Best of: Sollen Kinder zu Bett gehen, wann sie wollen?

Es sind Sommerferien, auch für unsere Autorinnen und Autoren. Deshalb publizieren wir während zweier Wochen einige Beiträge, die besonders viel zu reden gaben. Dieses Posting erschien erstmals am 13. Februar 2017.

Von der Müdigkeit können Kinder schon mal an ungewöhnlichen Orten übermannt werden. Foto: Vernon Swanepoel (Flickr.com)

Nein, ich trage meinem Sohn keine Sachen hinterher, putze sein Zimmer nicht und brauche auch nicht andauernd zu wissen, wo er steckt und was er genau tut. Er ist schon 14, also bitte. Er soll in diesem Alter selbstständig sein und Verantwortung übernehmen.

Bei gewissen Dingen allerdings schaue ich genau hin: Ich will wissen, was in der Schule läuft, werde ungehalten, wenn ich sehe, dass er aus Zeitdruck kaum frühstückt – und mache Theater, wenn es schon fast 22 Uhr ist und er noch nicht im Bett. Denn Frühstück, Hausaufgaben, ausreichend Schlaf (8 bis 9 Stunden): Sie gehören zu den Dingen, die ich als wichtig erachte und die mir nicht – wie etwa seine zerrissenen Hosen – egal sind. Er befindet sich im Wachstum und mitten in der Berufswahl – also in einer schulisch heissen Phase. Ich möchte, dass er die Ressourcen dafür hat und es ihm gut geht. Obschon er ein Jugendlicher ist und mich grössenmässig überragt, gebe ich ihm noch gewisse Dinge vor. Was das genau ist und wie wir damit umgehen, verändert sich stets ein wenig – doch Grundsätzliches bleibt.

Sechsjährige darf selbst bestimmen

Ich kann mir deshalb nur schwer vorstellen, wie es ist, wenn Eltern den Zeitpunkt des Zubettgehens den Kindern schon in jungen Jahren selbst überlassen. Bekannte von mir mit einer sechsjährigen Tochter handhaben das so: Das Mädchen geht dann schlafen, wenn es glaubt, müde zu sein – und sei dies erst kurz vor Mitternacht. Seine Eltern, selbst Nachteulen, finden das vollkommen normal. Die Tochter kenne nichts anderes und spätes Zubettgehen liege in der Familie, sagen sie. Komme die Kleine von der Schule nach Hause, lege sie sich dafür öfter mal hin. «Selbstbestimmtes Einschlafen» nennen sie das.

Auch Familien mit mehreren Kindern schwören darauf: Christine Finke, Sprachwissenschaftlerin, Politikerin und Bloggerin, schreibt auf «Mama arbeitet», dass es bei ihnen seit über fünf Jahren keine festen Schlafenszeiten mehr gebe. Sie hat drei Kinder, das Jüngste ist 8 Jahre alt. «Anfangs war das eine Notlösung. Ich bemerkte, dass es mich und die Kinder fertigmacht, wenn der Tag mit Anschreien und Tränen endet, weil ich versuchte, feste Bettzeiten einzuhalten.»

Doch mittlerweile sei es für sie selbstverständlich, dass ihre Kinder dann schlafen, wenn sie müde sind – also selbst entscheiden, wann das ist. Auch wenn das erst um 22 Uhr sei. Das brauche ein bisschen Geduld und Ausdauer, weil man abends erstens nicht mehr alleine sei und es zweitens eine Weile dauere, bis sich das Schlafverhalten einpendle. «Aber es funktioniert.» Der Körper hole sich seinen Schlaf. Und das Kind lerne, auf seinen Körper und dessen Bedürfnisse zu hören.

«Grenzüberschreitender Machtmissbrauch»

Ruth, Soziologin, Bloggerin und Mutter dreier Kinder, schwört ebenfalls auf diese Methode. Sie schreibt auf «Unerzogen leben», weshalb sie sie für elementar hält und wie man als Eltern selbstbestimmt schlafende Kinder überlebt. Interessant sind dabei ihre Begründungen: Das Kind habe ein Recht darauf, selbst über seinen Körper zu bestimmen. Es sollte erfahren, dass es Herr seiner eigenen Bedürfnisse sei und des eigenen Körpers. «Alles andere ist grenzüberschreitend. Unfair. Machtmissbrauch – und schadet der Beziehung.» Denn Lernen gehe nur mit Erfahrung und Erfahrungen müsse man machen.

Das klingt nicht abwegig. Dennoch frage ich mich, ob insbesondere kleine Kinder auch wirklich wissen können, was gut für sie ist. Gehört es eben nicht auch zu unserer Aufgabe als Eltern, ihnen Struktur zu geben, ihnen einen Rhythmus zu bieten? Oder kommt dieser, wie Ruth schreibt, dann eben irgendwann von alleine?

