Der Handy-im-Gesicht-Vater

Früher las man Zeitung, schrieb Briefe oder ging ans Telefon. Heute spielt sich das auf dem Handy ab. Foto: Pexels.com

Es sind Beichtwochen im McMamablog. Letzte Woche hat Andrea Jansen zugegeben, ihre Kinder mit dem iPad ruhigzustellen. Da will ich mich nicht lumpen lassen und kehre gern meine dunkle Seite nach aussen: Ja, ich bin dieser Vater mit dem Kind an der Hand und dem Handy im Gesicht.

Ganz so schlimm wie das Bild, das gerade vor Ihrem geistigen Auge schwebt, ist es natürlich nicht. Ich komme schon ein paar Stunden ohne Handy aus. Zum Beispiel, wenn es lädt oder mich an Zahnarzttermine erinnern will.

Aber ich glotze eben auch öfter auf den Bildschirm, während der Brecht neben mir spielt. Mitunter vertröste ich ihn sogar, weil ich erst etwas fertig lesen möchte, bevor ich ihm lustige Tiere aus einem Apfel schnitze oder zum 30’000. Mal dasselbe Kinderlied abspiele.

Sähe ich mein Kind nur am Abend, würde ich das möglicherweise anders handhaben. Aber der Brecht klebt oft den ganzen Tag an meiner Backe. Dieser Brecht, der spät ins Bett geht, mit erschreckend wenig Nachtschlaf auskommt und einen Mittagsschlaf trotzdem nicht für nötig hält.

Schlechtes Gewissen?

Ab und zu komme ich mir tatsächlich egoistisch vor. Aber nur im Moment. Blicke ich auf einen ganzen Tag zurück, stimmt das Gesamtbild: Der Brecht und ich, wir reden, spielen und toben miteinander. Doch dazwischen beschäftigen wir uns auch selbst – manchmal an verschiedenen Orten, manchmal schweigend nebeneinander. Der Brecht spielt, ich beantworte E-Mails, lese News oder chatte mit Freunden und Verwandten. Dinge, die erledigt sein wollen, sei es nur für meinen Seelenfrieden.

Früher hätten Väter und Mütter die Zeitung gelesen, telefoniert und einen Brief geschrieben. Gesellschaftlich akzeptierte Tätigkeiten, bei denen kein Beobachter die Nase rümpft. Heute spielt sich das alles auf dem Handy ab. Dem Gerät, auf das man selbst gern draufschaut, aber wenn andere es tun, dann ist es asozial. Mag sein, dass auch der Brecht manchmal so denkt. Aber er wird es mir in der Pubertät sicherlich zurückzahlen.

An erster Stelle kommt das Kind

Jedes Kind muss lernen, dass es nicht permanent die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Eltern bekommt. Dabei spielt es keine Rolle, ob Papa am Samstagvormittag das «Magazin» am Küchentisch auf Papier liest oder mit krummem Rücken im Spielhaus sitzend aufs Handy schaut. Solange sich das Kind nicht vernachlässigt vorkommt, darf er sich noch Hoffnung auf den Nobelpreis in Erziehung machen.

Das ist denn auch mein Grundsatz: Der Brecht soll nicht das Gefühl haben, mir sei ein dünner schwarzer Kasten oder etwas in diesem Kasten wichtiger als er. Deshalb achte ich auf folgende drei Punkte:

  • Verhältnismässigkeit: Die Zeit am Handy wiege ich grosszügig mit gemeinsamer Qualitätszeit auf.
  • Aufmerksamkeit: Wenn der Brecht wissen will, wo Babys herkommen, oder wenn er vom Klo her ruft, dass jemand abputzen soll, dann reagiere ich.
  • Die Kindeslaune: Oft widmet sich der Brecht virtuos dem freien Spiel. Manchmal ist er aber uninspiriert, langweilt sich oder möchte wirklich gern mit mir spielen. Dann lege ich das Handy weg.

Meistens klappt das ganz gut. Klar, ab und zu hänge ich öfter am Handy, als mir lieb ist, sonst hätte ich diesen Beitrag nicht geschrieben. Aber der Brecht weiss sich zu helfen. Als ich kürzlich auf dem Spielteppich wieder einmal den Bildschirm streichelte, kam er mit einer Tupperdose angelaufen und sagte: «Papa, du legst dein Handy jetzt da rein.» Ich gehorchte und baute mir ein neues Handy aus Lego.

