Weniger Stress am Familientisch

Soll man Kinder zum Essen zwingen, wenn sie einfach nicht wollen? Szene aus der Sitcom «Two and a Half Men». Screenshot: Youtube
«Endlich wieder einmal ganz entspannt und in Ruhe essen!» Eine Bemerkung, die viele Elternpaare äussern, wenn sie sich nach langem wieder einmal ein Abendessen zu zweit gönnen. Aber auch während der Mittagspause im Büro hört man den Satz regelmässig von berufstätigen Müttern. Essen mit Kindern, ein nervlicher Kraftakt? Manchmal durchaus. Doch das müsste nicht sein, sagt Erziehungsexperte Jesper Juul in seinem neusten Buch «Essen kommen», das vor wenigen Tagen erschienen ist.
Für einmal erteilt Juul nicht nur Ratschläge, sondern verrät am Ende jedes Kapitels auch Rezepte, die sich für Familien eignen. Offenbar sind diese alle von ihm selber getestet worden, gibt er doch bei jedem noch eine Bemerkung oder einen Tipp zum Besten. Dieser Mix macht das Buch angenehm zu lesen, da man sich wie bei einem Buffet einfach das herauspickt, worauf man gerade Lust hat.
Nähe versus Stress
Doch was hat Juul dazu bewogen, dem Familientisch ein ganzes, mehr als 200 Seiten dickes Buch zu widmen? Gemeinsame Mahlzeiten seien eine wertvolle Zutat für Nähe und Harmonie in der Familie und auch für die Entwicklung der Kinder, heisst es auf der Umschlagseite. Gleichzeitig sei aber immer wieder die Rede von «Stress am Esstisch», sagt Juul, «und wir verwenden den Begriff nur, wenn Kinder mit am Tisch sitzen».

Jesper Juul: Essen kommen. Familientisch – Familienglück. Übersetzt aus dem Dänischen von Dagmar Missfeldt. Sachbuch. Beltz, Weinheim 2017. 240 S., ca. 28 Fr.
Tatsächlich verhalten sich die Kleinen am Tisch oft nicht so, wie wir Grossen uns das wünschen. Sie schöpfen sich zu viel und essen dann den Teller nicht leer. Sie finden etwas eklig, ohne es vorher probiert zu haben, und sagen das auch geradeheraus. Sie stochern im Essen herum, essen mit den Fingern oder rennen plötzlich vom Tisch weg. Manches stört einen nicht gross, anderes hingegen sehr. Trotzdem rät Juul davon ab, das Kind während der Mahlzeit dauernd zu kritisieren: «Jeder weiss, wie unangenehm es ist, wenn man beim Essen angestarrt wird. (…) Uns vergehen der Appetit, der Genuss und die Lust, mit dem Menschen zusammen zu sein, der sich so verhält.» Deshalb sei es besser, unerwünschtes Verhalten zu einem späteren Zeitpunkt anzusprechen. «Der Esstisch ist nicht der richtige Ort, seine Kinder zu erziehen.»
Welche Tischregeln sind mir wichtig?
Doch wie viel Erziehung braucht es beim Thema Familientisch überhaupt? Welche Tischregeln sind nötig, welche vielleicht auch völlig unnötig? Juul betont in seinem Buch immer wieder, dass es «keine allgemeingültigen Antworten gibt, die für alle Familien umsetzbar sind». Die Eltern müssten sich zuerst einmal klar werden, was sie eigentlich genau wollen und was ihnen wichtig ist:
- Müssen alle am Tisch sitzen bleiben, solange einer noch am essen ist? Und wenn ja, gilt diese Regel auch ganz strikt für die Erwachsenen?
- Was passiert, wenn man einfach keinen Hunger hat, wenn es Essen gibt?
- Soll man einen Ämtliplan erstellen, wer den Tisch deckt, wer abräumt und wer abwäscht? Oder macht man zur Regel, dass jeder seinen Teller und sein Besteck nach der Mahlzeit selber in die Küche trägt?
Der Autor rät, über solche Fragen zuerst in Ruhe nachzudenken «und sie dann mit dem Partner und den Kindern zu diskutieren». Um so zu einer individuellen, zur Familie passenden Lösung zu finden.
Kinder ab in die Küche!
Geht es hingegen um die Zubereitung des Essens, tritt Jesper Juul mit einer festen Meinung auf: Kinder sollen so früh wie möglich in der Küche mit dabei sein, sagt er. «Setzen Sie sie auf dem Küchentisch in einen Wippstuhl, wenn sie noch ganz klein sind, und später in einen Hochstuhl.» Schon im Alter von drei Jahren können Kinder anfangen, beim Kochen mitzuhelfen. Meistens sind sie von Beginn weg ganz begeistert dabei, weil sie bekanntlich alles spannend finden, was wir Erwachsenen machen – und sich dabei gebraucht und wichtig fühlen.
Selbstverständlich ist beim Kochen mit kleinen Kindern Vorsicht angebracht. Dem Nachwuchs die Erfahrung aus Angst zu verbieten, kann aber nicht die Lösung sein – da verhält es sich in der Küche wie in jedem anderen Lebensbereich: «Weite Teile des Lebens entziehen sich unserer Kontrolle. Bisweilen bekommen wir Schläge ins Gesicht und in den Nacken, und im schlimmsten Fall werden wir so vorsichtig, dass das Leben ein Ereignis ist, das nur für die anderen stattfindet.»
Lesen Sie dazu auch: Tipps für einen entspannten Familientisch und Warum es bei uns Fischstäbchen gibt
Haben Sie Ihre Kinder auch schon in jungen Jahren in der Küche assistieren lassen? Und wie sorgen Sie persönlich für Harmonie am Familientisch?
