Wenn Tests Angst statt Hoffnung machen

Weshalb bedeutet die Wahrscheinlichkeit von 99,894 Prozent ein gesundes Kind zu bekommen, keine gute Nachricht? Blutentnahme bei einer schwangeren Frau. Foto: iStock
Wie viel Risiko geht jeder Einzelne von uns im Leben ein? Wann wird aus einem potenziellen Risiko eine reale Gefahr; etwas, das uns ernsthaft ängstigt? Begriffe wie Sicherheit, Risiko oder Gefahr bedeuten für jeden etwas anderes, deshalb ist das Beantworten solcher Fragen schwierig.
Die Medizin ist ohne statistische Auswertungen und Angaben zu Risiken undenkbar. Allerdings bleibt auch das Interpretieren der Daten eine Krux, je nach Arzt oder Land bedeuten dieselben Werte etwas anderes.
Beim Ersttrimester-Test, einem freiwilligen Routinetest in der Schwangerschaft, ist dies besonders augenfällig. Damit ermitteln Ärzte zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche, ob ein Risiko für ein Kind mit Trisomie 21 (Downsyndrom), einer anderen Chromosomenabweichung oder einem offenen Rücken besteht. Unruhig werden Ärzte oft dann, wenn der Test ein Risiko von 1:1000 oder mehr anzeigt. Also wenn eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 0,1 Prozent besteht, dass das Ungeborene Trisomie hat. Oder in anderen Worten: Wenn nur zu 99,9 Prozent davon ausgegangen werden kann, dass das Kind keine Trisomie hat.
Was ist ein «erhöhtes Risiko»?
In einem solchen Fall informiert die Frauenärztin die Eltern über ein «erhöhtes Risiko». Sie macht sie darauf aufmerksam, dass die Schwangere für eine genauere Abklärung zusätzlich den nicht invasiven Gentest NIPT machen kann. Die Kosten von etwa 800 Franken werden von der Grundversicherung bezahlt; Bedingung dafür ist ein Wert von 1:1000 oder darunter.
Solche Infos lassen keine werdenden Eltern kalt. Die Vorfreude auf das Kind erhält einen Knacks, das Grundvertrauen auch. Die Eltern sorgen sich, sind überfordert und fürchten sich vor weiteren Testergebnissen und möglichen Entscheiden. Eine Bekannte von mir weinte fast jede Nacht durch, bis sie nach vierzehn Tagen das beruhigende Resultat des darauffolgenden Gentests erhielt.
Ihr und wohl den meisten anderen Eltern gegenüber unerwähnt bleibt jedoch, dass bis vor drei Jahren dasselbe Testresultat noch für strahlende Gesichter gesorgt hatte. Sogar ein Risiko von 1:300, ein behindertes Kind zu bekommen, galt damals als im grünen Bereich. Erst bei einem noch höheren statistischen Risiko riet man einem Paar zu weiteren Tests.
Solche tieferen Werte gelten nach wie vor in etlichen Ländern, etwa in Grossbritannien (1:300), Schweden oder Frankreich (beide 1:200). In der Schweiz hingegen wurde 2015 entschieden, dass die Krankenkassen die neuen Gentests NIPT bereits ab einem Risiko von 1:1000 bezahlen müssen. Entsprechend gilt bereits dieser Wert als «erhöhtes Risiko». Heute macht gemäss der «SonntagsZeitung» jede dritte Schwangere einen solchen Gentest, wobei in einem Drittel der Fälle die Grundversicherung die Kosten übernimmt.
Prozentwerte sind aussagekräftiger
Das Bedürfnis werdender Eltern nach einem gesunden Kind ist gross, verständlicherweise. Die vorgeburtlichen Untersuchungen sind so zahlreich und genau wie noch nie. Für Schwangere können sie deshalb Sicherheit bedeuten – oder aber das pure Gegenteil: Wer nach dem Ersttrimester-Test etwa erfährt, dass «eine Wahrscheinlichkeit einer Behinderung von 1:937» besteht, kann einen gehörigen Schrecken erhalten. Auch, weil die schwangere Frau erfährt, dass die Kasse den darauffolgenden Gentest übernehmen würde.
Doch allein mit der schlichten Umrechnung in Prozent könnte man viele Frauen beruhigen, sagt Franziska Wirz von der Beratungsstelle Appella. Der Verhältniswert von 1:937 bedeutet nämlich auch: Es besteht eine Wahrscheinlichkeit von 99,894 Prozent, dass das Kind gesund ist.
