Und schon ist das Kleinkind unter Wasser
Kürzlich war ich über Mittag mit einer Freundin und deren Sohn in der Badi verabredet. Trotz des schönen Wetters war noch nicht viel los, der grosse Ansturm würde wohl erst in den Nachmittagsstunden folgen. Gemütlich plaudernd sassen wir unter einem Segeldach am Baby-Planschbecken und schauten klein Frederick zu, der neben uns im Wasser kniend mit seiner Spritzkanne spielte und fröhlich vor sich hin babbelte.
Plötzlich schoss meine Freundin hoch, stapfte ans andere Ende des Beckens und fasste nach einem Kleinkind, das wohl aus dem Gleichgewicht geraten und kopfüber ins Wasser gekippt war. Sofort kam jetzt auch die Mutter angerannt, schnappte sich das inzwischen weinende Kind, versuchte sowohl das Mädchen wie auch sich selber zu beruhigen. Mehrmals bedankte sie sich bei meiner Freundin, sie habe ihre Tochter doch bis eben im Auge gehabt. Auch ich war einmal mehr schockiert, wie schnell es gehen kann. Einen Moment zu lange aufs Handy geschaut, sich um ein Geschwisterkind gekümmert oder in der Tasche nach der Sonnencreme gewühlt, eine kurze Ablenkung – und schon ist es passiert.
Wasser zieht Kinder an
Laut einer Studie der Beratungsstelle für Unfallverhütung ertrinken in der Schweiz pro Jahr im Schnitt 6 Kinder unter 15 Jahren und 8 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 24 Jahren. Gerade bei Kleinkindern, deren Kopf und Oberkörper im Verhältnis zum Rest des Körpers schwerer sind, ist die Gefahr besonders gross. Der Körper kippt nach vorne, der Kopf gerät unter Wasser; und innert kürzester Zeit kann die Situation lebensbedrohlich werden. Selbst wenn das Becken nicht tief ist oder das Kind Schwimmhilfen trägt, kann es zu einem Unfall kommen. Und dass diese meistens nicht glimpflich ausgehen, wissen wir alle.
Erst gerade war zu lesen, dass die knapp zwei Jahre alte Tochter von Ex-Skirennfahrer Bode Miller während einer Party in einem Swimmingpool ertrunken sei. Natürlich fragt man sich, wie es dazu kommen konnte – eine Frage, die sich das Elternpaar wahrscheinlich in Endlosschleife immer und immer wieder stellt. Doch Fakt ist, dass niemand zu 100 Prozent vor einem solch tragischen Ereignis gefeit ist, denn unter Umständen passiert es innerhalb von Sekunden, und es muss ja nicht immer der Pool sein. Auch am Bergbach, wo alle damit beschäftigt sind, mit Steinen eine Staumauer zu bauen, kann der Kleinste kurz entwischen, der Teich in Onkels Garten oder der Brunnen in der Gartenbeiz – Wasser übt auf die meisten Kinder eine magische Anziehungskraft aus.
Schwimmen lernen!
Ich erinnere mich an die Zeit, als unsere Söhne schwimmen lernten. Als sie sich schon recht gut über Wasser halten konnten, stand ich einige Meter vom einen Sohn entfernt im Becken und rief ihm zu, er solle Bescheid geben, wenn er müde sei und sich an mir festhalten wolle. Da trat der Bademeister, der mich gehört hatte, an mich heran und sagte diesen einen Satz, den ich seither immer im Hinterkopf habe: «Kinder ertrinken leise.» Lautes um Hilfe rufen oder Winken ist im Falle eines Ertrinkens nicht drin, auch bei Erwachsenen nicht – zu sehr sind die Betroffenen mit Ein- und Ausatmen beschäftigt, als dass sie auf sich aufmerksam machen könnten.
Ich bin überzeugt davon, dass Angriff die beste Verteidigung ist und unsere Kinder so früh wie möglich schwimmen lernen müssen. Jede Zeit und alles Geld, welches wir bisher in Schwimmkurse investiert haben, sind es mir wert: Gut schwimmen lernen ist für Kinder lebenswichtig.
Lesen Sie zu diesem Thema auch: «Wie sieht Ertrinken aus?», «Welcher Badi-Muttertyp sind Sie?» und «Die Badi als kinderfreie Zone».