61 Kommentare zu «Der Handy-im-Gesicht-Vater»

  • romeo sagt:

    Wie? keine 100%ige Aufopferung für das Kind unter Inkaufnahme jeglicher Entbehrungen für sich selbst? Rabenvater.

  • tststs sagt:

    Selbstverständlich ist – wenn dann – nicht die „Handy-Zeit“ das Problem, sondern die „Nicht-Kinder-Zeit“.
    Aaaaber ich möchte doch folgendes zu bedenken geben:
    Das Baby kann per se und das Kind nicht durch einen kurzen Blick unterscheiden, was die Eltern jetzt am Handy machen (arbeiten, kommunizieren, gamen….etc.), sondern es nimmt einfach wahr, wie sich mit der Blackholebox beschäftigt wird.
    Und wenn dann das Kind selber auch mal ans Handy darf, dann wohl um zu gamen (ist auch völlig ok); ist es deshalb so abwegig, wenn das Kind dann davon ausgeht, dass die Eltern, wenn sie am Handy sind, auch einfach am gamen sind?

    • tststs sagt:

      Um dem Kind die verschiedenen „Aktivitäten“ näherzubringen, wäre es aus pädagogisch-methodischer Sicht schon besser, die E-Mails am PC zu schreiben und die Zeitung in der Hand zu nehmen…

      Aber eben… wir leben immer noch in der Realität 😉

  • Raphael Correcher sagt:

    Da wollten der Kusi und seine Frau wohl – dem libertären Zeitgeist entsprechend – megamodern, kreativ, individualistisch und geistreich sein, dass sie dem Sohnemann den germanischen Namen „Brecht“ verpassen mussten. Mal abgesehen davon, dass der Name ultraunsexy ist (so etwa wie Bernfried, Eckart, Ask, Malte oder Hauke) und zu Tschannen wie die Faust aufs Auge passt, haben sie dem Brecht einen Bärendienst erwiesen: Mädchen oder Bube, Vorname oder Nachname? Verhunzen kann man den Namen auch nach Belieben. Well done!
    Zum Brechen…dann noch lieber Bertolt 😉

    • AzM sagt:

      Der Brecht ist ein Mädchen und heisst auch nicht wirklich Brecht.

    • Samira sagt:

      Jedesmal bei einem Tschannen-Blog: Wieder outet sich jemand als „Erstleser“ des Mamablogs mit der Bemerkung über den Namen Brecht…

      Falls Sie nicht von selber draufkommen: Niemand nennt den echten Namen seines Kindes in einem Blog (und irgendwo in den Tiefen des Archivs findet sich sogar eine Erklärung warum das Kind so genannt wird – ich finde einen Brecht zwischen alle den Zwergen und Mäusen ausgesprochen sympathisch…)

      • Raphael Correcher sagt:

        Ja, liebe Samira, holde alteingesessene Gralshüterin dieses hippsten Blogs, ich habe den Blog (zufälligerweise) zum ersten Mal gelesen, da mich die Thematik als Vater angesprochen hat. So, na und? Jeder macht irgendetwas zum ersten Mal. Sogar Samira. Aber scheinbar ist dieser Blog nur dem möchtegern-vornehmen Zirkel der „echten“ und routinierten Szene-Eltern-Bloggern, wie beispielsweise Sie, liebe Samira, vorbehalten.
        Ich kann gut darauf verzichten und das Pseudonym „Brecht“ bleibt ein Name zum Brechen. Dann viel lieber Samira als Pseudonym.

      • tststs sagt:

        Nope, werter Hr. Correcher, wir alle sind irgendwann das erste Mal über Hr. Tschannens Blogbeiträge gestolpert, für manche war es überhaupt der erste MB-Beitrag, einige lasen schon Jahre hier mit.
        Und ich glaube, ich darf auch behaupten, dass wir alle beim ersten Mal „Brecht“ lesen leer geschluckt haben/die Augen verdreht haben/die Stirn gerunzelt haben…
        Und einige hauen dann wie wild sofort in die Tasten (und glauben Sie mir, Sie sind noch eine eher harmlose Variante) und andere eben nicht, vllt. weil sie den „Witz“ rasch durchschaut haben oder vllt. um das ganze mal aus der Ferne argwöhnisch zu beobachten…
        Sie sehen, worauf ich hinaus will….?!?

