Ultraschall für zu Hause?

Der Ultraschallgerätvermieter verspricht beliebig viele Schnappschüsse vom Ungeborenen – ohne Risiko fürs Baby. (Foto: iStock)

Eine Schweizer B-Prominente präsentierte letzte Woche auf Instagram ein neues Produkt für Schwangere. Sie machte Werbung für ein Ultraschallgerät. Sie wollte das Ding nicht etwa Gynäkologinnen andrehen, nein: Es handelt sich um ein Ultraschallgerät zum Mieten für den Heimgebrauch.

Nach dem Motto «Erleben Sie Ihre Schwangerschaft noch intensiver!» kann man sich das Gerät nach Hause schicken lassen. Sieben Tage und 21 Ultraschall-Einheiten kosten zum Beispiel 99 Franken. Dann kann man abends gemütlich auf dem Sofa sitzen und in der Halbzeitpause dem Schatz zeigen, wie das Baby kickt. Oder man kann nachmittags beim Kaffee mit den Freundinnen kurz den Pulli hochheben, Gel auf den schwangeren Bausch schmieren und mit dem Ultraschallkopf nach dem Babykopf suchen. Und natürlich schauen auch ältere Geschwister gern Baby-TV.

Totale Überwachung

Aber ist das wirklich nötig? Ich verstehe, wenn man sich als Schwangere auf Ultraschalluntersuchungen freut. Viele werdenden Mütter können es kaum erwarten, das Baby endlich in den Armen zu halten. Deshalb ist es ein besonderer Moment, das Baby wenigstens mal zu Gesicht zu bekommen. Auch für Väter ist der Ultraschall eine schöne Erfahrung. Wenn immer möglich, sollte man den Termin bei der Frauenärztin so legen, dass auch der Partner dabei sein kann.

Aber zu Hause das Kind tage- oder sogar wochenlang beschallen? Ich frage mich, ob mit solch einem Gerät nicht Helikoptermütter geboren werden. «Aha, das Kind bewegt sich nicht, also rasch mal nachschauen, wie es im Bauch drin aussieht.» Oder: «Oh, ich spüre etwas, gleich mal gucken, ob sich das Baby nun in die korrekte Position gedreht hat.»

Medizin oder Unterhaltung?

Ich halte das Angebot für einen kompletten Blödsinn. Auch wenn die Anwendung, wie vom Hersteller behauptet, für das Ungeborene nicht gefährlich ist: Was soll das? Ein Ultraschall ist eine medizinische Untersuchung. Er dient dazu, dass sich eine Fachperson ein Bild machen kann vom gesundheitlichen Zustand des Kindes im Mutterleib. Der Ultraschall ist aber keine Baby-Show für werdende Eltern.

Und sind wir mal ehrlich: Auf 2-D-Ultraschallbildern sieht man als Laie nicht wirklich viel. Aha, ein Bein, soso, eine Wirbelsäule. Ein paar weisse Flecken auf schwarzem Hintergrund ergeben ein Gesicht oder eine Hand. Und was bringt das jetzt?

Schallen und posten

Vor allem Umsatz für den Vermieter. Auch wenn es dem Baby vielleicht nicht schadet, so nützt es ihm auch nichts – es stört höchstens. Die Vibrationen, die der Ultraschall verursacht, können angeblich so laut sein wie eine herannahende U-Bahn. Aber Hauptsache, Mami kann ein bisschen Doktor spielen und schöne Bildli und Videos machen.

Wer schwanger ist, ist in Erwartung. Aber Warten, das hat die Selfie-Generation wohl gar nie gelernt. Dafür weiss sie aber von Instagram, dass nur zählt, was man auch präsentieren kann. Da kommt einem dieses Gerät gerade gelegen. Von hier aus ist es dann auch nicht mehr weit bis zum Facebook-Livestream aus der Gebärmutter.

Weitere Postings zum Thema: «Nach dem Ultraschall kam die Angst» oder «Frauen vertrauen Ihrem Gefühl nicht mehr».