Wem es wichtig ist, eine mehrheitlich entspannte Schwangerschaft zu erleben, der sollte sich deshalb früh genug über Vorsorgeuntersuchungen informieren und sich Gedanken dazu machen. Sicher ist sicher.
Seit Januar 2017 können schwangere Frauen entscheiden, ob sie alle Vorsorgeuntersuchungen von einer Hebamme anstelle einer Ärztin oder eines Arztes durchführen lassen wollen. Insgesamt vergütet die obligatorische Krankenkasse während einer normalen Schwangerschaft sieben Kontrolluntersuchungen. Dazu kommen zwei durch einen Arzt durchgeführte Ultraschalluntersuchungen. Unabhängige Informationen zu vorgeburtlichen Tests finden Sie zum Beispiel bei Insieme oder Appella (Merkblätter zu Pränataldiagnostik und Schwangerschaft).
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68 Kommentare zu «Wenn Tests Angst statt Hoffnung machen»
Ich habe mich (bei beiden Schwangerschaften) vor dem 12-Wochen-Ultraschall für einen DNA-Test entschieden. Ganz klar mit dem Wissen, dass die Krankenkasse das nicht bezahlt.
Die meisten Personen, denen ich das erzählt habe, haben komisch reagiert: „Was tust Du, wenn Du ein behindertes Baby in Dir trägst? Das musst Du ja wissen wenn Du so einen Test machst!“
Nein, muss ich nicht.
Ich will es nur wissen, solange ich noch Zeit zum mich informieren habe. Ich kann mich während der Schwangerschaft gut beraten lassen.
Wenn das Baby da ist, habe ich viel weniger Zeit und möchte mich auf das Baby konzentrieren. Egal wie viele Chromosömli es hat.
Es gibt aber auch die Bespiele, die eine tiefes Risiko hatten beim Nackenfalten Test und dann bei der Geburt kurz überrascht wurden.
Ich persönlich finde, dass es dein Kind ist, egal ob es „normal“ ist oder mit Trisomie 21 auf die Welt kommt. Man wird es lieben, so oder so.
Vielen Dank für diesen wertvollen Artikel. Das Thema vorgeburtliche Tests rückt bei einer Schwangerschaft meist nicht von selbst rechtzeitig ins Blickfeld. Auch von ärztlicher Seite her, wird leider oftmals ungenügend und zu spät informiert. Daher liebe werdende Eltern: Informiert euch selber möglichst ganz zu Beginn der Schwangerschaft über vorgeburtliche Tests. Informationen findet ihr z.B. auf unserer Website vorgeburtliche-tests.ch oder auch bei unabhängigen Beratungsstellen wie http://www.appella.ch oder http://www.praenatal-diagnostik.ch.
Nach einer Tocher kam unser Sohn mit Downsyndrom auf die Welt. Egal, wir haben es nochmals gewagt. Die Aerzte haben uns zu einem Test gedrängt, doch wir wollten das nicht. Das dritte Kind ist das Beste von allen, hochbegabt, der Beste in der Kantonsschule. Jeder nach seinem Gusto, doch ich möchte den Mord an einem Kind nicht auf meinem Gewissen. Und nun das Beste, keiner bringt mich so zum Lachen wie unser Sohn mit Downsyndrom. Er ist fröhlich, immer guter Laune und freut sich über jeden Spass von mir. Nur schon wie er mich voll Liebe und Zuneigung ansieht ist eine Freude.
Oh mann, schon wieder so ein mit dem Bad ausgeschüttetes Kind…
Ist wirklich der Test das Problem, wenn einzelne Personen mit Wahrscheinlichkeitsrechnen Mühe haben?
Als Vater einer wunderbaren Tochter mit Down Syndrom bleibt mir nur ein Schmunzeln. Mir tun die werdenden Eltern unendlich leid, die ihr Wohlergehen nur darin sehen, ja kein Kind mit einem 3. Chromosom 21 zu bekommen.
Man kann locker gegen einen Test sein, wenn man von dem Risiko nicht betroffen ist.
Ich verstehe die Stossrichtung dieses Artikels nicht. Soll denn der Test nicht gemacht werden? Sollen andere Grenzwerte gesetzt werden, was auch bedeutet, dass werdende Eltern auf die Möglichkeit, einer kostenlosen weiteren Abklärung verzichten?
