Wissen Sie, worum es im Leben geht?
Wie hat Ihr Tag bisher ausgesehen? Kinder parat machen, zum Zug rennen und da sitzen Sie jetzt, lesen auf dem Smartphone in Ihren einzigen zehn freien Minuten schnell die Zeitung, weil Sie danach ein stressiger Arbeitstag und später ein hektischer «Kinder abholen, ins Bett bringen und danach noch schnell etwas fertig arbeiten»-Abend erwarten? Oder geniessen Sie gerade irgendwo die Sonne, da Sie heute früh aus einer Laune heraus spontan entschieden haben, wieder einmal freizunehmen?
Die meisten würden wohl Antwort eins ankreuzen, handelte es sich hier um einen Fragebogen. Wir sind oft so in unserem Alltagstrott gefangen, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, einfach einmal daraus auszusteigen, innezuhalten und zu geniessen, nachdem wir eine Aufgabe erledigt haben. Denn um die Ecke wartet schon die nächste auf uns.
Kein Wunder, schliesslich sind wir von Beginn weg so erzogen worden, wie Alan Watts sagt. Der englische Philosoph ist zwar bereits 1973 verstorben, geistert aber zurzeit in Form eines Videos durch die sozialen Medien. Im kurzen Film mit dem Titel «Life Is Not a Journey» hört man Alan Watts über das Leben philosophieren, und obwohl seine Worte mehrere Jahrzehnte alt sind, sind sie heute aktueller denn je.
Alan Watts – Why Your Life Is Not a Journey from David Lindberg on Vimeo.
Watts spricht über die Allegorie «Leben gleich Reise». Wir bezeichnen das Leben nicht nur gerne als solche, wir leben auch tatsächlich nach dieser Idee. Das fängt schon in der Schule an, sagt Watts: Wir würden unsere Kinder in eine Art Bildungskorridor stecken, in dem sie stetig weiterlaufen müssen. Kindergarten, Primarschule, Oberstufe, danach vielleicht ein Studium, auf jede Stufe folgt eine weitere. Danach dasselbe im Beruf, von Stelle zu Stelle, von Position zu Position. «Und die ganze Zeit denken wir, dass sie kommen wird, diese eine grossartige Sache. Das Ziel, auf das man hinarbeitet», so Watts. Das mag eine Beförderung sein. Oder auch die Pensionierung, für die man eisern spart, damit man das Leben danach endlich in vollen Zügen geniessen kann.
«Wir haben uns grässlich getäuscht»
Erreicht man sein Ziel irgendwann, merkt man, dass man sich die ganze Zeit etwas vorgemacht hat, weil die Kaderposition das Leben gar nicht so sehr verändert oder man mit 65 plötzlich zu müde ist, um noch gross in der Welt herumzureisen. Oder wie Watts es sagt: «Wir dachten, das Leben sei eine Reise, die zu einem wunderbaren Ziel führt. Doch wir haben uns grässlich getäuscht. Es war vielmehr etwas Musikalisches, zu dem man hätte singen und tanzen sollen, solange die Musik gespielt hat.»
Ein wunderbarer Vergleich. Nicht nur, weil er uns dazu auffordert, das Leben etwas leichtfüssiger anzugehen und darauf zu vertrauen, dass nach einer Moll- plötzlich wieder eine Dur-Sequenz angespielt werden kann. Er lehrt uns auch, vor lauter Nachdenken über die Zukunft die Gegenwart nicht zu vergessen. Denn, so Watts, «wenn man tanzt, will man nicht am anderen Ende des Raumes ankommen mit seinen Schritten; der ganze Sinn des Tanzes besteht vielmehr aus dem Tanz selber.» Ein Satz, den auch Eltern sich zu Herzen nehmen sollten. Denn es ist zwar schön und gut, sich Gedanken zu machen über die Zukunft des Kindes und es möglichst gut fördern zu wollen. Doch was bringt dem Kind das in zwanzig Jahren eventuell benötigte Chinesisch, wenn es deswegen heute nicht mehr zum Spielen kommt? Welchen Sinn haben all die Kurse und Nachhilfestunden, wenn darob das aktuelle Leben vergessen geht?
Kinder wissen, wie man nach der Melodie des Lebens tanzt
Dabei sind gerade Kinder prädestiniert dafür, mehr nach der Melodie des Lebens zu tanzen. Das weiss jeder, der schon einmal gemeinsam mit einem Kleinkind irgendwohin gegangen ist. Für das Kind steht der Weg, das Jetzt im Vordergrund, nicht das später zu erreichende Ziel. Käfer, Autos, Spaziergänger, auf alles reagiert es. Was spannend scheint, dem wird Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet, ist etwas langweilig, will das Kind möglichst schnell weiterziehen.
Ich will daraus keineswegs folgern, dass wir alle nur noch nach Lust und Laune leben und das Morgen ignorieren sollen. Aber wir sollten uns zwischendurch an Watts Worte erinnern. Macht uns eine Passage unseres Lebens einmal besonders Lust aufs Loslassen und spontane Tanzen, dann sollten wir uns dem nicht verwehren, sondern einfach mit der Musik mitgehen. Nicht dass irgendwann der Epilog angespielt wird und man merkt, dass man seinem vermeintlichen Lebensziel so verkrampft nachgerannt ist, dass man der Melodie gar nie richtig zugehört und dadurch den schönsten Teil der Sonate verpasst hat.
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88 Kommentare zu «Wissen Sie, worum es im Leben geht?»
Interessant ist doch wie direkt nach der einleuchtenden Message eine „Lightversion“ irgendwie rausgefiltert wird so a la „Natürlich sind wir noch alle Realisten und glauben nicht, dass das Leben ein Ponyhof ist – aber nehmen Sie sich doch ein paar Minuten pro Tag Zeit um den Alltagsstress hinter sich zu lassen und die Welt wie die kleinen Kinderlein zu sehen“.
Diese „Lightversionen“ sind direkt abgeleitet aus dem Imperativ des Kapitialismus: „Enjoy!“
Einem Allan Watts war noch klar, dass man erst mal einiges an Alltags- und Vergangenheitsschlick beseitigen muss, um überhaupt die Fähigkeit zu besitzen, sowohl die Welt klarer zu sehen, als auch dem Druck von Aussen standzuhalten.
„Wissen Sie, worum es im Leben geht?“
Nein. Muss ich das denn wissen?
Zur Kulturkritik: Der Mensch ist ein Angsthase. Und weil er so viel Angst vor der unbestimmten Zukunft hat, klammert er sich an gewohnte Rituale. Ob die oder das Brechen derer glücklich machen kann niemand sagen. Die einen experimentieren und scheitern, die anderen halten sich an Normen und Gewohnheiten und scheitern ebenfalls. Wer sich wie Epikur auf die primären Bedürfnisse abstützt, hat grosse Chancen Glück zu finden. Wie er das erreicht, spielt keine Rolle, das Glück liegt im Zustand und nicht in der Zukunft.
