Danke, liebe Firmen, so solls sein!
Liebe Leserinnen und Leser, der Kanton Zürich verlieh gestern zum dritten Mal den Prix Balance. Der Preis geht an Unternehmen, die ihren Mitarbeitern familienfreundliche Strukturen bieten. Gabriela Braun wurde bei der Preisvergabe die Ehre als Laudatorin zuteil. Dieser Text ist eine veränderte Fassung ihrer zwei Reden. Die Redaktion.

Gemeinsam erfolgreich: Immer mehr Firmen setzen auf familienfreundliche Strukturen. (Foto: Getty Images)
Vor 16 Jahren beschäftigte ich mich erstmals mit dem Thema «Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben». Ich war schwanger, arbeitete als junge und ehrgeizige Journalistin bei einer Tageszeitung. Und für mich war klar, dass ich dort nach der Geburt weiterarbeiten würde – einfach mit einem etwas kleineren Pensum.
Das aber sah der Chefredaktor anders. Teilzeitarbeit in diesem Job gebe es nicht, sagte er. Erstens seien Muttersein und News-Reporterin nicht vereinbar. Und zweitens würde ich das bestimmt auch nicht wollen. Ich solle erst Mutter werden, sagte er, dann wisse ich schon, was er meine. Netterweise bot er mir ein paar Wochen später doch einen Job an: Er offerierte mir den Posten als Sekretärin – zu 20 Prozent.
Ich lehnte dankend ab.
Erschöpfte Mütter und frustrierte Väter
Seither hat sich glücklicherweise einiges getan. Die Haltung gegenüber berufstätigen Müttern hat sich verbessert. Viele Unternehmen sind offener geworden, was Teilzeit oder flexible Arbeitszeiten von Eltern angeht.
Aber es gibt auch heute noch viel zu tun. Die Stories zum Thema Vereinbarkeit gehen uns im Mamablog leider nicht aus. Wir Bloggerinnen und Blogger widmen uns solchen Fragen fast wöchentlich. Die Texte stossen auf grosses Interesse und werden heiss diskutiert.
Es geht um Entlassungen nach dem Mutterschutz, Reduktion des bestehenden Pensums und Forderung für einen Vaterschaftsurlaub. Wir schreiben über Kosten und Öffnungszeiten von Krippen. Über erschöpfte Mütter, die unter der Mehrfachbelastung zusammenbrechen. Aber auch über frustrierte Väter, die sich mehr Zeit für die Familie wünschen und sie vom Arbeitgeber nicht bekommen.
Umso mehr freut es mich, hier vor Ihnen stehen zu dürfen und Teil dieses Anlasses zu sein – und zu erfahren, wie weit gewisse Firmen punkto Gleichstellung und Vereinbarkeit sind.
Damit meine ich zum Beispiel die Firma Infras. Ich staunte, als ich bei meiner Vorbereitung las, welche Arbeitsbedingungen Infras ihren Angestellten bietet: Nach dem Mutterschaftsurlaub kann eine Mutter trotz reduziertem Pensum wieder in die gleiche Position einsteigen. Infras bietet flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, und sie beteiligt sich an den Kosten der Kinderbetreuung. Die Kündigungsfrist nach einem Elternurlaub liegt bei 6 Monaten.
Neue Wege und Vorbilder
Auch andere Firmen setzen auf familienfreundliche Strukturen: Deloitte bietet ihren Mitarbeitern unter anderem ein «Welcome Working Parent Program»: Frauen und Männer können in Gruppen und mit Fachpersonen über ihre Wünsche, Pläne und Vorbehalte reden. Es ist ein Coaching-Programm, das den werdenden Eltern – aber auch den Vorgesetzten – zur Klärung von Fragen dient und ihnen eine Gesprächsstrategie vermittelt.