      • Michael sagt:

        Sorry Samira – was ist den das für eine Verallgemeinerung – niemand nennt den Namen seiner Kinder im Blog ? Warum soll den keiner wissen, das meine Töchter Johanna und Finja heissen ? Und da der Autor sich weder hier noch in einem anderen seiner Blogs zum Thema seines Nachwuchses geäussert hat, ist es für mich ein Sohn, da er von dem Brecht spricht. Sollte er aber tatsächlich auf der Schiene von Samira unterwegs sein, hätte ich eine Adresse eines guten Psychaters für ihn. Alternativ produziert diese Geheimhaltung natürlich Beiträge im Blog…

  • Susi sagt:

    Herr Tschannen, wenn der Brecht so wenig Schlaf braucht, ist er vielleicht hochbegabt? Würde ihn mal abklären lassen! (Bin schon gespannt auf den Blog dazu!)
    😉 😀

    • Muttis Liebling sagt:

      Wie klärt man Hochbegabung ab?

      • Susi sagt:

        Wie man das abklärt? Durch verschiedene Tests. Unsere Tochter war aber nie im Verdacht, hochbegabt zu sein, darum weiss ich es nur aus zweiter Hand 😉

      • Muttis Liebling sagt:

        Welche Tests? Ich kann mir keine vorstellen. Halte es für unmöglich, das Normalos Hochbegabte je erkennen können.

        Statistisch geht es nicht. Individualpsychologisch auch nicht. Wie sonst?

      • Susi sagt:

        @ML: Hochbegabte Kinder sind i.d.R. noch nicht auf dem kognitiven Niveau eines Erwachsenen, sie können schon von Erwachsenen getestet werden. Es sind I.Q.-Tests in verschiedenen Bereichen; soweit ich weiss, gilt man ab der 98. Perzentile als hochbegabt.

    • Erkennt man Hochbegabung an wenig Schlaf? Ich bezweifle ja, dass Eltern fähig sind, am eigenen Kind eine Hochbegabung zu diagnostizieren. Aber ich nehme das mal als externe Erstmeinung.

      • Muttis Liebling sagt:

        Hochbegabung kann man erkennen, wenn man den Hochbegabten nicht mehr versteht. Es kann aber auch umgekehrt sein.

        Ich kann mir ja wünschen, dass mein Kind intelligenter als ich ist. Aber erkennen kann ich das wegen Intelligenzdefizit nicht.

      • Susi sagt:

        Anscheinend besteht tatsächlich eine Korrelation zwischen Hochbegabung und geringem Schlafbedarf

      • mila sagt:

        Susi, ich glaube, dass ist so etwas wie das ultimative Studien-Traubenzückerli für Eltern von Wenigschläfern… unsere Tochter weiss inzwischen, dass sie zuhause mindestens zwei (verschiedene) Nobelpreise (Literatur zählt für Papa nicht, ich wäre da grosszügiger), plus separaterweise den Weltfrieden abzuliefern hat. Halt was unsereins sich so erzählt, um sich zu trösten. ‚Nütz’s nüt, schad’s nüt.‘ Hat irgendwie etwas Globulihaftes, wenn Sie mich fragen…

      • tststs sagt:

        Kann ich mir sehr gut vorstellen.
        Im Endeffekt können Hochbegabte Impulse und Informationen einfach rascher/effizienter/umfassender verarbeiten als Normalos. Dementsprechend kann ich mir wirklich gut vorstellen, dass es weniger Schlaf (quasi ein Teilprozess der Verarbeitung) braucht…

      • Susi sagt:

        @mila: Ja, das habe ich mir auch überlegt. Allerdings gibt es ganz viele Erfahrungsberichte von Eltern hochbegabter Kinder, die im Rückblick sagen, ihre Kinder hätten sehr wenig geschlafen. Die Gründe sind ungefähr die von tststs genannten.
        Also schon als Baby teilweise nur 9 Stunden Schlaf pro Nacht und mit jährig schon auf den Mittagsschlaf verzichtet.

