, weshalb man als Kind sich für die eigenen Eltern (oder Grosseltern) schämen kann, von den „üblichen Pubertätswirrungen“ mal abgesehen. Morbide Adipositas ist nur eine davon.
Und wenn das so ist, ist es in aller Regel nicht der Fehler des Kindes (oder dessen mangelnde Toleranz), sondern es liegt schlicht und ergreifend an den Eltern selber. Beispiel neulich bei uns im Flugzeug, eine Ethylikerin als Mutter, die mit ihrer Teenagertochter reiste. Letztere war durchtränkt mit Scham, und versuchte es trotzdem zu verbergen. Solchen Kindern dann noch fehlende Toleranz vorzuhalten finde ich nicht richtig.
@ MF
Erstens schrieb sie extra noch „als Kind, nicht als Teenager, denen alle/s peinlich ist“, womit die „üblichen Pubertätswirrungen“ schon mal ausgeschlossen sind. Diese sind ja meistens vorübergehend und weitgehend entschuldbar. Zweitens habe ich dem Kind gar nicht vorgeworfen, sondern den Eltern, weil sie es offenbar nicht Toleranz gelehrt haben. Letztlich ist jeder selber für sein Leben verantwortlich, wir können Menschen nur nehmen, wie sie sind. Die Forderung, nicht zum ersten Mal, an Eltern, sie sollen irgendwie besser sein als andere Menschen, damit die Kinder sich ihrer nicht schämen, finde ich hingegen falsch.
„Die Forderung, nicht zum ersten Mal, an Eltern, sie sollen irgendwie besser sein als andere Menschen, damit die Kinder sich ihrer nicht schämen, finde ich hingegen falsch.“
Da pflichte ich bei, 13. Trotzdem, wenn Sie „fehlende Toleranz“ beim Kind postulieren, machen Sie implizit immer auch dem Kind einen Vorwurf. Auch wenn Sie das whs. so nicht wollen. Ich habe Ihren Text schon so verstanden, dass Sie eigentlich auf die Eltern (resp. in Ihrem hypothetischen Fall auf sich selbst…) abzielen.
Ich finde es auch wichtig, den Kindern beizubringen, dass ihre Eltern nicht perfekt sind, und auch nicht soundso sein müssen, um sich nicht ihretwegen zu schämen.
In Realität sehe ich aber zu oft, dass Schuldgefühle Kindern aufgeladen werden, nicht zuletzt um von eigenem Versagen abzulenken.
Mir war‘s peinlich, wenn mein Vater seinen wirklich grossen Bauch vor sich herschob, während die anderen Väter schlank, sportlich und wendig waren. Da wird dann jede Ungeschicklichkeit irgendwie zur Tolpatschigkeit. Ich habe meinen Vater stets sehr lieb gehabt, aber es war mir einfach peinlich, weil er – ausser Haus – mit seinem Übergewicht anders als die anderen war. Ich bin einfach nur ehrlich. Das hat mit Erziehung zur Toleranz nichts zu tun. Ich glaube eher, dass meine Mutter – selber gebranntes Kind – mich in dieser Hinsicht zur Toleranz erzog. Das schleckt nun mal keine Geiss weg, dass dicke Menschen auffallen. Und alles was auffällt ist Kindern unangenehm und – wenn öffentlich – peinlich.
Sie wissen ja, ich vertrete die Meinung, dass das Umfeld die Kinder sehr prägt und formt, weit mehr als irgendwelche Veranlagungen. Für dieses kann das Kind aber nur bedingt etwas. Da ist eben an den Eltern, dafür zu sorgen, dass es, selbst wenn es etwas erlebt, aufgeschnappt hat, wie dass der dicke Junge in der KITA ausgeschlossen wird, zu reagieren und mit dem Kind darüber zu sprechen. Denn erleben wird es das eh, egal was man macht. Manche Kinder werden ja von Menschen wie Barbara oben, die mit 46 auf den Niveau ist, andere Menschen als hässlich zu bezeichnen, erzogen und die können auch nichts dafür, werden es aber so leben und auch auf dem Schulhof etc. äussern. Darum nein, ich gebe dem Kind keine Schuld.