Toll ist, dass Deloitte auch werdende Väter anspricht. Denn auch Väter fragen sich, wie sie die Balance zwischen Job und Familie finden können. Und wir alle wissen: Nur wenn wir die Väter mit einbeziehen, kann die Sache mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für alle funktionieren.
Deloitte und Infras sind zwei von acht Unternehmen, die mit dem Prix Balance 2017 ausgezeichnet werden. Ich wünsche mir, sie alle dienen anderen Firmen als Vorbilder. Auf dass auch andere Betriebe den Mut und die Tatkraft haben, bestehende Rollenbilder zu hinterfragen, aufzubrechen und neue Wege zu gehen.
Der Prix Balance 2017 geht an Liip AG, Sonova, ewp, Stiftung myclimate, das Pflegezentrum Käferberg, Street Church, Deloitte und Infras. Herzliche Gratulation dafür. Den Prix Encouragement erhalten die Pool Architekten. Der Prix d’Honneur geht an Hilti (Schweiz) AG und an das Amt für Hochbauten der Stadt Zürich.
50 Kommentare zu «Danke, liebe Firmen, so solls sein!»
Verlängerten Mutterschaftsurlaub würde ich begrüssen. Mehr Teilzeitstellen ebenfalls, aber halt nicht in Führungspositionen. Ich arbeite selber Teilzeit, erwarte aber von Vorgesetzten, dass sie während normalen Bürozeiten erreichbar sind. Bei meiner vorherigen Stelle war es für mich fast unmöglich meine Chefin zu erreichen, das brauche ich nicht mehr.
Mit dem selben Argument könnte ich fordern, dass meine Untergebenen Montag bis Freitag, 8 bis 17.00 erreichbar sind. Würde vieles einfacher machen. Teilzeitarbeit ist aber bis ins mittlere Kader problemlos möglich, sonst stimmen die Prozesse nicht. Oder die Angestellten sind nicht selbständig genug wenn sie dauernd quasi eine 1:1 Betreuung brauchen.
ich mache aktuell sehr gute Erfahrungen bei meinem Arbeitgeber: Eine Grossbank. 6 Monate Mutterschaftsurlaub, Teilzeitpensum + 2 Tage pro Monat Homeoffice! Des Weitern haben mein Mann und ich einen relativ kurzen Arbeitsweg, die Krippe befindet sich auf dem Heimweg! Dies ermöglicht mir weiterhin die 9 bis 9:30 h pro Tag zu arbeiten! So lässt sich Famiilie + Beruf gar nicht so schlecht vereinbaren!
Liebe Autorin, fallen Sie doch bitte nicht auf das Hochglanzprospäktli von Deloitte rein. Was nützt ein Coaching, wenn die Arbeitswoche immer noch 50+ Stunden hat…?
Was nutzt Bonsai- Soziales? Es imitiert echte Sozialität, welche es nur auf der Ebene Staat geben kann.
Das ist wie bei Medikamenten oder Giften. Es gibt eine Mindestmenge, die richtige Zeit der Einnahme und den richtigen Ort. Bei Bonsai- Soziales stimmt nichts. Die falsche Menge (26 Wochen ist genau so ein Witz wie 4 Monate), der falsche Ort und die falsche Zeit. Mogelpackung.
Meine Firma gehörte zu den Befragten. Als habe ich auf der letzten Seite der Befragung einen geharnischten Kommentar geschrieben: Teilzeit ist bei uns partout nicht möglich. Also einfach in unserer Funktion nicht. Der akademische Teil der Angestellten darf das natürlich. Der obersten Stelle (SP) habe ich deshalb schon persönlich Vorhaltungen gemacht, lächelnd natürlich. Man hat genau so freundlich lächelnd darauf reagiert und meine Unterlagen einbehalten. Bislang ist gar nichts passiert.