Ja, schöner Beitrag Frau Kuster, die Grundidee findet sich ja hier und da. Spontan erinnere ich mich an „Dead Poet Society“. Dort kam aber noch ein anderer Aspekt zum Zuge… an den ich glaube.
Das ist etwas, das jeder selbst rausfinden muss. Selbst und für sein eigenes Leben. Was er oder sie WILL – mit dem Leben anfangen will. Das lässt sich so schlecht vermitteln wie auch andere emotionale Grundlagen. Und gehört ausserdem – und das ist jetzt von mir – zum Lernprozess dazu, der ein Leben lang stattfindet. Was man mit dem Leben anfangen will findet sich viel leichter, wenn all diese „Korridorziele“ wie Beruf, Ehe, Kinder, Karriere (und dazu das Einfamilienhaus, der Audi und das Motorboot) einmal erreicht (oder „überstanden“) sind. Midlife-Crisis sozusagen als Chance dafür.
Ja, Robert, die Suche nach dem Sinn des Lebens ist vermutlich ein lebenslanger Lern-, oder vielleicht viel mehr ein Suchprozess?. Herauszufinden, WAS man will ebenso, ist doch vor allem das Wollen zeitlebens verschüttet worden von dem, was andere für uns und von uns wollen. (Eltern, Gesellschaft, Staat, Wirtschaft inkl. Werbung etc.) Auch muss das, WAS wir wollen nicht zwingend der Sinn des lebens sein, aber vielleicht, DASS wir unsere Berufung finden, ihr nachgehen und somit das, was wir tun mit Liebe, Herz und Leidenschaft tun.
Es gibt übrigens Menschen, die haben von vornherein einen Bogen um all diese Korridorziele gemacht und suchen trotzdem ein Leben lang, denn Berufung und der notwendige Broterwerb beissen sich oft. Midlifecrises sind eine Chance, ev. auch nur eine Kompensation?
Watts war in der Tat eine relativ interessante Person, allerdings ist vieles, was er gesagt hat, nicht besonders originell, weil „bei Anderen geklaut“ (in erster Linie bei Zen-Vertretern und Krishnamurti). Die Denkarbeit hat er sich damit ein Stück weit erspart. Man sollte auch beachten, dass er – genauso wie jene, bei denen er abgeschaut hat – ein relativ privilegiertes Leben hatte, und das macht vieles einfacher. Persönlich lese ich lieber die Originale.
Natürlich soll man tanzen und singen. Aber wenn man’s nicht ganz allein machen will, dann soll man’s bitte erst mal lernen und nicht die ganze Umgebung mit seinen stümperhaften Versuchen nerven. Dazu bitte nach dem Tanzen und Musizieren auch nicht betteln gehen, sondern arbeiten, das kann man sogar vorher machen. Denn wenn auch Musik und Tanz schöne Dinge sind (wenn sie schön sind) – nicht das ganze Leben besteht daraus. Irgendwas hat sich’s ohnehin ausgetanzt und -gesungen. Übrigens: Watts wurde gerade mal 58 und starb als gescheiterter Priester und Alkoholiker. Eigentlich nicht gerade das, was ich mir unter einem Weisen oder Freund der Weisheit vorstelle.
Ich hab mal irgendwo gelesen man sollte jeden Tag für ein Moment an den Tod denken.
Dann entschleunigt man schon, und lernt, wenn auch für nur einen kleinen Augenblick, innezuhalten um das Leben zu geniessen. Genau so, wie sie gerade passiert, mit genau dem, was sie gerade anbietet.
Und dann weitermachen wie vorher, denn man muss…
Der Artikel redet vom leben vor dem Tod, und er (der Artikel) hat recht.
Was aber, wenn es auch ein Leben nach dem Tod gibt? Das Blöde ist, wir wissen es nicht. Das Leben nach dem Tod ist unserem Zugriff entzogen. Gerade darum ist es unwissenschaftlich zu behaupten, es gebe kein Leben nach dem Tod. Richtig ist: wir wissen es nicht; der Verstand muss es offen lassen. Schon die Juden im Altertum waren sich uneins, ob es nach dem Tod weitergehe oder nicht, und auch wir heute wissen nicht mehr.
Dessen ungeachtet sind die Mythen vieler Kulturen rund um den Globus voll von einer Ahnung, dass nach dem Tod etwas Neues, anderes komme. Was ist da dran? Alles Humbuk? Oder steckt mehr dahinter, weiss die Volksseele mehr als die Wissenschaft? Dann verlöre der Tod seinen Schrecken.
Es gibt ein Leben nach dem Tod, nur ist das nicht selbstverständlich. Wenn ich Platon lese und etwas finde, was mehr ist, als ich ohne ihn finde, lebt Platon. Wer aber nichts hinterlässt, ist ewig tot.
Die Religionen sind derzeit immer noch viel klüger als der Zeitgeist. Man muss die nur in ihrer Sprache lesen und verstehen können. Gott ist der einzige Garant dafür, dass Geschichte eine Richtung hat. Die Geschichtsforscher können das nicht beweisen und geben das auch zu.
Gott ist der einzige Garant, dass es Moral gibt. Wer Gott erkennt, hat ein Leben nach dem Tod, nur das er das natürlich nicht mitbekommt. So weit geht es auch wieder nicht.
Mein Leben ist nicht das, wohin ich meine Tatzen ausstrecke, mein Leben ist nur das, was ich denke. Das ist potentiell ewig.
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es kein Leben nach dem Tod. Ihre Rhetorik ist deshalb falsch, wie die berühmte Teetasse die um den Uranus fliegt – (es wurde noch nie wissenschaftlich bewiesen, dass sie es nicht tut. Dennoch ist es nicht unwissenschaftlich zu sagen, dass keine Teetasse um den Uranus fliegt.)
Dass es dennoch möglich sein könnte, ist etwas anderes. (Ich weiss nicht, was ich nicht weiss.)
Dass Menschen aller Kulturen eine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod haben – ist kein Hinweis, dass es eines gibt, es ist nur ein Hinweis, dass der Mensch ein Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit hat und dass ihm dieser Gedanke nicht gefällt. (Natürlich könnte es dafür auch eine spirituelle Erklärung geben, aber diese ist nicht wissenschaftlich. Grosser Unterschied.)
@RoXY: Dass Menschen aller Kulturen eine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod haben – ist kein Hinweis, dass es eines gibt, es ist nur ein Hinweis, dass der Mensch ein Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit hat und dass ihm dieser Gedanke nicht gefällt.
