Minigolf ohne Tränen

Manchmal gucken sämtliche anwesenden Familien zu. Foto: Jeff Egnaczyk (Flickr)

Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Mit verheulten Augen sass ich schniefend auf einem Plastikstuhl und liess die Lackschuhfüsse baumeln. In der Hand meine Trostglace. Ich hatte verloren – schon wieder! – beim Minigolf. Das war mein Schicksal als Sechsjährige. Ich verlor immer beim Scheiss-Minigolf. Mein Vater gewann, der Bruder wurde Dritter (oder sogar Zweiter!). Und ich wurde Letzte. Je! des! Mal! Ich hasste Minigolf.

Tatsächlich kann Minigolf ein ziemlicher Stress sein für die Kleinen. Oder auch für ältere Kinder, wenn sie von jüngeren Geschwistern geschlagen werden. Also nicht mit dem Schläger auf den Kopf – auch das tut weh –, sondern punktemässig. Anders als beim Federballspielen oder Skifahren gucken beim Minigolf alle zu, während man versucht, das eigenwillige Bällchen durch fiese Hindernisse in ein sehr kleines Loch zu bugsieren.

Übung macht auch den Minigolfer. Foto: Jeff Hottinger (Flickr)

Nicht nur die Familie schaut zu, sondern auch die nächste Familie, die einem irgendwie immer dicht auf den Fersen ist. Manchmal gucken auch sämtliche anwesenden Minigolfer. Etwa, wenn man brüllend auf Bahn 13 liegt und mit den Füssen zappelt, oder wenn man mit dem Schläger seine Wut an dekorativen Geranien auslässt.

Damit meine Zweitgeborene nicht dasselbe Minigolf-Trauma erleben muss wie ich, haben wir ein paar Sachen ausprobiert, die ich empfehlen kann:

Keine Tipps geben

Gut gemeinte Tipps wie «gerade hinstehen!», «konzentrieren!» und «ein bisschen mehr nach links!» können viele Kinder besser annehmen, wenn sie nicht von den eigenen Eltern kommen. Oft klappt es besser, wenn die Anweisungen vom Götti, dem Grosi oder der Mutter der Freundin kommen.

Gemeinsam verlieren

Wer sagt denn, dass beim Minigolf immer jeder gegen jeden spielen muss? Man kann auch in Teams spielen. Zum Beispiel Papi und Tochter gegen Mutter und Sohn. Im Team wechselt man entweder nach jedem Schlag ab oder nach jeder Bahn. Irgendwer verliert auch hier, aber man verliert wenigstens nicht alleine.

Regeln erfinden

Minigolfen soll ja vor allem Spass machen. Damit es nicht nur ums Gewinnen und damit bei ehrgeizigen Kindern quasi um Leben und Tode geht, kann man ein paar Zusatzregeln erfinden, die neben der Bahn gelten. Zum Beispiel: Wer mit einem Schlag einlocht, muss laut ein Lied vorsingen. Und der Verlierer darf wünschen, was es zum Znacht gibt.

Üben, üben, üben

Übung macht den Minigolfer. Lassen Sie das Kind mehrmals auf derselben Anlage spielen und bewahren Sie die Punktezettel auf. So sieht und merkt die Mini-Golferin, dass sie Fortschritte macht. Auch ein eigener Schläger und Bällchen in der Lieblingsfarbe können Wunder wirken: Das Kind kann zu Hause üben und fühlt sich auf dem Platz wie ein Profi.

Minigolfen soll ja vor allem Spass machen. Foto: Martin Fisch (Flickr)

In den Herbstferien waren wir übrigens Minigolf spielen. Ich wurde immerhin Zweite! Meine Tochter, das Nesthäkchen, wurde Letzte. Nur ein Punkt weniger, und sie hätte sich mit dem grossen Bruder den dritten Platz geteilt. Durchaus ein Grund zum Feiern! Die Siegertrophäe war raketenförmig und hatte eine Spitze aus Schokolade, die sofort abgebissen wurde.

21 Kommentare zu «Minigolf ohne Tränen»

  • C. Achermann sagt:

    Ich bin da sehr unpädagogisch: Meine müssen da einfach durch – und bei Gesellschaftsspielen auch. Glace gibt es danach für alle.