Der Ultraschallvermieter verspricht beliebige Schnappschüsse vom Ungeborenen - ohne Risiko fürs Baby. (Foto: iStock)

24 Kommentare zu «Ultraschall für zu Hause?»

  • Lily sagt:

    Ich kann es schlicht und einfach nicht glauben. Am gleichen Tag so etwas zu lesen, an dem verkündet wird, dass Krankenkassenfranchisen erhöht werden sollen, am liebsten auf CHF 10’000.
    Wo bleibt die Eigenverantwortung? Und ein riesen Aufschrei, wenn die KK diese Kosten nicht deckt, nicht wahr?
    Ich verstehe nicht, wieso so etwas nötig ist.

  • Hermann Klöti sagt:

    Als nächstes darf man nun spezielle IUD erwarten, mit dem die Föten erste selfies schon aus dem Uterus posten können……

  • Jérôme sagt:

    Verstehe die Motivation einen solchen Artikel zu schreiben überhaupt nicht. Habe mich als Mann bei der Schwangerschaft meiner Frau auf jede Ultraschall untersuchung gefreut und wollte unser Baby am liebsten Tag und Nacht sehen jnd beobachten. Hatte nichts mit Unterhaltung zu tun, sondern einfach mit Vorfreude! Hätte den kleinen am liebsten sofort in den Arm genommen, da das nicht ging, wäre ein Ultraschallgerät zuhause wunderbar gewesen. Ich finde, dass man nicht in alle technische Neuerungen sofort den Teufel hineininterpretieren muss und gewisse Dinge können auch mit Liebe und (Lebens-)freude begründet sein, nicht immer mit Sensationslust. Und wenn jemand was postet so soll er doch… wenn er Freude hat. Und wenn eine Firma damit Geld verdient… so what… so läuft unsere schöne Welt!

    • Gerhard Engler sagt:

      Ich bin Vater von drei Kindern. Wir haben zwei Mal einen Ultraschall gemacht (alle drei Kinder zusammengezählt). ich verstehe bis heute nicht, warum alle Leute so viel Geld ausgeben wollen für Ultraschall und andere unnötige DInge.

  • Synn sagt:

    Na klar müssen wir doch alle sofort haben! Damit die helikoptermässige Rundum-Überwachung unmittelbar nach der Zeugung beginnen kann… brave new world!

  • tststs sagt:

    Oje, da wird IMHO wieder mal das Kind mit dem Bade ausgeschüttet…

    Oder unsere Kopfkinos laufen einfach ganz anders ab. Die meisten scheinen offensichtlich beim Gedanken an ein HUG (Home-Ultraschall-Gerät), Helikoptereltern zu visualisieren, die das HUG nur haben um zu kontrollieren, ob der pränatale Tracker auch fest am Handgelenk sitzt.
    Ich sehe in meiner Vorstellung halt eher ein Pärchen, das voller Vorfreude auf das HUG starrt, anstatt in den Fernseher. Ich sehe ich Kinder, die aufgeregt ihr neues Geschwisterchen im Bauch suchen. Ich sehe Neugier. Interesse. Ein unnötiges Gadget. Ganz nach dem Motto: Nützt’s nüt, schadt’s nüt.
    Wir will der soll. Wer es nicht will, der nicht. Aber bitte nicht den anderen madig machen…

    • Roxy sagt:

      Ja so ist es. Für viele ist es immanent wichtig stets etwas zu lästern zu haben, stets von anderen schlecht zu denken und alles, was man selbst nicht tut, abzuwerten.

      Ich mag Sie, weil Sie nicht so sind.

