Sturmfrei, oje!

Das Aufräumen ist sicher auch schon organisiert. Foto: Pressmaster (Shutterstock)

Weiss Carlas Vater, dass am Wochenende 35 Jugendliche in seiner «Base» eine «Home» abhalten werden? In seinem Haus, seinem Garten, seinem Wohnzimmer? «Ziemlich sicher nicht», sagt der Teenager-Sohn. Sicher ist aber: Carla hat Geburtstag und sturmfrei.

Die 15-Jährige lebt mit ihrem Vater zusammen, und der hat seiner Tochter erlaubt, an einem Abend «ein paar Freunde» in sein Haus einzuladen. Er wird das Wochenende weg sein. Die Partygemeinschaft bringt sich seit Tagen in ihrer Instagram-Gruppe in Stimmung. Die Vorfreude ist gross, kollektives #chillierenundgrillieren ist angesagt.

Ich kenne weder Carla noch ihren Vater persönlich, doch der Mann muss uneingeschränktes Vertrauen in die Menschheit besitzen. Ich jedenfalls habe meinem Sohn noch nicht gesagt, dass mein Mann und ich an besagtem Wochenende zwei Nächte weg sein werden. Er weiss bloss von einer Nacht, und wann genau wir wegfahren und zurückkehren werden, ist unklar. «Ach, wir müssen noch schauen, ich sags dir dann», meinte ich bislang nur. Vorsichtsmassnahme.

Wie sich die kinderfreien Wochenenden doch gewandelt haben. Vor ein paar Jahren noch plagte mich das schlechte Gewissen, das Kind schon wieder abzugeben. Heute ist es vor allem die Sorge, der Sohn übertreibe es auf irgendeine Weise, während wir weg sind. Im Zeitstrahl sieht das etwa so aus:

Alter des Kindes: 1,5

Das Wochenende zu: Grossmutter
Das geb ich dem Kind mit: Schoppenflasche, Milchpulver, Kuscheltier, Rassel, Sonnencreme mit mineralischem Filter, und sehr viel Ersatzkleider!
Abschiedssatz: «Ich hoffe, er schläft durch, und ich vermisse ihn nicht allzu schrecklich.» 10 Küsschen auf die Wange, den Kopf, die Hand, den Nacken, die Füsschen und die Stirn des Kindes.
Das erhoffen wir uns vom Wochenende: durchschlafen

Alter des Kindes: 5

Das Wochenende zu: Gotte, die auch die Tante ist
Das geb ich dem Kind mit: Teddy, Lieblingsbuch
Abschiedssatz: «Gehorch dem Gotti, und iss auch mal etwas Gemüse.» Küssli und Umarmung. Zu Gotte: «Lass dich nicht um den Finger wickeln.»
Das erhoffen wir uns vom Wochenende: ausschlafen

Alter des Kindes: 10

Das Wochenende zu: bestem Freund
Das nimmt das Kind mit: Fussballausrüstung, «Fifa12»-Game
Abschiedssatz: «Viel Spass und macht nicht zu viel Blödsinn.» Auf gar keinen Fall ein Küsschen.
Das erhoffen wir uns vom Wochenende: Sex, Velotour, lange Gespräche, Essen gehen, Konzertbesuch, Alkohol, Tanzen, Sex.

Alter des Kindes: 15

Das Wochenende zu: Kind bleibt alleine daheim.
Das hinterlasse ich ihm: Geld. Resten zum Aufwärmen.
Abschiedssatz: «Viel Spass, mach keinen Blödsinn, iss was Richtiges, ruf an, wenn was ist – und wir werden die Wohnung bei unserer Rückkehr in unverändertem Zustand antreffen, verstanden?» Teenie nickt abwesend, wischt über Smartphone.
Das erhoffen wir uns vom Wochenende: wilde Party mit vielen Freunden. Sex – für uns, nicht den Teenie!

 


Keine Ahnung, weshalb der Film Project X von vielen Teenagern heiss geliebt wird… 

37 Kommentare zu «Sturmfrei, oje!»

  • Karin sagt:

    Vielen Dank für diesen Artikel… ich hab TRÄNEN gelacht!! (Sohn: 13 jährig)

  • Michael sagt:

    Verstehe ich hier alles nicht ! Ausser Ihr seid alle gleich als grundsolide Erwachsene auf die Welt gekommen. Kann sich den keiner von Euch mehr an die eigenen Partys erinnern, als die Eltern einem die Wohnung überlassen haben ? Selber mal die wüsten Partys gefeirt haben, aber von ihren Kids verlangen, das der Teppich gerade liegt…..

