Warum dänische Kinder so glücklich sind
Neulich stach mir der Titel eines Buches in die Augen: «Warum dänische Kinder glücklicher und ausgeglichener sind: Die Erziehungsgeheimnisse des glücklichsten Volks der Welt.» Eine Online-Bestellung später vertiefte ich mich in die Worte der Kolumnistin Jessica Joelle Alexander, einer Amerikanerin, die mit dänischem Mann und Kindern in Europa lebt, und ihrer Co-Autorin Iben Dissing Sandahl, einer Psychotherapeutin und Familienberaterin mit eigener Praxis nahe Kopenhagen. Nach jahrelanger Recherche glauben die beiden Mütter das Geheimnis für das Glück der Menschen im kleinen Königreich (seit mehr als 40 Jahren führt es die internationalen Rankings an) entdeckt zu haben: Es liegt an der Kindererziehung.
Ich blättere durch das Werk und werde dabei erst mal in vielen meiner Ansichten bestärkt. Etwa darin, dem Nachwuchs auf seiner Entdeckungsreise durch die Welt die Hand zu reichen, ihn aber nicht über jedes Hindernis zu tragen. Oder wie die Autorinnen es formulieren: «Lassen Sie Ihre Kinder Dinge selbstständig tun. Wenn Sie das Bedürfnis verspüren, ihnen zu helfen, treten Sie einen Schritt zurück und atmen Sie tief durch. Denken Sie daran, dass Ihre Sprösslinge gerade wichtige Fähigkeiten für das Leben erwerben.»
Ein weiterer Punkt, dem ich zu 100 Prozent zustimme: «Es geht nichts über Authentizität.» Eine bröckelnde Familienfassade, auch wenn die Welt als noch so heil dargestellt wird, erkennen selbst Kleinkinder schnell. Allerdings lernen sie in so einer Konstellation auch, ihren Gefühlen zu misstrauen bzw. sie zu verstecken. Der innere Kompass wird falsch kalibriert, was fatale Folgen für die psychische Gesundheit haben kann. Die Skandinavier jedenfalls sind für möglichst grosse Offenheit gegenüber dem Nachwuchs.
Bescheidenheit lehren
Überrascht hat mich bei der Lektüre des gut 200 Seiten starken Ratgebers jedoch, dass die Dänen grundsätzlich sparsam mit Lob umgehen und der Ansicht sind, zu viel davon würde schaden. Ich persönlich gehöre ja zur Fraktion derer, die jedes Gekrakel mit Lobeshymnen begleiten, in der Annahme, es würde die Freude am Tun und das Selbstwertgefühl des Nachwuchses stärken. Doch Pustekuchen, die glücklichen Dänen sehen das anders. «Bescheidenheit ist in Dänemark eine Zier», erklärt Psychotherapeutin Sandahl.
Wenn ein Kind eine Zeichnung hinkritzelt, wird die Mutter nicht sagen: »Wow, du bist ja ein richtiger Künstler!«, sondern Fragen dazu stellen: «Was ist das? Woran hast du gedacht, als du das gezeichnet hast? Warum hast du diese Farben verwendet?» Das fördere die Konzentration auf die getane Arbeit, lehre aber auch Bescheidenheit. Ziel sei es, «sich selbst so gut zu kennen und anzunehmen, dass man keine Anerkennung von anderen Menschen braucht, um sich wertvoll zu fühlen».
Anstrengen statt Nichtstun
Bestätigung für die «Wenig Lob»-Philosophie kommt von wissenschaftlicher Seite: Denn obwohl viele Eltern, so wie ich, davon überzeugt sind, dass Komplimente die Lernmotivation fördern, sagt die Forschung etwas anderes. Die Psychologin Carol S. Dweck von der Universität Stanford etwa hat in 30-jähriger Forschungsarbeit das Gegenteil bewiesen. Sie sagt: «Wenn Menschen ständig zu hören bekommen, dass sie intelligent oder begabt sind, entwickeln sie eine ‹fixierte› Haltung – das heisst, ihre Intelligenz wird für sie zu einer festen Grösse, etwas, das sie besitzen und für das sie nichts tun müssen.» Im Gegensatz dazu entwickeln Kinder, denen gesagt wird, dass ihre Fähigkeiten durch Arbeit und Bildung wachsen, eine «lernorientierte» Haltung. Sie erweitern ihr Können, weil sie sich anstrengen.