Na ja, dafür gibt es eine ganz einfache Erklärung: Bei angestellten die Kopfarbeit machen, spielt es eine kleinere Rolle, wie oft diese in der Firma sind. Die Ideen aus dem Kopf sind immer 100% da und man bezahlt dafür gerne nur 80 oder 60%. Bei Leuten die wenig kreative Arbeiten erledigen, ist ein Teilpensum halt schon eher eine Plage, weil der dann von den 60% Anwesenheit auch noch 30% unproduktiv ist und man somit 30% Leistung mit 60% Lohn bezahlt. Daher ein einfacher Rat: sehr früh soviel Ausbildung machen, dass man Kopfarbeit machen kann.
Gute Sache. Finde ich wirklich. Die Frage ist aber, wie die Kollegen und Kolleginnen in den Firmen, die das unterstützen und oft Zusatzbelastungen in Kauf nehmen (müssen) belohnt werden.
Und was ist mit Menschen, die andere stützen, familiäre Verpflichtungen wahrnehmen etc. und nicht unterstützt werden?
Und was ist mit den vielen alleinerziehenden Müttern (oder Vätern), die über Jahre hinweg allein gelassen werden, wenn der Partner keine Allimente bezahlt? Sie haben keine Lobby …
Ich sehe das nach dem Solidaritätsprinzip: Als 20-30-jährige habe ich grösstenteils Vollzeit gearbeitet und oft solche Ausfälle mitgetragen. Mein „Lohn“ dafür waren ab und zu ein Bonus, Anerkennung, Karrierechancen. Jetzt als Mutter arbeite ich 50% und die Jüngeren nehmen meinen früheren Part ein. Wenn die Kinder älter sind, werde ich dann wieder mehr arbeiten und mittragen.
Die Frage ist doch auch, ob ich – als 100%-Arbeitende – es wirklich als Zusatzbelastung sehe, wenn meine Arbeitskollegen „nur“ 50 % arbeiten. In unserer Abteilung werden die Aufgaben so verteilt, dass sie zum jeweiligen Pensum passen. Und so, wie eine Mutter/Vater mal früher gehen muss, weil irgendein Arzttermin mit dem Kind ansteht, kann ich auch mal später kommen. Es ist (auch) eine Frage der Haltung. Dass man nicht das 100%-Pensum als normal ansieht, sondern jedem Mitarbeitenden sein individuell gewähltes Pensum zugesteht.
Das wird wohl bei keinen 5% der Mütter/Väter funktionieren.
Eine schöne Sache, dieser Preis. Zu viele Firmen schreiben sich noch immer Gleichstellung und Fortschrittlichkeit gross auf Ihre Fahne, aber wenn es darauf ankommt, ist nichts dahinter.
Ich selber verbringe soeben ende 9. Monat meine letzten Tage vor der Geburt meines ersten Kindes bei der Swiss Re. Die Firma wird sich nach dem Mutterschaftsurlaub von mir trennen, da ich nicht bereit war, nach 4Mt wieder mindestens 80% weiter zu arbeiten, und dies nach 7 Jahren solidem Einsatz und viel Herzblut für meinen Job.
Ich hoffe meine Tochter erlebt Eines Tages eine bessere Vereinbarkeit für Familie und Karriere in der Schweizer Arbeitswelt. Ich gebe uns 30 Jahre, wir sollten anfangen, es ist längst höchste Zeit.
@Daniela: Was war denn Ihr Angebot?
Da möchte ich Sie fragen, ob man Sie tatsächlich nicht in einem kleinerem Pensum weiter beschäftigen wollte, oder ob Sie auf eine Führungsposition bestanden haben und man Ihnen diese zurecht nicht geben wollte.
Ich arbeite selber nur Teilzeit, erwarte aber von Vorgesetzten, dass sie während den normalen Bürozeiten 8-17 erreichbar sind.
Liebe Mamablog Redaktion
Wieso portraitiert Ihr nicht mal eine Familie, in der beide Eltern Vollzeit beruflich engagiert sind und ein glückliches Familienleben haben?