78 Kommentare zu «Weniger Stress am Familientisch»
Ich hätte das Buch gerne als App. Mit der Erweiterung, das ich das Verhalten meiner Kinder eingeben kann und gleich eine Verhaltensweise zurück bekommen. Ohne einen solchen Ratgeber – wie haben mir meine Eltern bloss Tischmanieren, Verhaltensweisen und Grenzen beibringen können ??? Wenn man jeden Menschen – ob gross oder klein – als Individuum akzeptiert, ein gerüttelt Mass an Kompromissbreitschaft mitbringt, dann ist der maximale Verwendungszweck solcher Ratgeber ein Beschwerer beim Blütenpressen.
In Zeiten der unterschiedlichsten Termin in der ganzen Familie;
Eltern = Arbeitszeiten, Kinder =Schule/Ausbildung und all die vielen Verpflichtungen aller Beteiligten, ist es um einiges schwieriger gemeinsame Zeiten am Esstish zu finden. damir das aber zu einem harmonischen und stressfreien Treffen wird ist eine gemeinsame Absprache zu treffen. Mit etwas gutem Willen lässt sich mind. 1 Mal in der Woche ein solcher Tag, eine solche Zeit finden und ich persönlich finde sie wichtig und bringt allen Beteiligten viel.
Trotz Vollzeit Arbeit, schulpflichtigem/in Ausbildung befindenden Kindern/Jugendlichen waren unsere Samstagsmorgenbrunch und später die Sonntagabendlichen Nachtessen immer bei allen beliebt und sehr schön
Zum Brüllen… Da wird erzählt, man müsse mit (den) Kindern „auf Augenhöhe“ kommunizieren. Wie lustig. Streckt sich dafür das arme Kindchen, oder bückt sich der Erziehungsverpflichtete?!
Leute, die so tun, als sprächen sie mit (ihren) Kindern „auf Augenhöhe“, sind nur zu faul und/oder unbedarft und/oder feige, um die Veranwortung des Erfahreneren zu übernehmen.
Georg: ich glaube bei ihnen ist Hopfen und Malz verloren. Offenbar ist ihnen nicht in den Sinn gekommen dass das bildlich gemeint sein könnte. Um auf Augenhöhe mit jemdem zu sprechn muss man keine Leiter dabei haben. Wobei ich bezweifle das sich jemand so tief bücken könnte um mit ihnen auf Augenhöhe zu gelangen!
Lieber Alpöhi, Sie und viele hier haben offenbar gar nichts begriffen. Das mit dem Essen ist ja nur die eine Sache! Aber dennoch: Mag ja sein, dass Sie es für üblich halten, wenn Kinder das Essen, das ihnen nicht passt, auf den Teller kotzen – ich nicht! Es sei denn, in Ihrer Familie wird so grottenschlecht gekocht, dass einem allein schon vom Anblick übel wird, oder aber, Ihre Kinder sind eventuell mit gewissen Verhaltensauffälligkeiten geschlagen, die sowieso professionell abgeklärt werden sollten. Wie auch immer: Mir kommt es so vor, als fürchteten sich die Eltern zunehmend vor den eigenen Sprösslingen und sie deshalb nach folgendem Prinzip (v)erziehen : Unsere Kinder weisen uns dann schon zurecht, wenn wir einen Fehler machen.
>> Sie und viele hier haben offenbar gar nichts begriffen
Aber Sie natürlich schon, nicht wahr?
Ja, wenn die einen nichts, aber die anderen alles begriffen haben, dann erübrigt sich jede Diskussion 🙁
Was haben Sie heute bloss konsumiert!?
Ach, Alphöhi, sehen Sie es doch so: Wenn unsere Kinder unter dem Stichwort „Anstand und Benehmen“, einen anderen Umgangston an den Tag legen als Frau Marusca, dann haben wir es geschafft. Würde man ihren eigenen Rückschlüssen folgen, muss sie eine richtige Laissez-faire-Erziehung genossen haben….
So jung finde ich 3jährig gar nicht. Im Gegenteil, meine waren tendenziell jünger. Ich sage nur Lernturm (googeln), sobald sie stehen können, können sie helfen. Inkl. Einkaufen, verräumen. Und meine Erfahrung ist die, dass selbst gekochtes (von den Kindern) besser gegessen wird, als irgendwelche reingeschmuggelten Speisen.
Ansonsten kann ich mich nur anschliessen. Einige Grundregeln müssen sein, damit den anderen der Appetit nicht vergeht, aber ansonsten ist die Familienzeit schlicht zu kostbar, um sie mit Machtkämpfen zu vergeuden. Und trotzdem sind unsere Kinder absolut restauranttauglich geworden.
„Deshalb sei es besser, unerwünschtes Verhalten zu einem späteren Zeitpunkt anzusprechen. «Der Esstisch ist nicht der richtige Ort, seine Kinder zu erziehen.»“
Verstehe ich das richtig, man lässt die Kinder den Teller übervoll schöpfen und ihn dann kalt und ungeniessbar stehen lassen, schaut zu wie die Kinder vom Tisch aufstehen und ihre Teller liegen lassen und sich auch sonst daneben benehmen.
Und thematisiert das dann ein anderes Mal, vielleicht am nächsten Tag? Oder vielleicht, wenn man dann die Küche wieder aufgeräumt und geputzt hat, während die Kinder vor dem Fernseher sitzen?
Sportpapi bin Ihrer Meinung Tischmanieren sind wichtig und sollen sofort angesprochen werden. Wann denn sonst. Ich habe meinem Sohn das alles beigebracht als er 3 Jahre alt war und er hat von mir auch kochen gelernt er hatte viel Freude daran. Als heute erwachsener Mann kocht er immer noch gerne und gut. Das heutige kulturlose Getue ist fehl am Platz.
