Vergesst die Spieltermine!

Jemand zu Hause? Spontane Besuche fördern den Gemeinschaftssinn – und machen Spass. (Foto: iStock)

«Als ich noch ein Kind war, spielte ich fast immer mit den Kindern aus der Nachbarschaft draussen. Heute ist es anders. Wir müssen Spieltermine organisieren, damit unsere Kinder Freunde haben.»

Die paar Sätze fassen den Beitrag ganz gut zusammen, den ich kürzlich auf Müttermagazin.com gelesen habe. Eine junge Mutter beklagt sich darin, dass ihre Vierjährige kaum Freunde hat, weil die Kinder heute nicht mehr spontan draussen spielen, sondern die Mütter immer zuerst sogenannte Playdates organisieren müssen. Das sei erstens aufwendig und zweitens auch deshalb anstrengend, weil man bisweilen mit Müttern Zeit verbringen muss, die man eigentlich gar nicht mag und mit denen man sich nur der Kinder zuliebe trifft.

Ich hatte auch ein paar solche Spielverabredungen. Besonders in meinen Anfangszeiten als Mama, als meine Tochter noch klein war und kaum eigene Freunde hatte, weshalb wir uns mit Bekannten mit ähnlich altem Nachwuchs trafen. Diese Treffen liefen sehr unterschiedlich ab: Mal gaben sich die Kinder ununterbrochen aufs Dach, mal konnte sich meine Tochter am Ende fast nicht mehr von ihrer neuen besten Freundin losreissen. Und manchmal waren die Kinder einander einfach völlig egal.

Kurz: Meine Tochter und ich hatten viel mehr Spass, wenn wir gemeinsam ins GZ gingen und dort entweder für uns blieben oder spontan mit anderen spielten und plauderten. Und so liess ich das mit den Playdates bleiben.

Spontan statt geplant

Heute wohnen wir in einer grossen Siedlung mit vielen Familien. Ganz bewusst: Ich bin selber in einer solchen Siedlung aufgewachsen und habe es geliebt, mich draussen frei bewegen zu können und jederzeit jemanden zum Spielen zu haben. Dasselbe wollte ich auch meinen Kindern ermöglichen – und allen Unkenrufen zum Trotz funktioniert es heute noch genauso gut wie früher.

Wenn meine Kinder mit ihren Freunden aus der Nachbarschaft spielen wollen und gerade niemand auf dem Spielplatz ist, klingeln sie einfach an deren Tür. Oder sie rufen während der Sommermonate auf den Balkon vis-à-vis, ob man sich draussen treffen wolle. Und die Nachbarskinder handhaben es genauso.

So sind vor kurzem an einem Feierabend gleich mehrere kleine Bastelkünstler stolz mit ihren Werken in der Hand aus meiner Wohnung spaziert, obwohl wir keine Kinderparty geschmissen hatten – es hatte sich einfach so ergeben. Zwischendurch bin ich aber auch einmal ein paar Stunden ganz allein zu Hause, weil es eine Etage höher gerade viel spannender ist. Auch habe ich fast jede Woche ein Schulgspäändli spontan zum Mittagessen hier. Dafür essen meine Kinder mal hier, mal dort beim Zvieri mit.

Spontanes Miteinander fördert Gemeinschaftssinn

Ich mag diese Spontaneität und bin dankbar dafür, dass diverse Familien um uns herum diesbezüglich gleich ticken. Zudem bin ich überzeugt, dass man sich dadurch mehr als Gemeinschaft fühlt und viel eher bereit ist, einander auszuhelfen, wenn zum Beispiel jemand spontan eine Kinderbetreuung braucht. Vor allem traut man sich eher, überhaupt um Hilfe zu bitten.

Natürlich gibt es auch in meinem Umfeld diejenigen, die lieber planen und vorher eine SMS schreiben, wenn die Kinder miteinander spielen wollen. Völlig legitim, schliesslich funktionieren wir alle unterschiedlich. Mir ist aber aufgefallen, dass es manchmal nur den Hinweis braucht, dass die Kinder bei uns gerne auch ungeplant klingeln kommen dürfen, und schon läuft das nächste Mal alles viel lockerer ab.

Anstatt zu jammern, wie grässlich heute doch alles ist mit diesen ewigen Spielverabredungen, sollte man also besser aktiv werden. Sprich: selbst mit gutem Beispiel vorangehen und die Tür offen halten für spontane Besuche anderer Kinder. Und den eigenen Nachwuchs allein draussen spielen und selbstständig Freundschaften schliessen lassen. Will man das alles nicht, kann man sicher auch gut mit arrangierten Verabredungen leben. Aber dann sollte man damit aufhören, der Gesellschaft die Schuld daran zu geben.