      • mila sagt:

        Ah, dann können wir zumindest den Weltfrieden getrost streichen. Auf so gute 10 bis sehr gute 11 Stunden (Mittagsschlaf mitgerechnet) kommen wir doch (noch). 🙂

      • Susi sagt:

        @mila: 10 Stunden ist aber auch noch in diesem Bereich, ehrlich! Könnte mir gut vorstellen, dass Ihr Kind hochbegabt ist, sowieso, wenn es genug von Ihnen mitbekommen hat.
        Zum Vergleich: Unsere hat als Kleinkind meistens 10-11 Stunden geschlafen, soweit ich mich erinnere, plus eineinhalb Stunden Mittagsschlaf.
        Heute schläft sie immer noch 9-10 Stunden, wenn man sie lässt.

      • mila sagt:

        Uff, jetzt haben Sie aber meinem ruhigen Abendsurfen ein abruptes Ende gesetzt. Muss mich subito um Frühförderung kümmern… und kein Handy mehr beim Schaukeln (was tun Sie mir nur an?).

        Etwas ernster: wie schön wäre es, denke ich mir bisweilen (wenn ich mich daran noch erinnern kann, es kommt mir mittlerweile geradezu ur-zeitmässig vor) morgens zumindest den Kaffee in stiller Musse zu trinken, bevor das Kind aus den Federn ist. Waren das noch himmlische Morgen-Zeiten, als die weibliche Morgenlerche und die männliche Nachteule alleine hausten. Und dann ein Kinderlächeln, und die Welt ist doch wieder in Ordnung. Auch um den Preis eines Hast-Kaffees.

      • Susi sagt:

        @mila: Der ruhige Frühstückskaffee, der kommt dann schon wieder, in zwei, drei Jahren, während Ihre Tochter sich in den frühen Morgenstunden die Zeit mit Astrophysik vertreibt! 😀

  • Jan Holler sagt:

    „hänge ich öfter am Handy, als mir lieb ist, sonst hätte ich diesen Beitrag nicht geschrieben“
    Das wäre toll für die Brecht und für die Leser gewesen. Irgendwann klappt das auch, dann freut sich die Brecht.

    • Egon Prosper sagt:

      Es ist „der“ Brecht. Es ist ein Junge. Klar?!
      Oder war das gar amänd vielleicht die böse Absicht von Sie, Frau Jan Holler? Gleich zweimal verschrieben? Naja.

    • Franz Vontobel sagt:

      Ach schau, der Holler, immer noch mit Tschannen-Beiss-Reflex.

      Sie sollten sich ein eigenes Leben zutun…

    • Hans G. sagt:

      Das denke ich auch, und mitnichten ist der Herr Holler ein toller Troller. Meine Kinder (4 & 5) kennen weder Smartphone noch Compi, & schlafen tun sie auch, vielleicht weil ihre Welt aufgrund viel frischer Luft & freiem Spiel & Langeweile eine beruhigte Welt ist. Surfen & Mailen & Telefonieren können wir dafür ab 20 Uhr, bis morgens um 7 Uhr. Aber klar: wer seine Kinder wahlweise morgens um 8 Uhr in der Kita abgibt & abends um 18 Uhr abholt oder aber den halben tag vor der Glotze oder am i-Päd abstellt, braucht sich nicht zu wundern, wenn zur eigentlichen Elternzeit abends & am WE Aufmerksamkeitsbedarf besteht … Ceterum censeo: dass Compis (& i-Päds) Kinder dumm machen, https://www.heise.de/tp/features/Technologie-in-unseren-Schulen-schadet-mehr-als-sie-nuetzt-3766725.html

      • mila sagt:

        Also, gemäss Susi oben können Sie beruhigt sein, eine Hochbegabung Ihrer Kinder dürfte eher ausgeschlossen sein. Da lässt es sich doch ungleich ruhiger surfen, abends nach 20 h. 😉

      • Susi sagt:

        Ui, Herr G., man schreibt das im Fall ohne die zwei Punkte auf dem A. Also mit einem a, nicht mit einem ä. Nämlich so: iPad. (Nicht iPäd, das ist falsch. Weil, es kommt aus dem Englischen, und dann sagt man zwar ä, aber man schreibt eben a.)

      • Susi sagt:

        @mila: Je weniger hochbegabt die Kinder umso mehr Sörfzeit, äh Surfzeit für die Eltern.