Die Risikoangabe in Prozenten ist aussagekräftiger als das 1:1000? Ernsthaft?
Und was soll das schräg gedruckte in diesem Zusammenhang? Ist es besser, wenn Hebammen die Tests durchführen (weil sie dann die Risiken in Prozenten ausdrücken?). Was ist gemeint mit „unabhängigen Informationen“? Da schwingt ein Vorwurf mit, den ich hier nicht verstehe.
Es geht um Information und die Frage ab wann man von einem sogenannt erhöhten Risiko sprechen soll. Dass noch vor drei Jahren ein Wert von 1:500 bei einem Ersttrimester-Test kein Thema gewesen wäre, es heute aber Grund zur Sorge ist. Darüber sollten werdende Eltern informiert sein. Oft werden sie von Ärzten mit einer Risikoangabe konfrontiert, die nicht weiter erklärt wird. /gb
Konsequenterweise dürfte dann die KK auch keine weiteren Tests zahlen, wenn die Grenzwerte tiefer gesetzt werden.
Das ist aber wohl auch wieder nicht recht.
Ich lese das so, dass man einen beliebigen statistischen Test nur dann machen soll, wenn man selbst oder der Tester das Resultat versteht und interpretieren kann.
Beispiel: Ergibt ein Screening- Test die Masszahl 0, bedeutet das nicht Null Risiko, sondern ein Risiko gleich der Wahrscheinlichkeit der Falschnegativität. Sind nun die Wahrscheinlichkeit der Falschnegativität und die Schwelle für Risiko in der gleichen Grössenordnung, ist der Test nicht in der Lage, ein Risiko auszuschliessen. Der Test kann ganz grundsätzlich keine Gewissheit geben.
Das Umgekehrte dann für ein positives Resultat. Testergebnis = 01.% bedeutet eben nicht Risiko = 0.1%. Wenn man das nicht versteht und interpretieren kann und die meisten Ärzte können das nicht, sollte man den Test sein lassen.
Das sehe ich änlich.
@Sportpapi: Darum geht es nicht. Es geht mir nicht ums Anprangern, sondern um Aufklärung. Jede schwangere Frau muss für sich selbst herausfinden, was sie während ihrer Schwangerschaft testen will und was nicht. Zentral bei dem Thema ist deshalb, dass sich werdende Eltern schon vor den Tests ausreichend informieren und sich der allfälligen Konsequenzen bewusst sind. Wer sich zum Beispiel keinen Abbruch der Schwangerschaft vorstellen kann, soll keinen Test machen. /gb
Mit anderen Worten: Wenn ich wissen will, ob meinethalben Trisomie 21 überhaupt möglich sein könnte, kann ein Test mit einer Falschnegativität > 0.1% darüber keine Auskunft geben.
Der Test kann nur die Frage beantworten, wie gross das Trisomie 21- Risiko ist, wenn es überhaupt bestünde. Das aber werden die meisten Eltern nicht wissen wollen. Sie wollen die Frage beantwortet haben, ob ihr Kind überhaupt Trisomie 21 haben könnte und das beantwortet der Test nicht.
„Zentral bei dem Thema ist deshalb, dass sich werdende Eltern schon vor den Tests ausreichend informieren und sich der allfälligen Konsequenzen bewusst sind. Wer sich zum Beispiel keinen Abbruch der Schwangerschaft vorstellen kann, soll keinen Test machen.“
Ich bin mit der Aufklärung einverstanden, aber was wenn die Eltern sich der Konsequenz bewusst sind, aber diese in Kauf nehmen, ohne abtreiben zu wollen? Ich werde diese Ansicht „Test nur bei Abbruchbereitschaft“ nie verstehen. Ich habe bei allen Kindern den Test machen lassen, um mich bei einem auffälligen Resultat etwas darauf einstellen und vorbereiten zu können, zudem auch den Geburtsort entsprechend zu wählen. Aber eine Abtreibung kam nicht in Frage. Und ich würde es immer wieder so machen.
„Jede schwangere Frau muss für sich selbst herausfinden, was sie während ihrer Schwangerschaft testen will und was nicht.“
Nope, eben nicht, denn betroffen ist nicht nur sie….
Ganz bei Ihnen, 13. Vorallem gehört Abtreibung zu den „Dingen“, über die man erst wirklich entscheiden kann, wenn man wirklich in der Situation ist!
@ tststs
Doch. In erster Linie ist es ihr Körper. Da hat niemand anderes darüber zu bestimmen.