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39 Kommentare zu «Vergesst die Spieltermine!»

  • Gelber sagt:

    Ich denke, das ist ein Un-Thema.
    Bei uns spielen die Kinder im Hof und auf dem Schulhausplatz… das Problem ist eher, dass die Anwohner bei den grössten Spielplätzen öfters mal rausbellen, dass „hier nicht gespielt wird“ (obwohl es ein Spielplatz ist).
    Playdates gibt es eher bei Kindern unter vier, wo eigenen Freunde noch nicht vorhanden sind und die Eltern eh dabei bleiben.
    Klar, ja, es gibt die Eltern, die den Kids die Freunde aussuchen und Playdates auch in der Schule noch organisieren, um den Freundeskreis diktieren zu können – aber das ist wirklich selten. Und dem kann man sich auch entziehen.
    Und wenn mal zwei Kinder exklusiv zusammen spielen wollen, finde ich es auch legitim, mal eines abzuweisen, das klingeln kommt…

  • Selina sagt:

    Hallo Mamablog—Redaktion, ich kann den heutigen Blog (23.2) nicht lesen. Hoffe es ist nur ein Irrtum, dass ich dafür jetzt ein Abo brauche??

  • Brunhild Steiner sagt:

    Schade ist das heutige Thema nicht für alle offen, hoffe nicht dass dies die neue ma ma blo g-Politik ist???

  • julia müller sagt:

    Bei uns wars „früher“ so:
    Kaum war ein Bub mit seinem coolen Traktor auf dem Spielplatz, war plötzlich der ganze Spielplatz voller Buben (habe Söhne, deshalb das männliche Beispiel). Ist das heute nicht mehr so?
    Zur Abwechslung ging ich mit den Jungs auf den öffentlichen Spielplatz am See – mit Piratenschiff und so, sehr cool -, die Idee hatten andere auch, kaum war man einige Male dort, freundeten sich die Kinder untereinander an + bald einmal machte man gegenseitig ab. Do. im Winter beim Skifahren am Kinderskilift in der Umgebung, beim Schlittschuhlaufen auf dem nahen Eisfeld, beim Schwimmen im örtlichen Hallenbad, im Sommer beim Sünnele/Baden unten am See … Immer sind wir auf bekannte Gesichter gestossen, haben neue kennengelernt. Ist das heute auch nicht mehr so, zu altmodisch?

  • Tabea Schneider sagt:

    Tausend Mal erlebt: Unsere Tochter ging zu einem anderen Kind an die Tür klingeln… Kind: Darf ich mit R. spielen? Mutter von R.: Nein, R. spielt schon mit C.

  • Honeybee sagt:

    Ich finde es super, wenn es so ist! Als ich klein war, haben wir auch einfach bei den Nachbarskindern geklingelt oder es war schon jemand auf der Strasse am Spielen. Nur – die Familien mit zwei berufstätigen Elternteilen waren die absolute Ausnahme. Ich bin durchaus offen für spontane Besuche von anderen Kindern. Wenn denn jemand zuhause ist…

  • Sportpapi sagt:

    Ich finde Spieltermine super. Die Kids haben ihren Spass und ich meinen auch, kann ich mich doch währenddessen unauffällig mit meiner Affäre treffen.

  • Sportpapi sagt:

    Gute alte Zeit. Wir wohnen gerade neben dem Schulhaus, so dass ich die Kinder auch gerne mal einfach rausschicke, weil es dort praktisch immer Spielkameraden hat.
    Es gibt aber zwei Probleme: Immer mehr Kinder sind tagsüber gar nicht mehr verfügbar oder nur an bestimmten Tagen, abhängig von den Arbeitstagen der Eltern und den Kita-Terminen (und am Wochenende dann in der Ferienwohnung oder beim geschiedenen Vater).
    Und: viele Eltern lassen ihre Vierjährigen gar nicht mehr allein ins Freie oder zu Freunden, bzw. möchten immer wissen, wo sich die Kinder aufhalten. Dann geht das mit dem „mal läuten“ nicht mehr so einfach.
    Überhaupt ist es ja so, dass auch die Eltern ihre Treffen über Smartphones koordinieren. Klar, dass sie das dann auch für die Kinder übernehmen.