      • mila sagt:

        Ganz klar, das verdummende Händy/Täblet muss subito weg. Aus jedem kindlichen Tagesfokus. Und meiner Mutter les ich noch die Leviten, wie konnte sie es wagen, uns damals via Glotze zu ver-stören – ich könnte heute Einstein sein. Oder Albertine. Oder so ähnlich.

      • Hans G. sagt:

        Hallo Susi, nicht so ernst nehmen, das „ä“ war schon beabsichtigt, als legere Allusion an das aus dem Griechischischen stammende „päd“, das auch in „pädo“ steckt – tatsächlich wollte ich mit dem „i-Päd“ nur ausdrücken, dass vielerorts das „iPad“ den oder die Pädagogin schon längst ersetzt hat.

      • Hans G. sagt:

        Liebe Mila, ob meine Kinder hochbegabt sind oder nicht – das ist jetzt nicht unbedingt meine Sorge, solange sie nicht unter dieser meiner Indifferenz leiden. Sollte das Mass an Langeweile irgendwann das Übliche überschreiten und die geistig-körperliche Entwicklung beeinträchtigen, wird das dann bestimmt auffällig, und dann kann man ja gegensteuern. Bis dahin rauscht noch viel Wasser die Aare abwärts. – Ausserdem surft man abends ja nicht ausschliesslich. Es ging ja nur darum, ggf. eigene elektronische Aktivitäten auf Zeiten nach der Kinderbetreuung zu verschieben und Kinder generell von der Sinnmaschine fernzuhalten. Zur Zeit schreibe ich ja z.B. diesen Kommentar, obschon die Kinder gerade ein Zelt im Kinderzimmer bauen. Solange sie nicht darunter leiden, ist’s ja ok.

      • Susi sagt:

        @H.G.: Mir war schon klar, dass „ä“ absichtlich gesetzt wurde, mein Kommentar war ironisch gemeint.

        Aber lassen Sie es doch bitte sein, über Eltern herzuziehen, die ihre Kinder in die Krippe geben, weil sie arbeiten müssen. Nicht alle leben in dem Luxus, dass jeweils nur ein Elternteil arbeitet und der andere zuhause sein kann. Hat zudem überhaupt nichts mit dem Thema zu tun.

  • dres sagt:

    Grundsätzlich mit fast allem einverstanden, und der Handygebrauch neben einem Kind ist nicht grundsätzlich des Teufels. Allerdings hatten die früheren Generationen auch deutlich weniger Hilfsmittel für die Hausarbeit und damit weniger Freizeit. Zudem wurden häufig Briefe in grammatikalisch einwandfreiem Deutsch inklusive minimalem Inhalt geschrieben. Wenn die Leute heute stundenlang Banalitäten auf Facebook von sich geben, oder in Mundart – garniert mit doofen Emoticons – herumchatten, statt mit einem Kind zu spielen, dann hat geht das Richtung Verblödung der Eltern. Und leider auch der Kinder…

    • Frau Tschannen sagt:

      Warum glauben Sie, dass man verblödet, wenn man in Mundart chattet? Glauben Sie auch, dass man verblödet, wenn man in Mundart miteinander redet? Gar mit dem Kind?
      Ich denke, es geht hier um zwei verschiedene Dinge: 1. Was macht man am Smartphone, während das Kind daneben spielt/schaukelt/badet/etc.? 2. Wie lange schaue ich als Elternteil aufs Smartphone, während das Kind neben mir spielt/schaukelt/badet/etc.?
      Punkt 1 halte ich in dem Zusammenhang für weniger relevant: Ob ich ein eBook lese, blödes Zeug bei Facebook schreibe oder in Mundart chatte – in dem Moment gebe ich dem Kind einfach nur so viel Aufmerksamkeit wie nötig, um im Notfall reagieren zu können. Das Kind verblödet doch nicht, nur weil ich mich beim Chatten nicht an die schriftsprachliche Norm halte.