  • Remo sagt:

    Weitere Tipps
    Am Schluss wird bei allen noch das Alter dazu gezählt
    Papa 49 + 38 = 87
    Mama 52 + 34 = 86
    Sven 73 + 9 = 82 (Sieger)
    Lisa 77 +6 = 83 (2. Rang)

    Kinder keine Strafpunkte

  • Frederic sagt:

    Als ADS(ADHS) Kind gab es ein Gefühl, mit dem ich absolut nicht umgehen konnte, das war das Mitgefühl von Erwachsenen. Ein ADS Kind empfindet es als unnatürlich, wenn sich ein Erwachsener mit seinem Mitgefühl quasi auf die Stufe wie das Kind stellt. Ein Erwachsener ist ein Erwachsener, ein Kind ist ein Kind, jeder lebt in seiner Welt.
    Mir war als Kind absolut klar, das ein Erwachsener mich kritisieren kann, vielleicht sogar zu Unrecht. Aber Mitgefühl, was soll dass denn? Erst später habe ich in der Literatur zu ADHS gelesen, das ich nicht alleine bin mit meinem Empfinden. Einem meiner Söhne habe ich leider mein ADS vererbt, ich stellte immer wieder fest dass er sich nicht gegen Falschbeschuldigungen von Erwachsenen (z.B. Lehrern) wehrte.

  • mira sagt:

    Mein 5-jähriger Sohn erklärte mir kürzlich: „wichtig ist nicht, dass man gewinnt, sondern dass man mit sich selber zufrieden ist“.

    Ich versuche meinen Kindern beizubringen, dass Gewinnen oder Verlieren nicht das Wichtigste ist. Wichtig ist, dass man – bei was einem auch wirklich wichtig ist – sich immer wieder verbessert. Zugegebenermaßen ein nicht ganz einfaches Unterfangen, aber ich denke, dieses Denkweise zahlt sich später aus.

  • Michael sagt:

    Warum macht man sowas mit seinen Kindern ? Es gibt doch tausend andere Möglichkeiten, seinen Kindern das Verlieren beizubringen. Und nichts ist schlimmer, als andauernd vom grossen Bruder besiegt zu werden. Ich spreche da aus ureigener Erfahrung. Hat dann doch eine Weile gedauert, bis ich zu ihm wieder eine normal Beziehung hatte…
    Schickt es in einen Sportverein, indem es auch Wettkämpfe gibt. Bei mir war es Tischtennis. Da konnte ich trainieren, ohne vom Godwill der Eltern abhängig zu sein, ob man nun am Sonntag Minigolfen geht oder nicht. Und Tischtennis war optimal für mich. Eine Mischung aus Einzel- und Teamsport. Sehr schnell kamen die Erfolge, aber es gab auch immer einen, der besser war. Optimal, um gewinnen und verlieren zu lernen. Besser als Minigolf allemal.

    • Christoph Bögli sagt:

      Wobei ja die meisten den gleichen Sport und Verein wählen wie der ältere Bruder/die ältere Schwester, womit das Problem dann auch da weiter besteht (selbst wenn man Erfolgserlebnisse gegen andere haben mag)..;)

  • gabi sagt:

    Ich seh einige Kinder mit extreeeem niedriger Frustrationstoleranz. Grad auch in den Kindermannschaften von Sportclubs.

    Wie schon im Vorblog beim „lustigen“ Video zum schreienden Kind.

    Erziehung ist nichts, was man dem Wind und der Schattenwanderung des Tagesgestirns überlassen sollte.

    Dies scheinen immer mehr Eltern zu glauben. Die Kids, die bei missglückten Schüssen oder verlorenen Spielen Tobsuchtsanfälle aufsetzen oder in Tränen ausbrechen, sind, nach meiner Beobachtung, nur allzu oft Kinder von Eltern, die auch immer nur „Stärken betonen“ oder „fördern“ wollen. … Was in den meisten Fällen drauf rausläuft, dass die Eltern alles tun, um den Kleinen die Illusion des Dauergewinnens vorzugaukeln (also selber z.B. immer extra verlieren),

    • gabi sagt:

      , um ihm stets das Gefühl zu geben, ein Gewinner zu sein.