Dazu müssten Sie mir aber zuerst einmal beweisen, dass unsere Existenz wirklich das ist, was sie zu sein scheint!
…sagt der Agnostiker mit einem leichtem Hang zum Solipsismus.
Unsere Existenz existiert ausserhalb unser.
Aber bitte: Ausser unser..?! Vater unser? Mutti, das ist aber stark erklärungsbedürftig!
Ausser unser. Es gibt zwei Erklärungsmodelle. Die Schraube entwickelt sich von sich aus von eisenhaltigen Stein, oder wird von Menschen aus dem gemacht.
Der Mensch ist von sich aus der Ursuppe nach ein paar Donnerblitzen entsprungen, oder die gesamte evolutionäre Genese stimmt schon so, nur war ein gestalterischer Wille das Entscheidende.
Kann man mit Naturwissenschaft weder beweisen, noch widerlegen. Geht wirklich nicht. Ich bin für den gestalterischen Willen, für Gott oder den Weltgeist. Es gibt eine objektive Zukunft und die kann es nur ausserhalb von Kausalität geben.
Seit der Quantenmechanik wissen wir doch, dass es keine Versuchsanordnung gibt, die Zukunft entscheiden kann. Zukunft kann nur Gott entscheiden. Aber auch nur, weil er nicht irren darf.
Das ist das entscheidende Argument gegen Pluralismus oder Dualismus. Es gibt immer nur eine Wahrheit. Nur genau eine. Es gibt keine Konkurrenz von Wahrheiten. Wettbewerb ist Schwachsinn für Analphabeten. Es gibt immer nur Eins. Und das Eine nennen wir Gott.
Gott braucht man, um sich sicher zu sein, dass es nur eine Zukunft gibt. Das steht aber im Widerspruch zur Wettbewerbsgesellschaft, denn die will unklare Ausgänge, wie z.B. im Sport. Das wollen wir aber nicht.
Schrauben entstehen nicht von sich aus und Menschen auch nicht. Der Grund, warum es Schrauben oder Menschen gibt, steht zeitlich- räumlich nicht davor, sondern danach.
Von Trivialfällen abgesehen haben Krankheiten keine Ursachen, sondern sind Notwendigkeiten. Die Zukunft ruft nicht nach lebenden, sondern nach toten Menschen. Jeder Mensch, der einen Tag länger als notwendig lebt, lebt eine Tag Zuviel. Das Globalsystem Erde hat keine Bedarf an Langlebenden. Die müssen weg.
Dafür gibt es Gott. Das Prinzip der Welt ohne Partikularinteressen. Zurück zum Thema, das Werden verstehen nur Menschen, die bereit sind, das Sein aufzugeben.
ML – an ihnen ist ein Scholastiker verloren gegangen… Und sie wissen ja, ihr Dogmatismus behagt mir nicht.
Zuffy – beweisen kann man in diesen Fragen nichts. Ich persönlich mache mir nur über die Fragen Gedanken, bei denen ich in einer tieferen Ergründung einen Nutzen sehe. Also so wie oben: Ist es der Fehler Ziele zu haben, weil viele Menschen in der Erreichung ihrer Ziele, das Leben verpassen oder liegt der wahre Grund für dieses Übel irgendwo anders?
Oder hier: was sollte eine sinnvolle Schlussfolgerung auf die Tatsache unserer Sterblichkeit sein?
Das Mysterium des Universums, unserer Existenz, unseres Bewusstseins … darüber kann man endlos spekulieren und nie wissen… Liedtipp: OMG – von Marteria (nix da 80′ Bubble)
und ML um ihren Dogmatismus doch noch zu widerlegen: natürlcih wird es nur eine Zukunft geben, aber woher wollen sie wissen, ob es nicht auch eine andere geben könnte?
Sie tischen eine einfache Zirkelschlusslogik auf, die an sich harmlos wäre. Das Problem ist nur, dass Leute, die diesem Dogmatismus aufgesessen sind, regelmässig die Hölle auf Erden brachten, indem sie sich absurderweise einbildeten, dass eben gerade sie nun wüssten was Gott oder die Vorsehung gerade so vorhabe und sie nun Plan der Verwirklichung der einzig möglichen Zukunft seien. (Sie selbst legten ja auch schon diesen Propheten-Komplex an den Tag mit ihren absoluten Zukunftsprognosen. Was mir zeigt, dass Menschen zum Dogmatismus neigen, die meinen ihre eigenen Gedanken seien unfehlbar.)
ML & RoXY, darauf antworte ich Ihnen mit Heidegger:
„Das Nichts nichtet.“
Mehr kann auch ich dazu nicht sagen, selbst wenn ich wollte.
Spannende Diskussion (danke). 🙂
Ich frage mich gerade, wer wohl näher an der Wahrheit ist:
• Der Grieche, der mit dem Kopf denkt („ich denke also bin ich“) (ja ich weiss, das ist vom Franzosen, nicht vom Griechen; aber der Hintergrund des Franzosen ist griechisches Denken); oder
• der Jude, der mit dem Herzen glaubt („ich glaube, also bin ich“
?
auch diese typische Rhetorik taugt im Realitätscheck nichts Alpöhi – ihre Gegensätze sind samt und sonders konstruiert
1. Nichts gegen eine poetische Sprache, mir gefällt das auch. Dennoch müssen wir nüchtern anerkennen, dass das was Sie „Herz“ nennen, nichts anderes als der „Kopf“ ist. Sämtliche „Glaubensaktivitäten“ finden im Gehirn statt.
2. Glauben ist eine Art zu Denken. Sie wollen mit ihrer Rhetorik einen Unterschied machen, den es nicht gibt. „Wer ist näher an der Wahrheit, der der denkt, oder der der glaubt?“, fragen Sie, als ob glauben und denken zwei unterschiedliche Klassen wären, dabei ist es ein und dasselbe. Es ist doch vielmehr die Frage, WAS ein Mensch denkt/glaubt.
Wie können sie nur aus „Glauben“ eine Art Kategorie machen, die evt. „näher an der Wahrheit“ ist? Alle Menschen glauben irgendetwas. AH und seine Anhänger glaubten an den Endsieg und dass ihn die Vorsehung auserkoren hat, andere glauben dass ein blauer Stein sie vor dem bösen Blick schützt, andere glauben, dass ihre Träume sozusagen von einer äusseren Macht geschickt sind, andere glauben, dass sie nur Echos ihrer eigenen Gedanken, Ängste, Wünsche etc. sind.
Früher glaubten man, die Erde sei ein Scheibe oder Krankheiten würden von bösen Geistern verursacht, heute nicht mehr, weil man ganz einfach mehr weiss. Glauben ist eine typisch menschliche Art zu Denken.