24 Kommentare zu «Und schon ist das Kleinkind unter Wasser»
Ich habe vor ein paar Jahren im Mamablog über verantwortungslose Mütter berichtet, welche an der Nordseeküste ca 30 Metern von ihren Kleinkindern entfernt am Strand Kaffeklatsch hielten. Damals befand man hier, ich sollte mich nicht so anstellen…
Ich habe es satt Kleinkinder aus der Aare zu fischen! Letzten Sommer waren es 2. Kleinkinder ohne Schwimmweste (keine Flügeli) an einem Fluss spielen zu lassen und dabei mit einer Freundin/Handy zu plaudern ist etwas so ungefährlich wie ein Kind am Strassenrad einer stärk befahrenen Strasse herumspringen zu lassen. Schwimmen gehe ich nur noch, wenn die Kleinen weg sind.
Ich war heute in der Badi. Im Kleinkinderbecken um die 10 Kinder unter drei. Während der zwei Stunden meiner Anwesenheit kam es zu VIER!
Zwischenfällen.
1. Ein ca. 1,5 Jahre altes Mädchen war nach hinten gekippt, stützte sich mit den Ärmchen ab, Gesicht komplett unter Wasser. Es versuchte verzweifelt, sich aufzurichten, erfolglos. Ich fischte es raus.
2.+3. Bruder schubste seine kleine Schwester immer wieder um.
Zweimal konnte sie sich nicht aus eigener Kraft aufrichten. Ich fischte sie raus.
4. Ein ca. jähriges Kind fiel verlor das Gleichgewicht, fiel mit dem Gesicht ins Wasser und tat NICHTS.
Seine Mama hat es raus gefischt. Sie sass 2 Meter daneben – ohne ins Handy zu schauen und ohne sich zu unterhalten.
Die anderen Mamas waren mit dem Smartphone beschäftigt..
Mit einem Kind unter 2 Jahren würde ich nicht in die Badi gehen und auf keinen Fall möchte ich ein Haus mit Schwimmbad.
Genau darum versucht die SLRG immer wieder die Baderegeln und in diesem Fall konkret die erste Baderegel in Bewusstsein zu rufen. „Kinder nur begleitet ans Wasser lassen – Kleine Kinder immer in Griffnähe beaufsichtigen“. Wer mehr zum Thema erfahren will, findet hier Inhalte: https://www.slrg.ch/de/praevention/mit-sicherheit-mehr-wasserspass.html
Zudem versucht die SLRG zusammen mit der Visana mittels einer Kampagne die Baderegeln wieder ins Bewusstsein der Menschen zu rufen: http://www.ich-trage-verantwortung.ch .
Laufen – schwimmen – fahrradfahren. Das waren Pflichtprogramme für meine Töchter. Da unser Lieblingsreiseziel das Meer ist, haben wir ihnen sobald als möglich das Schwimmen beigebracht – bzw. lernen lassen. Es entspannt ungemein, wenn man an irgendeinem Wasser ist und nicht ständig ein Auge auf die Kinder haben muss.
Aber auch wenn sie schwimmen können, ist es nicht ungefährlich. Kürzlich habe ich folgende Situation beobachtet: drei Mädchen schwimmen zum Floss, eine mit aufblasbarem Ball, weil sie sich nicht ganz getraute. Sie hat ziemlich lange, die anderen Mädchen warten auf dem Floss und schauen ihr zu. Schliesslich beschliessen die beiden wartenden Mädchen, der dritten zu helfen. Das machen sie. Dabei schwupst der Ball weg. Das Mädchen, welches den Ball hatte schwimmt zusammen/mit Hilfe einer der anderen zum Floss. Das dritte Mädchen ist unschlüssig: soll sie ebenfalls aufs Floss, dann ist der Ball ev. verloren oder soll sie dem Ball nach. Ich bin zu weit weg um zu rufen. Zum Glück treibt es den Ball Richtung Ufer, denn das Mädchen entscheidet sich für den Ball. Ein älteres Kind schwimmt ihr vom…
…Ufer her entgegen und die Situation geht glimpflich aus. Ich fand das extrem gefährlich, das Ganze. Nicht auszudenken, wenn es den Ball in den See getrieben hätte. Das Kinder wäre wohl nachgeschwommen.
Ich habe meine Kinder IMMER im Blick wenn wir in der Badi sind. Auch wenn sie gut schwimmen können. Andere Eltern sind da cooler und finden mich wohl etwas verkrampft, aber das ist mir egal. Selbständig können meine Kinder an anderen Orten sein. Solange sie allenfalls falsche und lebensbedrohliche Entscheidungen treffen – und das ist in ihrem Alter einfach noch der Fall – bin ich in der Badi dabei und SCHAUE IHNEN BEIM BADEN ZU!!!
