Wenn Eltern auf die Welt kommen

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Paar mit Kind beim Wandern. Foto: iStock

Kinder kommen auf die Welt – und ihre Eltern gleich mit. Denn meistens ist so einiges ein kleines birebitzeli anders, als man gedacht hat – und das nicht nur beim ersten Baby! Andrea Jansen und Anja Knabenhans haben ihre Vorstellungen mit der Realität verglichen:

Früher dachte ich: Mir wird doch dann bestimmt langweilig in der Babypause!
Heute weiss ich: Hahahaha! Good one.

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Früher dachte ich: Wow! Windeln, die bis zu zwölf Stunden dicht halten! Da muss man nur zweimal am Tag wickeln!
Heute weiss ich: Zwölf Stunden? Haben die mit einem Bäbi getestet?

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Früher dachte ich: In der Schweiz sind wir up to date, die öffentlichen Verkehrsmittel und Gebäude sind alle gut zugänglich mit Kinderwagen, ohne Rumgelupfe.
Heute weiss ich: Ha, ha, hallo Bandscheibenvorfall!

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Früher dachte ich: Pizza schneidet man in dreieckige Stücke.
Heute weiss ich: Naaaaaaain!!! In kleine, randlose Rhomben, oder je nach Laune auch in Streifen, Herzchen oder Dinosaurierform.

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Früher dachte ich: Nach fünf Monaten Krippenplatz organisiert – Vereinbarkeit: Check!
Heute weiss ich: Die eigenen Emotionen kann man nicht vorausplanen. Vielleicht sind fünf Monate viel zu früh.

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Früher dachte ich: Diese kinderwagenschiebenden Mütter mampfen die ganze Zeit etwas! Kein Wunder, werden die ihre Schwangerschaftspfunde nicht los.
Heute weiss ich: Endlich! Wagenschieben, Blickrichtung des Kindes nach vorne! Endlich einmal etwas essen, wovon der Kleine nichts abhaben will. Meeeeeins!

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Früher dachte ich: Stillen ist vom ersten Moment an schön, innig, vertraut.
Heute weiss ich: Man kann auch mit einer Rüebliraffel hinter die Brustwarzen, um einen Vorgeschmack der ersten zwei Wochen zu kriegen.

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Früher dachte ich: Kinderhaben ist das Tollste auf der Welt.
Heute weiss ich: Kinderhaben! Ist! Das! Tollste! Auf! Der! Welt!

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Früher dachte ich: Trockenshampoo? Haha, wer Müttern solche Tipps gibt, macht doch irgendwas falsch. Zum Haarewaschen kommt man ja wohl immer.
Heute frage ich: Wo kann man dieses Trockenshampoo kaufen? Und wäscht das auch die meterlangen Haare an den seit Monaten unrasierten Beinen?

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Früher dachte ich: Quengeln werde ich überhaupt nicht tolerieren.
Heute meine ich: … Habe ich eine Wahl?

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Früher dachte ich: Ich kann dann nicht mehr alles in den Tag reinquetschen, muss halt ein bisschen Prioritäten setzen.
Heute weiss ich: Priorität 1: Etwas essen, irgendwann zwischendurch. Priorität 2: Duschen, falls möglich. Priorität 3: Ha, ha, you Dreamer, du!

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Früher dachte ich: Ein Kind krönt die Beziehung.
Heute weiss ich: Ein Kind stellt die Beziehung richtig auf die Probe.

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Früher dachte ich: Mein Mann ist ein toller Kerl, nur manchmal nerve ich mich ein bisschen über ihn.
Heute denke ich: Mein Mann ist ein Tubel, ein Superhero, ein Arsch, ein Traummann … und meine Meinung ändert sich innert Sekunden.

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Früher dachte ich: Kinder, die fremdeln, werden überbehütet und behelikoptert.
Heute weiss ich: Man kann zwei Kinder genau gleich erziehen und trotzdem ein introvertiertes und ein extrovertiertes haben.

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Früher dachte ich: Kinder wollen gar nicht immer bespasst werden, sondern können auch einmal alleine spielen. Dann hat man zwischendurch Erholungsphasen.
Heute weiss ich: Kinder wollen gar nicht immer bespasst werden, sondern können auch einmal alleine spielen. Zum Beispiel Pflanzenerde in Schuhe stopfen, den Wecker im WC waschen oder die Tastatur des Computers auf Chinesisch programmieren. Einhändig.

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Früher dachte ich: Getrennte Betten sind der Anfang vom Ende einer Beziehung.
Heute weiss ich: Getrennte Betten sind manchmal die Rettung der Beziehung – zum Beispiel, wenn das Kind unbedingt im Elternbett schlafen will.