@tststs: Sie wollen doch wohl nicht an den höchsten feministischen Glaubenssätzen rütteln!
@ SP
Hoffentlich nicht. Die andere Möglichkeit wäre natürlich dahin zurückzukehren, dass der Körper der Frau zuerst dem Vater und dann dem Ehemann gehört, aber vermutlich gäbe es dafür hierzulande bis auf einige extreme Männerrechtler wenige, die das wirklich wollen. Ich nehme doch auch schwer an, Du gehörst nicht dazu?
@13
warum sollte der Vater nicht miteinbezogen werden können, resp werden sollen?
Angenommen er möchte das Kind behalten und erklärt sich zur Übernahme aller Pflichten bereit (wäre bereit es auch alleine grosszuziehen)?
Mit diesem kategorischen „nur sie entscheidet“ werden viele Optionen von Beginn weg ausgeschlossen, weil sich viele Optionen erst durch die Auseinandersetzung, vielleicht auch den Widerstand, entfalten/öffnen.
Ein frühes einspuren, ein kategorisches ablehnen von jedem mitreden-dürfen&mitzureden haben des Vaters, kann den Blick auf die tatsächlichen Wegmöglichkeiten trüben.
2/
ich denke es ist sehr gut möglich einen Mittelweg zu finden, als Alternative „dann sind wir wieder im Mittelalter, das kann wohl kein vernünftiger Mensch wirklich wollen“ an die Wand zu malen, resp den Hinterfragenden das beinah zu unterstellen, empfinde ich zu simpel.
PS mir ist bewusst was Ihre persönliche Einstellung zum Thema ist, dass Sie da für sich sehr lebensbejahend unterwegs sind.
@13 Es handelt sich doch um einen nichtinvasiven Test, oder?
Aber es ging mir eigentlich nicht um den Eingriff in den Mutterkörper, sondern um das Resultat. Und ich glaube, da gehen Sie mit mir einig, dass ein „normales“ oder ein behindertes Kind Mutter und Vater gleichermassen betreffen…
@13: Mir ist klar, dass im politischen Kampf mit Parolen und Glaubenssätzen „argumentiert“ werden muss.
Das verhindert allerdings jegliche differenzierte Sichtweise und vertieft die Gräben, statt sie zuzuschütten.
Die Antwort auf „mein Bauch gehört mir“ (inklusive dem gemeinsamen Kind darin) ist: „wer es bekommt, darf es behalten“. Und das will wohl niemand.
Ein gemeinsames Kind ist eine gemeinsame Verantwortung. Und wenn das Kind behindert ist, umso mehr (je nachdem).
Es ist für mich selbstverständlich, und nicht anders möglich, dass ensprechend alle wichtigen Entscheide gemeinsam getroffen werden müssen. Insbesondere der Entscheid, ob man diese Aufgabe annehmen kann und will. Sofern es überhaupt etwas zu entscheiden gibt.
@ Brunhild
Ich kenne sogar so einen Fall, wobei es da nicht um eine Behinderung gegangen ist, sondern um eine ungeplante Schwangerschaft. Die Mutter wollte eigentlich abtreiben, der Vater wollte das Kind, sie bekam es schliesslich, es lebt seit Geburt bei ihm. Ich finde das super. Nur der Punkt ist der: Auch das war/ist letztlich ihre Entscheidung und hätte sie anders entschieden, wäre es halt so. Ich denke, in den allermeisten Partnerschaften bespricht man diese Dinge gemeinsam und selbstverständlich hat der Partner ein Mitspracherecht. Den letzten Entscheid trifft aber der, dessen Körper betroffen ist und das ist nun mal die Mutter. Sie zu einem Test zwingen geht genau so wenig wie sie zu einer Abtreibung zu zwingen oder ihr umgekehrt eine solche verbieten.
@ SP
„Mein Bauch gehört mir“ und „wer es behält darf es behalten“, sind aber zwei völlig unterschiedliche Dinge, denn beim ersten ist es ja der Bauch der Mutter, beim zweiten in das Kind ein selbstständiges Subjekt. Wie gesagt, gehe ich ohnehin davon aus, dass zusammen besprochen wird, aber was, wenn man sich nicht einig ist? Würdest Du Deine Frau zwingen, einen Test zu machen? Wie überhaupt? Würdest Du sie zur Abtreibung drängen/zwingen, wenn sie das nicht will? Oder ihr eine solche verbieten? Wie soll das gehen?