      • dres sagt:

        Ich weiss, ich weiss, die übliche Glaubensfrage. Es gibt Schriftsprache und Mundart. Und ich bin sicher, dass sogar in diesem Blog zahlreiche Leute Dialekt schreiben würden, gäbe es nicht die kleingedruckten Anmerkungen ganz unten. Zum Glück gibt es sie. Und zu Ihrem Punkt 2: Hoffentlich nicht zu lange, es gibt schon genug Badeunfälle mit Kindern… Und über die schwachsinnigen Facebook-Posts mit den noch dämlicheren, angehängten Kommentaren in Mundart lasse ich mich nicht noch weiter aus…

      • Susi sagt:

        dres kommt etwas derb daher, aber ein wenig stimme ich ihm zu, diese neue Art der schnellen Kommunikation führt schon tendenziell etwas zu einer Verrohung der Sprache.

      • dres sagt:

        Haha, danke S! Ich kann noch viel derber: Ich hasse geschriebene Mundart, ausser sie ist auf dem Niveau von Pedro Lenz formuliert!

      • tststs sagt:

        Nun ja, verblöden ist evtl ein gar starkes Wort. Aber ja, die Hochdeutsche Sprache ist der Schweizerdeutschen um Meilen überlegen und es ist schade, wenn dieses Wissen und Können verloren geht.

        Wo Sie aber, werter Dres, IMHO übertreiben, ist dieses Bild der Vergangenheit, wo sich alle gegenseitig wohlformulierte Briefe schreiben. Dem war sicherlich nicht so. Und auch wenn gewisse Whatsappkommunikationen auf das Gegenteil schliessen lassen, so sind wir doch (qualitativ und quantitativ) literalisierter denn je!

      • Na toll, jetzt traue ich mich nicht mehr, mit dem Brecht auf Mundart zu whatsappen.

      • tststs sagt:

        Neinein, nicht missverstehen, whatsappen ist schon okeeee, aber bitte ohne Emojis, die sind nämlich des Teufels 😉

      • Hans G. sagt:

        Natürlich trägt der Gebrauch der Mundart zur geistigen Vernachlässigung bei. Mundarten verfügen über einen stark eingeschränkten Wortschatz, gebrauchen meist nur Präsens und Perfekt, beides nur im Indikativ, beugen Verben in geringerem Masse als die Hochsprache, nutzen stattdessen Hilfsverben („täte“), eliminieren ganze Deklinationsformen („von“ + Dativ statt eines schönen Genitivs), schränken innerhalb der Kommunikationssituation den Empfängerkreis auf passive Mundartsprecher ein, was freilich eine Reduktion des Adressatenkreises und mithin eine Einschränkung des geistigen Austausches bedingt. Zu sagen, Mundart verblöde und binde einen an weitere Blödiane, die nur Mundart sprächen, weil sie nie von ihrem verkackten Kuhacker herabgestiegen seien, ist sicher grob, aber …

    • second step sagt:

      Ach Hans G., ein nettes kleines Tröllchen er doch ist. Mundart ist die hiesige Form der deutschen Sprache und ich habe jetzt nicht gerade den Eindruck, dass die Schweizer deswegen irgendwie geistig mehr unterbelichtet sind als andere Nationen.

  • Leo Schmidli sagt:

    „Früher hätten Väter und Mütter die Zeitung gelesen, telefoniert und einen Brief geschrieben. Gesellschaftlich akzeptierte Tätigkeiten, bei denen kein Beobachter die Nase rümpft. Heute spielt sich das alles auf dem Handy ab. Dem Gerät, auf das man selbst gern draufschaut, aber wenn andere es tun, dann ist es asozial.“
    Genau das ist das, was insbesondere die ältere Generation nicht nachvollziehen kann. In der Zeitung am Frühstückstisch zu blättern ist in Ordnung, dasselbe am Handy zu machen aber nicht!?
    Heute regt man sich über die Reisenden im Zug auf, die angeblich wie Zombies auf ihr Handy starren. Früher hat man sich dort über die Zeitungsleser mokiert, die in den engen Sitzen mit den Armen die Zeitung ausbreiteten und den ganzen Platz beanspruchten.

    • Kaiser Petra sagt:

      Gut auf den Punkt gebracht. Und ich meine, dass wir ja heute schon froh sind, wenn überhaupt was gelesen wird…..

    • Christoph Bögli sagt:

      Völlig korrekt. Aber es hat bekanntlich ja Tradition, dass alles Neue verteufelt wird, sich das im Laufe der Zeit aber langsam ins glorifizierte Gegenteil verkehrt.