Die eigene Unzulänglichkeit ist aber Privatsache. Schämt sich die Person selber und ist sie damit unzufrieden, sollte sie etwas ändern. Aber andere geht das letztlich nichts an. Auch nicht das eigene Kind.
Das gilt natürlich nur, solange das Übergewicht nicht in dem Masse ist, dass das Elternteil nicht mehr in der Lage angemessen für das Kind zu sorgen (rausgehen, haushalten etc.). Gleiches z. Bsp. bei Alkoholismus, den Sie angesprochen haben. Wenn das Kind es stört, dass die Mutter jeden Abend ein Bier trinkt, dann ist das so und es sollte mit dem Kind geschaut werden, wo denn das Problem sei. Kommt das Kind morgens nicht in die Schule, weil die Mutter ihren Rausch ausschläft und es nicht weckt, sieht das anders aus.
„Die eigene Unzulänglichkeit ist aber Privatsache.“
Solange es niemand anderes tangiert, möchte ich hinzufügen. Und damit meine ich explizit eben auch die Kinder. Genau wie erwachsene Menschen vergleichen Kinder ihre Eltern auch, und wie B. Fischer dargelegt hat, kann es für Kinder bereits unangenehm sein, wenn ihre Eltern aus der Reihe tanzen, Dinge nicht können die andere Eltern tun, und sie sich deswegen rechtfertigen müssen.
Bei Übergewicht spreche ich nicht von leichten Fällen wie der Autorin, sondern von morbider Adipositas, welches Kinder wie auch Alkoholismus über Gebühr tangiert. Letzteres ist etwas vom schlimmsten aus Kindersicht, denn ich spreche nicht von Eltern die sich abends ein Bier gönnen.
Elterliche Scham, falls überhaupt vorhanden, ist da eher keine Richtschnur.
@13
Was bei den Alk-Eltern oft noch dazu kommt: nebst dem, dass die Kinder direkt unter den elterlichen Ausbrüchen leiden müssen, gibt es oft eine nicht altersgerechte Rollenumkehr. Wie in dem genannten Fall der die Gangway entlang torkelnden Mutter müssen Kinder oft für die Eltern die Fassade wahren, Lapsus ausbügeln, mit Instanzen reden, usw, sprich für die Eltern (in dem Fall die Mutter) besorgt sein um sie soweit es geht vor sich selber zu schützen. Dabei spüren sie, dass es wenn schon eigentlich umgekehrt sein sollte.
Dass das (lange vor handfest nachweisbarer Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht wie von Ihnen genannt) gerade auch gegenüber dritten mit tiefer Scham verbunden ist, verstehe ich.
@ mf
Jetzt sprechen wir aber vom Gleichen. Es ist alles eine Frage des Masses. Was heisst „tangiert“? Ist Fremdschämen wegen des Aussehens genug tangiere? Ein Tattoo? Ein Piercing? Geschminkt/nicht geschminkt? Oder eben Übergewicht (in dem Masse, dass die Einschränkung nicht erheblich ist)? Bei sehr starkem Übergewicht, aber auch Magersucht, anderen Suchterkrankungen bin ich völlig Ihrer Meinung. Ich kenne die Umkehr der Rollenverteilung, wie die meisten Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, teilweise und kann mir gut vorstellen, wie belastend es in dem Masse sein muss. Aber das Schämen wegen des Aussehens ist etwas anderes. Da bin ich durchaus der Meinung, dass das Kind (beeinflusst durch Erwachsene) den falschen Fokus hat.
Selbstverständlich bin ich auf ihrer Seite, wenn es darum geht einen Mensch als Mensch zu akzeptieren. Ein gesundes Selbstbewusstsein zu haben, auch wenn man nie die Chance hat, bei einer Parfümwerbung gebucht zu werden.
Und ja – die Liebe kann jeder finden. Und das ist wohl das Wichtigste.