      Das führt natürlich in der Realität zum genauen Gegenteil. Denn da sind dann die echten Anderen, die genauso gewinnen wollen.

      Wer seinem Kind beibringen will verlieren zu können, muss ihm klar machen, dass echtes Gewinnen nur deshalb schön ist, weil die Möglichkeit des Verlierens eben auch besteht; ja, vielleicht sogar grösser ist. Und das es deshalb einiger Anstrengung bedarf, besser zu werden.

      Interessantes Interview mit der Mama von R. Federer vor einiger Zeit: Nein – sie hat ihn eben NICHT immer gewinnen lassen als Kind.

    • Christoph Bögli sagt:

      Der Trend, dass bloss niemand verlieren darf, ist schon recht bedenklich. Mancherorts ist es mittlerweile ja sogar vorgeschrieben, dass im Schul- oder Vereinssport niemand verlieren darf und somit selbst Fussballspiele so hingebogen werden, dass alle (!) gewinnen.

      Es ist zwar sicher so, dass es wichtig ist, ab und zu auch Erfolgserlebnisse zu haben, aber diese zu erzwingen/konstruieren ist sicher nicht förderlich. Im Normalfall wird auch niemand gezwungen, lebenslang täglich Minigolf mit der eigenen Familie zu spielen. Und bei verschiedenen Aktivitäten und Gegner gewinnt jeder mal etwas.

  • 13 sagt:

    Irgendwie verstehe ich es nicht ganz. Sie waren als Kind immer frustriert, weil sie immer verloren haben, haben sich Möglichkeiten überlegt, damit es Ihrer Tochter anders geht und das Resultat davon ist, dass Ihre Tochter alleine verloren hat (wie war das mit den Teams?) und Sie sich über Ihren 2. Platz freuen?
    Wir machen in der Freizeit wenige Wettbewerbe. In der Schule geht es schon genug um Noten und darum, wer der Beste ist, da geniessen wir die Freizeit ohne Druck. Aber wenn, dann halte ich es immer noch für das Beste, die verschiedenen Aktivitäten so zu legen, dass alle ihre Stärken zeigen können. Das Kind, welches beim Minigolf stets verliert, ist vielleicht ein toller Monopolyspieler, also warum nicht nach dem Ausflug das Brett hervor nehmen? Man kann nicht überall gut sein.

    • Christoph Bögli sagt:

      Das Beispiel im Blog-Artikel wirkt aus dem Grund effektiv ziemlich konstruiert. Ich kann jedenfalls die Minigolf-Spiele mit meiner Familie an einer Hand abzählen und das dürfte den meisten nicht viel anders gehen. Gleichzeitig betreibt man etliche andere Aktivitäten, Sportarten und Spiele, so dass fast zwangsweise jeder mal zum Zug kommt.

      Insofern sehe ich auch kein Problem darin, wenn jemand in der Familie halt der Minigolf-Versager ist. Ausser vielleicht in Frau Meiers Familie wären alle professionelle Minigolf-Spieler und Minigolf darum das Ein und Alles im Leben..

  • Peter Wolf sagt:

    Meine Tochter hat mir letztes Jahr ein Filmchen von ihrer Familie beim Minigolf gesandt. Mein Enkel hatte darin drei Mal eine Verzweiflungsphase, der Papi musste helfen. Danach fragte Mami ihn, wie viele Schläge er gebraucht habe (nach gefühlt 30 Schlägen). Seine Antwort: sächs, glaubi! Herrlich!!

  • Reincarnation of XY sagt:

    Ja – es ist eine hervorragende Übung zu mentaler Stärke.
    Es braucht Konzentration und man muss ärgerliche Fehlschläge, wegstecken können.
    Seltsames:
    1. Kinder können Ratschläge von fremden Personen besser annehmen?
    Würde ich sehr schade finden. Ich würde diesem Phänomen auf den Grund gehen. Das sollte nicht so sein. Wenn sie keinen Rat wollen, dann wenn sie es einfach ganz allein schaffen wollen.
    2. Beim Minigolf ist nicht gewinnen oder verlieren das ärgerlichste, sondern Fehlschläge und danach trotzdem mental mutig und konzentriert zu bleiben.
    Man spielt in erster Linie gegen sich selbst.