@ SP
Warum nicht ein allgemeines Gespräch? Wir lassen z. Bsp. abends auch mal den Tag Revue passieren und da kann man doch sagen: „Du, mir gefällt die Situation am Essenstisch im Moment nicht. XY mag ich gar nicht und es stört mich, dass es immer vorkommt. Was können wir machen?“ Oder morgens: „Wollen wir heute nicht mal versuchen, dass jeder seinen Teller in die Küche nimmt, damit nicht immer ich die ganze Arbeit haben? Seid ihr dabei?“ Einmalige Sachen sind ja meistens auch nicht so wichtig, aber Dinge, die immer wieder vorkommen und die einen stören, kann man doch generell besprechen?
@13: Ich glaube das Problem beim Sportpapi ist grösser. Haben Ihre Kinder den Teller übervoll geschöpft und dann kalt und ungeniessbar stehen lassen? Das müssen fieser Biester sein mit dem Plan das Essen der Welt zu verschwenden. Oder sind es einfach Kinder, die die Konsequenz ihrer Handlungen noch nicht vollständig antizipieren können? Aber scheiss drauf, hauptsache der Papi kann die Kinder blöde anfahren, statt ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen und ihnen erklären, was die Konsequenzen ihrer Handlung sind. Was soll das schon bringen. Das wäre ja Erziehung.
@Sportpapi: Doch lieber einsperren diese fiesen Biester, damit klar ist, wer der Chef zu Hause ist, wenn man schon im Büro immer unten durch muss. Good Luck.
@JD: Ziemlich schräge Interpretation. Ich denke SP geht es bloss um die Frage, wieso man das „erst später“ ansprechen soll und nicht direkt im Kontext des Geschehens. Gerade kleinere Kinder, die „ihre Handlung noch nicht vollständig antizipieren können“, sind auch eher schlecht in der Lage, etwas aus theoretischen Diskussion ohne zeitlichen und räumlichen Bezug zum Thema zu lernen. Insofern scheint mir es auch angemessener, das möglichst umgehend anzusprechen. Denn dann lässt sich das Problem eben gerade sehr anschaulich und „auf Augenhöhe“ erklären.
@CB: Wenn Sie Ihrem Kind die Möglichkeit nehmen wollen, dass Ihr Kind einen ganzen Handlungsstrang ausführt und die Konsequenzen daraus erlernt, machen Sie das bei jeder Kleinigkeit.
Wo genau sehen Sie die Interaktion auf Augenhöhe, wenn Sie bei jeder Handlung, die Sie nicht als angemessen empfinden, sofort das Kind massregeln? Und wer sagt mir, dass Ihre „Regeln“ die richtigen sind?
@13: „Warum nicht ein allgemeines Gespräch? Wir lassen z. Bsp. abends auch mal den Tag Revue passieren und da kann man doch sagen: „Du, mir gefällt die Situation am Essenstisch im Moment nicht.“
Warum nicht beides?
Im Moment, wo etwas passiert, kann man das doch umgehend in die richtigen Bahnen lenken.
Und wenn es immer wieder passiert, muss man es grundsätzlich ansprechen.
„Wollen wir heute nicht mal versuchen, dass jeder seinen Teller in die Küche nimmt, damit nicht immer ich die ganze Arbeit haben?“ Das kommt mir jetzt ziemlich manipulativ vor. Eigentlich ist es ja keine Bitte, zumindest nicht in meinem Verständnis.
@JD: Ehrlich gesagt glaube ich Ihnen nicht, dass Sie Kinder haben. Oder dann nehmen Sie sie einfach nicht ernst.
Ist ja eine lustige Idee, zuerst festzustellen, dass die Kinder halt für ihre Handlungen keine Verantwortung tragen können, weil ihnen dafür die Reife fehlt, dann aber mit ihnen ein Gespräch auf Augenhöhe führen zu wollen.
Und dann die Frage, ob die eigenen Regeln richtig sind, oder ob das in der Familie mit Kleinkindern nicht basisdemokratisch entschieden werden soll. Und gleichzeitig von Erziehung und Konsequenzen sprechen. Vielleicht sollten Sie sich einfach mal über Ihre eigene Position klarwerden, statt andere Leute persönlich anzugreifen (ist übrigens auch nicht ein Zeichen von Souveränität und Reife).
@ SP
Weil ich es unnötig finde, diese Zeit mit dem Verhalten meiner Kinder in angeblich richtige (= von mir bestimmte) Bahnen zu lenken. Sie schreiben unten, dass Ihre Kinder so rasch als möglich, die Flucht vom Esstisch suchen und riechen da keinen Zusammenhang?
Meine Frage ist weder eine Bitte noch Manipulation, sondern ein Vorschlag. Gegenvorschläge wie: „Das finde ich doof, aber wir können es ja so machen, dass alle abwechselnd mal abräumen“ sind willkommen und können diskutiert werden.
@Sportpapi: Sie haben mich ertappt und ich habe nun endlich etwas gelernt. Ich nehme ab sofort meine Kinder ernst, werde Sie zu allem möglichen (und dämlichen) zwingen und Sie ordentlich bestrafen. Das ist nämlich wahre Erziehung und Liebe und natürlich wahre Reife und Solidarität.
@13: Auf die Frage: „Wollen wir nicht mal versuchen…“ ist eine durchaus korrekte Antwort einfach nein, und kein Gegenvorschlag. Und mit dem nein mag zumindest ich nicht leben, entsprechend frage ich nicht so.
Und zum anderen: Das Minimum in meinem Augen ist es zu fragen, ob man aufstehen darf. Und ja, das hat etwas mit Machtgefälle zu tun. Ist aber deswegen trotzdem nicht eine einfache Machtdemonstration, sondern eben Erziehung. Ist ja nicht so, dass die Familie täglich Stunden zusammen verbringt, insofern hat so ein gemeinsames Nachtessen schon auch eine gewisse Bedeutung.
