Künstliche Befruchtung – aus Papas Sicht
Männer – ausser es seien die zurate gezogenen Mediziner – kommen in der Reproduktionsmedizin selten zu Wort, obwohl sie als Partner mittendrin im Befruchtungsalltag stecken. Sperma liefern, Stimmungsschwankungen ertragen, emotionale und finanzielle Stärke markieren und dann gemeinsam hoffen, zweifeln, sich freuen oder wieder allein trösten. Als Vater auf der Warteliste zu stehen, ist belastend. Nur darüber reden oder gar schreiben, tut kaum ein Betroffener. «Als meine Frau mich aufforderte, gemeinsam mit ihr ein Buch über ihre jahrelange Odyssee quer durch die Reproduktionsmedizin zu schreiben, war ich nicht begeistert», erinnert sich Firman Ghouze. «Es würden Dinge ans Licht kommen, über die wir nie geredet haben und die uns kaum gefallen. Meiner Frau war das egal. Also steuerte ich meine Sicht zum Buch* bei.»
Firman ist Ende vierzig, ein pragmatischer Wissenschaftler, der heute in der Biotechnologie arbeitet. «Ich unterteile die Welt in Dinge, die man kontrollieren kann, und solche, die wir nur beschränkt beeinflussen können. Schwanger werden gehört klar in die zweite Kategorie. Darum war es mir anfangs schleierhaft, warum Lisa so emotional reagierte», schreibt Firman. Anfangs, das heisst im Oktober 2004.
Ausser Kontrolle geratene Achterbahn der Gefühle
Lisa Ortner-Ghouze ist eine engagierte Marketing-Direktorin mit ausgeprägtem Kinderwunsch. «Wir hatten damals gerade geheiratet, und ich wusste, mit meinen 37 Jahren gehörte ich reproduktionsmedizinisch schon zum alten Eisen. Mein Motto war klar: keine Zeit verlieren, alles versuchen», erinnert sich Lisa.
Alles versuchen heisst rückblickend auf ihre Geschichte: Über acht Jahre lang 14 IUI-Zyklen (Intrauterine
Insemination) und 28 IVF-Behandlungen (In-vitro-Fertilisation) über sich ergehen zu lassen. Das Paar lebte damals in New York. Die private Krankenkasse bezahlte. «Als ich mit den Behandlungen begann, musste ich in der Klinik einen Kurs besuchen, um zu lernen, mir meine Medikamente selbst zu spritzen. Wir übten mit einer Orange. Ich realisierte zum ersten Mal, wie der romantische Traum von einem eigenen Baby zu einer fremdgesteuerten Medizinprozedur wurde», erinnert sich Lisa. Das Leben leicht zu nehmen und zu geniessen, rutschte endgültig aus dem Programm. Was folgte, waren Jahre geprägt durch Injektionen, Behandlungen und Stimmungsschwankungen. Eine ausser Kontrolle geratene Achterbahn der Gefühle.
«Nur so hatten wir als Paar eine Zukunft»
«Ich fühlte mich dabei nur noch als Passagier, den man nicht ein einziges Mal fragte, wie es ihm geht», sagt Firman heute. «Ich kann mit Nummern, Fakten, Arztbesuchen und Blutwertetabellen gut umgehen. Schwerer war es, die Emotionen von Lisa zu deuten und zu ertragen. Es gab Zeiten, in denen ich versuchte, jeder Diskussion auszuweichen, weil ich nur verlieren konnte.» Die beiden suchten externe Hilfe in Selbsthilfegruppen und bei persönlichen Coachs.
Seine Frau nicht zu unterstützen, kam für Firman nie infrage. «Ich versuche immer Informationen und Ereignisse rational zu sehen und die Fakten zu betonen. Klar war immer: Ich wollte, dass Lisa glücklich ist; nur so hatten wir als Paar eine Zukunft», erinnert sich Firman und fügt hinzu: «Lisa zu unterstützen, machte mein Leben aber auch unsere Beziehung einfacher. Rückblickend war bei meinem Engagement wohl viel Egoismus dabei.»