    • Sportpapi sagt:

      Warum ich allerdings dabei sein muss, wenn mein Kind ein anderes zum Spielen trifft, das entgeht mir ganz.
      Entweder bringe ich es, oder es geht allein. Oder ein anderes Kind kommt zu uns. So oder so bin ich aber nicht involviert, wenn ich nicht möchte.
      Vielfach treffen wir Väter uns dann aber auch zum Bier oder Grill einheizen etc., weit weg von den Kindern…

    • Michael sagt:

      Supervorstellung – Vattern zieht sich mit seinen Kumpels ein Bier nach dem anderen am Grill rein und lässt seinen 4-jährigen alleine auf dem Spielplatz rumtoben. Da möchte ich mal die Mutter sehen, die das mitmacht.

  • Christoph Bögli sagt:

    Die Einstellung von J.Kuster finde ich definitiv gut und sehe das ähnlich. Allerdings umgeht sie in dem Beitrag das eigentliche Problem: dass sich solche Verabredungen zum Spielen überhaupt so verbreitet haben, liegt ja nicht nur daran, dass das einfach eine Mode wäre oder weniger/keine Kinder im unmittelbaren Umfeld wohnen. Der Grund liegt m.E. eher darin, dass das Leben vieler Kinder grundsätzlich durchgetaktet ist, einerseits durch die engen Zeitpläne der Eltern zwischen Arbeit und Kindern, andererseits durch die Neigung vieler Eltern, Kinder in jeder freien Minute mit organisierten Aktivitäten zu „fördern“, ob Nachhilfe oder Sport. Was dazu führt, dass bereits Kleinkinder oft „keine Zeit“ mehr haben um einfach so ganz spontan etwas zu machen bzw. das den ganzen Zeitplan ruiniert.

  • 13 sagt:

    So etwas haben wir uns auch gewünscht. Dummerweise haben wir uns für ein Einfamilienhaus-Quartier anstatt Wohnungen entschieden. Wir dachten: weniger Verkehr, sicherer für die Kinder zum rausgehe, perfekt. Den Effekt, dass dann jedes Kind seinen Garten inkl. Schaukel, Rutsche, Trampolin hat, möglichst noch hinter hohen Gartenhecken wegen Privatsphäre und so, haben wir unterschätzt…
    Zum glück ist die Zweit dieser Playdates ja recht kurz. Ab Kindergartenalter kann man gut nur die Kinder einladen, ohne die Eltern, wo man dann zu Smalltalk verpflichtet wird. Und für die Zeit davor, nehme ich es dann lieber in Kauf, 30 Min zu fahren und bei guten Freunden zu Besuch gehen, wo ich dann auch etwas davon habe, als einfach ins Krabbeltreff zu gehen.

    • mila sagt:

      Ich dachte ja nie, dass ich das sagen würde… aber ich finde es eigentlich ganz spannend, via Krabbeltreff Einblick in teils völlig anders geartete Familien(leben) zu erhalten. Mit Freunden und Verwandtschaft verhält es sich idR weitaus homogener. Und da in unserem Fall arbeitsplatzbedingt selbige doch ziemlich weit weg wohnen (tagesausflugentfernt), bin ich froh, dass es in unserer Nähe ein wirklich tolles Familienzentrum gibt. In dem sogar nachmittagsweise Geschichtenerzählen in meiner ursprünglichen Muttersprache angeboten wird. Das empfinde ich doch als genuine Bereicherung.

      • 13 sagt:

        Schön, wenn es klappt. Ich war zweimal da und musste einfach feststellen, dass es nicht meine Welt ist. Da mein Tagesablauf, als vollzeitberufstätiges Mami, sich doch sehr von den anderen Müttern unterscheidet, fand ich keinen wirklichen Zugang, ich fühlte mich fehl am Platz, so ausgestellt und von allen etwas schief angeschaut (mein Gefühl, kein Vorwurf an die Mütter da). Ich habe aber einige meiner heutigen Freunde als Mutter kennengelernt, aber da stimmt dann die Chemie besser, gerade weil wir ähnlicher sind. Und bei knappen zeitlichen Ressourcen nutze ich diese lieber da, wo es mir dabei auch gut geht. Das heisst nicht, dass solche Treffs/Zentren schlecht wären, gar nicht, einfach nichts für mich.

    • Beni Klarer sagt:

      Versteh ich nicht. Meine Tochter geht seit sie reden kann alleine zu den Nachbarn. Wir stellten uns vor und teilten mit, dass deren Kinder bei uns willkommen sind. Vielleicht haben wir einfach Glück ein selbstständiges Kind zu haben. Wir werden es bald besser wissen. Ein zweites ist unterwegs.