Zuletzt hat es auch noch mit Anstand zu tun, dass, wenn jemand vielleicht länger gekocht hat, dass man dann das essen nicht einfach runterschlingt und wieder zum Spiel zurückkehrt.
@JD: Ich sage es gerne noch einmal. Die Art, wie Sie hier die Diskussion führen, zeugt eher nicht so von einem kompetenten Umgang mit anderen Menschen. Ich kann kaum glauben, dass Sie das mit Kindern „auf Augenhöhe“ besser hinbekommen, wenn Sie hier, wo es wirklich Augenhöhe wäre, und wo Argumente statt zynische Bemerkungen gefragt wären, so kläglich versagen.
@Sportpapi: Vielen Dank. Ihre heroische Art („ich bin ja so viel besser als der Rest hier im Blog“) zeugt von einer einzigartigen Charakterstärke. Ich klopfe Ihnen auf die Schultern. Aber wissen Sie was, ich lasse Ihnen das letzt Wort und ja sie dürfen es nochmals sagen, ich bin ein störrisches Wesen, dass Erziehung benötigt.
@JD: Also Ihre Aussagen sind ziemlich widersprüchlich bis wirr. Wie gesagt, einerseits reden Sie über Kinder, die die Konsequenzen ihrer Handlungen nicht überblicken können, gleichzeitig wollen Sie aber seelenruhig abwarten, bis diese die Konsequenzen ihres Tischverhaltens erfahren? Also z.B. punkto Tischmanieren beim Geschäftsessen 30 Jahre später und bei Essensverschwendung überhaupt nie? Ein solcher Ansatz ist natürlich enorm lehrreich und nützlich für das Kind..
Da scheint es mir doch sinnvoller, im direkten Kontext etwas anzusprechen. Und beispielsweise zu zeigen, dass Geschöpftes-aber-nicht-Gegessenes in den Mülleimer wandert und deswegen Ressourcen verschwendet werden oder gar Tiere unnötig sterben müssen. Das ist für ein Kind eindrücklicher als kein Feedback zu erhalten.
@ SP
„Und mit dem nein mag zumindest ich nicht leben, entsprechend frage ich nicht so.“ Und das ist der grosse Unterschied zwischen uns beiden, was vermutlich auch unsere Kinder wissen und warum sie anders reagieren.
Warum fragen? Bei uns gibt es keinen Chef des Tisches. Sie sagen es. Sie sagen: „Ich bin fertig und gehe jetzt.“ Und wenn jemand etwas dagegen hat, weil er vielleicht noch etwas sagen will, dann hat er die Möglichkeit, zu intervenieren. Gleich wie ich, wenn ich ausnahmsweise früher wegmuss, das so sage und nicht meinen Mann um Erlaubnis frage.
Aber eben nochmals: Warum wollen Ihre Kinder so rasch als möglich wieder weg vom Familientisch? V.a. wenn er eine Bedeutung hat, sollte er doch von allen geschätzt werden.
Nicht aus Zwang oder weil es halt die Regel ist, dass man es schätzt, sondern aus ehrlich empfundenen Freude am Zusammensein.
@13: Ich stehe ja auch nicht einfach auf und lese weiter, weil ich gerade ein spannendes Buch habe. Ich verlasse den Tisch früher, wenn ein Termin ansteht. Und selbstverständlich dürfen das auch die Kinder. Insofern gilt eigentlich für alle die gleiche Regel.
Wobei, konsequenterweise müssten die Kinder natürlich nicht nur ihren Teller wegräumen, sonder auch sonst mithelfen: die Essensreste, die Pfannen abwaschen, den Boden wischen usw. Schliesslich sind wir alle auf Augenhöhe. Und auch das geht schlecht, wenn sie bereits wieder im Zimmer sind oder beim Fussballspielen.
Teamsitzung, ha, ha! Träume haben Sie!
@ SP
Mit dem Unterschied, dass Sie entscheiden, ob der Termin, die Tätigkeit genug wichtig ist und die Kinder fragen müssen….
@13: Termine nein, Tätigkeit ja.
Und richtig, ich müsste nicht fragen. Aber es käme mir auch nie in den Sinn, einfach aufzustehen und wegzulaufen. Und wenn, würde mich meine Frau sicherlich umgehend zurückrufen…
Bei uns läuft doch niemand einfach davon. Selbst die Zweijährige sagt: „Ich fertig. Ich spiele.“ Nur mein Mann ist zwischendurch etwas selbstvergessen und ja, da rufe ich auch 😉
Oh ja, ich stelle mir gerade Ihren Mann vor: „Ich fertig, ich jetzt Zeitung lesen…“
@alle: Ein Problem bei solchen Diskussionen scheint mir, dass alle immer irgendwie davon ausgehen, dass alle Kinder quasi gleich sind und ein spezifischer Ansatz darum für alle funktioniert. Aber gerade das stimmt natürlich überhaupt nicht. Was bei der Familien, in welcher die Kinder „von Natur aus“ achtsam und hilfsbereit sind, problemlos ohne Intervention und Regelzwang funktioniert, kann bei anderen schnell zum unkontrollierbaren Chaos führen. Verschiedene Kinder brauchen darum z.T. halt auch verschiedene Erziehungsansätze bzw. eine unterschiedliche Balance zwischen Freiraum und Regulierung.
Ein weiteres Problem – neben dem vom CB geschilderten – scheint mir, dass Erziehungsansätze neuerdings gerne zu Ideologien ausarten… mit entsprechenden ‚clashes‘ zwischen unterschiedlich gearteten Parteien. Die ZEIT hat kürzlich dazu berichtet, und ich erlebe teils auch selbst, in welche Dogmatik einzelne mit sehr, sagen wir mal, fixierter Meinung abdriften. Nicht so angenehm fürs restliche Umfeld, das immer als Gegenfolie herhalten muss. Unfreiwillig, notabene.