      Romane waren eins ja auch für Nichtsnutze, sinnlose oder gar gefährliche Zeitverschwendung. Und heute gilt man als Inbegriff der Hochkultur, wenn man im öffentlichen Raum ein (Papier-)Buch liest. Vermutlich wird man in etlichen Jahren auch als intellektuellen Dandy gefeiert werden wenn man dann noch auf dem guten alten Smartphone Zeitung liest während alle anderen alles direkt per Gehirnimplantat eingeflöst bekommen..;-)

      • Muttis Liebling sagt:

        Nach dem Smartphone kommen die Implantate, nach denen die Kleidung, Wohnung, Büro, welche aus Quantencomputern bestehen und induktiv ans Netz der Netze koppeln.

        2045 gibt es keinen Widerspruch zwischen Medium und Moral, weil es nur noch ein Medium und keine Moral mehr gibt.

        Meine Lieblingsphilosophen des deutschen Idealismus waren dagegen, dass das Volk überhaupt Lesen lernt. Damit wäre uns (Intellektuellen) viel erspart geblieben.

      • Jan Holler sagt:

        @ML: Im Gegenteil, wer nicht alphabetisiert ist, der kann ganz leicht manipuliert werden. Das hatte Luther erkannt und demnach ist auch das erste, was in einer werdenden Diktatur geschieht, die Abschaffung der Pressefreiheit und die Zensur (siehe Russland, Türkei, Ungarn, Venezuela, usw.)
        Andere nutzen das Schreiben, um sich gegenüber der Umwelt für ihr Verhalten, das ihnen wohl schlechtes Gewissen macht, zu rechtfertigen und es, wie es dem heutigen Zeitgeist enspricht, auch noch als hip darzustellen. Die Reaktionen sind aber eher lau.

      • Muttis Liebling sagt:

        @Jan Holler
        Ich sehe nun, dass voll alphabetisierte Menschen leicht manipulierbar sind. Intelligenz, Bildung, Nichtbildung sind doch keine Einflussfaktoren mehr.

      • tststs sagt:

        @ML: Wer nichts weiss, muss alles glauben.

  • mila sagt:

    „aber wenn andere es tun, ist es asozial“ – danke Herr Tschannen, so ist es. Ich stehle mir ebenso meine Kindle App, WhatsApp, Mail und MB-Minuten, und denke mir im Postauto bisweilen, was nun die Mitreisenden von mir denken werden… und dann denke ich an all die ungeteilte Alltags-Zeit, die ich mit meiner Tochter verbringe, wo das Smartphone ganz und gar ausserhalb Reichweite liegt. Und dann sind mir die Gedanken der Mitreisenden wieder plötzlich ganz fern. Schliesslich habe ich nicht vor, den Mommyaward für immerkorrektes Aussenverhalten zu gewinnen. (U.a. besonders nicht, wenn ich meine Tochter gut 20 min auf dem Spielplatz dauerschaukeln muss…)

    • Martin Frey sagt:

      Das tun wir wohl alle, mila. Notabene ist es wohl auch für Kinder nicht ideal, wenn ihnen ständig ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt wird. Was aber auch kein Neglect-Plädoyer sein soll, im Gegenteil. Mich dünkt aber, Hr. Tschannen handhabt das sehr vernünftig.
      Die Tablet Diskussion war m. E. völlig anders geartet. Damals ging es darum, Kinder mit Bildschirmen systematisch ruhig zu stellen und dem noch irgendeinen pädagogischen Nutzen abzugewinnen. Und nicht wie hier, auch als Eltern noch ein eigenes Leben zu haben.

    • mila sagt:

      Das ist mir auch klar. Aber auch ich stelle mein Kind bisweilen ’systematisch‘ (und supersimple) ruhig, zB zum Nägelschneiden und -feilen… notabene: ihre Nägel. 😉

    • mila sagt:

      Aber zugegeben, dahinter steckt kein pädagogischer Wert per se. Obschon, meine Kleine singt mit 18 Monaten nahezu korrekt Melodien nach. Von mir (allein) hat sie das jedenfalls nicht, da hört sie eher schiefe Töne. Und das so oft, dass ich mich frage, ob das allenfalls einen bleibenden ‚Schaden‘ anrichten könnte… 🙂

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.