      • 13 sagt:

        Selbständig sind meine Kinder auch. Und doch halte ich es für einen Unterschied, ob ich ein 4-/5-jähriges Kind bei mir habe, welches einfach kommt, um mit meinem Kind zu spielen und wo ich ausser Z’Vieri hinstellen und aufpassen, dass sie die Wohnung nicht abfackeln nichts zu tun habe oder ob ein 2-jähriges klingeln kommt, welches einen direkten Betreuungsbedarf hat. Das geht für mich dann eher unter Babysitten. Ab da, wo ich sie auch ohne Aufsicht rauslasse (also ab ca. Kindergartenalter, d.h. 4 Jahren) ändert sich vieles und ist es auch kein Thema mehr. Da spielt es für mich dann auch keine Rolle, ob sie einfach rausgehen oder halt vorher noch telefonieren.

  • JoeCH sagt:

    Mein ältester Sohn hat sich auch schon darüber beschwert, dass seine Kollegen aus dem Kindergarten (die auch im selben Quartier wohnen), ständig weg sind weil sie irgendwelche Trainings und Kurse haben.
    Auch wenn es bislang extrem anstrengend ist mit vier Kindern, so bin ich doch froh, dass Sie wenigstens sich untereinander haben um zu spielen.
    P.S.: Die absurde Situation am Wohnungsmarkt führt leider dazu, dass die für Familien idealen Wohnungen (gross und Gartensitzplatz) für Familien zu teuer sind. Deshalb zogen bis jetzt die meisten jungen Paare weg, sobald Sie Kinder hatten und nicht mehr beide 100% Arbeiten konnten oder eine KiTa bezahlen mussten.

  • Dave McWide sagt:

    @Beni Klarer
    sie geben also einem 5jährigen ein Smartphone und lassen es alleine ÖV fahren?

    • Beni Klarer sagt:

      Ja. Meine 7-jährige fährt ÖV. Sie ging ja damit auch alleine in den Kindergarten (zwei Stationen) und hat ein Telefon dabei seit sie 3 ist. Und nein ich mache mir nicht mehr Sorgen wie andere Eltern, eher weniger. Meine Tochter braucht kein #metoo denn sie kennt von klein auf #fingerabderöschti

  • mila sagt:

    Ich finde es wunderbar, wenn Kinder auf diese Art und Weise spielend gross werden können. Nur: es wohnen nicht alle Familien in solchen Siedlungen. Und wenn man dann auf playdates und externe Spielplatzbesuche angewiesen ist, hat das rein nichts damit zu tun, dass man die Freundschaften der Kinder kontrollieren will. Dieser versteckte Mahnfinger ist insofern völlig fehl am Platz. Geniessen Sie stattdessen doch einfach Ihre ideale (Wohn-)Situation, Frau K.

  • Caroline sagt:

    Ich habe schon öfters mit den Jungs an Türen geklingelt. Nur ist meistens niemand zu Hause da die Müttern von einem Kaffe Treff zum nächsten hetzen oder von einem frühfördernden Hobby zum anderen. Zeit um draussen in der Natur im Dreck zu spielen, zu werken oder einfach zu sein bleibt kaum noch. Ich lade regelmässig zum Mittagessen ein und so werden auch meine Söhne immer wieder mal eingeladen.

  • Papperlapapi sagt:

    Playdates? Man lernt nie aus…

  • Mark Schradet sagt:

    Absolut einverstanden.
    Nur haben sich die Zeiten denn doch geändert:
    Wenn beide Elternteile berufstätig sind und KiTa und Tagesschule den Rhythmus vorgeben, finden Kinder auch in familienreichen Quartieren nicht jeden Nachmittag ihre Gspänli auf der Strasse.
    Bei uns gibt es ganze Listen, welche Kinder an welchem Tag „eventuell“ auf der Strasse anzutreffen sind.
    Es gibt keine grössere Enttäuschung für einen Vierjährigen als an vier verschiedenen Orten zu klingeln und niemand macht auf …

  • Beni Klarer sagt:

    Kinder können sich, dank Social Media, heute so einfach verabreden wie nie zuvor. Auch in meiner Kindheit vor 30 Jahren gab es Playdates, nur nannte man das damals anders. Man nannte es „Besuch bei Bekannten“ und wurde dazu motiviert mit „die haben Kinder und einen Garten“ oder „der Sohn hat eine Modelleisenbahn“. Ich war damals nicht kontaktfreudig und bin rs heute auch nicht. Kinder die spielen wollen können das – gerade in der Schweiz mit dem super ausgebauten ÖV und praktisch landesweit ausgebautem Mobilnetz..

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