Mithelfen geht auch ohne Ämtliplan
«Was für Ämtlis haben eure Kinder?» «Wie könnte ich den Ämtliplan gestalten?» «Ich möchte auch Ämtlis einführen, weiss aber nicht, welche.» Surft man durch Mütterforen, stolpert man immer wieder über die Frage welche Aufgaben Kinder im Haushalt übernehmen sollen. Der Ämtliplan, eine Schweizer Familieninstitution? Man könnte es meinen. Andererseits hat Nadia Meier hier im Mamablog Anfang Jahr bemerkt, dass ausser ihr nicht mehr viele Eltern auf einen solchen Plan zu setzen scheinen. Und auch ich habe in meinem Umfeld bisher ziemlich selten von Ämtlis gehört. Ist das Ganze also doch eher eine Mamiforum-Erscheinung?
Ämtlis seien wichtig, befand allerdings auch der «Beobachter». Denn das Einbeziehen der Kinder im Haushalt sei positiv für deren Entwicklung. Dem stimme ich völlig zu. Aber braucht es dafür gleich ein fixes Ämtli? Oder bringt es vielleicht doch mehr, wenn der Nachwuchs mal bei dieser, mal bei jener Arbeit mithilft? Und vor allem: Benötigt man wirklich auch noch einen Plan für den Plan? Sprich: Richtlinien, in welchem Alter das Kind welche Aufgabe erledigen kann? Denn ja, die gibt es, und, wie eingangs erwähnt, suchen Ämtliplan-Erstellerinnen durchaus danach.
Schon Zweijährige können mithelfen
Sie haben es womöglich bereits vermutet: Wir haben zu Hause keinen Ämtliplan. So fehlt dem Kind natürlich das Gefühl, verantwortlich zu sein für eine bestimmte Aufgabe und diese auf Termin erledigen zu müssen. Aber davon haben die Kleinen meiner Meinung nach in der Schule, im Kindergarten und im Hort sowieso genug. Und zu Hause mithelfen können sie ja auch ohne Plan, wobei sie selbstredend aktiver sind bei Arbeiten, die sie selber spannend finden.
Meine Kinder helfen zum Beispiel gerne kochen. Den Kleinen habe ich unter Aufsicht schon mit zweieinhalb Jahren mit dem Rüeblischäler hantieren lassen, obwohl laut einigen Ämtli-Tabellen angeblich erst Sechsjährige Gemüse schälen können. Die Karotten wurden manchmal etwas dünn, aber die Finger hat er sich nie abgeraspelt.
Das ist denn auch der Punkt, der die Arbeitsmotivation ausmacht: gefordert zu werden und das Vertrauen der Eltern in die eigenen Fähigkeiten zu spüren. So freut sich der Fünfjährige, wenn er seine Kleider selber zusammenlegen darf, ohne dass ich nachkorrigiere. Und die Achtjährige ist stolz, wenn sie alleine mit ihrer Freundin in der Migros einkaufen gehen darf.
Aufräumen ohne Zwang
Aber bekanntlich müssen nicht nur die interessanten Aufgaben erledigt werden, sondern auch die langweiligen. Und natürlich sollen die Kinder das ebenfalls lernen. So muss ich ab und zu lange Diskussionen führen oder Druck aufsetzen, damit das in ein Spielzimmer umfunktionierte Wohnzimmer aufgeräumt wird – ich kann ja nicht einfach aufs Aufräum-Ämtli verweisen. Dafür überraschen mich die Kinder manchmal auch positiv. Die Grosse etwa hat vor ein paar Wochen plötzlich angefangen, jeden Tag ihr Bett zu machen, ihr Zimmer stets aufgeräumt zu halten und es mindestens einmal pro Woche zu saugen – weil sie «Ordnung haben will». Und das alles ganz ohne Aufforderung meinerseits.