Lisa und Firman Ghouze wurden nach einigen Verlusten und schwierigen Phasen Eltern von zwei gesunden Söhnen. 2017 publiziert Lisa ihr erstes Buch: «Shit I am not pregnant again». Lisa und Firman schreiben in zwei getrennten Rubriken über ihre Erfahrungen.
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23 Kommentare zu «Künstliche Befruchtung – aus Papas Sicht»
an sportpapi: du nennst es gefahr, wenn man schwanger werden könnte. ich nenne es gefahr, dass die person, die die hormonpille nimmt, ein 5fach höheres risiko eines blutgerinnsels trägt. und darum hoffe ich, dass du das deinen jungs auch vermittelst: das ist der preis der empfängnisverhütung die jederzeit jede sextechnik erlaubt ohne dass männer einen gedanken verschwenden oder ein risiko tragen.
dass das kondom so schlecht abschneidet beim pearlindex ist wegen dem handling. wenn man aber genau über den zyklus bescheid weiss, kann man relativ gut eingrenzen, wann man hirnlos machen kann was man will, und wann man besser andere techniken bevorzugen sollte. und das ist nicht „kein sex“, so wie du das hinstellst.
@tina: Ich möchte die Gefahr von Thrombosen keineswegs verniedlichen. Absolut ist dieses Risiko aber praktisch nicht vorhanden. Und eine Schwangerschaft führt zu einem höheren Risiko als die Pilleneinnahme.
Auf der anderen Seite wird in der Schweiz jede zehnte Schwangerschaft abgebrochen, in gewissen Kantonen jede fünfte. Wir haben also über 10000 Abtreibungen jährlich und vermutlich noch deutlich mehr nicht geplante Schwangerschaften.
Aber ich sehe schon, diese Seite der Medaille scheint dir nicht so problematisch zu sein. Ich hingegen werde genau über diesen Punkt mit meinen Söhnen diskutieren. Obwohl sie ja selber nicht schwanger werden…
Und ja, ich weiss schon, das Handling. Mag sein, obwohl man da ja kaum dabei ist. Sicher ist nur – sicher ist es nicht.
man ist aber nicht permanent schwanger, hingegen nimmt man die pille permanent. und thrombosen sind ja nicht die einzige nebenwirkung.
du hättest ruhig davon ausgehen können, dass es auch andere nebenwirkungen gibt, und die für dich als mann natürlich nicht so wichtig sind, da nicht du es bist, der sie ertragen muss.
wegen der sicherheit: ich weiss nicht, wieso du nicht begreifen willst, dass du im bewusstsein wann die fruchtbaren tage sind, garantiert sicherer verhütest mit einem kondom.
die abtreibungsraten stehen ja in keinem verhältnis zum pearlindex, ich frage mich, wie das unter einen hut geht. ich würde mal laienhaft behaupten: das scheint mir komplett abgekoppelt von einander.
@tina: Ich weiss, dass es auch andere Nebenwirkungen gibt. Ich antworte aber auf dich.
Ausserdem werden interessanterweise immer nur die negativen Nebenwirkungen angeführt. Obwohl viele Frauen die Pille nicht nur wegen der Verhütung verschrieben bekommen.
„die abtreibungsraten stehen ja in keinem verhältnis zum pearlindex“. Ach ja? Aber unerwünschte Schwangerschaften schon, oder?
„ich weiss nicht, wieso du nicht begreifen willst, dass du im bewusstsein wann die fruchtbaren tage sind, garantiert sicherer verhütest mit einem kondom.“ Sicherer als was? Als ohne dieses Wissen? Das ist reine Spekulation. Letztlich bleibt es aber Verhütung mit Kondom.
Und ja, ich als Mann. Wenn nichts mehr geht, das geht immer.