  • Tamar von Siebenthal sagt:

    Ob man seinem Teenie eine sturmfreie Bude überlassen kann, kommt auf die Elternkind-Beziehung an und auf das Kind selber. Bei meinem Grossen wäre das schon mit 11 möglich gewesen, da er einfach sehr vernünftig ist. Bei meinem Kleinen hätte ich Bedenken. Er ist durch seinen Unfall nicht ganz altersentsprechend und würde sich wohl auch nicht durchsetzen können, wenn es ausarten würde.

  • tststs sagt:

    Und übrigens liebe Eltern, ist es nicht per se ein Kompliment an Sie, wenn Ihre Kinder im eigenen Zuhause feiern wollen?
    🙂

  • tststs sagt:

    Meine Erfahrung aus der Schule ist, dass Jugendliche an der Verantwortung, die man ihnen überträgt, wachsen.

    Und meine Mitkommentierenden scheinen dies aus Erfahrung mit den eigenen Teens zu bestätigen.

    • Muttis Liebling sagt:

      So ist es und die pubertäre Krise, ein Novum der Nachkriegszeit, beruht auf Verantwortungsvorenthalt. Wenn das Kind mit 15 nicht erwachsen ist, hat die Erziehung versagt.

      Mit 15 hat Alexander der Grosse die Welt zu erobern begonnen, was er auch musste, weil er mit 30 schon wieder tot war, das aber nach Welteroberung.

      Mathilde von Quedlinburg wurde mit 13 Äbtissin eines Mädchenstiftes und Kaiserstellvertreterin für ihren Bruder im Deutschland des 10. – 11. Jahrhundert. Hätte sie die Aufgaben nicht erfüllt, wüsste ich heute nicht, wer sie war.

      Wenn die Umgebung es nicht explizit verhindert, ist man mit 15 erwachsen und kann selber wieder Kinder zeugen und Orgien feiern.

      • Tamar von Siebenthal sagt:

        Und in der Steinzeit hat man in Höhlen gewohnt.

        Gewisse Leute sollten sich besser über das eigene Versagen Gedanken machen, anstatt ständig andere zu kritisieren. Wenn man vom eigenem Kind als emotional behindert betitelt wird, ist die Bezeichnung Versager noch nicht einmal der Vorname.

  • Juerg. sagt:

    Wilde Party? Wohnen wir nicht viel zu beengt? Und wenn der nötige Platz vorhanden ist, dann können die Kids ihre Partys feiern egal ob die Eltern da sind oder nicht.
    Am letzten Wochenende war beim Nachbarn eine Sturmfreiparty. Die Party war so leise dass ich zur Nachbarstochter gesagt habe sie dürften die Musik schon lauter stellen..
    Sie hat sich aber genau an die Regeln ihres Vaters gehalten.

    • Muttis Liebling sagt:

      Wilde Partys markieren sich in Notarzteinsätzen und Todesfällen. Um 1970 soll es das gegeben haben.

      • Michael sagt:

        Wärest Du wie Ich Bj. 1954 dann hättest Du nicht – soll es gegeben – sondern – hat es gegeben geschrieben haben. Die Siebziger sind eh nicht zu toppen !

  • Stefan W. sagt:

    Müsste ich jetzt schlechte Gefühle bekommen, weil wir unseren 16-jährigen Sohn, der nicht mit in die Skiferien wollte, eine Woche allein zuhause liessen? Bei der Rückkehr schien zwar alles noch intakt zu sein, aber wer weiss?

  • Lala sagt:

    Ich hatte damals mal ~30 Leute eingeladen.

    Schlau wie wir waren haben mein Bruder und ich alles zerstörbare ins Elternschlafzimmer „evakuiert“… Um dann beim Aufräumen festzustellen, dass wir gar nicht mehr wussten wo alles stand und daher „umdekorieren“ mussten.

    Vater hat nichts gemerkt, Mutter fühlt sich nach gefühlten 5 Sekunden merkwürdig :D.

  • Sportpapi sagt:

    Vertrauen wächst ja mit der Zeit. Vermutlich im gleichen Ausmass, wie die Anzahl Gäste zu Hause ansteigt…
    Wenn jedes Mal Ordnung ist, wenn man nach Hause kommt (was ich nicht glauben kann, ebenso wenig wie dass milas Eltern nie etwas gemerkt haben), dann lässt man es weiter laufen.