@ Tststs
Das „Resultat“ erfährt man aber nicht ohne Eingriff. Und auch wenn es vorliegt, kann man daraus ohne Eingriff keine Konsequenz ziehen (sowohl der Abbruch wie auch das Austragen ist ein Eingriff in den Körper). Rein ideologisch würde ich zustimmen, dass es beide gleichermassen betrifft. Mit einem Blick aber auf die Statistik, wer sich meistens nach der Geburt primär darum kümmert, wie hoch die Trennungszahlen bei Paaren mit Kindern mit einer Behinderung sind und bei wem die Kinder nach der Trennung meistens verbleiben, bin ich nicht ganz davon überzeugt, dass es beide gleichermassen betrifft. Das mag im Einzelfall zutreffen, insgesamt wird es Mütter mehr betreffen.
@13: Wie soll das gehen? Wenn er schon keinerlei Mitspracherecht hat, dann soll er zumindest deutlich nein sagen können und jegliche Verantwortung ablehnen. Genauso, wie es die Frau kann.
Ausserdem weiss ich nicht, ob es sinnvoll ist, die Statistik zu bemühen. Da müsste man die Fälle schon einzel anschauen.
Bei der mit bekannten Familie mit behindertem Kind ist es beispielsweise unklar, ob die Mutter nun mehr leistet, die ihr kleines Arbeitspensum aufgegeben hat. Oder er, der finanziell umso mehr in der Verantwortung steht, und in der „Freizeit“ die Betreuung des Kindes vielfach übernimmt, um die Frau mal zu entlasten.
@ Sp
Ein Mitspracherecht hat er, das steht doch gar nicht zur Frage. Nur entscheiden muss das sie und eine Abgabe der Verantwortung geht gerade nicht. Diese Fälle sind nicht vergleichbar, da in einem Fall ein Kind da ist, im anderen nicht.
Ich habe ja geschrieben, dass das im Einzelfall zu betrachten ist. Das ist doch gar nicht die Frage und auch ich kenne zwei Väter von Kindern mit Behinderungen, die wirklich alles geben. Und einen, der das zu 100% der Mutter überlässt und lieber beim Sport ist. Ich sage nur, dass in der Regel die Frauen den grösseren Teil der Kinderbetreuung übernehmen und darum auch für sie der Unterschied zwischen einem gesunden und einem kranken oder behinderten Kind grösser ist. Für die 9 Stunden im Büro macht es kaum einen Unterschied für wen man arbeitet.
@ ML. Sie verwechseln hier einiges, oder verstehen vielleicht der Hintergrund solcher Tests nicht ganz. Eine Wahrscheinlichkeit von 0.1% bedeutet, dass von 1000 getesteten Patienten, wo der Test positiv war, einer wirklich die Krankheit hat. Nun kann dieser Test viele falsch negative Resultate haben oder viele falsch positive. Nichtdestotrotz ist das Risiko 0,1, also einer von 1000 mit positivem Test hat die Krankheit. Man kann nicht einfach falsch negativ mit der Wahrscheinlichkeit addieren oder multiplizieren wie Sie das tun, dass ist Unsinn.
Apropos unabhängige Beratung:
Das Gesetz „Genetische Untersuchungen am Menschen“ (GUMG) regelt die Pränataldiagnostik.
Um einer Interessenkollision in den Arztpraxen entgegenzuwirken hat der Gesetzgeber unabhängige Informations- und Beratungsstellen ins Leben gerufen.
Art.24
Informations- und Beratungsstellen für pränatale Untersuchungen.
Die Kantone sorgen dafür, dass unabhängige Informations- und Beratungsstellen für pränatale Untersuchungen bestehen.
Wie sollte einen Interessenkollision in Arztpraxen aussehen?
@ML: zum Beispiel kann man sich auf Abtreibungen spezialisieren und entsprechend beraten.
oder man spezialisiert sich auf die Begleitung komplexer Schwangerschaften und Geburten und berät entsprechend.
Das ist doch ein künstlich kreiertes Problem, wenn man sich nicht vorher darüber informiert, was diese Untersuchungen aussagen können und wie man in der Folge damit umgehen will.
.
Zu den Wahrscheinlichkeiten: früher galt die Grenze von 1:200 oder auch 1:300 weil das Risiko, den Fötus durch eine Fruchtwasserpunktion zu verlieren, bei eben diesen Wahrscheinlichkeiten lag. Soll heissen falls das Risiko einer Behinderung bei weniger als 1:200 lag, war die Wahrscheinlichkeit, einen gesunden Fötus durch die Punktion zu verlieren grösser als die Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung.