Babyschwimmen ist sicher gut, aber solche Unfälle verhindert es nicht, da sollte man sich keine Illusionen machen. Kein Kleinkind kann sich selbst über Wasser halten, egal wieviele Schwimmkurse man macht und egal wie flach das Wasser ist. Eigentliches Schwimmen können Kinder ab ca. 4 Jahren lernen, doch dann ist die grösste Gefahr schon vorbei. Alles vorher ist hauptsächlich Herumplatschen und Gewöhnung an das nasse Element.
Ich habe mal beobachtet, wie ein am flachen Kiesstrand an der Wasserkante sitzendes Kleinkind vornüberkippte. Lautlos und ohne Gespritze. Das Gesicht lag in nur etwa 3-4cm Wasser, aber das Kind war noch zu klein, um sich aus dieser Position selber wieder aufrichten zu können. Die Situation war völlig unkritisch, da die aufmerksame Mutter danebensass, welche ihr Kind sofort wieder hochzog. Aber es hat mich sehr beeindruckt, wie extrem schnell das geht. Seither bin ich noch aufmerksamer, wenn ich kleine Kinder in Wassernähe sehe.
Das Video ist sehr sehr aufschlussreich https://www.watson.ch/wissen/watson-leser%20empfehlen/457069322-glaubst-du-du-wuerdest-merken-wenn-eine-person-am-ertrinken-ist-
Ich habe zwei Mal erlebt, wie ein Kleinkind in einen Pool bezw. Teich fiel. Während eines Familienfestes entdeckte plötzlich jemend den kleinen Tom, der mit geschlossenen Augen auf dem Rücken im Pool trieb. Sein Vater zog ihn am Ärmchen aus dem Wasser. Das Kind schlug bald die Augen auf und schien die ganze Sache gar nicht mitbekommen zu haben. Im Gegensatz dazu der Rest der Familie, wir machten uns alle Vorwürfe und malten uns die schrecklichsten Szenarien aus. Auch der Sturz eines kleinen Buben in den Teich ging gut aus, aber nur dank der Aufmerksamkeit seines Bruders, der Hilfe holte.
Kleinkinder nie aus den Augen verlieren. Ja. Selbst erlebt, wie ich im Hallenbad ein Kleinkind, das verloren unter dem Wasser ruderte, rausholen musste, während seine Mutter einen Meter neben ihm mit einer anderen Mutter schwatzte!!
Aber wenn die Kinder mal schwimmen können, dann kann man nicht permanent neben ihnen stehen. Heute gehen meine alleine in die Badi (viel später als unsereiner seinerzeit). Und nein, wir haben nie für Schwimmkurse bezahlt. So wie ich auch nie ein Rettungsschwimmerbrevet gemacht habe.
Und nicht vergessen: Die gefährlichste Zeit im Leben eines Kindes ist 15-24. Genau dann wenn Mami und Papi nicht mehr permanent am Beckenrand stehen können. Gut, wenn man ihnen beibringt, selbständig überleben zu können.
Acht Zentimeter reichen für ein Kind zum Ertrinken und Kinder ertrinken lautlos.
Das Beste ist die Kinder möglichst früh spielerisch an das Wasser zu gewöhnen um die Reflexe zu trainieren. Je weniger Hilfsmittel wie Schwimmringe oder Flossen benutzt werden desto besser. Und NIEMALS ohne Aufsicht.
Ganz einverstanden. Und noch zur Präzisierung: diese Aufsicht muss im wahrsten Sinn des Worts in Reichweite sein.
Dem Artikel kann man sich zur Sommerferienzeit nur 100 Prozent anschliessen, vielleicht noch mit der Ergänzung, dass das Überwachen des Nachwuchses nicht beendet werden sollte, nur weil die Kinder irgendein Abzeichen in der Schwimmschule erreicht haben und sich über Wasser halten können. Viele Eltern hören leider auf dem Niveau mit dem Schwimmunterricht auf („kann ja schwimmen“) was ich persönlich schade finde.
Und wer auf das Schulschwimmen baut, baut teils vergebens. Die Diskrepanz je nach Wohnort und Schule, ob und wann Kinder da je Schwimmen lernen, verstehe ich persönlich nicht ganz. Früher war das ein hochgehaltenes Schulziel, wenn ich mich recht erinnere.