Denken sie darüber nach!
RoXY, Sie täuschen sich wahrscheinlich. Im Buch „Darm mit Charme“ wird nebenbei dargelegt, dass unser Verdauungsorgan autonom arbeitet, also auch ohne das Hirn und Rückenmark, weil es ein eigenes Nervensystem hat. Das gibt der Redewendung vom „Bauchgefühl“ einen ganz neuen, überraschenden Hintergrund, der noch viel zu wenig erforscht ist.
Mit dem Kopf können Sie wissen, dass etwas „wahr“ ist. Das ist gut. Aber mit dem Bauch / Herz können Sie schon lange vorher „spüren“, dass etwas wahr ist, auch wenn es der Kopf noch lange nicht verstehen oder beweisen kann.
Alpöhi – ich hab mir noch gedacht, dass sie nun damit kommen. Das ist wieder typisch: man will in das alte Buch irgendwelche neuen wissenschaftliche Erkenntnisse hineininterpretieren.
Aber ihre Konstruktion hat weder Hand noch Fuss. Die Bauchintelligenz ist so wie die Aktivitäten des Hirns, stetig am Werk, ob bei der Partnerfindung, der Entscheidung welche Zahnpasta man kauft oder sonst was. Und beim Glauben (und Beten) sind genau gleich, wie ich schon sagte, Hirnregionen aktiv (wissenschaftlich belebt). Also ist ihr Gegensatz zwischen „denken“ und „glauben“/ „Kopf und „Herz“ wie sie ihn angeführt haben, nach wie vor konstruiert.
„Von ganzem Herzen glauben“ – meinte denn seit je her auch nichts anderes, als „mit voller Überzeugung“ glauben.
Mit voller Überzeugung (und viel Bauchgefühl) glauben und glaubten auch die von mir erwähnten Beispiele an ihre Sachen. Ihre Bauchintelligenz-Argument tut dieser Sache gar keinen Abbruch. Und deshalb bleibt nach wie vor bestehen: „glauben“ ist nicht eine Kategorie die man „denken“ gegenüberstellen könnte und schon gar nicht etwas, dass per se „näher an der Wahrheit“ sein könnte.
Einzig entscheidend ist WAS man glaubt/denkt, ganz egal wie viel Bauchintelligenz dabei ist. Wenn sie ehrlich sind wissen sie selbst, dass der Mensch auch mit vollem Enthusiasmus (von ganzem Herzen) sowohl gutes/wahres, wie auch böses/falsches glauben-erstreben-anhängen-denken (oder wie sie es immer nennen mögen) kann.
und nach wie vor: OMG – Marteria
Vielleicht ist er „näher an der Wahrheit dran“?
(Aber schon hören, nicht nur nachlesen, mit dem Kopf! Hören und hören und hören, vielleicht antwortet dann das Bauchhirn mit Zustimmung)
Danke für diesen Artikel. Habe bis jetzt immer nach diesem Motto gelebt, dafür die Karriere geopfert, die Freiheit genossen. Leider wird es selbst für mich immer schwieriger so weiter zu leben. Weil: Zu viel Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, zu viel Druck bei der Arbeit, „New Economy“, „Kreative Zerstörung“, „Share Economy“, alles was gerne mit Modernisierung gleich gestellt wird, aber in Wahrheit nur illegale Ausbeuterei ist. Es wird schwierig, selbst in der CH, noch Geld zu verdienen, wenn man nicht mehr der Jüngste ist. Aber, und das meine ich so, ich lasse mich nicht unterkriegen. Irgendwie werde ich es trotzdem weiterhin schaffen. Vielleicht ändere ich meinen Tanz so lange die Musik noch spielt.
Werni Sägesser, ich weiss genau, was sie meinen und es geht mir vermutlich ähnlich. Wie eine kleine Raupe habe ich mich als stets träumender Teeny verpuppt und schliesslich mein enges, starres, aus unzähligen Auflagen und Erwartungen meines Umfeldes gewobenes Kostüm gesprengt und abgestreift. Ich habe gelernt zu tanzen, mich nicht mehr manipulieren und fremdbestimmen zu lassen, auf Konventionen zu sch… und MEINEN Weg zu gehen. Ich war voller Leidenschaft, heiss oder kalt und Träumerin zugleich. Ich wusste, dass die schönsten und wertvollsten Dinge nichts kosten und war deshalb auch nie auf Karriere aus. (Liebe, Nähe, warme Sonnenstrahlen auf der Haut, ein Abenrot, der Duft von Blumen, ein Lächeln…) Ich war eine Rebellin auf eigenen Füssen stehend und es gab immer einen Weg…
….ich dachte, das wird immer so bleiben. Ich war finanziell eine Minimalistin und habe mich gerne eingeschränkt. Das Leben im Jetzt, die Freiheit und der Luxus Zeit waren mir immer wichtiger als alle Normen. Heute bin ich älter und irgend etwas hat sich geändert. Die Wirtschaft will uns Ältere nicht mehr und für Rente sind wir noch zu jung. Die vor langem schon abgelegte Zwangsjacke will wieder dominieren und mir Angst machen. Ich will unabhängig bleiben, aber Zukunftssorgen und Existenzängsten sind der Zversicht gewichen. Ich bin etwas verwirrt. War ich nicht dem Sinn und dem Glück auf der Spur, mit wenig zufrieden und der Kapitän meines eigenen Lebens? Irgend etwas hat mich wieder auf die „falsche Spur“ gebracht, es geht nicht mehr einfach so weiter wie bisher, auch nicht minimal….
„…und für Rente sind wir noch zu jung.“ Ja, ich denke ich weiss was Sie meinen, geht mir auch so. Aber, ich stelle mir dann die Frage: „Ist das wichtig?“. Wenn man alles mit etwas Abstand betrachtet, sieht es schon besser aus als man dachte. Aber uns geht es zum Glück noch gut. Mal schauen wie lange noch. Ich bin trotz Allem zuversichtlich. Herzliche Grüsse.
Leider nein: die Ausbeutung ist ganz legal und wird noch weiter gefördert von der „Geiz ist geil“-Fraktion.
Stimmt nicht ganz. Uber ist illegal und wurde auch in vielen US-Städten verboten. Das es in Frisco noch solala läuft sagt mehr über die Stadt aus. Airbnb ist semilegal, ich würde nie etwas da buchen, auch Uber fahre ich nicht. Sie haben Recht: „Geiz ist geil“ ist sehr kurzsichtig. Am Schluss leiden alle darunter. Hier ein Interessanter Beitrag über die „Share Economy“, nicht neu aber trotzdem aktuell: https://www.youtube.com/watch?v=1Wh9xxFOATk
Interessannt, Werni Sägesser, auch mit dem, was Sie betreffend Uber und Airbnb sagen, gehe ich mit Ihnen vollkommen einig und werde dies aus sehr vielen Gründen nie unterstützen. (Mit dieser Meinung stehen wir aber ziemlich alleine da.)