Das Thema ist eine Glaubensfrage: Soll man alles akzeptieren was einem das Schicksal zwischen die Beine wirft, oder soll man aktiv am Leben mitgestalten.
Was mich aber stört, ist das Bild. Warum wird als Symbolbild für eine Ersttrimester-Untersuchung das Bild einer Hochschwangeren Frau in den letzten Schwangerschaftstagen verwendet. Was soll uns dieses Bild suggerieren?
Man kann den Test auch einfach nicht machen.
Das Argument des „armen behinderten Kindes“ finde ich ganz schlimm. Ein Kind kann auch mir drei oder zehn Jahren einen Unfall haben und eine Beeinträchtigung davontragen, dann lässt man es auch nicht einfach im Stich. Eltern sein heisst nun mal Verantwortung übernehmen.
das sehe ich genau so – vielen Dank!
Es ist ja schön, dass es nun nicht-invasive Gentests gibt statt der üblen Fruchtwasser- oder Chorionzotten-Untersuchungen, aber neben dem Risiko, dass das Kind später durch Unfälle behindert werden könnte, gibt es ja auch noch das Risiko, dass es unter der Geburt geschädigt werden kann, und das ist, soweit ich weiss, höher als die Wahrscheinlichkeit für merkbare Gendefekte.
Haben Sie auch an das Kind gedacht und ob es evtl. behindert durchs Leben
gehen möchte ?
Das Kind möchte vorallem Leben.Ihre Aussage ist furchtbar.
Und Sie wissen – woher? – genau, wie alle Menschen mit Behinderung dem Leben gegenüber stehen? Das muss schon ein sehr spezielles Sprachrohr Gottes sein, über das Sie verfügen…
Mila,ich bin Atheistin.Habe beruflich mit Menschen mit einer Behinderung gearbeitet und kein Einziger wollte sich umbringen,provokativ gesagt.
Ich bin da ganz bei Ihnen. Falls das unklar gewesen sein sollte.
@Keanne: Sie verwechseln da -glaubs- zwei Dinge. Es geht nicht darum, dass betroffene Suizid machen wollen. Es geht darum, ob sie, wenn sie die Wahl gehabt hätten, lieber nicht oder behindert zur Welt gekommen wären.
Und ja, es gibt Menschen, die lieber behindert als gar nicht leben. Aber es gibt auch Leute, die lieber nicht geboren worden wären, z.B. Luc Recordon
„Aber es gibt auch Leute, die lieber nicht geboren worden wären…“ – die gibt es aber auch unabhänig von einer allfälligen Behinderung.
Die Frage ist sekundär gegenüber der Frage, ob das Kind überhaupt durchs Leben gehen möchte.
@tsts,ungeborene Kinder können ja kaum wählen.Die Eltern entscheiden schlussendlich ob Sie bereit sind ein behindertes Kind durchs Leben zu begleiten. Diese Tests können einem Helfen,aber auch sehr verunsichern.Ein gute Freundin hatte vor 10 Jahre alle Test,die man machen konnte gemacht und sich auf ein gesundes Baby gefreut.Das Kind ist schwerst behindert,es kann fast nichts alleine machen.Diie Mutter hat eine extrem innige Beziehung zu ihrem Mädchen.Das Mädchen lacht viel und scheint glücklich zu sein.Meine Freundin ist sehr dankbar lebt sie in der Schweiz.(Tagesschule,Schulbus etc.)In einem anderen Land wäre es sicher sehr schwierig.
Wenn Sie aus Kindssicht denken: Was sind den die Alternativen, die Eltern für ihr Ungeborenes mit Behinderung treffen können? Annehmen oder Töten. Noch einmal von vorne: Welche Alternative halten Sie aus Kindssicht für die vorteilhaftere?
Sehen Sie, da fängts ja schon an, mit der Frage welche Behinderungen fallen unter diese Vorannahme?
Und welcher Umgang damit ist der langfristig besehen, „gesundere“. Bspw kann es für Betroffene mit diagnostizierter „nicht-lebensfähig-Behinderung“ der bessere Weg sein ein Kind zur Welt bringen, im klaren Wissen es ein paar Tage später gehen zu lassen.
2/
Es gibt verschiedenste Möglichkeiten mit der Thematik umzugehen.