Sehe das genau so – ich erinnere mich ebenfalls an dieses hochgehaltene Ziel. Wir hatten daraus als Klasse dann auch die Möglichkeiten in Kanulager und ähnliches zu gehen, da die Grundlage bei allen vorhanden waren und alle befähigt zum Schwimmen.
Heute reicht aber bereits die Kompetenz sich im Wasser zu bewegen und das Schwimmen zu erlernen (nicht aber zu können)…..
War das wirklich ein so hochgehaltenes Schulziel früher? Bei mir war der Schwimmunterricht in der Schule jedenfalls eher dürftig und vor allem kurz, zu mehr als ein bisschen Brustschwimmen reichte es nicht. Wahrscheinlich war es auch früher schon von Wohnort und Schule abhängig…
Vermutlich gabe es kein gemeinsam erarbeitetes Leitbild aus einem Visionsworkshop der Schulleitung mit dieser Zielsetzung.
Wie es halt so war („früher“), es stand und fiel mit der Einstellung und Haltung des Lehrers, der Lehrerin und natürlich auch der Erziehungsberechtigten.
Klar hatten nicht alle immer Freude in den unteren Klassen, dass der Lehrer dies so vermitteln wollte, aber nach den Lagern und den Erlebnissen waren alle immer erfreut, wenn nicht sogar stolz….
Früher hatten wir jede Woche Schwimmen mit dem Klassenlehrer. Und niemand hat etwas gelernt.
Heute haben meine Jungs ab Kindergarten Schwimmen bei zwei Schwimmlehrern.
Und nur weil etwas Ziel ist oder im Lehrplan steht, heisst das noch lange nicht, dass es obligatorisch ist. Nicht im Sport.
Wenn eine Gemeinde kein Schwimmbad hat, wird vielfach nicht geschwommen.
@Sportpapi
„Und nur weil etwas Ziel ist oder im Lehrplan steht, heisst das noch lange nicht, dass es obligatorisch ist.“
Das verstehe ich nun nicht ganz. Weshalb formuliert man das dann überhaupt so, wenn es dann doch egal ist? Ist ja ein Witz erster Güte.
„Wenn eine Gemeinde kein Schwimmbad hat, wird vielfach nicht geschwommen.“
Scheint leider wirklich so zu sein. So etwas ist aber in meinen Augen ein Armutszeugnis, wäre ja eigentlich nur eine Organisationsfrage, mehr nicht.
Aber eben, scheint Priorität irgendwo unter ‚ferner liefen‘ zu sein.
‚Doch Fakt ist, dass niemand zu 100 Prozent vor einem solch tragischen Ereignis gefeit ist…‘
Fakt ist, es gibt keine 100% Sicherheit und deshalb sollte man gar nicht erst danach suchen. Sicherheitsbedürfnis ist inzwischen zu einer veritablen Persönlichkeitsstörung herangereift. Dabei reichen 98% immer und für jede Situation. Auf 0.1% weniger Säuglings- und Kindersterblichkeit kommen 1% mehr ‚durchgeknallte‘ Mütter.
Nur beim Geld ist es so, dass Mehr immer auch besser ist. Der Massstab Geld hat das Urteilsvermögen der Menschen nachhaltig beschädigt. Alles ausser Geld folgt Verteilungsfunktionen und bei denen geht es rechts und links vom Optimum bergab. Auch bei zu teuer eingekaufter Sicherheit.
In das Flugzeug, welches mit 2-prozentiger Sicherheit abstürzt, werde ich allerdings nicht einsteigen. Ausser vielleicht, es rettet mich aus einer Situation, in der ich mit höherer Wahrscheinlichkeit umkomme…
98% Sicherheit bedeutet nicht, dass die komplementären 2% sicher zu Unsicherheit, in dem Fall zu Absturz, führen. Es bedeutet nur die Garantie auf 98%, während für die restlichen 2% die Garantie zwar nicht übernommen wird, in denen aber wieder mit 98% Wahrscheinlichkeit nichts passiert. Usw. usf..
Es ist bei dem Thema, wie häufig die Frage:
Was ist wahrscheinlicher, ein Badeunfall im Kleinkindalter, ein Tod bei Flugzeugabsturz, Terroropfer oder Lottomillionär werden? Grob gerechnet ist alles gleichwahrscheinlich.