    • Michael sagt:

      Punkt 2 ist die Sicht einer Erwachsenen. Kinder wollen einfach gewinnen.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Das bringen wir den Kindern eben bei.
        Beim Spielen geht es darum, zusammen etwas zu machen und Spass zu haben.
        Bei Minigolf oder Sport geht es darum, etwas zu lernen und sich zu verbessern.

        Als Erwachsener…. als Kind…
        Nein, so sehe ich das nicht. Viele Erwachsene haben es auch nicht gelernt. Wahrscheinlich weil deren Eltern auch dachten, ein Kind sei zum lernen unfähig.

    • mira sagt:

      Zu Punkt 1. Das kenne ich aus unserer Familie auch. Das Phänomen trat bei einem Kind schon ab fast Baby-Alter auf. Und irgendwann war es dann im Alter, wo der Verstand funktionierte und es Ratschläge annehmen konnte. Ich habe bislang nicht herausgefunden, an was es lag.

  • Integrierter Muslim sagt:

    Wie sollen den Kinder sonst lernen zu verlieren, wenn nicht im Spiel? Die Kinder die nicht verlieren können geben später mal schlechte Erwachsene ab.

    • Nick sagt:

      So einfach ist das nicht. Einerseits werden schon kleine Kinder auf Leistung und siegen getrimmt, andererseits sollen sie auch verlieren lernen. Und zwar mit Anstand. Den Widerspruch halten nicht mal alle Erwachsenen aus, wie soll das ein Kind von 6 Jahren schaffen? Am schlimmsten fand ich es immer, zu verlieren und für meine gute Leistung gelobt zu werden: „Aber du hast doch sooo toll gespielt! Darauf solltest du stolz sein!!“ Dabei macht es die Niederlage nur schlimmer: Wenn ich schlecht spiele und verliere kann ich daran arbeiten besser zu werden. Aber wenn ich gut spiele (und das nicht nur als Trost gesagt wird) und trotzdem verliere, was dann? Nicht mal meine gute Leistung reicht, um das Ziel – den Sieg – zu erreichen. Heul.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Ein Denkfehler Nick –
        Viele Erwachsene schaffen das nicht. Richtig. Warum? Weil sie es als Kinder nie gelernt haben.
        Man muss es als Kind lernen. Je früher desto besser.
        Natürlich kann man es schrittweise lernen. Nicht von 0 auf 100. Da gibt es verschiedene Tricks. Kinderbonus etc. – Unser Kleiner wollte dann von sich aus Schritt für Schritt diesen Bonus abbauen und nach den Regeln für Erwachsene beurteilt werden.

      • gabi sagt:

        Warum soll es ein Kind nicht lernen können?

        Und mit sechs Jahren lääängst!

        Gibt einige Tränchen am Anfang. Wenn man z. B. Rennen macht, wer im Treppenhaus als Erstes oben bei der Tür ist und das Kind – schon um genau das eben zu vermitteln – NICHT immer gewinnen lässt.

        Und?!

        – Jöggisnei… Bubi darf aber nie weinen, sonst ganz schlimm? Darf nie frustriert sein? (also nie lernen, wie sich das anfühlt, aber somit auch, wie man´s überwinde und wie es dennoch weitergeht!)

        Dann geht´s natürlich nicht gerade in Siebenmeilenstiefeln voran, das ist klar.

    • Nala sagt:

      Ich denke nicht, dass man zwingend ein schlechter Erwachsener wird, wenn man als Kind nicht verlieren konnte. Ich konnte das damals nicht und verlier auch heute nicht gerne. Meine Lösung ist einfach. Ich spiele nicht. Niemals. Zumindest keine Spiele die Sieger und Verlierer hervorbringen. Weshalb sollte ich mir das antun? Ich bin dennoch eine gute Erwachsene geworden. Nur halt eine, die keine Spiele spielt.

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