Ob es wichtig ist, dass wir für die Rente zu jung sind? Wenn man die Unabhängigkeit und die freie Lebensgestaltung dem Sozialtropf des Staates vorzieht denke ich schon, dass es ärgerlich ist. Oder meinen Sie, auch das sollte bei einer „inneren Freiheit“ keine Rolle mehr spielen? Seien Sie ebenfalls herzlich gegrüsst.
Hildegard, es ist halt schon so, dass es sich mit vollem Magen leichter philosophieren lässt. Dem bin ich mir bewusst. Aber es hilft sehr, wenn man keine absolute Sicherheit braucht, die es ja auch nicht gibt, wir leben von einem Tag auf den Anderen, auch wenn es nicht so aussieht. Andersherum gesagt, es ist hilfreich, wenn man mit einer gewissen Unsicherheit leben kann, d.h., um auf den Ursprung zurück zu kommen: Den Augenblick geniessen. PS: Freut mich, dass Sie die „Share Economy“-Sache auch so sehen. Gruss.
@ Werni Sägesser
Nun, Uber sind Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger, die sich steuerfrei etwas dazuverdienen, während sie der Allgemeinheit weiter auf der Tasche liegen.
Mit legaler Ausbeutung meine ich halt auch Arbeiter in Minen, T Shirts für 3.- usw
Dem Durchschnittsbürger ist ja scheissegal, wie andere Leute leben müssen, solange nur er selber möglichst viel und möglichst billig konsumieren kann. Dass Andere dafür teuer bezahlen spielt da keine Rolle. Fängt bei der chinesischen Fabrikarbeiterin an und hört beim brasilianischen Huhn noch lange nicht auf.
Werni Sägesser, ja, es ist einfacher, wenn man mit Unsicherheiten keben kann. Ich dachte immer, irgend einen Job findest du immer. Aber nicht mal darüber bin ich mir sicher und gar nichts verdienen geht hier einfach nicht. Und wenn du schlussendlich bis ganz auf Null bist, wirst du immer handlungsunfähiger hier.
Betr. Airbnb habe ich mich unter anderem kürzlich so geäussert: „…Solche schnell wachsenden Onlinegiganten die alles an sich reissen, nur um am Schluss Monopole und alle Macht über gewisse Sektoren zu besitzen hinterlassen bei mir einen üblen Beigeschmack und ich supporte das nicht! Die „Ware Mensch“ verkommt je länger je mehr zu deren „Jongliermasse“ für ihre kommerziellen Zwecke, bis zum Ausverkauf unserer Daten und unseres Konsumverhaltens. Langfristig schädlich…“
Dank an Tamar von Siebenthal und Hildegard für Ihr Feedback. Bleibt nur noch eines zu sagen: Geniessen wir das Leben, so wie es im Artikel steht, zuviel Sorgen sind auch ungesund. In jeder Minute, in der man sich ärgert, verpasst man 60 Sekunden Freude. Alles Gute Ihnen.
Schöner Beitrag Frau Kuster! Danke
Immer wieder einmal innehalten im „Wahnsinn des Alltages“.
Auch hilfreich die 3 Antiburnoutfragen:
1. MUSS ich das wirklich?
2. Muss ICH das machen?
3. Muss ich das sofort machen?
So kommt man weg vom ewgine ich sollte, ich muss noch… Und es gibt immer mehr wollen und wahres Leben.
Seit ich die 3 Fragen regelmässig stelle, hat sich mein Leben entschleunigt und verbessert – und es funktioniert trotzdem alles bestens- sogar noch besser. Weil ich dann die Hemden vielleicht erst morgen bügle, dann aber in einem Zeitpunkt, in dem ich darauf „Lust habe“ (na ja, so sehr man auf Bügeln Lust haben kann-aber mindestens mit einer gewissen positiven Haltung, und nicht wie früher „es schnell hinter mich bringen“).
Danke für die drei Fragen. Eigentlich total simpel, aber bestimmt hilfreich, weil man sich so ganz einfach jederzeit wieder daran erinnern kann, dass man doch sein Leben etwas entschleunigen wollte.
Schön geschrieben, aber leider besteht für viele Menschen der Alltag daraus, dass sie ums Überleben kämpfen und damit meine ich nicht nur Menschen in Kriegsgebieten und Hungerzonen.
„Wie bezahle ich die Miete, die Krankenkasse, reicht das Geld bis Ende Monat?“ Jemanden mit solch elementaren Problemen fällt es nicht leicht, das Leben zu geniessen.
Genau, TvS. Nun könnte ich eine ganze Reihe von Aphorismen ablassen, absondern oder scheissen, je nach dem- aber was soll’s? Namedropping sei uncool, habe ich mal irgendwo gelesen 😉
Machen Sie trotzdem von Ihrem Recht auf Ablenkung Gebrauch: Es hilft auf jeden Fall, die manchmal harten Schläge des Lebens wenigstens abzumildern 😉
Ja, TvS. Und dennoch: Wenn diese Menschen nicht sich freuen können am kleinen Glück am Wegrand, ist alles verloren. Denn wozu leben, wenn alles eh nur Stress und Sorge ist? Es wäre daher hilfreich, sich das kleine Glück auch in „gestresster Zeit“ zu erstreiten.
Gerade wenn einen solche Sorgen plagen, wäre es umso wichtiger, zwischendurch abzuschalten und das Leben zu geniessen, da gehe ich mit Alpöhi einig. Zumal „Leben geniessen“ ja keineswegs heisst, dass man dafür zusätzliches Geld ausgeben muss.
jedem/r, der sich hierzulande mit solchen problemen plagt und darob die lebensfreude verliert empfehle ich, mal eine zeitlang in einem südamerikanischen land zu verbringen – die leute HABEN keine krankenkasse und meist nicht genügend oder nur knapp genug zum leben, aber die lebensfreude ist enorm! kann ansteckend wirken. ich persönlich finde es bewundernswert. diese menschen rennen nicht stur einem ziel hinterher sondern geniessen den moment, und geniessen ihn wirklich. mit ganz einfachen dingen: mit freunden/familie essen, musik, tanzen. es braucht nicht viel.
Wie wahr, wie wahr lieber Zuffy und Alpöhi.