    • 13 sagt:

      Natürlich merken das die Eltern. Kaum ein Elternteil ist sooo naiv. Die Autorin weiss ja auch, dass ihr Sohn feiern will. Die Frage ist eher, wenn es einigermassen ok ist, wenn man nach Hause kommt oder mindestens die Kinder die Eltern mit den Worten: „Wir sind gerade am aufräumen“ an der Haustüre empfangen, dann besteht ja auch kein Grund, es nicht weiterlaufen zu lassen 😉 (Ich erinnere mich an ein Wochenende, wo wir unseren Eltern beim reinkommen, Geld in die Hand gedrückt haben und meinten, sie sollen doch noch schön frühstücken gehen, wir bezahlen, in 2 Stunden sei alles tiptop. Sie nahmen das Angebot grinsend an, zwei Stunden später war das Haus aufgeräumt und unser Kater auch etwas bekämpft.)

      • tststs sagt:

        Und so haben wir gelernt, für unsere … sagen wir mal: Verfehlungen geradezustehen.

      • mila sagt:

        Unsere Eltern wussten effektiv nichts, das hat sich in (Jahre) späteren Gesprächen herausgestellt. Aber zu dritt waren wir auch ein wirklich formidables Partykommando… Als es einmal mit leichtem Schaden schief lief, war die Silvesterparty ‚bewilligt‘ gewesen (diese Parties gab es auch), aber die Oberkommandierende (ich) abwesend.

  • 13 sagt:

    Ich verstehe den Text irgendwie nicht. Carlas Vater hat also ein uneingeschränktes Vertrauen in die Menschheit? Wohl kaum, eher in seiner Tochter. Und Vertrauen in sein Kind zu haben, ist eigentlich die Voraussetzung, damit man es alleine lässt. Und wenn das aus welchem Grund auch immer nicht vorhanden ist, dann lässt man das Kind nicht alleine. Wie kommt man auf die Idee Kinder mit solchen wagen Aussagen als „Vorsichtsmassnahme“ abzuspeisen? Die Eltern wollen also ihre Freiheit geniessen, dafür das Kind nicht dabei haben, aber dieses soll es bitte nicht geniessen, mal alleine zu sein? Da muss man sich dann eher nicht wundern, wenn es rebelliert. Wir haben auch Partys gefeiert, mit dem Wissen, dass aufgeräumt werden muss. Vertrauen führt zur Verantwortung.

    • Blog-Redaktion sagt:

      @13: Natürlich haben wir Vertrauen in ihn und die sturmfreien Wochenenden überlebten wir bislang alle tiptop. Dennoch müssen wir einem 15-Jährigen, der naturgemäss die Grenzen am Ausloten ist, nicht schon Wochen vorher auf die Nase binden, dass wir an einem bestimmten Wochenende statt einer gleich zwei Nächte weg sein werden. Es reicht, wenn er es einen Tag vorher erfährt. Die Zeit alleine, bzw. mit seinen Freunden geniesst er sowieso. / gb

    • 13 sagt:

      Vertrauen ist für mich etwas anders. Ich habe tatsächlich noch keine Teenies. Ich war aber natürlich selbst mal einer und bei einem solchen Vorgehen, wäre bei uns der Haussegen gehörig schief gehangen. Wir wurden informiert, wenn meine Eltern es wussten. Sie wussten, dass wir Party machen werden, sie sind ja nicht von gestern, und wir wussten, dass wir für eine lange Zeit auf sturmfreie Wochenenden verzichten werden, wenn wir uns nicht an die Regeln halten.
      Entweder traue ich meinem Kind etwas zu (sich an die Regeln zu halten) und dann gebe ich ihm auch die Möglichkeit, mir zu beweisen, dass es klappt, ohne wenn und aber, oder dann traue ich es ihm nicht zu und lasse es. Würde ich meinen 15j nicht zutrauen, dass er nicht das Haus verwüstet, würde ich ihn nicht alleine lassen.

      • Sportpapi sagt:

        Eine Frage bleibt offen: Wenn man schon so vertrauensvoll miteinander umgeht. Warum sollen dann die Eltern nichts von der Party wissen? Warum nicht gleich die Rahmenbedingungen aushandeln?