Mir scheint, dass dieses Familienmodell an dieser Stelle gar keinen Platz hat – obwohl es wunderbar funktionieren kann und zahlreiche Aspekte der Diskussionen um Gleichberechtigung, die an dieser Stelle gerne geführt werden, damit obsolet werden…
Warum denn richtige Lösungen betrachten, wenn es auch Placebos gibt? In Dänemark arbeiten 30% aller Elternpaare jeweils 100%.
Liebe Mascha, und wer betreut Ihre Kinder in der Zeit, in der Sie beide arbeiten. Und wenn die Kinder krank sind? Es gibt Menschen, da müssen beide Vollzeit arbeiten, damit sie über die Runden kommen. Es hängt auch davon ab, wieviele h/Woche gearbeitet werden müssen.
Kranke Kinder sind äquivalent zu eigener Krankheit, entsprechend können dafür natürlich Krankheitstage bezogen werden. Für den Rest gibts Kita, Kindergarten und Schule. Die Frage ist ja eher, wieso man unbedingt den ganzen Tag daheim sitzen soll, wenn die Kinder ab spätestens 4-5 Jahren eh tagsüber weg sind..
genau so wie bei allen Teilzeit-Arbeitenden: Je nach beruflicher Auslastung, Verfügbarkeit entweder ich, mein Mann oder Grosseltern.
Klar, die Betreuung muss man natürlich organisieren. Und wenn die Kinder klein sind, läuft man hin und wieder in Betreuungsengpässe. Aber wir sprechen von einigen wenigen Gelegenheiten pro Jahr, wo die Ressourcen wirklich gestreckt sind, und ja, hier braucht man dann auch ab und zu Kulanz vom Arbeitgeber…aber das ist bei Teilzeit-Settings nicht anders…
@Mascha: Danke, das ist eine gute Idee.
Dafür muss man sich mal im städtischen, bi-nationalem oder komplett ausländischen Umfeld umschauen. Ich lebe das mit meiner Partnerin seit 3 Jahren, sehr glücklich, und wir kennen ausschliesslich Nicht-Schweizer, die ebenfalls ein solches Model praktizieren.
Den Schweizern fällt ob unserem Modell regelmässig die Kinnlade nach unten. Das schweizerische Verständnis für ein solches (freiwilliges) Modell hält sich sehr in Grenzen. Unter den Franzosen hingegen gibt’s da gar nichts zu diskutieren…
Stimmt, die Franzosen sind gute Vorbilder. Vor Allem im Umgang mit Körperstrafen gegenüber ihren Kindern….
„Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe.“
Eine schöne Auszeichnung. Ich war vor einigen Jahren bei der Präsentation eines Industrieunternehmens (eher Männerdomäne), welches, wenn ich mich recht erinnere, rund 20 verschiedene Arbeitsmodelle führte, dies bei knapp 100 Angestellten. Von „normalem“ Vollzeit und Teilzeit über Vollzeit in 4 Tagen, Homeoffice, wo möglich, trotz Vollzeit und Schichten ein fester Tag unter der Woche frei bis hin zu speziellen Lösungen, wie Anstellung in einem Teilzeitpensum, dies aber so aufgeteilt, dass man während 9 Monaten viel mehr arbeitet und darum 3 Monate pro Jahr frei hat. Dies alles, um dem Privatleben der Mitarbeiter, sei es Familie, sei es Hobby nachzukommen. Wenn man will, geht offenbar vieles.
Ja, WENN man will. Aber es ist – firmenseitig – mit viel Arbeit verbunden, solche Modelle auszuklügeln und anzubieten. Und diese Arbeit scheuen noch zu viele Arbeitgeber. Die jedoch übersehen, dass man mit der Flexibilität gegenüber den Mitarbeitenden auch wieder viel zurück bekommt.
Welches Unternehmen war das?