Trotzdem war es nicht immer einfach, in der ganzen Trostlosigkeit einen Momment des Glücks zu erhaschen. Und das Verrückte ist, dass ich so Mühe habe, mich an das Glück zu gewöhnen. Ich geniesse zwar jeden Tag viel Glück, argwöhne aber hin und wieder…..
@ extraterreste
Und Sie leben so wie beschrieben, in völliger Armut und doch voller Lebensfreude? Oder sprechen Sie doch eher von Ihren Reisen in diese Länder?
nein, ich lebe nicht in armut, habe alles, was ich brauche, und trotzdem manchmal mühe, mein ziel aus den augen zu lassen und einfach mal zu geniessen.ich habe fünf jahre in einem südamerikanischen land gelebt. die menschen, mit denen ich dort befreundet war, hatten sorgen und nicht viel geld, aber sie lebten das leben wie musik und nicht wie eine reise, konnten lachen und loslassen. das fand und finde ich bewundernswert.
oder mit anderen worten:auch ich plage mich damit,wie ich krankenkasse, miete, etc. zahlen kann.dann fällt es auch mir schwer, diese gedanken einfach mal beiseite zu schieben und das leben zu geniessen.die leute in südamerika, die ich kennengelernt habe, hatten nicht einmal krankenkasse,und noch vieles andere nicht,aber sie waren trotzdem nicht so verbissen hinter ihrem ziel her (obwohl es für sie lebenswichtig war!) wie wir es hier manchmal sind.sie konnten eben loslassen und vergessen,auch nur für einen moment,dafür aber richtig.das möchte ich auch können.vielleicht sind diese menschen deshalb auch so muskialisch und tänzerisch begabt?
Schön, wenn man es sich leisten kann, solche teuren Reisen zu unternehmen. Was aber halt auch zeigt, dass Sie keine Ahnung haben. Spenden Sie doch alles, was Sie haben und nehmen sich ein Beispiel an diesen Leuten, dann würden Sie wissen, wovon ich spreche.
ich kann es mir nicht „leisten,solch teure reisen zu unternehmen“. ich habe in diesem land gelebt und gearbeitet und den dortigen lohn bezogen und unter dortigen verhältnissen gelebt. das hat mich viel über das leben gelehrt und habe bisweilen mehr ahnung davon als all die verwöhnten leute hier, die alles haben aber sich dessen nicht bewusst sind.ich nehme mir ja grad ein beispiel an diesen leuten, oder versuche es zumindest.sie haben meinen text nicht gelesen oder willentlich missverstanden. so diskutieren bringt nichts.
Schlimmer geht immer, ist aber leider kein Trost für jemanden in dieser Situation.
Nun, ich habe diese schlimmen Zeiten hinter mir und versuche vorwärts zu schauen und nicht zurück.
Worum es im Leben geht? Das ist beim Menschen nicht anders, als bei der gemeinen Beutelratte. Sich vermehren und Ressourcen ansammeln. Der einzige Unterschied zur Beutelratte ist die neue Ressource Bildung und Erfahrung. Wenn man Glück hat, kommt man einst in das Stadium, sich auf das Ansammeln von Bildung beschränken zu dürfen.
Weiss die Beutelratte, dass sie sterben wird?
Das Leben ist ein Witz, ein Spiel, dass wir nicht gewinnen können, oder wie Woody Allan sagte:
Das Leben ist eine Komödie, geschrieben von einem Sadisten.
Uns hilft da nur Humor, das Lachen über die Ausweglosigkeit unserer Daseins. Voraussetzung darüber Lachen zu können, ist uns selber nicht allzu ernst zu nehmen.
Was mir auch noch gefällt: Warum ist leben besser als tot sein? Es ist immer besser, eine Option zu haben.
@Anh Toan: „Warum ist leben besser als tot sein? Es ist immer besser, eine Option zu haben.“
Also ist Ihre Antwort, auf die Frage „Sein oder nicht sein?“ im Fall „Beides“. Ja, das hat was. Warum nicht? 🙂
Genau, Anh Toán: Man kann das Leben als Tragödie sehen- oder als Komödie. Bei mir ist es ganz eindeutig Letzteres! Vielleicht noch eine Prise Camus dazu:
„Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Strassenecke anspringen.“
Und dann noch mein ausgesprochen agnostisches Weltbild – et voilá, fertig ist die unendlich komische und immer unwirklicher erscheinende Leichtigkeit des Seins!
Muss mich korrigieren:
…fertig ist die unendliche Leichtigkeit eines immer komischer und unwirklicher erscheinenden Seins!
Ein bisschen Eitelkeit muss sein, sorry.
Jaaa!
„Always look on the bright side of life (tüdü, tüdü, tüdüü-tüdüü-tüdüü)“
Mascha Kalekos letzte Zeilen im Gedicht „Sozusagen grundlos vergnügt“:
…ich freue mich, dass ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Dass alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freue mich, dass ich….Dass ich mich freu.
Mit dieser Qualität des Innehaltens, der wachen Wahrnehmung des Gegenwärtigen, der zweckfreien und sinnlichen Verbindung mit dem Moment (bei den Kindern würden wir von der autotelischen Fähigkeit sprechen) kann das alltäglich Reisen zur alltäglichen Bereicherung werden.
So schön, danke
Ich finde den Artikel wunderschön geschrieben, vielen Dank. Er spricht mit direkt aus der Seele und ich versuche dies seit Jahren so zu leben – auch wenn es nicht immer einfach ist sich selbst und den Gedanken daran nicht zu verlieren. Für mich geht es noch ein Stückchen weiter. Ich denke viel über die Gesellschaft in welcher wir geboren wurden nach und träume davon, die kleinlichen irdischen Gegebenheiten in welchen wir uns tagtäglich so oft verfangen zurückzulassen. Ich stelle mir oft vor, wie es wohl wäre wenn die Ganze Menschheit am selben Strick ziehen würde, das Konkurrenzverhalten minimieren würde, Wirtschaft in den Hintergrund rückt und wir leben würden, um weiterzukommen und uns gemeinsam weiterzuentwickeln. Idealistisch und utopisch vielleicht, dennoch irgendwie erstrebenswert.
Schön haben Sie das geschrieben, Frau Kuster 🙂
Danke. 🙂
Mir gefällt eigentlich das Bild, dass das Leben eine Reise ist. Ich finde nicht, dass dies zwingend dazu führen muss, dass man gestresst am eigentlichen Leben vorbeilebt.
Vielmehr sollte es dazu führen, dass man die einzelnen Stationen geniesst, im Wissen, dass sie eben kein bleibender Zustand sind. Kind/Jugendlicher/junger Erwachsener/Eltern von Baby-Kleinkinde-Kind-Jugendlichen…
Jede Zeit ist wundervoll und auch herausfordernd. Nichts ist bleibend, im Guten, wie im Bösen. Diese Sicht hilft, dass man beweglich und flexibel bleibt, nichts allzu ernst nimmt und sich auf die künftigen Tage freut, in denen man wieder neues Land erobern will.