Was sich wohl meine Frau für Gedanken zu meiner Vasketomie gemacht hat?
immerhin ist die schwangerschaftsabbruchrate hierzulande halb so hoch wie sonstwo
wie erklärst du dir, dass die abbruchrate so viel höher ist als jede verhütungsmittelversagerquote? so hoch wie die rate ist, so schlecht ist kein pearlindex
ich bin mir doch recht sicher, dass sich deine frau allerlei gedanken gemacht hat zu deiner vasektomie, vorallem auch zu allfälligen nebenwirkungen.
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natürlich ist es nicht reine spekulation, dass man aufmkersamer ist, wenn man es punktuell ist und nicht permanent. und der schlechte pearlindex von kondomen kommt wegen handlingfehler zustande.
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ja, das ist nett dass du mir antwortest, aber auch hier liegt es auf der hand, dass bei der wahl der verhütungsmittel nebenwirkungen ein faktor sind.
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nochmals: wenn jede 10. schwangerschaft abgebrochen wird (hauptsächlich übrigens medikamentös, also innerhalb weniger stunden), dann müsste man doch schliessen, dass viele überhaupt nicht verhüten, denn so schlecht schneidet kein verhütungsmittel ab. wie erklärst du dir das?
ja ebe gäll 😉
@tina: „immerhin ist die schwangerschaftsabbruchrate hierzulande halb so hoch wie sonstwo“. Das beruhigt mich ungemein…
„hier liegt es auf der hand, dass bei der wahl der verhütungsmittel nebenwirkungen ein faktor sind.“ Ja: Hauptwirkung, positive und negative Nebenwirkungen, und die eigenen Einstellungen dazu. Warum nur wird bei den meisten Beiträgen keine solche umfassende Auslegeordnung gemacht, sondern sehr einseitig argumentiert?
„wenn jede 10. schwangerschaft abgebrochen wird (hauptsächlich übrigens medikamentös, also innerhalb weniger stunden)“. Also kein Problem für die betroffene Frau? Für den Mann?
„dann müsste man doch schliessen, dass viele überhaupt nicht verhüten“. Ja, zu diesem Schluss muss man wohl kommen. Oder in der Hektik alles falsch machen. Oder es halt dann doch drauf ankommen lassen, wenn die Lust gross ist.
Wie auch immer: Ich glaube definitiv nicht, dass in vielen Fällen von unerwünschten Schwangerschaften eine chronische Verhütungsmethode im Spiel ist. Und schon gar nicht die Kombination von Pille und Kondom.
„Also kein Problem für die betroffene Frau? Für den Mann?“
ich habe keine ahnung von diesen medis, aber 1. muss es ein wahnsinns hormondurcheinander sein für die frau und 2. ist das problem sicher weniger gross. je früher die schwangerschaft abgebrochen wird, aber ich glaube, du willst auf etwas anderes hinaus, richtig?
wenn die abbruchrate dermassen gross ist, dass jeder pearlindex daneben wie ein witz aussieht, dann müsste man gar nicht mehr über unterschiede in der sicherheit von empfängnisverhütungsmitteln sprechen. findest du nicht? da läuft etwas anderes komplett falsch. ich habe wirklcih keine vorstellung. mich würde echt interessieren, wie sich das die leute erklären aber die diskussion ist wohl gelaufen und findet hier auch im völlig falschen thema statt (sorry an der stelle)
Eine pragmatische Lösung: Statt diesen teuren und oft nutzlosen Therapien einen temporären Partnertausch.
Der Film Maybe Baby mit Hugh Laurie bringt so ein paar Unausgesprochenheiten ebenfalls gut zur Geltung, wenn man über das je nach Gemüt „grobschlächtigere“ wegsehen kann 😉
Aber irgendwie wärs schon passender gewesen irgendeinen Original-Mann-Beitrag zu bringen, gibts wirklich nirgendwo da draussen ein männliches Exemplar das drüber geschrieben hat?
Und dass nun neu im mb nach abo-plus verfahren wird empfinde ich als schade. Wenigstens kommt man jetzt noch über die Kommentarspalte rein.