      • tststs sagt:

        Weil das „Geheime“ an der Party der halbe Spass ist 😉
        Und wenn es nur darum geht, das eigentliche Ausmass zu verheimlichen… Am besten einfach nicht zu genau nachfragen…

      • 13 sagt:

        @ Sp
        Ich habe nie geschrieben, dass die Party verheimlicht werden muss. Eher, dass das eh keinen Sinn hätte.

    • Reincarnation of XY sagt:

      andere Menschen – andere Sitten 13

      Es gibt viele Eltern die bauen eine Beziehung zu ihren Kindern auf, wie sie das selbst mit ihren Eltern kennengelernt haben.

      Aber Sie haben recht, es ist ein Widerspruch, wenn man kein Vertrauen zum eigenen Kind hat, indem man meint, man könne mit vagen Angaben so eine Hausparty verhindern, ist man naiv. Denn wenn man schon kein Vertrauen hat, kann der Sohn ja noch eine Spur gewiefter sein und die Tricks der Eltern trotzdem unterlaufen.
      Eine klare, ehrliche Kommunikation ist sicher auf jeden Fall besser.

      • 13 sagt:

        Schön gesagt, roxy. Wobei das mit den „aus der eigenen Elternbeziehung einiges übernehmen“ auf mich zu 100% zutrifft.

      • Reincarnation of XY sagt:

        Ja bei Ihnen scheint das ja sehr positiv gewesen zu sein 13.

        Bei vielen war es soweit ganz ok, so, dass sie auch die nicht ganz koscheren Sachen übernehmen, ohne diese tiefergehend zu hinterfragen. Natürlich kann es sein, falls die Kinder ähnlich ticken wie sie, dass es dann auch wieder ganz ok rauskommt.

        Dann gibt es noch solche, die es komplett radikal von Grund auf anders machen, weil es hinten und vorne nicht gepasst hat.

    • Renate Stiefel sagt:

      Ist denn die Tochter in der Lage, all ihre Freunde plus die Freunde, welche ihre Freunde mitbringen zu kontrollieren? Auch wenn die schon ziemlich alkoholisiert sind?

  • mila sagt:

    Ach ja, Hausparties… wir haben es Anfang der 90er jeweils auf 40-50 Personen geschafft, nur mit Buschpropaganda. Und ohne dass unsere Eltern je etwas bemerkt hätten. Nihil novi… 😉

    • Walter Boshalter sagt:

      Schön wars. Klappt heute garantiert nicht mehr, da mindestens ein Partyteilnehmer ein paar Fotos auf Instagramm/Facebook/SocialMediaSeinerWahl hochlädt und die Eltern sich dann irgendwann wundern: „…hmm, sag mal, das ist doch unser Sofa auf dem Bild mit den acht fläzenden Teenies…““

      • Blog-Redaktion sagt:

        Es ist ein No-Go mit dem eigenen Teenager auf Social Media befreundet sein, finde ich. Hat mit Privatsphäre zu tun. Vielleicht sag ich das aber auch nur, weil mein Sohn meine Freundschaftsfrage sowieso ablehnen würde…(-; /gb

      • tststs sagt:

        Bin absolut einverstanden! Vor allem: zum Schutz wessen Privatssphäre? 😉

    • romeo sagt:

      grins.. und ich weiss von einer notwendig gewordenen Hausrenovation nach einer solchen Party….

      • Blog-Redaktion sagt:

        Ja eben…. es waren die besten Partys damals. Doch der Gedanke, dass sowas Jahre später plötzlich in der eigenen Wohnung stattfinden soll…. na ja. / gb

      • Cybot sagt:

        Kommt drauf an, wie renovationsbedürftig das Haus vorher schon ist. Ist vielleicht ein guter Vorwand, die Renovation dann endlich mal anzugehen. 😉

      • romeo sagt:

        @cybot: ein sehr gepflegtes Einfamilienhaus bzw. schon fast eine Villa…

      • Nala sagt:

        Aehm wieso soll man nicht mit seinen Kindern auf Social Media befreundet sein? Das versteh ich jetzt echt nicht. Wegen der Privatsphäre? Hmm. Ich bin mit beiden Kindern in den Medien verbunden. Wüsste nicht, dass das ein Problem war. Inzwischen sind sie aus dem Teeniealter raus 😉

      • Tamar von Siebenthal sagt:

        Naja, wenn man nach sturmfreien Bude das Haus renovieren muss, hat man als Eltern ziemlich viel falsch gemacht.

      • Michael sagt:

        @Nala – weil das genauso ist wie im Tagebuch Deiner Kinder rumschnüffeln.

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