Ein Leben im Jetzt das in Bewegung ist. Nicht in einem Jetzt, das man statisch festhalten will.
Wenn das Leben eine Reise ist, dann wartet am Ziel der Reise der Tod. Und schon merken wir: Das Ziel kann nicht das Ziel sein. Der Weg ist das Ziel! Und dann passt das Bild mit der Reise wieder. Auf einer Wanderung wollen wir ja auch nicht möglichst schnell auf dem Gipfel sein, sondern unterwegs möglichst viel sehen.
und ich dachte, Sie wären ein Pilger…
Nun, der „Weg ist das Ziel“ ist ein populärer Spruch, sagt alles und nichts. Denn er stimmt ja nur, wenn ich eine Weltreise machen, wo es gerade um die Reise und „die Wunder am Wegrand“ geht. Wenn ich hingegen mit dem Auto in ein Wellness-WE fahre, ist der Weg zum Ziel nicht das eigentliche Erlebnis.
Im Leben ist tatsächlich der Tod das Ende des Weges. Und weil das so ist, ist das Leben eine Art „Weltreise“. Es geht nun aber nicht darum unbedingt den Tod zu erreichen, sondern eben diese Weltreise zu geniessen. Dazu sollte man aber auch einigermassen attraktive Etappenziele bzw. Aufenthaltsorte haben und nicht unbedingt Jahrzehntelang in der Wüste umherirren (es sei denn, das macht einen glücklich).
Ach RoXY. Machen Sie doch nicht immer alles so kompliziert… Im Grundsatz war ich mit Ihnen einverstanden, schrieb das aber nicht hin, weil es mir hinreichend klar schien… Lesen Sie auch meine Replik zu MZ, wenn Sie mich verstehen wollen.
Weltreise, Etappenziele… Ja. Aber was soll ich an einem Etappenziel, wenn ich da das Glück nicht finde? Das Glück liegt immer am Wegrand – da, wo wir gerade sind, nicht am nächsten Etappenziel.
Das gilt auch dann, wenn wir gerade in der Wüste sind. (Wüstentrekking soll sehr eindrücklich sein…)
Und wenn wir in die Ferien fahren, beginnen die Ferien nicht erst am Ziel der Reise. Auch die Reise selber ist bereits Ferien, wenn man sie entsprechend plant.
Dem Stimm ich aber nicht zu. Ich finde es nicht, dass mein Ziel im Leben eben kein Ziel sein kann, weil am Ende der Tod auf mich wartet. Dass wir nicht ewig leben ist uns allen mehr oder weniger bewusst, oder wird uns gerade in zunehmenden Alter immer mehr bewusst. Zuerst verängstigt, doch irgendwann heissen wir den Tod als Willkommen. Es ist also doch ein Ziel, auch wenn wir uns dieses in Jungen Jahren nicht wünschen. Wichtig ist doch, dass man bis zu dem Ziel am Ende sagen kann: Mein Weg war einfach nur geil, schade ist er zu Ende!
hmmm…. mir ging es darum, dass „das Leben geniessen“, nicht gegen „Ziele haben/sich für Ziele“ einsetzen ausgespielt wird.
Es geht eben nicht darum, ob man Karriere macht oder nicht, sondern darum, ob wir in der Lage sind, Tag für Tag zu „geniessen“. Also auch der, der für eine Olympiamedaille schuftet – dass er auch das „schuften“ (Weg zum Ziel) geniesst.
Es geht also nicht darum, ob ich jetzt ambitionierte Ziele habe oder nicht – sondern allein darum, ob ich in der Lage bin, das was ich tue auch zu geniessen.
Der Tod (Ende der Reise) lehrt mich, dass ich das Leben geniessen soll – egal welche Zielsetzungen ich im Leben hab oder nicht.
Nur mal so normalphilosophisch. Der Tod ist nicht das Ende der Reise Leben. Das Ende findet vorher statt.
ML:
Da kommt mir der Spruch in den Sinn: „Alle wollen alt werden, aber niemand will alt sein“
– aber das haben Sie vermutlich nicht gemeint, oder?
Die Sprüche können Sie allen knicken Alpöhi. Der Widerspruch in dem von Ihnen genannten Zitat und in dem Blog ist: Sein und Werden hängen zwar zusammen, werden aber getrennt gedacht. Ich werde zwar immer älter, aber ich werde deshalb nicht alt. Wenn ich aber alt bin, höre ich auf zu werden, auch älter zu werden.
Das ist jetzt vielleicht zu hochphilosophisch, aber mit dem isoliertem Sein hört das Werden auf und das isolierte Werden duldet kein Sein.
Wer den Moment lebt, ignoriert das Werden und wer wird, ignoriert den Moment.
Ergo, wer unbedingt alt werden will, muss den Moment ausschalten. Was Frau Kuster anbietet, ist philosophisch nicht haltbar. Das Gegenteil aber auch nicht.
Ich versuche, weiter zu werden und wenn das nicht mehr geht, bin ich alt. Aber noch nicht tot.
Ich habe mich da noch nicht klar genug ausgedrückt. Das Leben endet, wenn ich alt bin, nicht wenn ich tot bin. Leben ist ein Prozess, Sein ist ein Punkt. Solange ich alt werde, bin ich nicht alt.
ML – nichts zwangsläufig vorher …. selbst mit ihrer nachfolgenden Interpretation nicht, ist gibt ja auch noch einige die scheiden völlig unerwartet aus dem Leben – andere schliessen schon vorher ab zwischen (1 Tag und einigen Jahren) – richtig ist sicher, dass man den Zustand von „Ende der Reise“ und „Tod“ möglichst nah beieinander haben sollte.
Der Gegensatz zwischen „sein“ und „werden“ muss sich nicht zwingend gegenseitig ausschliessen. Ich denke eher dass die Realität selbst, fast immer aus solchen Gegensätzen besteht. Ich erachte es als ein Problem, dass der Mensch in diesem dualistischen Denken verhaftet.
@öhi – ich hoffe sie verstehen, um was es mir ging.
RoXY,
„Weg und Ziele nicht gegeneinander ausspielen“
Einverstanden. Heisst aber auch (und daran krankt unsere Gesellschaft ein wenig): Die Ziele nicht wichtiger erachten als den Weg, sondern gleich wichtig.
ML,
bisschen arg kompliziert… aber immerhin. Ich würde es so sagen: Leben ist lernen. Wenn ich nichts mehr lerne, bin ich tot.