14 IUI-Zyklen (Intrauterine Insemination) und 28 IVF-Behandlungen (In-vitro-Fertilisation) – das ist schon extrem. Ohne eine passende Statistik zur Hand zu haben denke ich doch, dass das die Ausnahme ist.
Persönlich verstehe ich nicht, weshalb man 14 Inseminationen macht, sind doch die Erfolgschancen verhältnismässig gering.
Als Marketing Director ist man es wohl gewohnt, dass es so läuft wie man dies will.
Und will die Natur nicht so wie Marketing Director, dann geht man eben mit dem Kopf durch die Wand – koste es was es wolle.
Schon verrückt die Anspruchshaltung der Menschen von heute.
Hoffe bloss, die Jungs geraten so wie Marketing Director sich dies schon in allen Details ausgemahlt hat – sonst wehe dem Nachwuchs.
Rechne ich das richtig zusammen – mit 37 begonnen und dann 14 Jahre lang versucht schwanger zu werden bis es endlich geklappt hat ? Also mit 51 Mutter geworden ? Wenn das stimmt – was tut man seinem Kind damit an ? Ein Kind um des selbst willens. Im Rollator zur Hochzeit und kaum Chanchen, die Enkelkinder zu sehen. Dies scheint mir zudem ein gutes Beispiel zu sein, das es auch hier eine medizinische Lobby gibt, die dafür sorgt, das es leichter ist, diese Schwangerschaftsversuche durchzuführen, als das man ein Kind adoptieren kann. Der Grund wäre für mich offensichtlich – womit lässt sich wohl mehr Geld verdienen ???
Nein, sie rechnen nicht richtig, es waren 14 Zyklen IUI und 28 Zyklen IVF während acht Jahren. Also Mutter mit 45 Jahren.
Lieber Michael
Leider gehören mein Mann und ich auch zu den Paaren, die ungewollt kinderlos bleiben. Drei Jahre Hormontherapie, Insemination und künstliche Befruchtung blieben erfolglos. Somit haben wir uns auch mit dem Thema Adoption beschäftigt.
Es ist so, dass es in der Schweiz viel zu wenig Kinder gibt für die vielen Paare, die gerne adoptieren möchten. Eine Schweizer Adoption kostet nur ca. 5000Fr.
Eine international Adoption kostet zwischen 30’000-50’000Fr, ein Betrag den wir uns schlicht nicht leisten können. Hier sind es vor allem die ganzen administrativen Gebühren der verschiedenen Länder, welche teuer sind.
Die Pharma-Lobby hat damit also nichts zu tun.
Wie die Schönheitschirurgie gehört auch die Reproduktionsmedizin nicht zur Medizin im Sinne von Heilkunde. Es ist ein ganz ordinäres Gewerbe, welche medizinische Techniken für Geschäftmacherei missbraucht.
Oder anders, könnte man damit nicht ordentlich Geld machen, gäbe es die Zweckentfremdung von Medizin nicht.
Liebe Anna,
ohne in Wunden wühlen zu wollen, die Kosten einer internationalen Adoption beziffert das schweizer Bundesamt für Justiz auf rd. 2000 CHF. Bei allem gebotenen Respekt, ich kann mir schwerlich vorstellen, das die anderen Länder solch exorbitante Summen verlangen.
Lieber Michael,
ich bin sicher, dass du dich genau so intensiv mit dem Thema Adoption befasst hast, wie ich während des letzten Jahres, und dich nich nur im Internet schlau gemacht hast, sondern ebenfalls bei verschiedenen Behörden und Organisationen Beratungsgespräche hattest.
Daher ist dir wahrscheinlich schlicht ein Fehler unterlaufen, deine Angaben stimmen nämlich bei einer nationalen Adoption, eine international Adoption ist wirklich um ein vielfaches teurer.
Einen guten Überblick findest du hier: https://www.ch.ch/de/kosten-adoption/
Eine Frau schreibt einen Blog mit dem Titel: „Künstliche Befruchtung – aus Papas Sicht“?!?!?