Doch wenn man sich zuvor mit solchen Fragen nicht auseinandergesetzt hat und unter Zeitdruck gerät, wird es sehr schwierig.
Der enorme psychische Druck- auch wenn eigentlich alles okay ist- sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden.
Und allfällige falsch-positive Resultate, Schwerstkomplikationen aufgrund einer, nach nicht-invasiven Tests) durchgeführten invasiven Methode.
Ich bin mir alles andere als sicher diesbezüglich, was für andere Menschen ‚gesünder‘ oder ‚besser‘ ist. Aber ich gehe einig in dem Punkt, dass Eltern besser aufgeklärt werden können bezüglich ihrer Optionen (ua angesichts der begrenzten Aussagekraft von Testresultaten).
„ob es evtl. behindert durchs Leben gehen möchte“
Haben Sie den Beitrag gelesen? Sie fragen hier, ob ein Kind, welches zu 99.99% gesund ist, dieses 0.01%-Risiko auf sich nehmen will? Was wäre den Ihrer Meinung nach die Alternative bei diesen Zahlen?
@13: Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es darum, dann eine weitere Abklärung vorzunehmen. Auf Kosten der KK.
Und was genau die Konsequenz sein soll, wenn eine Behinderung festgestellt wird, ist klar im-pliziert. Soviel zur Interpretationsebene.
@ SP
Im Text ja, hier ging es eher darum, dass ein Kind mit einer evtl. (!) Behinderung nicht auf die Welt kommen sollte….
Aber zu deiner Frage: Ich bin nicht der Meinung, dass die Grundversicherung weitere Test bei einer Wahrscheinlichkeit von 1:1000 bezahlen muss. Diesbezüglich hätte ich kein Problem mit einer Herabsetzung des Wertes.
Und Edit: Ich machte oben einen Kommafehler, es geht natürlich um 99,9 vs 0.1 %
Die Falschpositiv- Rate bei den nicht- invasiven Trisomie- Tests bewegt sich zwischen 0.05 – 0.9%. D.h. wenn 1000 Frauen das Resultat 0.1% pro Trisomie 21 bekommen, sind mindesten 250, wahrscheinlich deutlich mehr als 500 davon Messfehler. Da ist die Schwelle 0.1% schon sehr kulant und hat eher Münzwurfgenauigkeit.
Keanne, in F hat ein körperlich schwerbehinderter junger Mann seine Eltern verklagt, weil sie die
Schwangerschaft nicht abgebrochen haben, nachdem
das Resultat der Tests feststand!
@Oberländer
und damit wird lediglich offenbart, dass es auch für die Behinderten verschiedenste Möglichkeiten gibt damit umzugehen.
Denn auf dieses Beispiel kommen Beispiele sehr inspirierender Schwerstbehinderter, denen es nie in den Sinn gekommen ist irgendwen zu verklagen… (bspw Nik Vujicic, falls Sie es anschaulicher haben möchten)
Oder Politiker in CH , der eine ua mit Anklage unterwegs (Luc Recordon), der andere bejahend und versöhnt (Christian Lohr).
Das Schicksal ist sehr ungleich verteilt, aber bei jeder Variante liegt die Wahl, wie wir das Leben sehen können, bei uns; es muss nicht von vornherein lebensunwert sein.
Verliert er in Mehrfachhinsicht. Ich glaube kaum, dass ein Gericht eine solche Humbug- Klage überhaupt annimmt.
Geben Sie bitte die Quelle bekannt.
@Franziska Wirz
wär hilfreich wenn Sie noch anfügten an wen sich diese Aufforderung richtet, falls an mich, googeln Sie die Namen. Fürs Gerichtverfahren von Herrn Recordon habe ich keinen link, das war vor Jahren in den Medien, ihm ist es dabei vor allem um Grundsätzliches gegangen und nicht als Angriff auf seine Eltern.
@BS: Hihi, ist Ihnen bei diesem Post auch als erstes das Interview von Recordon und Lohr in den Sinn gekommen? 🙂
@ Oberländer
Sofern die Geschichte überhaupt stimmt, was ich bezweifle, steht ein Fall gegen so viele, die glücklich sind am Leben zu sein. Aber ja, aus Elternsicht kann man sich natürlich schon damit gegen eine Klage schützen, indem man die Schwangerschaft unterbricht. Denn ein abgetriebener Fötus wird bestimmt nicht klagen.