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Früher dachte ich: Ich werde eine gute Mutter sein.
Heute weiss ich: Ich gebe mein Bestes.

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Früher dachte ich: Karriere und Kinder? Alles eine Frage der Organisation!
Heute weiss ich: In der Schweiz kochen die Mütter am Zwölfi den Zmittag.

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Früher dachte ich: Jesses, was die für ein Tamtam machen! Jeder Furz vom Spross bringt sie zur Verzückung!
Heute denke ich: Hui! Schaut, wie er Glugglugglugg sagt! Jetzt bohrt er in der Nase! Und haut zwei Pfannendeckel gegeneinander! Habt ihr gesehen? Ich mache grad noch ein Foto!

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Früher dachte ich: Ich bin ein recht geduldiger Mensch.
Heute denke ich: Wow, bin ich ein geduldiger Mensch!

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Früher dachte ich: Hach, ist das ein süsses Kinderbuch!
Heute denke ich: Zum 3468. Mal vorlesen. Ich würde gerne jede einzelne Figur in einem Topf Zuckerguss ertränken.

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Früher dachte ich: Was schleppt die denn alles in ihrer Tasche herum?
Heute weiss ich: Mehrere Kleidergarnituren, Sparschäler, Besteck, tonnenweise Essen, Spielzeug, eine Kinderbuch-Bibliothek und irgendwo ganz tief unten wohl auch ein paar Kilo Steine vom letzten Spaziergang.

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Früher dachte ich: Kinder sagen als Erstes Mama und Papa.
Heute weiss ich: Stein, Baum, Auto, Tablet … irgendwann kommt noch Quantenphysik, und dann irgendwann Mama und Papa.

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Früher dachte ich: Ich weiss, was Liebe ist.

Heute weiss ich: Das ist Liebe.

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Der Text erschien als Erstes auf anyworkingmom.com

Andrea Jansen ist freischaffende Journalistin und ehemalige Fernsehmoderatorin. Sie lebt mit ihren Kindern und ihrem Partner in der Nähe von Zürich.

Anja Knabenhans ist freischaffende Journalistin, Texterin und Autorin. Nachdem sie bei der NZZ über Spitzensport geschrieben hat, trainiert die Mutter eines Zweijährigen nun selber profimässig Spielzeug-Hürdenlauf. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Zürich. 

23 Kommentare zu «Wenn Eltern auf die Welt kommen»

  • fimilu sagt:

    ohhhh wie wahr, und wie beruhigend das ich nicht das einzige ahnungslose ‚tötschli‘ war…
    heute als 3-fach-mami bin ich profi

  • IT-Papa sagt:

    Mit Zwillingsmädchen (3.5 Jahre alt) kann ich das bestätigen (Text und die meisten Kommentare) – sehr amüsant zu lesen.

  • Roger sagt:

    Meine Zwillinge hatten beide das gleiche erste Wort: Ipad, danach kam Pepsi .. hat wohl auch mit dem Papa zu tun .. (und noch heute nennen sie alle Tablets – Samsung, whatever – Ipad) ..

  • Cybot sagt:

    Die meisten „Früher“-Punkte sind ja wohl supernaive Klischees, die meisten davon hätte ich auch ohne Kinder nie geglaubt. Ich habe eher mit viel mehr Problemen gerechnet, als wir dann tatsächlich hatten. Es gibt eigentlich nur einen Punkt, mit dem ich vorher nicht gerechnet hatte, und das war, dass Kinder einen tatsächlich noch so viel glücklicher machen können, obwohl man eigentlich vorher schon ganz zufrieden war.

  • Steiner Rita sagt:

    Ja, viele denken beim Entscheid für Kinder nur an die Babyzeit, doch diese ist trotz Schlaflosigkeit, Stress und Geschrei noch angenehmer als Kindergarten und Schulzeit, wo man zwischen Schule/Kindsgi/uffzgi/ Zmittag/Exkursion/Judo/Fussball/Elternabend/Schultheater/Ballettvorführung und dem eigenen Job aufgerieben wird.

    Wir gingen zu unserer Zeit einfach in den Kindsgi/Schule ohne ständige wöchentliche Ausflüge, Spezialwünsche, Abendverastaltungen und Tamtam von seitens der Lehrer. Es gab einen Wandertag und einen Sporttag. Und nicht jede Woche irgendeinen Sch… um die Kinder zu bespassen und die Mütter zur Fronarbeit zu zwingen (Kuchen backen, Kostüm nähen, Spezialkleidung beschaffen – zum Teil Listen mit 30 Sachen!!!).