@CB und mila: Das ist alles richtig. Die Kernfrage ist aber für mich, ob man überhaupt bereit ist zu erziehen. Wenn Bedarf ist, mit den Mitteln, die angemessen sind.
Oder ob man glaubt, früher oder später regeln das die Kinder von allein, nur vom Abschauen.
Und damit verbunden ist dann halt auch die dritte Dimension, die hier schon im Titel angesprochen ist. „Weniger Stress“. Das ist für mich nun mal nicht das Hauptziel.
Ich kenne ehrlich gesagt niemanden, der nicht erzieht… (nur vom Hörensagen, von Ruth). Aber ich kenne schon solche, die sich mE zusätzlichen Stress aufbürden – zum Beispiel mit sehr frühem ‚Toilettentraining‘. Das, finde ich persönlich, muss nicht sein (für uns). Bei solchen Dingen warte ich dann lieber auf entsprechende Reife(an)zeichen. Bei anderen Dingen ‚arbeiten‘ wir früh mit spielerischen Ansätzen, das betrifft zB das Aufräumen. Macht (allen) Spass, und hat vielleicht (hoffentlich) eine ’nachhaltige‘ Wirkung für die kommenden Jahre… So setzt jeder seine Prioritäten, und das ist doch auch ok. Nur weil andere später mit dem gemeinsamen Aufräumen (Wert auf Ordnung, Sorgfalt etc.) anfangen, heisst das ja noch lange nicht, dass sie nicht erziehen.
@mila: Der Punkt ist: Wer Stress mit dem Nachwuchs vermeiden will, der verzichtet in der Regel auf Erziehung. Geht ja nicht anders.
Und doch, solche Leute kenne ich zur Genüge. Die immer wieder mal einen Anlauf nehmen, aber wenn das Kind dann schreit und täubelt, geben sie doch lieber wieder nach.
Schliesslich weiss das Kind selber am besten, was es braucht…
Die Frage nach Zeitpunkten und Methoden ist doch schon eine ganz andere, weil es grundsätzlich anerkennt, dass es Aufgabe der Eltern ist, zu erziehen, und Rahmen und Grenzen abzustecken. Und bei aller innerfamiliärer Demokratie sind es letztlich die Eltern, die Verantwortung tragen, und entsprechend auch das letzte Wort haben.
Was man sieht, ist doch zT auch etwas punktuell, SP. Manche Eltern tendieren womöglich dazu, in der Öffentlichkeit mehr ’nachzugeben‘ – damit sie auch was von Ausflug, Essen (oder was auch immer) haben. Manche Eltern haben auch das unverschämte Glück, dass das Kind auswärts eher aufs Grenzentesten verzichtet (wir zum Beispiel, auswärts ist unsere Tochter in aller Regel ein strahlend-pflegeleichtes Vorzeigekind, während zuhause derzeit ausgiebig ausgelotet wird, wie konsequent der abgesteckte Rahmen eingehalten wird, von den elterlichen Laborratten). Ich würde mich insofern eher hüten, von Einzelerlebnissen auf ein erzieherisches Gesamtbild zu schliessen.
Für was es heute solche Bücher braucht und dann auch noch 200 Seiten? Man könnte tatsächlich das Gefühl bekommen, dass heute Eltern oft ahnungslos daherirrende Dumpfbacken sind, denen durch solche Ratgeberliteratur Erziehung überhaupt erst möglich ist.
Dabei sind es uralte Regeln. Man fängt erst an zu essen, wenn alle am Tisch sitzen und man steht erst auf, wenn alle fertig sind oder bittet darum den Tisch verlassen zu dürfen. Kenne kein Kind, dass nicht gerne Karotten schält oder Bohnen vorbereitet. Und was das Abräumen betrifft: Jeder trägt seine Sachen selber in die Küche.
Die wichtigste Regel ist sowieso, es locker zu nehmen. Das Essverhalten der Kinder ändert sich über die Jahre eh.
Sie merken gar nicht, dass Sie Sich widersprechen. Wer ist denn „man“? Das macht man eben so! Was ist das für ein Argument? Aber dann schreiben Sie zum Ende von „locker nehmen“, das passt nicht.
Ausserdem: Ohne das Buch gelesen zu haben, vermute ich nicht, dass dort diese „uralten Regeln“ abgebildet werden…
Wenn ich es richtig verstanden habe, so sind im Buch gar keine Regeln abgebildet, sondern wird darauf hingewiesen, dass jede Familie ihre eigenen Regeln individuell definieren sollen. Allerdings habe ich das Buch nicht gelesen (und werde es auch nicht lesen).
Wenn mein Kind am Tisch Blödsinn macht (zb schmatzen, mit den Händen essen) dann weisse ich es sofort darauf hin – egal was ein selbsternannter „Erziehungsexperte“ empfiehlt. Nur so lernt das Kind was es unmittelbar falsch gemacht hat.
Insbesondere kleine Kinder wollen spielen:
Entweder man setzt, treffender erscheint mir zwingt sie an einen Tisch, dann spielen sie mit dem, was da ist: Essen, Teller, Besteck. Heiss! Scharf! Glas!
Alternative: Vergesst den Tisch, rennt dem Kind beim Spielen mit dem Essen nach und schiebt immer mal einen Löffel rein.
Alternative 2: Essen in der Badewanne und spielen mit dem Essen.
Stressfrei!
Im 21. Jahrhundert, im Zeitalter einer zumindest gewollten Wissensgesellschaft, würde ich mir robuste Kenntnisse bezüglich der Anatomie, Physiologie, Biochemie und der Mikrobiologie der Ernährung wünschen. Der Wunsch aber erweist sich als verwegen, selbst Personen mit hoher Allgemeinbildung haben so gut wie keine Ahnung von Ernährung und fabulieren diesbezüglichen Märchenerzählern hinterher.