Bitte diskutieren Sie mit, Ihre Meinung interessiert mich.

24 Kommentare zu «Best of: Sollen Kinder zu Bett gehen, wann sie wollen?»

  • Martina Albertin sagt:

    Ich werde die Kinder nicht ins Bett gehen lassen wann sie es wollen. Die Eltern stehen auch unter Druck und müssen arbeiten und brauchen Ruhe in der Nacht und erholsamen Schlaf.

  • 13 sagt:

    Den Ansatz finde ich gut, das „Problem“ bei bedürfnisorientierter Begleitung, ist dass man das wirkliche Bedürfnis der Kinder wahrnehmen muss und nicht das, was man für das Bedürfnis hält. Bei uns heisst das, dass wir selbstbestimmtes Schlafen bei zwei Kindern praktisch vollumfänglich umsetzen können, beim Dritten braucht es während der Schulzeit Vorgaben. Da ihr das frühe Schlafengehen und das frühe Aufstehen völlig gegen ihren Rhythmus geht, klappt es auch nach mehreren Wochen oder Monaten nicht, dass sie „reinkommt“. In den Ferien hingegen ist es mir egal, dann schläft sie halt später und steht später auf.
    Der „elterliche Feierabend“ ist aber nie ein Grund. Will ich meine Ruhe, ziehe ich mich zurück. Der Wohnraum gehört allen, einfach Bespassung gibt es da nicht mehr.

  • Myriam sagt:

    Meine Kinder (11 und 8) gehen jeden Abend vor einem Schultag um 19.30 ins Bett. Den einzigen stunk den es geben kann ist, dass das Zähneputzen eine Viertelstunde dauert, weil sie dabei herumalbern. Der Große ließt jeweils noch 10 bis 20 Minuten, je nachdem, wann genau er im Bett liegt, die Kleine hoert noch ein CD. Beide müssen um 6 Uhr aufstehen und brauchen ihren Schlaf und am morgen genug Zeit, damit keiner ins Gehetze kommt. So sind unsere Tage streitfrei, höhren zufrieden auf und fangen gut wieder an. Wochenende und Ferien wird es immer deutlich später und solange das so funktioniert, bin ich sehr froh.

  • Anh Toàn sagt:

    Der Kleine (1 Jahr alt) ist gerade (Mitternacht) eingeschlafen. Ich denke, mit einem Rotweinschoppen oder etwas Valium hätte ich bestimmen können, wann er einschläft, aber dann lass ich doch lieber ihn bestimmen.

    • Flo, die echte! sagt:

      Anh Toàn, schön wenn das deine Einstellung ist und du und dein Kind dich damit wohlfühlen!
      ich habe meinen Sohn zu genügend Schlaf bringen können, ohne Rotweinschoppen und Valium. Da haben uns Rituale geholfen, zuerst von mir bestimmt und dann von ihm verlangt.
      Ein 1 jähr. Kind hat noch keine festen fremdbestimmte Zeiten und Schulpflichten und vielleicht wäre es gut, es jetzt schon an gewisse Regeln zu gewöhnen. Aber auch der Schlaf eines Kleinkindes lässt sich an einen Rythmus gewöhnen und das kann das spätere Leben erleichtern.

  • Dominique Gasser sagt:

    Oh verruckt, fixe Bettzeiten sind auch sehr aus egoistischen Gründen, irgendwann ist meine Zeit! Da dürfen Eltern sich dann nicht beklagen sie haben keine Zeit für sich!

    • Wendt.G sagt:

      Das ist doch quatscht….Kinder brauchen feste Rituale und Zeiten. Hatte damit nie Probleme.
      Sehe das an meiner Enkeltochter von 5 Monate. Sie hat auch keine festen Zeiten und das bekommt ihr gar nicht. Aber die Eltern haben es noch nicht gemerkt….kommt alles noch…

  • Flo, die echte! sagt:

    Ferien und Feiertage lassen da natürlich grosszügige Aussahmen zu – etwas was Kinder/Jugendliche sehr zu schätzen wissen.