Wer jung stirbt, ist länget tot. Ein Spruch von meimem Vater
Der Text regt zum Denken an, aber leider sind viele im Leben so stark auf ein vermeintliches Ziel fokusiert, so dass sie den Rest aus dem Blick lassen. (Uni Abschluss etc) Wobei einige Ziele sind uns in das Herz gebrannt, und müssen zwingend erfüllt werden, so wie auch das Suchen und Finden der grossen Lieben und des Partners, mit dem wir gerne weitere Ziele verfolgen. Vielleicht ist ja das Leben gar nicht so kompliziert und gar nicht so voller Ereignisse wie wir es immer glauben wollen, sondern vieles verbirgt sich auch in unsere Talenten, weil alles das wir benötigen steckt eigentlich schon in unserer Seele, doch die wenigsten getrauen sich dem Ruf zu folgen. Es ist das finden seiner Berufung die einem Spass macht und das einem Antreibt, und man es eben nicht mehr als Arbeit ansieht.
„Es war vielmehr etwas Musikalisches, zu dem man hätte singen und tanzen sollen, solange die Musik gespielt hat.“
Genau so habe ich gelebt, nie Karriere gemacht, auch weil ich das gar nicht wollte- ich bereue nur Wenig: Die Parties waren herrlich, das Reisen auch, die illegalen Autorennen sowieso… Heute, mittelalt, stehe ich mit beiden Füssen auf dem Boden, spüre langsam, wie das Leben zerrinnt; dem Ende zu geht- aber sehe dem mit einer heiteren Leichtigkeit entgegen, ohne das Gefühl, irgend etwas verpasst zu haben, etwas nachholen zu müssen, trotz allen Fehlern, die ich gemacht habe.
„Nichts war so, wie ich es mir vorgestellt habe.“ Alberto Giacometti, gelesen auf einem Pissoir in der Nähe vom Theater am Neumarkt.
Es geht mir gleich wie Ihnen, MZ. Das Leben besteht zum grössten Teil aus Alltag – unspektakulärem Alltag. Das Glück besteht darin, die kleinen Dinge in diesem Alltag zu sehen: Die Sonne, die wärmt. Die Blume am Wegrand. Der Vogel, der pfeift. Die Kinder, die lachen… Und die Frau, die dich in den Arm nimmt und die du liebst.
Und dankbar zu sein für all diese kleinen Dinge, die zusammen ein grosses Glück ergeben.
Im Kleinen liegt das Schöne, Erfreuliche, richtig! Aber über etwas anderes sind wir uns auch einig, Alpöhi: Das Leben ist grausam…
…schön 😉
@Marcel Zufferey
„Heute, mittelalt, stehe ich mit beiden Füssen auf dem Boden, spüre langsam, wie das Leben zerrinnt; dem Ende zu geht- “
das mit den Füssen auf dem Boden finde ich ja prima, aber zu spüren dass das Leben zerrinnt und sich dem Ende entgegen neigt-
also ist es dafür nicht noch ein bisschen früh, auch als Mittelalter? Jetzt kommt doch eine Phase der abnehmenden Verpflichtungen, keine Elternabende etc mehr, Urlaubsplanung/Freizeitgestaltung einfacher, in vielem kann man wieder flexibler sein,- das sollten wir geniessen bevor uns die starren Gelenke boykottieren… 🙂
2/
okay, ehrlicherweise sollte ich doch anfügen, dass mich manchmal ebenfalls so eine Art „Wehmut weil das Ende nicht mehr so weit ist wie auch schon“ überfällt. Und über die ersten Alterserscheinungen bin ich also nicht nur glücklich… .
Na ja, es ist nun mal so, dass die Kerze schon gut zur Hälfte abgebrannt ist. Damit muss man leben.
Diese Wehmut hört auf, Brunhild. Vor dem Berg hat man andere Gefühle, als nach dem Berg. Das Ziel des Lebens ist der letzte Berg, aber das Leben endet nicht am Ziel.
Natürlich Brunhild mit einem E am Schluss (ich muss mich immer wieder selber daran erinnern, dass es eine Brunhild nie gegeben hat): Den Tod vor Augen habe ich natürlich noch nicht. Aber ein gutes Gefühl im Rückblick auf die bereits abgebrannte Hälfte der Kerze. Und das erinnert mich halt immer mal wieder daran, dass die zweite Hälfte auch gleich die Letzte sein wird- in diesem Leben, nota bene. Und das erfüllt mich nur selten mit Wehmut, sondern eher mit einer gewissen Heiterkeit. Und bevor zu viel Pathos in meine Antwort einfliesst, will ich hier jetzt lieber schliessen und mich auf den vor mir liegenden, schönen Abend konzentrieren 😉
Oh f**k: Brunhild OHNE E am Schluss!! Ich bitte tausendundeinmal um Entschuldigung, Brunhilde, ehrlich! Ich werde nie, nie mehr Brunhild mit einem E am Ende schreiben, weil es sonst ja Brunhilde heissen würde und nicht Brunhild 😉
@Marcel Zufferey
🙂
vorallem weils die Brunhild mit E wirklich nie gegeben hat, im Gegensatz zur immer wieder mal empfohlenen „Anne with an e“ (wo bloss deren Empfehler geblieben ist?)
also jedenfalls, gemütlich-heiteren Abend!
Schöner Artikel. Er richtet den Blick wieder auf das Wesentliche. Ich denke ein Problem in der CH ist, dass man sich viel zu stark oder ausschliesslich über die Erwerbsarbeit/Statussymbole identifiziert. Oft ist die erste Frage, wenn man jemanden kennenlernt: „was machst du beruflich?“ Arbeit bestimmt oft das ganze Leben und vor allem das soziale Ansehen. Wir bekommen schon früh eingeimpft, dass man immer gute Leistungen erbringen muss, also leistet man immer mehr, lernt und lernt und identifiziert sich ausschliesslich über die Leistung (workfare). Doch all dies hat seinen Preis (wie ich täglich bei der Arbeit sehen kann): ständiges Getriebensein, so dass man auch am Feierabend nicht mehr abstellen kann, subjektives Gefühl der Beschleunigung, hoher Druck,Leistung bis zur Selbstentfremdung
/immer die Angst vom sozialen Abstieg im Nacken. Karriere ist für viele das oberste Ziel, der Job die Identität, bis der Vorhang fällt. Heute ist es wohl eine wichtige Aufgabe geworden, im Innern das Gefühl für sich selber nicht zu verlieren, mehr im Jetzt zu sein. Dies sollte an den Schulen gelehrt und von den Eltern vorgelebt werden, um die Kinder gut auf das heute komplexe Leben vorbereiten zu können. Die Burnoutraten sprechen für sich.