Wenn man dann auch noch Kochen kann und das gern tut, ist ein schönes Hobby, mehr aber auch nicht. Wer sich auskennt, kann das Kochen an entsprechende Dienstleister auslagern, ohne dabei Ernährungsfehler zu begehen. Ganz im Gegenteil zu dem, was man in vielen häuslichen Küchen so beobachten kann.
Was beobachten Sie denn in „vielen häuslichen Küchen“?
Wenn ich im Kontext MamaBlog bleibe, dann gibt es gar nicht so wenige Veganer und die Zuckervermeider.
Zwei Phänomene, bei denen Naturwissenschaft durch quasi- religiös gehandhabte Dogmen überschrieben wird.
Wir hatten uns lange gewünscht, dass Papa über Mittag nach Hause kommen kann. Dann fand ich eine Stelle in der Nähe und der Wunsch wurde Wirklichkeit. Seither sind wir über Mittag alle zusammen und jedesmal ist es ein kleines Fest.
Bei den „Launen“ der Kinder (keine Lust, keinen Hunger, „han i nöd gern“, muss mal schnell weg) haben wir irgendwann konstatiert, dass wir Erwachsenen diese Launen eigentlich auch haben und uns genau gleich verhalten. Seither haben wir keinen Stress mehr am Tisch. Das Ziel ist Gemeinschaft. Wer das Essen nicht mag, isst es halt nicht. Wer das Essen nicht mag und trotzdem Hunger hat, kann immer auf „Menu 2“ ausweichen: Brot. Das ist keine Tragik.
Ja, lieber Alpöhi, aber draussen in der freien Wildbahn, sprich, überall dort, wo es einer wenigstens ansatzweisen Sozialkompetenz bedarf, wird es dereinst für Ihre Lieben nicht immer so einfach sein, ihren Launen nachzuleben, ihre Extrawürste zu braten und auf Menü 2 auszuweichen. Es mag ja innerhalb Ihrer Familie noch angehen, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, weil man sich dadurch lästige Erziehungsarbeit ersparen und nervige Diskussionen vermeiden kann, aber überall dort, wo man in einer Gemein- bzw. Gesellschaft zurechtkommen muss, ist es extrem von Vorteil, wenn man Anstand und Benehmen gelernt hat und zwar von den Eltern, nicht von den Lehrern, und ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Kinder davon kein Ekzem bekommen.
Wissen Sie, Erziehung nützt nichts – die Kinder machen einem doch alles nach. Sie machen einem auch nach, dass man sich in „freier Wildbahn“ etwas dezenter verhält als zu Hause.
Wollen Sie Kinder etwa zum Essen zwingen oder was? Haben wir auch versucht. Das Ergebnis war: Mittagessen erbrochen auf dem Teller. Da haben wir schnell aufgehört mit dem Durchsetzen von sinnlosen Vorgaben.
Die Alternative ist: Genauer hinsehen. Das Kind und seine Bedürfnisse wahrnehmen und ernst nehmen. „Partizipativ“ geht auch ohne dass die Eltern sich verbiegen.
@Alpöhi: „Wissen Sie, Erziehung nützt nichts – die Kinder machen einem doch alles nach.“ Stimmt. Aber dann: „haben wir irgendwann konstatiert, dass wir Erwachsenen diese Launen eigentlich auch haben und uns genau gleich verhalten.“
Das stimmt bei uns nicht. Auf keinen Fall. Weil wir es zu Hause anders gelernt haben und später auch noch eine gewisse Einsicht dazugekommen ist.
Dann sind Sie nicht ehrlich mit sich selber. Erwachsene essen ausschliesslich, wozu sie Lust haben – ausser man befindet sich am Weihnachtsessen des Brötchengebers.
@Alpöhi: Bei uns essen die Erwachsenen das, was der Koch gekocht hat. Und man nimmt gegenseitig Rücksicht auf die paar wenigen Speisen, die der/die andere wirklich nicht mag. Im Wesentlichen aber wird vor allem so gekocht, dass es auch den Kindern schmecken könnte (die zudem Mitsprache haben, wenn sie beim Einkauf dabei sind. Was häufig ist).
Aber wir haben halt drei Kinder. Und die haben ihre Launen.
@ Marusca
Wo denn in freier Wildbahn? Beim Geschäftsessen, bei dem man bereits im Vorfeld zwischen Menu 1 und 2 wählen darf? Oder mit anderen Menschen im Restaurant, wo man eine ganze Speisekarte zur Verfügung hat? Oder bei Freunden, wo es eigentlich auch normal ist, sich kurz rückzuversichern, ob der Besuch auch gerne Fisch isst, bevor man einen ganzen Lachs in den Ofen schiebt? Solange man das Ungeliebte nicht quer über den Tisch spuckt, hat doch ein stehenlassen nichts mit Anstand zu tun.
Bei Kindern heisst freie Wildbahn eigentlich beim Übernachten bei Freunden, Grosseltern, im Lager, usw. Und es geht nicht darum, mal etwas wegzulassen, sondern vier von fünf Speisen nicht anzurühren. Obwohl man drei davon gar nicht kennt.
Oder es geht darum sich den Teller voll zu schöpfen, und dann den halbvollen Teller stehen zu lassen.
Oder einfach vom Tisch aufstehen, während die anderen noch am essen sind. Ich gehe davon aus, an den meisten Orten kommt das nicht gut an…
@ Sp
Sie haben recht. Ich bin auch immer wieder erschüttert ab all den Meldung über Kinder, die in Schullager und bei Übernachtungsbesuchen, verhungern, weil sie einfach nichts assen, da sie von ihren Eltern zu Hause nie zu etwas gezwungen wurden. Aber wie gesagt, diejenigen, die das Glück haben, doch noch irgendwie zu überleben, dürfen sich auf die Erwachsenenwelt freuen, denn da gibt es fast immer ein Menu 2.