Aber wenn Leute anfangen, schlanke Menschen despektierlich als „Hungerhaken“ zu bezeichnen, um sich über die eigenen Fettringe hinwegzutrösten oder sogar darüber sinnieren, dass man Menschen die dem römisch-griechischen Schönheitsideal entsprechen verbieten sollte, so dass man sich von ihnen nicht länger gestört fühlt, dann muss ich einfach betonen, dass zu viel essen nicht gesund und im Prinzip dasselbe ist, wie eine Sucht.
„ich schaue, dass sie genug essen“
Das ist wohl der grösste Unsinn, der sich in den Köpfen unserer übergewichtigen Gesellschaft festgesetzt hat, dieses permanente Denken, wir seien immer noch wie unserer Vorfahren in den Höhlen vom Hungertod bedroht. – Kennen Sie ein Kind das verhungerte? das gesundheitliche Probleme bekam, weil es zu wenig ass? – Nein. Das einzige, was wir kennen, sind Menschen mit Esstörungen und dahinter stehen psychische Probleme. Aber selbst wenn man Essstörungen in Betracht zieht: Essstörung Nr. 1 ist nicht zu wenig essen, sondern zuviel.
Der Mensch im Wohlstand isst in der Regel zu viel und nicht zu wenig. Ich konnte das gerade wieder im Familien-Strand-Camping beobachten: Übergewichtige schaufeln einfach viel zu viel in sich rein.
Liebe Steffi,
grundsätzlich teile ich Deine Ansicht dass JEDER Mensch wertvoll ist, unabhängig von Parametern wie der BMI, das sportliche oder geistige Leistungsvermögen, dem Aussehen im allg. usw. Und es ist löblich dass Du versuchst, deinen Töchtern ein gesundes Selbstwertgefühl zu vermitteln.
Andererseits gibt es in unserer Gesellschaft nebst vielen schädlichen auch einige gute und erstrebenswerte ideale. Und aus meiner Sicht gehört es durchaus auch zu einem gesunden Selbstwertgefühl, wenn man sich seiner Schwächen bewusst ist und bereit ist, kontinuierlich daran zu Arbeiten.
Was mich an Bodypositivity nervt ist, dass z.B. die Adipositas selbst feiert, obwohl diese ab einem gewissen grad nachweislich schädlich ist, anstatt dass man den Wert eines Menschen TROTZ Adipositas hervorhebt.
Das finde ich den besten Kommentar dazu.
Ich sehe es auch bei uns. Meine Tochter ist etwas über der oberen Grenze des Normalgewichts. NIcht dramatisch, aber halt etwas drüber. Es ist nicht immer einfach, ihr mitzugeben, dass das etwas ist, was wir gerne im Auge behalten wollen und sie auch bestärken, wenn sie selber motiviert ist, etwas dagegen tun will und ihr gleichzeitig zu vermitteln, dass sie nicht falsch ist, so wie sie ist. Bei ihr geht es noch, weil sie eine sehr starke Persönlichkeit mit einem guten Selbstbewusstsein ist, das ist ihr Charakter. Bei unsichereren Kindern fände ich das schwieriger.
Danke 13! Sie sprechen mir aus dem Herzen. Unsere beiden Töchter sind leicht über dem sogenannten „Normalgewicht“. Thematisieren aber nicht dramatisieren ist eine Gratwanderung. Mir ist es wichtig, dass sie das gesunde & lustvolle Essverhalten beibehalten und gleichzeitig durch Bewegung, Sport und Entspannung ein gesundes Selbstbewustsein und Körpergefühl haben. Aber Kinder sind oft nicht so zurückhaltend mit abwertenden Aussagen bezüglich dicken Beinen etc. Damit muss man dann halt umgehen lernen.
etwas plakativ gesagt sind normalgewichtige kinder-, insbesondere weibliche, bestimmt weniger empfänglich für die schädlichen influencer/blog/multimedia-infiltration der hunger-haken-fraktion.
gerade in unserer schönen, neuen digitalen social-media zeit gilt -> je weniger man sich beeinflussen lässt, desto besser. gruppen-dynamik in diesem kontext schwächt das selbstvertrauen meist und schafft verunsicherungen.