Ich überlege und überlege und kann mich beim besten Willen nicht mehr an den Namen erinnern, es ist inzwischen sicher 7-8 Jahre her seit dem Anlass. Sie stellten etwas aus Metall, Stahl dar und das hier im Mittelland. Mehr weiss ich leider wirklich nicht mehr.
Endlich ein Schritt vorwärts und dies ohne den Druck von UNIA!
Nun gut, die UNIA selber ist ja nicht gerade für die gute Betriebskultur bekannt. Und so eine Art Harvey hatten sie ja auch schon…. 🙂
Hm. Wie würden die Arbeitsbedingungen in der Schweiz heute wohl aussehen, wenn nicht die Gewerkschaften immer wieder sich für die Arbeitenden eingesetzt hätten?
Alles freiwillig, oder was?
Die Unia meldet sich meist dann zu Wort, wenn es darum geht, unrealistische Forderungen zu stellen, oder wenn sie sich zur allgemeinen Flüchtlings- und Sozialpolitik der Schweiz äussert. Oder man liest von ihr wegen eines internen Skandals. Zu ihrem Hauptgeschäft, nämlich der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer, äussert sich die Unia selten genug. Dass sie offensichtlich unfähig ist, ihre zugedachte Aufgabe sachgerecht wahrzunehmen, erkennt man daran, dass sich die Arbeitsbedingungen und Löhne der (gewöhnlichen, kleinen) Angestellten seit Jahren nicht mehr verbessert haben.
Der Einfluss der UNIA auf die genannten, notabene freiwilligen Leistungen der Unternehmen dürfte marginal bis inexistent sein, SP.
Wenn es um die Arbeitsbedingungen grundsätzlich geht, gebe ich Ihnen recht.
@Hans Müller: Ich glaube nicht, dass Sie sich da auch nur ein bisschen informiert haben. Die Homepage würde sonst weiterhelfen…
Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer gelingt nur, wenn diese die Bemühungen auch mittragen. Also die Gewerkschaft unterstützen, ihre Forderungen nicht pauschal als unrealistisch bezeichnen, nicht gegen ihre eigenen Interessen Parteien wählen, die sich (ausser wenn es gegen Ausländer geht) nie für die Anliegen des einfachen Menschen einsetzen. Sondern für die Abschaffung flankierender Massnahmen, Regulierungen, Mindestlöhnen usw.
Die flankierenden Massnahmen sind vor allem für die gut, welche die Massnahmen kontrollieren. Ob Arbeitnehmer davon profitieren bezweifle ich. Wenn der Nachteil der flankierenden Massnahmen kostenmässig für die Firmen nämlich zu gross sind werden die Jobs einfach ausgelagert. So funktioniert es heute. Dann werden flankierende Massnahmen zum Bumerang. Wie jeder Markt wird auch der Arbeitsmarkt über Angebot und Nachfrage reguliert – nicht über flankierende Massnahmen. Das ist bloss ein Wohlfühlfaktor für Leute, die sich nicht mit den Realitäten eines globalisierten Arbeitsmarktes auseinandersetzen wollen. Wenn Sie was für die Arbeitnehmer tun wollen müssen Sie dafür sorgen dass diese besser sind als „günstigere Alternativen“ und nicht mit flankierenden Massnahmen die Arbeit verteuern.
P.S. die Unia macht natürlich auch sinnvolle Sachen. So setzt sie sich gemäss ihrer Homepage für angepasste Schulmodelle (Tagesschulen und Blockzeiten) und im Weiteren dafür ein, dass es für jedes Kind einen bezahlbaren ausserhäuslichen Betreuungsplatz gibt. Solche Unia-Anliegen sind natürlich zu unterstützen.
Ohne die Verdienste von Steet Church, Pflegezentrum Käferberg & Co schmälern zu wollen, aber es darf an dieser Stelle auch mal erwähnt werden, dass wohl die Mehrheit aller SMI-kotierten Unternehmen vergleichbare, teils sehr fortschrittliche familienfreundliche Modelle und Lösungen anbieten, die teils weit über das gesetzliche Minimum hinausgehen. Und bei denen signifikant mehr Leute beschäftigt sind.