@13: Die Art Kinder verhungert nicht, sondern bekommt meist von den Eltern noch ein „Fresspäckli“ und ausreichend „Chrämligeld“ mit auf den Weg…
Und wo ist dann das Problem?
(wobei meine geringe Erfahrung von 2 Lagern, diejenige ist, dass heute Fresspäckli unter allen geteilt werden die Kinder kaum Möglichkeiten zum Einkaufen haben. Das war bei uns noch etwas anders)
@13: Mit Ihrem „wo ist dann das Problem“ bringen Sie mich regelmässig auf die Palme.
Es ist gut, sich immer wieder zu überlegen, ob es wirklich ein Problem ist.
Auf der anderen Seite die Probleme einfach aufzublenden hilft auch nicht weiter.
Wir haben jedenfalls als Lagerleiter vor 25 Jahren schon keine individuellen Fresspäckli mehr zugelassen, weil das immer zu Streit geführt hat. Schön, wenn sich das heute verbreitet hat…
Ach, das macht nichts, das geschieht gegenseitig. Aber wenn kein Problem besteht, muss oder eher kann man es ja auch nicht ausblenden, oder? Das Problem „Fresspäckli“ kenne ich gut und schicke darum meinem Kind lieber einen Brief oder eine lustige Postkarte. Da ist die Freude gleich gross und es führt nicht zu Streit.
@13: „Aber wenn kein Problem besteht, muss oder eher kann man es ja auch nicht ausblenden, oder?“
Das stimmt. Ausser wenn das Umfeld dann doch ein Problem erkennt…
Bei allem (zeitweiligen) Ärger: Ich bedanke mich für den gepflegten Austausch immer wieder.
Diesen Dank kann ich nur zurückgeben.
Bravo!So haben wir es auch gemacht.Ernährung hat nichts mit Macht zu tun.Es ist etwas Schönes.Es braucht wenig Regeln und das gemeinsame Essen wird ganz entspannt.
Frage mich immer wieder wieso dieser blöder Druck.Wir gingen auch oft auswärts Essen,da waren wir etwas strikter.Wenn ich meine Kinder mit anderen vergleiche,haben sie eine gesunde Einstellung zum Essen und benehmen sich sehr gut.
@Sportpapi: Herrlich wie sich in jedem Ihrer Sätze die autoritäre Erziehung aus der Nachkriegszeit widerspiegelt. Zum Glück sind all die Erwachsenen, die mit dieser Methode erzogen wurden, so im reinen mit sich, dass wir diesen Erziehungsstil unbedingt weitergeben müssen. Nach dem Motto: Wir zwingen das Kind zu seinem Glück. Weil wir Erwachsenen ja alles im Leben besser wissen. Wissen Sie woher diese Regelung „alle müssen zwingend an einem Tisch sitzen und fressen was vorgegeben wird“ stammt? Vermutlich nicht, ist auch egal, hauptsache eine Regel. Wissen Sie was mit Kinder passiert die bedingungslos Regeln folgen? Total egal. Hauptsache der Papi kann in Blogs und bei der Arbeit angeben, was für ein Hengst er in der Erziehung seiner Kindern ist, die blind seinen Regeln folgen. Good Luck.
@JD: Wenn Sie bei Ihren Kindern, sofern Sie überhaupt haben, auch so auftreten wie hier, werden Sie sicherlich äusserst erfolgreich erziehen.
Das sind dann die Kinder, auf die sich Betreuer, Lehrer etc. so richtig freuen.
@Sportpapi: Da sind mir unangepasste Kinder lieber (höhö auf die sich Lehrer und Betreuer freuen) als Kinder mit einem Papa, der den grossen Hammer schwingt (zumindest zu Hause und in Blogs, da er sonst nichts kann) , einen Vaterkomplex haben und sich hassen, weil sie sich von Papa nicht geliebt fühlen und sinnlos eine jahrelange Therapie machen dürfen.
@JS: Sie waren schon mal bei mir zu Hause? Daran würde ich mich sicherlich erinnern.
Unangepasst heisst das also heute? Ist das ähnlich verschönernd wie „verhaltensoriginell“?
Es ist schon erstaunlich, was für Bücher heute geschrieben und sogar noch verkauft werden. Das, was Jesper Juul in seinem Buch empfiehlt, war vermutlich für viele von uns noch eine Selbstverständlichkeit. Mit der vermehrten und auch gewünschten Berufstätigkeit der Eltern — dieses Thema möchte ich weder werten noch diskutieren — müssen Mütter und Väter die Quadratur des Kreises lösen. Einen anspruchsvollen Job engagiert erfüllen und u.U. noch einen langen Arbeitsweg zurücklegen müssen und dann am Abend noch mit den Kleinen kochen? Hut ab, vor denen, die für Solches noch die Kraft haben! Die meisten aber werden den Weg des geringsten Widerstandes geben und den Kindern das servieren, was sie kennen und auch mögen, auch wenn’s Convenience Food ist.
Ähm, nein, nein und nochmals nein. Wenn ich an all die Mahnungen der Eltern meiner Kollegen während meiner Kindheit erinnere (meine eigenen Eltern hatten dank Berufstätigkeit schon damals weder noch Zeit noch Lust dazu, uns zum 100. Mal zu sagen, wir sollen gerade sitzen), dann empfinde ich die heutigen Esstische mehrheitlich entspannt. Und wenn ich abends heimkomme, geniesse ich die Zeit mit den Kindern und denke nicht daran, sie während des Essens zu erziehen. Dass wir aber bereits die Zeit des Kochens als gemeinsame Zeit nutzen, ist für uns eine Selbstverständlichkeit.
@13: „Und wenn ich abends heimkomme, geniesse ich die Zeit mit den Kindern und denke nicht daran, sie während des Essens zu erziehen.“
Quality-Time, sozusagen.