  • Claude Fontana sagt:

    Warte, da muss ein Kratzer auf der Linse sein, ich nehms mal kurz raus um zu sehen ob da tatsächlich eine linie am Schädel sichtbar ist. Jetzt hab dich nicht so, ist doch nur zu seinem besten. (ironie aus)
    Braucht man das wirklich, wird das Kind nicht schon genug zum zentrum der Aufmerksamkeit? verhätschelt und verwöhnt, bis zum zeitpunkt, wo es etwas auf eigene gefahr hin unternehmen muss. Dann brechen die eltern zusammen, wenn das kind einmal versagt, weil man ihm nicht beibringt, wie mit versagen umzugehen ist. und wie man aus fehlern lernt, weil man die korrektur immer in die eigenen Hände genommen hat. Vielen dank auch.

  • Franziska Wirz sagt:

    Hier ein ergänzender Hinweis betreffend Ultraschallgeräte:
    Die farbkodierte Dopplersonografie ermöglicht, den Blutfluss im Herz sichtbar zu machen, der 3D-Ultraschall eine räumliche Darstellung.
    Beide Geräte sollten nur zum Einsatz kommen, wenn begründete Zweifel an der ungestörten Entwicklung des Ungeborenen bestehen. Sogar der deutsche Berufsverband der Frauenärzte mahnt bei Routineuntersuchungen mit diesen Geräten zur Vorsicht, denn bei ihrer Anwendung werden die Schallwellen gebündelt auf einen sehr kleinen Bereich gebracht, was eine Erwärmung des kindlichen Gewebes zur Folge hat.

    • Muttis Liebling sagt:

      Um ein Bild von einem Objekt zu bekommen, muss man Energie auf das Objekt übertragen. Bei einem biologischen Objekt beinhaltet dies immer das Moment der Körperverletzung. Jeder Arzt ist gehalten, so wenig als möglich Bilder zu machen, eben um so wenig wie möglich energetische Wechselwirkungen herzustellen. Da muss es schon verwundern, dass solche Geräte als Konsumgüter gehandelt werden dürfen.

  • Veronica sagt:

    Es ist zu hoffen, dass die Eltern nach der Geburt dem Kind dieselbe grosse Aufmerksamkeit zuteil kommen lassen. Stichwort „Quality Time“.

  • Maike sagt:

    Erleben sie die Schwangerschaft noch intensiver – so ein Werbeslogan kann doch nur von einem Mann stammen ! Als ob ein Mann auch nur die geringste Ahnung hat, was physisch und psychisch in einer schwangeren Frau vorgeht. Und dabei sollen jetzt tägliche Ultraschallphotos helfen ? Vermutlich werden diese Photos dann auch in den ganzen SM verteilt werden und die Eltern versuchen sich, damit gegenseitig auszustechen. Zur Beurteilung muss dann auch eine ganz neue Sprache bzw. Wörter gefunden werden. Ganz der Papa / Mama geht dann ja noch nicht….
    Aber soll es doch jede machen wie sie will. Hauptsache, es bleibt ein Privatvergnügen und wird nicht noch von der Krankenkasse finanziert.

  • Röschu sagt:

    Wo es früher das primäre Ziel der Medizin war, Menschen zu helfen, wird heute leider viel zu oft zuerst mal abgeklärt, durch welche Behandlungen sich noch etwas Geld verdienen lässt. Die Vermarktung von medizinischen Geräten für den Heimgebrauch ist da nur ein weiterer kleiner Schritt…

    • tststs sagt:

      Genau, Scharlatanerie ist ja auch ein Phänomen des 21.Jh.

      Auch im Namen der Medizin wurde schon immer Schindluder betrieben.

      • Muttis Liebling sagt:

        Die Umwandlung von Medizin als Heilkunst in einen Wirtschaftszweig fand erst vor ca. 30-40 Jahren statt. Vorher kam niemand auf die Idee, medizinischen Leistungen Preise zuzuordnen und den so berechenbaren Gesamtumsatz in die wirtschaftliche Leistung eines Staates einzubeziehen.

        Die hippokratische Ethik verbot es Ärzten und Spitälern tausende Jahre lang, Medizin gewerblich zu betreiben, also z.B. kaufmännische Rechnungen zu schreiben oder zu werben.