Na ja, ob es die Mehrheit ist, bezweifle ich. Aber selbst wenn kommt bei allen Diskussionen zu dem Thema (Vaterschaftsurlaub, mehr Ferien, längerer Mutterschaftsurlaub, stillen am Arbeitsplatz etc etc) immer wieder Stimmen, die behaupten, das könnten sich KMUs nicht leisten. Daher finde ich es ganz schön zu zeigen, dass es eben auch da geht und nicht nur beim Bund, Swisscom, SBB u.ä.
‚KMU‘ ist halt relativ, 13. Das beginnt bei sehr kleinen Teams bis zur dreistelligen Personalzahlen. Und es kommt halt schon sehr auf den Betrieb sowie die Branche an. Die genannte Auswahl für den Prix Balance lässt da bereits auf einen gewissen Bias schliessen. Aber klar, es ist gut zu zeigen, dass KMU, die es etwas weniger einfach haben, derartige Strukturen zu schaffen als z.b. eine UBS oder Swisscom, es trotzdem tun, oder zumindest versuchen.
Gesellschaftlich und volkswirtschaftlich sollten wir trotzdem die sonst so gerne geschmähten Grosskonzerne nicht vergessen.
@ MF
Das ist richtig. Wobei ich ehrlich gesagt sagen muss, dass ich die Arbeitsbedingungen der staatlichen und staatsnahen Betriebe immer etwas mit gemischten Gefühlen betrachte. Einerseits finde ich es ja schön, was geboten wird, andererseits frage ich mich schon, warum Angestellte kleinerer Firmen mit ihren Steuern diese Bedingungen mitfinanzieren sollen, von denen sie aber nichts profitieren, weil sie angeblich zu teuer sind, wenn alle Angestellte sie haben (Bsp: wenn die Meinung besteht, ein Vaterschaftsurlaub sei zu teuer und unnötig, warum finanzieren wir dann Bundesangestellten einen VU von zwei Wochen?, wenn 4 Wochen Ferien ausreichen, warum haben dann diese Betriebe 5? etc.)
@13
„(Bsp: wenn die Meinung besteht, ein Vaterschaftsurlaub sei zu teuer und unnötig, warum finanzieren wir dann Bundesangestellten einen VU von zwei Wochen?, wenn 4 Wochen Ferien ausreichen, warum haben dann diese Betriebe 5? etc.)“
Ich glaube, Angestellte von staatsnahen und staatlichen Betrieben sind insofern einfach ein bisschen privilegierter, und zwar in vielerlei Hinsicht. Das ist sicher mehr als nur ein Klischee, und für diese quasi auch Teil einer Besitzstandwahrung.
Dafür haben sie vielleicht andere Nachteile (weniger Boni, Aktienbeteiligungen usw.) aber das kann ich letztendlich weniger beurteilen.
Nebenbei, etwas off-topic, trotzdem extra für Sie, 13, aus dem Tagi von heute:
https://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/in-familienfragen-sind-junge-erwachsene-konservativ-eingestellt/story/12513791
Ich musste zugegebenermassen etwas schmunzeln 🙂
@ MF
D.h. auf der Kader-Stufe lohnt es sich weniger, darunter spielen diese Dinge kaum eine Rolle 😉
Zum link: ich habe es gesehen, aber das erscheint mir auch logisch: die jungen Erwachsenen sehen das als Idealzustand an, was sie heute v.a. kennen. Als ich in der Schule war, wollten viele Hausfrauen werden, heute arbeiten immerhin 80% aller Mütter. Das heisst, ich bleibe optimistisch 😀
@13: Der Staat versucht da offenbar eine Vorbildrolle einzunehmen. Wie MF richtig vermutet, ist er dafür in anderen Bereichen vermutlich eher weniger konkurrenzfähig.