Zugegeben, mit Ämtliplan hätte sie ihr Bett vielleicht schon früher gemacht. Aber eben unter Zwang. Und das hätte ihr vermutlich den Spass daran verdorben und sie gestresst – und mich in der Folge genauso.
15 Kommentare zu «Mithelfen geht auch ohne Ämtliplan»
Unter Ämtli und Mithelfen verstehe ich etwas anderes: Mithelfen muss allenfalls mal sein aus Anstand, aber ist freiwillig. Ein Ämtli beinhaltet die Verantwortung, nicht zu vergessen, den Müll raus zu tragen, oder wenn es mal nicht geht, vorher jemanden zu fragen, ob er es für einen mache. Ich denke, ich werde Ämtli übertragen, Aufgaben mit der Verantwortung dafür delegieren. Klar nur mit Einverständnis dazu. „Befehlen“ kann man (ich?) allenfalls zu helfen, aber nicht Verantwortung, zu übernehmen. Ämtli sind nicht beliebig, sind verpflichtend. Ich denke, ich finde Ämtli gut, auch wenn es spiessig tönt, richtig verstanden lernt es, Verantwortung für etwas zu übernehmen.
Bei uns müssen die Kinder einfach mitmachen.
Sie haben ganz wenige fixe Ämtli, z.B. den Kompost müssen sie abwechslungsweise rausbringen, der 12 Jährige muss regelmässig eine Wäsche machen.
Sonst muss halt einfach mithelfen wer da ist. Beim Tischdecken müssen alle mitmachen, wer nicht mitmacht muss halt seinen Platz selber später decken. einkaufen gehen sie selbständig, Wäsche abhängen muss jeder seine eigenen Kleider.
Kochen tun alle drei Kinder, der Älteste mit seinen 12 Jahren kocht etwa einmal in der Woche, die beiden kleineren (9 und 6 Jahre) kochen etwa alle zwei Wochen zusammen. Ich helfe eigentlich nichts mehr dabei, ausser mal beim Erklären eines Kochbuchrezeptes. Ich denke, die Kinder wachsen an den Anforderungen, ich möchte nicht mit faulen Mitessern zusammen wohnen.
„So muss ich ab und zu lange Diskussionen…“
Haha, die „Diskussionen“ gingen bei uns ungefähr so: „Ihr habt jetzt 30min Zeit, den Saustall aufzuräumen; nachher gehe ich mit dem Güselsack durch…“ 😉
„Danke, bin einverstanden…“ heisst dann die Antwort.
Wir haben als Grundsatz, dass jeder in der Familie auch mithelfen muss. Daher haben wir ein fixes Ämtli eingeführt, als die Grosse in die Schule kam. Und auch der Kleine erhält eines, sobald er eingeschult wird. Uns hilft diese fixe Regelung im Alltag, es ersetzt langwierige und energieraubende Diskussionen. Unsere Kinder helfen auch gerne mal freiwillig mit – allerdings nur genau dann, wenn sie auch Lust haben. Und darauf ist im Alltag leider kein Verlass… der Haushalt muss aber trotzdem getan werden…
Und Zimmer aufräumen ist eine Arbeit die sowieso – nebst dem Ämtli-Plan erledigt werden muss. Nicht für die Familie, sondern für sich selbst.
Also ich möchte Ihnen ja nicht die Freude verderben, alle die schönen Aufgaben und die Mitarbeit die meine Kinder gut konnten, sind in der Pubertät dann total vergessen, alles in ein grosses schwarzes Loch gefallen. Ich hoffe nun, dass es nach der Pubertät wieder zum Vorschein kommt, so mit 20-25 Jahren 😉
Da haben wir die selbe Erfahrung gemacht. Aus diesem Grund wurde dann ab Ende Primarschule ein Plan eingeführt. Auch damit es zwischen den sehr unterschiedlich helfenden Kindern eine Gerechtigkeit gibt. Seit daher gibt es keine Diskussionen mehr – aber – auch weniger freiwillige Helferaktionen.
und meine 15-jährige hat am samstag das erste mal meine hass-hausarbeit erledigt: betten wechseln!
einfach so ihr bett gewechselt!
langsam aber sicher bessert es….
es lebe der haushalt mit teenagern-
wir hatten nie einen ämtliplan.