  • Carl sagt:

    hauptsache im mainstream gegen alles neue und gegen die insta-generation geschimpft. Ist ja schön bequem und gibt 99% Zustimmungsquote der Kommentare.
    Ich finde es eine coole Sache und kann die vorgeburtliche Bindung für das gesamte Umfeld (Vater, Geschwister, Grosseltern, etc.) deutlich erhöhen! Leider noch nicht gefunden wo bestellen kann

    • tststs sagt:

      Bin ganz bei Ihnen Carl. Erinnert mich irgendwie an die Unkenrufe bei Einführung des Internets.
      Oder des Fernsehens
      Oder des Radios.
      Oder des Telefons.
      Oder des Buches….
      😉

      • Lala sagt:

        Warum so ein Ultraschall die Bindung zu irgendwem erhöhen soll ist mir jetzt aber wirklich ein riesen Rätsel.
        Warum man das dann auch noch rum zeigen und andere Leute damit nötigen will erst recht.

  • doris sagt:

    Oh, lassen wir doch dem heranwachsenden Baby im Mutterbauch ruhig seine Zeit. Es kommt dann noch schnell mit den stetig fotoschiessenden Handys der Eltern in Kontakt, wenn es dann mal auf der Welt ist. Wir schulden dem kleinen Menschlein Respekt, es ist keine Ware und kein Herzeigeobjekt, kann sich nicht wehren.

  • Stefan W. sagt:

    Und nicht zu vergessen: So ein Gerät wird die Kosten des Gesundheitswesens weiter nach oben katapultieren. Denn Eltern werden oft etwas entdecken, was sie beunruhigt („Im Internet steht, der Kopf müsste jetzt soundso gross sein, er ist aber soundso“, „Es bewegt das rechte Bein kaum“ usw.), und das dann beim Arzt abklären lassen. Und niemand kann ihnen dann guten Gewissens die ärztliche Kontrolle verweigern.
    Nur: Leider kann auch niemand verhindern, dass diese Technik trotzdem Einzug hält. Oder wann wude jemals eine Technik durch Bedenken verhindert? Ultraschallgeräte werden billiger und einfacher, so ist das nun mal. Zweifellos werden sich irgendwann auch Experten finden, die über die Schädlichkeit fürs Baby referieren, aber auch das wird höchstens ein wenig bremsen.

    • Zimy sagt:

      Ich denke auch, dass ein Heim-US die Zahl der unnötigen Nachkontrollen erhöhen dürfte. Denn auch Ärzte müssen den Umgang damit erstmal lernen und viel üben. Ich hatte bei einer Kontrolle im Spital eine sehr frische Assistenzärztin. Sie brauchte ewig, um die Bilder zu machen, die sie machen sollte, weil sie nicht genau wusste, wie der Ultraschallkopf zu führen ist. Schliesslich glaubte sie noch, eine Problem entdeckt zu haben, was zu einer Nachuntersuchung durch eine erfahrenere Assistenzärztin und dann noch durch die Oberärztin führte, die dann Entwarnung gab. Also lange Schallexposition und 2 unnötige Untersuchungen, da war mir schon nicht ganz wohl, obwohl ich mich immer auf den US gefreut habe. So ein Angebot ist Unterhaltung für die Eltern auf Kosten des Kindes und evtl. aller.

      • Zimy sagt:

        Hinzu kommt: Auch wenn der US für das Kind nicht schädlich sein mag, ist anzunehmen, dass die Untersuchung unangenehm ist. Auch aus diesem Grund ist es geboten, auf unnötige Schallexposition zu verzichten.

    • Hans Kurz sagt:

      Die armen Eltern werden genau gar nichs entdecken. Wenn das Teil so einfach zu bedienen wäre müsste man keine Facharztausbildung mit entsprechenden Kursen und Wiederholungskusen machen. Die meisten werden den Ultraschall relativ schnell frustriert zurück geben.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.