Ist ja nicht so, dass alle bei der öffentlichen Hand arbeiten wollen.
Ich kenne das Pflegezentrum Käferberg etwas, ist zwar weder staatlich noch staatsnah, aber städtisch. Der Vorteil ist sicher, das vieles geregelt ist (kein Kampf um den Lohn, klare Ferienansprüche usw), andererseits: gerade im Pflegebereich finden viele Fachpersonen einen Job im Spital interessanter als im Heim. Also muss man auch was tun, um Personal zu finden und zu halten. Mit ein Grund für die familienfreundliche Ausrichtung.
@ SP
Eben, eine Anstellung bei einem solchen Betrieb ist für gut ausgebildete Leute weniger lukrativ (weniger Lohn und die Sozialleistungen brauchen sie ja nicht wirklich), auf unterer Lohnstufe durchaus. Vorbild ist ja schön und gut, da sie das aber nicht selber finanzieren, sondern von Zuschüssen leben, aber gerade anderen Firmen die Mitfinanzierung verweigern, hat es für mich etwas von Wasser predigen, Wein trinken.
@ k. miller
Ich glaube, dass Pflege wie auch Lehrpersonen eh nicht mit anderen Berufen vergleichbar sind, da aufgrund des Mangels an Personal die Arbeitsbedingungen von grösster Wichtigkeit sind. Jemanden zu ersetzen gestaltet sich ja auch als sehr schwierig.
„Nur wenn wir die Väter mit einbeziehen, kann die Sache mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für alle funktionieren.“
Ihr seit die Chefs, die Familienprojektmanager, aber die Männer/Väter werden von Euch mit einbezogen, das ist toll von Euch, dass ihr uns mit einbezieht, ich danke euch im Namen aller Männer von ganzem Herzen fürs miteinbezogen werden.
Ihr Mütter seit wie die Chefs, die keine Verantwortung delegieren können, bestenfalls ihre Mitarbeiter einbeziehen und dann jammern, dass sie zu viel am Hals haben.
Ihr habt alles am Hals, weil ihr es nicht abgebt.
@Helikopeter: Natürlich, wenn Sie bei einer Firma etwas kaufen (ob dies eine Versicherung ist, spielt keine Rolle) bezahlen Sie für Lohn- und Nebenleistungen deren Mitarbeiter. Aber ich sehe nicht ein, warum dies Negativ sein sollte. Lieber gut zu den MitarbeiterInnen schauen (zu allen, auch den „kleinen“) als Ende Jahr etwas mehr Gewinn auszuweisen!?
Alles schön und gut. Funktioniert bei grossen Firmen und in gewissen Branchen sicher ganz gut.
Finde es müssig, wenn z.B. Versicherungen damit werben. Wir zahlen ja schliesslich mit den Prämien auch diese „super Leistungen“.
Glauben sie mir, ich habe durch eine ehemalige Partnerin mitbekommen was alles mit den Prämien finanziert wird.
Ich bin gerne bereit für ein Produkt/eine Leistung mehr zu bezahlen, wenn ich weiss, dass das Geld sinnvoll eingesetzt wird und nicht nur Lohn und Boni erhöht.
Die Firmen machen sowas nicht nur aus ideellen Gründen, sondern auch weil sie genau wissen, dass sich das auszahlt. Eine Mitarbeiterin, die Arbeit und Familie gut vereinbaren kann, ist Gold wert. Sie macht sich nicht die ganze Zeit Sorgen, ist nicht so gestresst, und damit ganz einfach leistungsfähiger. Diese Unternehmen geben den Müttern/Vätern viel, aber sie erwarten auch eine Gegenleistung. Eine Gegenleistung, die sich lohnt.
Wenn sich eine Versicherung solche Praktiken leistet, dann weil sie so von diesen Mitarbeitern für den gleichen Lohn mehr Leistung bekommt. Und das senkt die Prämien, erhöht sie nicht.