  • Flo, die echte! sagt:

    Ich bin der Ansicht das die zu Bett geh Regel je nach Alter der Kinder gemacht werden soll.
    Kleine Kinder, bis zum Kindergarten, haben sich an feste Zeiten mit regelmässigen ritualen zu halten – das ist m.A. nach reine Gewohnheitssache. Wenn sie im Chindsgi sind, sind sie alt genug ihnen zu erklären das sie genügend Schlaf brauchen wenn sie im Chindsgi aufmerksam sein und alles mitmachen/-bekommen wollen – was ihnen ja nur Vorteile bringt.
    Daselbe braucht es wenn sie zur Schule gehen, da hab ich dann noch Spatzung für freies Tun im Schlafzimmer gegeben und ab einer bestimmten Zeit war Lichterlöschen angesagt.
    Ich hatte aber auch nie Diskussionen und Zwängereien am Morgen.
    Wenn Kinder genügend Schlaf bekommen wirkt sich das auf Laune/Leistung – wie bei uns – aus.

  • Trudi sagt:

    Ich hatte mit meinem Sohn abends immer den gleichen Rhythmus gute Nacht Geschichte wollte er im TV immer sehen, dann Abendessen zusammen. Danach Zähne putzen nochmals Hände waschen und ins Bett. Ich setzte mich immer an sein Bett und er wollte von mir sein Nachtgeschichtli das er jeden Abend von mir erzählt bekam hören. Vom Büsi und vom Müsli. Er war das Müsli und ich das Büsi. Da entstand immer ein Gespräch er sagte ja nein so war es nicht, das Büsi hat dem Müsli oder umgekehrt es war immer sehr schön. Da Dann wünschte ich ihm eine gute Nacht und er wollte das die Tür immer einen Spalt offen bleibt. Ich habe dann immer gesehen wenn er eingeschlafen war. Ging ziemlich schnell,Türe blieb weiterhin offen ging gut den der Gang zum Wohnzimmer war gross,somit störte ihn kein Lärm vom Wohnzimmer

  • Susan Meier sagt:

    Beide meiner Kinder sind Nachteulen. Es macht also keinen Sinn, sie um 20.00 Uhr ins Bett zu stecken. Ich schaue v.a., dass sie die Zaehne putzen. Ansonsten koennen sie machen, was sie wollen. Meistens gehen sie so gegen 21.30 Uhr von alleine ins Bett. Ich handhabe das auch bei den Hausaufgaben so. Am Anfang versuchte ich sie dazu zu bringen, die Hausaufgaben sofort zu erledigen. Jetzt ueberlasse ich es ihnen. Ich kontrolliere die Hausaufgaben nicht auf Fehler. Sie wissen, dass Tablet und TV ohne Hausaufgaben nicht erlaubt sind. Auch beim Essen zwinge ich sie nicht. Ich koche, sie koennen essen und wenn es ihnen nicht passt, ist die Alternative Fruechte oder gar nichts.

  • H.Trickler sagt:

    Ja klar, geben wir endlich den Kindern ihr naturgegebenes Selbsbestimmungsrecht! Und wenn sie nicht genügend schlafen wollen, nichts für die Schule tun und die Klasse wiederholen müssen: Es ist ihr gutes Recht. Punktum!

    • Yves sagt:

      Ich habe es nicht rausgelesen, habe ich hoffe Ihr Beitrag ist ironisch gemeint. Wenn nicht, dann Gute Nacht

  • maiu sagt:

    Klar, lasst sie doch auf bleiben bis Mitternacht oder noch länger, herumgrölen, die halbe Nacht auf ihren Smartphons herumreiben und am nächsten Morgen schlafen bis in die Puppen; die blöden Lehrer sollen gefälligst auf sie warten, wenn sie was von ihnen wollen, was denn sonst bitteschön? Und wenn die Lehrpersonen sich beschweren sollten, wären die empörte Papis und Mamis flugs vor Ort um denen mal in aller Deutlichkeit zu verklickern, wo Gott hockt.

    • Yves sagt:

      Und nicht vergessen, vegane Ernährung auf der Schulreise bitte und nein, wir impfen unser Kind nicht….

      • manfred meister sagt:

        ja genau so ist es bei uns, vegane ernährung immer nicht nur auf der schulreise….

    • Wendt.G sagt:

      Ja so sieht die Zukunft aus. Nicht alle aber was ich so lese,höhre und sehe leider doch….Viel Spass mit dem selbstbestimmten Kids in Schule und Ausbildung…..

  • Leo Schmidli sagt:

    Es gibt keine pauschale Antwort. Die erste Frage ist, warum Kinder früh ins Bett sollten. Müssen sie am nächsten Morgen in die Kita/den Kindergarten/die Schule – absolut einverstanden. Wenn aber nur die Eltern ihre Ruhe am Abend haben wollen – hmmm…
    Bei uns gibt es Abende, da wollen sie einfach nicht schlafen. Man legt sich zu ihnen ins Bett und die Kinder sind auch nach einer Stunde und mehr noch hellwach. Dann stehen wir eben auf, kommunizieren den Kindern aber, dass es schon spät ist und die Eltern für Aktivitäten nicht mehr zur Verfügung stehen (und setzen dies auch durch). Meistens möchten sie nach deutlich weniger als einer Stunde wieder ins Bett. Und schlafen dann sofort ein.
    Ich sage nicht, dass es unanstrengend ist, aber es gibt zumindest keine Streitereien.