Und etwas aus eigener Kraft und Anstrengung geschafft zu haben, macht definitiv glücklich!
Lesen Sie zum Thema auch: «Ferien sind da, um Regeln zu brechen», «Vorsicht mit ‹Vorsicht›» und «Weniger Stress am Familientisch».
17 Kommentare zu «Warum dänische Kinder so glücklich sind»
Antwort: Dänische Eltern?
Eine wirklich hervorragende Leistung der Erwachsenen zum guten Wohl ihrer dankenden Kinder. Aber die Todesursache Nummer eins bleibt und ist , übrigens mit sehr grossem Abstand, die Langeweile. Letztes Jahr haben sich rund 100’000 Kinder zu tode gelangweilt.
Diese sogenannten ‚Fähigkeiten fürs Leben‘ sind aber nicht tatsächlich im Erwachsenenalter zu beobachten. Sind nicht die typischen Globetrotter, Globalisierer, mehrsprachigen Fussballfunktionäre,Tropenmediziner.
Sorry, aber das ist wohl eine unsinnige Meldung, dass dänische Kinder glücklicher sind als andere. Ich glaube nicht, dass das jemand tatsächlich so untersucht hat, dass man diese Behauptung aufstellen kann. Und wenn Eltern Bücher mit Erziehungsempfehlungen als Anleitung zur Kindererziehung brauchen, dann läuft bei diesen Eltern sowieso etwas falsch. Es ist sehr schlimm, wenn Eltern glauben sie könnten Kinder nach auf der Basis eines Buches erziehen. Wenn Eltern das natürliche Gespür und der gesunde Menschenverstand hierfür fehlt, dann ist die Erziehung schon von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Das ist ja leider heute schon oft im Kreißsaal zu erkennen. Dort heisst es auch oft: „Aber ich habe doch gelesen, dass …“, wenn eine Geburt nicht so abläuft, wie es im Buch zu lesen war.
Es gibt keinen Ansatz zu beweisen, dass irgendwelche Bevölkerungen glücklicher als andere sind. Das hängt nur davon ab, was der Befrager unter Glücklichsein versteht.
In den hiesigen Spitälern werden Patienten regelmässig nach Zufriedenheit befragt. Mit dem Resultat von im Mittel 95% Zufriedenheit.
Wenn man schaut, was den Ausschlag gibt, ist es die Verpflegung, die Hotellerie und die Freundlichkeit des Pflegepersonals, welche das Ergebnis tragen. Inhalte von Medizin und Pflege spielen keine Rolle, weil der Patient das gar nicht einschätzen kann.
Bei der nächsten Befragung konzentriert an sich darauf und erhält 98% Zufriedenheit.
Dieser Artikel ist sehr banal und die genannten Gründe des glücklichen Kindes meist bekannt. Was die „Wenig Lob Haltung“ anbelangt so ist sie möglicherweise eine Ideologie aber keine Wahrheit. Natürlich ist Lob für ein Kind wichtig, aber es kommt dabei sehr auf die/den Lobende/n an: wenn ich ein unrefelektiertes, uneinfühlsames Lob ausspreche, einfach weil man dies heute so macht, ist es wenig hilfreich, aber bei einem stimmigen, anteilhabenden Lob ist darin auch der Ansporn zum weitermachen, weiterlernen etc enthalten. Und ein herzliches Lob verbindet und macht den Lobenden und dem gelobten Kind einfach auch Freude.
Genau gelesen ist dieser Artikel überhaupt nicht banal. Es ist ein grosser Unterschied ob ich dem Kind echt interessiert Fragen stelle zu dem was es tut, und damit zeige, dass es mir wichtig ist, oder ob ich ein Lob, also eine Bewertung gebe. Die Energie ist ganz anders. Echtes Selbstwertgefühl kommt nur durch selber aneignen nicht durch das Urteil eines andern.
Nichts gegen die Dänen, die sollen auf ihre Art glücklich werden. Aber wo sind die wichtigen oder irgendwie bekannten Dänen, die dank ihres grossen Glücks irgendwas geleistet haben? Seit Harald Blauzahn ist doch kein Däne mehr irgendwie wichtig oder erfolgreich geworden.