Es ist nicht verwerfliches daran, sic die Pflege eines behinderten Kindes nicht zuzutrauen und sich deshalb zu einer Abtreibung zu entscheiden, Vorwürfe sind da fehl am Platz. Aber man sollte sich bewusst sein, dass man das für sich tut, weder um die Allgemeinheit von Kosten zu bewahren, noch um dem Kind einen Gefallen zu tun. Alles andere ist Heuchelei.
@tststs
Sie meinen von Oberländer? Ja, sofort an Recordon gedacht; und als Zweitgedanke: es fehlen die Positivbeispiele! Menschen mit ähnlicher Ausgangslage, aber ganz anderem Weg… 🙂 Und dass uns bewusst sein muss: wir haben die Wahl wie wir zu unserem Schicksal stehen- wobei zugegeben, wir in CH auch mit schwerem Schicksal nicht so mies dransind wie ein paar Flugstunden in Osten oder Süden… .
@13 Ihr letztes Post hat mich ziemlich lang beschäftigt. Einerseits auf einer sehr abstrakten, philosophischen Ebene (und da komme ich eigentlich zum Schluss, dass es doch nicht so eindeutig ist… aber item, wir sind ja hier in der Realität und nicht in Philosophistan…)
Wenn wir also davon ausgehen, dass, wenn man eine Abtreibung bei Behinderung vornimmt, „man das für sich tut“ (und ich meine dies genauso wertungsfrei wie Sie), gilt dies auch für den umgekehrten Fall: Wenn man sich für ein behindertes Kind entscheidet, tut man das dann auch nur für sich?
Sorry, dass ich jetzt erst dazu komme, aber ich wollte Ihnen, 13, für Ihren Post noch meinen Respekt ausdrücken. Ich glaube, darum geht es bei den schwierigsten Entscheidungen im Leben: wir müssen entscheiden, ob wir damit in Zukunft leben können. Das gilt bei dürrer Faktenlage, bei emotionaler Achterbahnfahrt etc. Wir wissen nicht, ob wir einem Kind das Leben ersparen oder Gott spielen; wir wissen nicht, wie ein Leben mit einem behinderten Kind aussehen wird oder würde. Daher ist ein Schritt nach vorne für meine Begriffe, dass man sich darüber klar wird, dass wir eine Testreihe, eine Abtreibung etc nur ‚für uns‘ machen, weil wir uns so ein Leben nicht wünschen, nicht vorstellen können. 13 sagt es ganz richtig, finde ich, ich respektiere eine solche Entscheidung pro oder anti,
/2, die ja – vor allem, wenn eine Abtreibung, im Falle von Fruchtwasseruntersuchung sogar eine Spätabtreibung!, vorgenommen wird -; womit ich Mühe habe, ist Schönfärberei oder eben von 13 genannte Heuchelei. Ich denke mir, dass für die allermeisten Frauen ein solches Testergebnis ein Schock ist, denn obwohl die Möglichkeit einer Fehlgeburt, einer Behinderung etc irgendwo versteckt und verdrängt im Hinterkopf legt und wir wohl alle Aengste haben, hoffen Menschen oft bis zuletzt, dass sie nicht betroffen sein werden.
Insofern sind die Kommazahlen hinter dem Strich schon wichtig, denn es muss klar kommuniziert werden, dass diese eigentlich nur eine geringe Aussagekraft haben und wirkliche Entscheidungen erst zu einem späteren Zeitpunkt kommen.
@ tststs
Ich glaube, dass man jedes Kind, welches man auf die Welt bringt (geplant oder nicht geplant, gesund oder nicht) in erster Linie für sich auf die Welt bringt. Man entscheidet sich bei einer Schwangerschaft Mutter/Vater zu werden. Treten Komplikationen auf, entscheidet man sich, ob man auch bereit wäre, Mutter/Vater eines kranken oder behinderten Kindes zu werden.
Wir haben gar keine Tests machen lassen, weil wir wussten, dass das was uns geschenkt wird wir auch annehmen werden und falls es nicht ganz 99.99% Gesund ist, wir es dann schon schaffen werden, sonst wäre es nicht soweit gekommen.
einerseits eine schöne Haltung, andererseits unterschlägt sie die ungeheure Belastung unter der Betroffene auch zerbrechen können, da es nicht in jedem Fall mit der nötigen Unterstützung/Entlastung klappt, und man es eben nicht so „einfach schafft“, weil: wenn-nicht-wäre-es -ja-gar-nicht-so-weit-gekommen.