„Ämtliplan in Vietnam“ Zwischen dem ersten und den weiteren Kindern eine Pause von etwa 8 Jahren, dann kann das älteste zuerst die KITA ersetzen und wenn die Kleineren mehr Geld kosten für Schule, in der Fabrik welches verdienen.
mit Vorteil ist das 1. Kind ein Mädchen, dann kann schon nach 4 Jahren das zweite Kind kommen. Mädchen können dann schon gut auf den jüngeren Bruder aufpassen.
Ich sehe hier in der Schweiz auf dem Spiel mit dem Kleinen (15 Monate), dass die Mädchen ab etwa 3 Jahren bis gegen Teenageralter sehr gerne mit ihm spielen, und er mit ihnen. Klar nicht immer, manchmal stört er bei einem Spiel. Aber wenn ich mit ihm auf den Spielplatz komme, freut nicht nur er sich, die Mädchen die oft da sind, 3-7 Jahre, freuen sich genauso. Die grösseren Jungs aber zeigen kaum Interesse an ihm, nehmen etwas Rücksicht wenn er durch ihr Fussballspiel läuft, vielleicht spielt ihm mal einer den Ball zu, aber er soll eigentlich immer schnell wieder weg.
In Schwellenländern betreuen oft die älteren Kinder die jüngeren unter Aufsicht, Anleitung von Grosseltern: Die sind da nicht alt genug für debil, aber oft zu alt für bücken, tragen, nachlaufen und so.
Letztlich geht es darum, dass da, wo die Sozialsysteme noch nicht wirklich funktionieren, was sich manche Libertäre und Neoliberale auch hier wünschen, die Famile die kleinste Einheit der Gesellschaft ist. Das Individuum hat nur einen Wert für die Familie und sein Wert in der Gesellschaft ist Ergebnis des Wertes der Familie in der Gesellschaft. Man fragt nicht mit „was bist du?“ nach individuellem Beruf und damit gesellschaftlicher Stellung wie bei uns, sondern: “ zu welcher Familie gehörst du?“.
Ich verstehe das Problem nicht. Die meisten Kinder sind doch motiviert, etwas zu tun. Natürlich ist das am Anfang nicht sehr effektiv oder gar eine echte Arbeitsentlastung für die Eltern. Aber nach dem Motto „Learning by Doing“ wird das schon in kurzer Zeit gut. Ich habe schon mit ca. 4 Jahren begeistert Staub gesaugt (regelmässig und systematisch, also eine echte Hilfe für meine Mutter), in der Küche geholfen (am liebsten beim Backen), im Garten gearbeitet, mit meinem Vater am Haus Reparaturen gemacht, usw. Alles ohne Zwang, im Gegenteil. Meine Eltern mussten meinen Eifer eher noch bremsen.
Wir halten es ähnlich, ohne Aemtliplan, aber alle machen mit. Ich lasse bewussst „helfen mit“ aussen vor, denn ich brauche in diesem Sinne keine Hilfe, ich bin nicht die Angestellte der Familie. Sondern wir als Familie sind ein Team und jeder tut das, was nötig ist, als Grossfamilie MUSS jeder seinen Fähigkeiten entsprechend mitwirken, zumal ich auch berufstätig bin. Mittlerweile sind meine Kinder schon älter, aber es klappt sehr gut, jeder in der Familie fühlt sich wichtig und gebraucht und trägt seinen Teil dazu bei.
ist auch meine erfahrung.
wir sind ein team, wo jede hilfe und unterstützung beanspruchen und anbieten kann. funktioniert in der regel gut.