Niels Bohr (Nobelpreisträger 1922)
Müssen denn glückliche Menschen immer grosses leisten und/oder etwas ausserordentlich wichtiges sein? Ich finde glücklich sein schon ziemlich erfolgreich.
Wie wird „Glück“ gemessen? Die erste solche Erhebung (einfache Befragung) haben Länder wie Bangladesh (!) „gewonnen“. Doch danach hat man Lebenserwartung, soziale Sicherheit usw. hineingedichtet, damit wir im Westen endlich zu den „Glücklichen“ gehören. Insgesamt sind dünn besiedelte Länder mit guter Gesundheitsversorgung die Gewinner dieser Statistiken. Das ist Schwachsinn. Doch in Saure-Gurke-Zeiten wohl weiterhin ein Zugpferd.
Glücklich wird man, in dem man so lebt, wie es seiner Persönlichkeit entspricht. Und da die Menschen Individualisten sind, gibt es unendlich viele Wege zum Glück. Rezepte (wie die oben erwähnten) decken stets bloss einen kleinen Teil ab. Unterhaltsam, aber nicht mehr.
@Rolf Rothacher
Wenn Menschen Individualisten wären, sässen wir noch in Afrika auf dem Baum und würden jeden, der sich dazu setzen will, wegbeissen. Arbeitsteilung hätten wir nicht entwickelt.
Es gibt nur Leute, die wollen aus durchschaubaren Gründen, dass wie uns wie Individualisten, also wie Asoziale, benehmen.
genau, soso 🙂
glücklich machen einen oft ganz kleine dinge. dieser noch warme italienische gipfel mit aprikosenkonfitüre, den werde ich meine leben lang nicht vergessen und der macht mich seit 26 stunden schon glücklich 😉
(nein das ist nicht übertrieben. ich erinnere mich noch genau an diesen noch warmen nussgipfel, den ich als ungefähr 8 jährige gegessen habe).
ok, jetzt wo ich es lese: glücklich machen einen hauptsächlich warme gipfel mit füllung. wirklich wahr
Sie kennen wohl Brigitte Nielsen nicht…. 🙂
nein im Ernst, es gibt natürlich diverse sehr bedeutende Dänen, so zb H. C. Andersen, der grosse Lars von Trier, die Schauspieler Mortensen und Mikkelsen, Karen Blixen, Peter Schmeichel, Vitus Bering um nur ein paar zu nennen.
Ob deren Erfolg aber auf eine wohl nicht belegbare, besondere Glückseligkeit der dänischen Kinder (basierend auf ein paar pädagogische Allgemeinplätze) zurückzuführen ist, wissen nur die Götter (zb Freja und Odin 😉 )
Kinder zu loben hat schon Marshall Rosenberg, Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, als falsche art der Kommunikation erkannt. Er hat ganz klar gesagt, dass man hingegen fragen soll wie im Beitrag beschrieben. Also alles schon lange bekannt, hat es etwas geändert?
Kinder kann man nicht erziehen, sie lernen nur durch Vorbilder. Leider müsste man sagen, wir sind bei Gott keine guten Vorbilder.
Kinder kommen im Normalfall intelligent und alles andere als böse zur Welt, dumm und böse werden sie erst durch Vorbilder. Sie sollen auch unglücklich aufwachsen sonst würde der Materialismus/Kapitalismus zusammen fallen, den sie müssten sich nicht mehr glücklich kaufen.
Das Buch wird die Welt nicht besser machen, ob es die Dänen sind?
Nichts Neues: So wurden die Kinder der bürgerlichen Mittelschicht vor 70 jahren gross . Das ist passé. Und die Mütter tourten auch nicht ständig um den Nachwuchs herum, denn sie hatten weder Zeit noch Lust dafür. Es gab einige strikte Regeln und damit basta. Dank sei meinen Eltern, die oft sagten: Du bist selber gross genug für das. Schau zuerst, wie das Ding funktioniert, und dann mach! Wir haben dabei weder ein Bein gebrochen noch sind wir verloren gegangen. Wir waren keine AAA Schüler, aber wir sind nie durchgefallen.
Bliebe nur die Behauptung, dänische Kinder seien die glücklichsten, zu beweisen. Aber ich vermute mal, das geht grundsätzlich nicht.