Allerdings wären unsere Kinder vermutlich nicht lange am Tisch, wenn wir sie nicht erziehen würden. Beginnt damit, dass sie bereits am Essen sind, wenn noch gar nicht alle sitzen, und schon wieder aufstehen und spielen gehen, wenn die Eltern kaum angefangen haben. Aber dann auch wieder zurückkommen, und weiteressen, und wollen, dass die Eltern dableiben…
Also zumindest wäre das bei uns so, wenn wir nicht eingreifen würden…
@ Sp
Das kenne ich kaum, da Quality Time ja gegenseitig ist oder zumindest sein sollte. Die Kinder geniessen es ja auch, Zeit zu haben, um zu erzählen, was sie tagsüber erlebt haben. Aber eine der erwähnten wenigen Regeln lautet bei uns, dass wie zusammen mit dem Essen beginnen, wenn man zusammen kocht, ist ja eh logisch, dass man zusammen an den Tisch sitzt, wenn das Essen fertig ist, und wer vom Tisch geht, der ist fertig. Es muss niemand sitzen bleiben, bis alle aufgegessen haben, aber wer vom Tisch will, bringt seinen Teller in die Küche und geht dann eben spielen. Das funktioniert, Ausnahme gibt es höchstens mal beim jüngsten Kind, das allerdings erst 2 ist. Wir haben das zusammen so festgelegt und halten uns daran.
@13: Bei uns warten die Kinder, bis alle Kinder fertig gegessen haben. Aus gutem Grund. Weil wenn einer wegläuft zum spielen, dann sind die anderen bald auch da. Und kurz darauf haben sie wieder Hunger.
So oder so: Es gibt eine Regel, die eingehalten werden soll. Und wenn nicht, spricht man das doch besser sofort an, und nicht irgendwann.
@ Sp
Bei uns müssen sie nicht sitzen bleiben und zwar ebenfalls aus gutem Grund: Unsere älteste Tochter ist gewichtsmässig am oberen Rand des Normalbereichs und wenn ich sie zwinge, sitzen zu bleiben, isst sie meistens einfach weiter, obwohl sie fertig wäre. Aber das heisst nicht, dass sie nicht wissen, dass man das auswärts oder bei Besuch anders handhabt.
@13: Sehen Sie, und schon gibt es für jede Regel einen guten Grund, der in der Familie liegt, in der die Regel gilt.
Dem habe ich nie widersprochen. Für mich ist die Frage, wer diese Regeln festlegt und wieviele Regeln es gibt, viel wichtiger. Ohne einige wenige geht es nicht. Aber oftmals ist ein umfassendes Regelwerk nicht nötig.
@13: Wir stellen eigentlich erst Regeln auf, wenn es nötig wird. Insofern gilt auch bei uns, so wenig wie nötig.
Aber wir sind uns bewusst, dass es ein Machtgefälle gibt, wir anerkennen, dass unsere Kinder das Recht haben, noch Kinder zu sein mit Rechten und Pflichten. Und wir drücken uns nicht vor Erziehung, auch wenn es, z.B. am Esstisch, sicherlich im Moment einfachere und bequemere Vorgehensweisen gibt.
Und wir hoffen, dass sich das irgendwann auch auszahlt.
Unsere Tochter war schon bevor sie laufen konnte im Garten mit dabei und ernährte sich selbst mit Beeren, Rüebli, Tomätli ect.
Alle Gemüse und Früchte waren der Renner, ob roh oder gekocht. Mit Fleisch hat sie es nicht so, was wir immer akzeptiert haben. Sie begann hingegen schon im Kindergarten selbst Feuer zu machen( unter Kontrolle) und Würstchen zu braten, später eroberte sie die Küche zum backen. Sie liest nur sehr ungern, verschlingt aber Koch- und Backbücher. Einkaufslisten schreibt sie selbständig. Wir haben ihr immer freie Hand gelassen, am Anfang noch etwas unterstützt was nun nur noch sehr selten nötig ist. Wenn es ihr langweilig ist, stellt sie sich in die Küche und verwöhnt uns mit viel Kreativität. Sie ist 13 Jahre.
dass eltern es geniessen, stresslos zu essen ist, ist nicht so fies gemeint wie man es natürlich leicht interpretieren kann. gemeint ist doch nur, dass man mal nicht auf die kinder schauen muss. man kann das auch positiv betrachten und anerkennen, dass die eltern den moment zu schätzen wissen. ganz unspektakulär und ohne dass jemand schon wieder irgendwie versagt hat
Kinder ekeln sich grundsätzlich weder vor Essen noch vor anderen Sachen. Denken Sie nur an Regenwürmer, Schnecken, Matsch etc. Das wird erst später durch uns Erwachsene antrainiert.
das mit matsch und würmern stimmt schon, trotzdem finden doch die meisten kinder (glaube ich) rosenkohl igitt, peterli, fett am fleisch und viele wenn dinge gemischt werden
Ich hatte das Glück, in einem Haushalt aufwachsen zu dürfen, in welchem man beim Essen über – nunja, eben über Essen und die Zubereitung desselben gesprochen hat. Was hat’s da drin, wie wurde es gemacht, wie sah es vor der Zubereitung aus? Und im Prinzip fängts schon beim gemeinsamen Einkaufen an. „Iiiih, guck mal, was ist das da denn Seltsames?“ – „Das sind Kohlrabi, und ja die sehen tatsächlich etwas lustig aus, aber sie schmecken lecker.“ – „Hatte ich die schon mal?“ – „Das sind diese weissen Stäbchen, die wir letztes Mal mit einem Saucisson kombiniert haben, weisst Du noch?“ – „Oh, können wir das mal wieder machen?“
Das funktioniert nicht immer, aber sehr oft. Und die Basis ist gelegt.
Ziel: Essen als gemeinsamer Anlass/Genuss und nicht als Vorgang der Ernährung.