Kommt der Mensch dick auf die Welt ?? ? Nein und nochmals Nein ! Dicke Kinder werden durch ihre Eltern dazu gemacht. Und dicke Kinder haben es das ganze Leben lang schwerer. Auch wenn der altuelle Zeitgeist gerade mal versucht, dick mit curvy salonfähig zu machen.
Nehmt einmal rechts und links einen 10l Wassereimer und steigt damit in den 3. Stock – auf der Treppe und nicht im Lift oder Rolltreppe bitteschön. Da könnt ihr leichterdings merken, was ihr eurem Körper, euren Füssen und euren Gelenken zumutet.
@Michael
„Kommt der Mensch dick auf die Welt ?? ? Nein und nochmals Nein !“
…dick auf die Welt nicht, aber mit der entsprechenden Veranlagung gesegnet durchaus. Der genetische Einfluss ist sogar sehr relevant und bestimmt weitgehend, ob eine Person dick werden kann; zusätzlich sind es die Umweltbedingungen, die entscheiden, ob und in welchem Ausmaß eine solche Person auch übergewichtig wird.
Oder anders gesagt, wie so oft, ist es ein Mix von Genetik und Umweltfaktoren, also alles nicht ganz so einfach. Meist wird dabei die Genetik unterschätzt, ist ja bei anderen Themen auch so.
Das wird nicht aufgehen für die Töchter. Von aussen kommt die Forderung nach schlank und aus der Familie „ist doch egal, wenn man dick ist“. Und wenn später eine der zwei Töchter oder beide auch dick werden, dann werden sie die Mutter dafür verantwortlich machen. Es ist nämlich ganz einfach: Eltern sind Vorbilder. Und weil sie das in beinahe jeder Beziehung sind, wird das auch fürs Essverhalten, resp. fürs Kompensationsverhaltens beim Essen gelten.
Man sollte sich die Welt nicht schön reden. Denn so unproblematisch wie dargestellt kann es nicht sein, sonst müssten man nicht solche Blogbeiträge zur Selbst- und Fremdüberzeugung schreiben und der Hoffnung Ausdruck geben, „Es wäre ein Geschenk, wenn sie das auch einmal tun könnten.“ Warum sollten sie?
Die ganze Argumentation leidet daran, dass es kein Kriterium gibt, ab welchem Mass Dicksein und ab welchem Zudicksein beginnt. Die aktuelle Mode wertet den rechten Rand von vielleicht 20% der biologisch gut konfigurierten Konstitutionen als zu dick und die Hälfte der Magersüchtigen als schlank.
Dicksein kann man nur im Extremfall visuell erkennen. Vom Foto her würde ich die Autorin noch im Normbereich der Körperkonstitution ansiedeln.
Ihre Gedanken sind mir sympathisch, Frau Hidber. So viele Menschen quälen sich mit Vorstellungen, wie sie aussehen sollten und das nie erreichen. Ein täglicher Selbsthass.
Natürlich profitiert eine ganze Industrie davon. Ob sich Lebensfreude aber kaufen lässt?
Ich freue mich auf den Beitrag eines Vaters, der seinen Söhnen und Töchtern auf seine Weise nahe bringt, dass Würde nichts mit Körperformen zu tun hat.
‚…ich darauf, dass sie genug und gesund essen…‘
Die österreichische Biochemikerin Renée Schroeder, Wittgenstein- Preisträgerin und eine Art Vorzeigefrau der Wissenschaften, hat ein Buch ‚Die Erfindung des Menschen‘ geschrieben. Darin, dass eine der grössten Kulturleistungen ist, Dinge zu denken und zu besprechen, die es nicht gibt. Z.B. Leben nach dem Tod und eben ‚Gesundes Essen‘.
Es gibt nach Gesundheit kein anderes Wort, welches umgangssprachlich so oft wie falsch benutzt wird. Wenn man sich nur ein wenig damit beschäftigt, weiss man, dass man davon kein Attribut ableiten kann. Es gibt kein Ding und kein Verhalten, denen man eine Eigenschaft gesund zuordnen kann. Gesundheit ist der schwarze Fleck in der Bildung und Ratgeber sorgen dafür, dass es so bleibt.