    • Yves sagt:

      Wir haben eine Elternzeit eingeführt. Unsere Tochter geht grundsätzlich um 20 Uhr ins Bett. Ab dann gilt Elternzeit. Wenn sie mal nicht schlafen kann, darf sie gerne bei uns bleiben, muss sich aber selber beschäftigen. Das klappt wunderbar. Spätestens um 21 Uhr geht sie wieder schlafen.

  • Marianne Reifers sagt:

    Ich bin Grossmutter und schaue zurück: meine erste Tochter konnte um 20.00 Uhr nie einschlafen. Wir hatten dauernd Stunk trotz Geschichten erzählen und Abendritual. So machten wir zusammen aus, dass sie um 20.00 Uhr ins Zimmer geht, Zähne geputzt, Nachthemd an. Ritual wie immer. Dann im Zimmer bleiben und nach eigenem Gusto gestalten. Sie schläft, wann der Schlaf kommt. Sie macht, was sie will, aber es schallt nicht durch die Türe. Morgens steht sie auf, wann es Zeit ist für die Schule. Das war für beide eine gute Erfahrung. Die zweite Tochter wollte um 20.00 schlafen, sie wollte ihr Ritual und sie ist immer um 6.00 Uhr aufgestanden, um mich zu wecken. Beide Kinder waren im Schulalter.

  • Franz Gödl sagt:

    Also wenn schon Laissez-Faire, dann schon richtig. Wir haben unserer Tochter in 9 Pflichtschuljahren kein einziges Mal mit Hausaufgaben geholfen und keine einzige Prüfung mit ihr vorbereitet. Sie hatte immer genügende Noten und manchmal auch sehr gute. Der Lehrer meinte, da wär noch mehr möglich mit Unterstützung. Als ich ihm entgegnete, dass es doch das beste Ergebnis sei, das man erzielen könne, indem mit einem Minimalaufwand eine genügende Note herausschaut, verstand er die Welt nicht mehr. Genau das ist unser Problem, immer mehr, immer mehr und wozu? Bei der Bewerbung hat der Lehrmeister kein einziges Zeugnis angeschaut sondern sie beim Probearbeiten beobachtet und da war sie überzeugend selbständig.

    • Christa sagt:

      Minimalaufwand für Sie als Eltern vielleicht. Ich bin froh, dass meine Eltern mich unterstützt haben. Ich ging immer gerne zur Schule. Das Gymi nach der 6. Klasse besucht, nachher ETH und heute mit 28, arbeite ich als Mathematiker, im für mich besten Beruf der Welt. Das hätte ich nie ohne die Unterstützung meiner Eltern geschafft. Mit genügenden Noten wäre das unmöglich gewesen. Ein gewisser Druck ist nötig. Die Arbeitswelt ist hart. Sehr hart sogar.

      • Wendt.G sagt:

        Ja nur so weiss man was in einem selber steckt. Etwas Druck schadet nicht. Manche Kids packen das alleine aber meinem Großen musste ich auch Druck machen sonst hätte er den Abschluss nicht geschafft. Durch das Internet und die Handys ist es heute noch wichtiger genauer hinzuschauen. Sie gleiten alle in die Nullbockfase ab. Echt schlimm…

  • Stephan Baumann sagt:

    Wir haben drei Kinder und handhaben es bei allen unterschiedlich, die drei sind ja auch nicht alle gleich.
    Beim Ältesten (12 Jährig) machen wir schon lange keine Vorgaben mehr, bei der Mittleren (9) hören wir langsam damit auf, beim Jüngsten (6) sind wir noch recht rigide.
    Was ich allerdings mache: ich wecke die Kinder jeden Morgen um 6 Uhr und verlange vom Ältesten, dass er um diese Zeit selbst aufsteht. Wenn er das nicht schafft, dann hat er halt zu spät geschlafen und hört das auch entsprechend.
    Bei der Mittleren ist mir wichtig, dass sie abends im Zimmer ist (der Älteste ist das eh), ich will schliesslich auch mal Ruhe und sonst wird es bei ihr zu spät.
    Was soll ich mit mehr Vorgaben? Der Älteste braucht sehr wenig Schlaf (wie ich) die Anderen viel mehr (wie meine Frau).

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