    Kinder sind toll. Die Schule jedoch ist für Eltern zum Kübeln

  • beatus sagt:

    Bin zwar keine Mutter aber „begleite“ jetzt das 7. Kind und finde, die Gedankenspiele sind richtig formatiert. Wobei viellicht das früher bei 20 anderst ist als bei 35! Kinder sind das Leben mit all seinen Facetten. Alles liegt so Nahe beeinander, Das Ja und das Nein, lachen und weinen, springen und liegen bleiben, essen und fasten, etc. Die Kinder wissen tausend Dinge, die wir vergessen haben oder nicht wissen, ach, es gibt so vieles darüber zu schreiben.

  • Laura Meroni sagt:

    Vor dem zweiten Kind dachte ich: Kein Problem, ich weiss ja, wie es ist. Es gibt einfach noch bitzeli mehr Arbeit.

    Heute weiss ich: Wer ein Kind hat, hat höchstens eine kleine Ahnung davon, wie es ist, Kinder zu haben.

  • Nico Leuenberger sagt:

    Zum Glück gibts auch Überraschungen andersrum:

    Früher dachte ich: Windeln wechseln ist das Schlimmste.
    Heute weiss ich: Es stinkt, ja. Aber im Vergleich zu Schlafentzug, Hobby-Durststrecke und Herausforderungen in der Beziehung ist das Wickeln Pippifax.

  • Kurt Kobler sagt:

    Früher dachte ich: Bei mehreren Kindern wird es nie ein Lieblingskind geben.
    Heute weiss ich: Man hat sehr wohl sein Lieblingskind (auch wenn man sich innerlich dagegen wehrt).

  • Muttis Liebling sagt:

    ‚Vor dem ersten Kind stellt man sich so manches vor. Das meiste kommt dann aber ganz anders.‘

    Wenn man sehr naiv ist, mag es so sein. Das richtige Leben beginnt 20 Jahre nach dem letzten Kind.

  • tststs sagt:

    Herrlicher Text zum Wochenanfang! Danke!

    Noch eine kleine Ergänzung:
    Früher dachte ich: Fünf Wochen Sommerferien sind Luxus.
    Jetzt weiss ich: Fünf Wochen Sommerferien sind fünf Wochen, sind fünf Wochen, sind FÜNF Wochen!

  • Trudi sagt:

    Ja mein Sohn sagte gegeit ich dachte was will er denn. Als ich nicht darauf reagierte sagte er lauter gegeit, es ging lange bis ich es wusste er meinte mich.Wieso er auf das kam ich weiss es nicht. Oder ich stand im Badezimmer mit nur meiner Slip bekleidet da kam er zog den Slip rauf und sagte Schlitz nicht sehen. Es sind Sachen die mir bis heut unerklärlich sind. ES ist toll einen Sohn zu haben aber man muss auf Zack sein sonst schafft man Erziehung Arbeit und Freizeit nicht gut zu kombinieren. Er ist ein toller Mensch geworden und alle die ihn kennen sagen Du hast das gut gemacht. Ich denke da nicht immer aber das weiss nur ich. Wenn wir heute darüber reden lachen wir.

  • Karl von Bruck sagt:

    Bingo!

    Frauen, die sich nach nur 14 Woechli Muttergeld wieder vom Arbeitgeber mitueberfordern lassen, opfern ihr Wohlbefinden und setzen ihre Gesundheit und die Familie aufs Spiel. Frauen, die das Kind als Vorwand missbrauchen, von der Geburt bis zur Bahre auf Erwerbsarbeit zu verzichten, ruinieren Mann, Familie, Volk und Vaterland…..

    • Muttis Liebling sagt:

      Es gibt 3 Methoden, sein Leben zu ruinieren. Mit einer Frau ist es am schönsten, mit Alkohol geht es am schnellsten und mit Erwerbsarbeit geht es am gründlichsten.

  • A.Stäheli sagt:

    Danke Frau Jansen für die wohltuenden Lacher, die Sie mir mit diesen Einsichten beschert haben:)
    Nach 3Kindern kommt bei mir die Einsicht, dass Einstein wohl recht hatte mit seinem Erziehungs-Zitat:
    „Es gibt keine andere vernünftige Erziehung, als Vorbild zu sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes.“
    Viel Spass mit Ihren Kleinen, la vie est belle!

  • privat sagt:

    wirklich witzig 🙂 und, aus persönlicher Erfahrung, unglaublich waaaaaaaaaaaaaaahr :-)))

  • Sandro sagt:

    Haha, ja das Meiste kann ich so bestätigen! 😀

  • Schlumpfine sagt:

    Sooo gut geschrieben! Auch nach mehrmaligem Lesen immer wieder lustig.

  • Maura Hailey sagt:

    Ein lustiger Kommentar, der viele Erinnerungen in mir wach gerüttelt hat – es DARF (gottseidank) gelacht werden. Danke, so treffend und witzig geschrieben!

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