Mami braucht dringend einen Mann

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Leicht verzweifelte Single Mom, immer auf der Suche nach männlichem Beistand. Eine Szene aus dem Film «The Secret Sex Life of a Single Mom» mit Ashley Jones. Foto: Lifetime Television

Anfang Juli war ich zu einer Party eingeladen. Es war ein lauer Sommerabend, und ich bewegte mich in meinem Sommerkleid leichtfüssig von Small Talk zu Small Talk. Als ich schliesslich zum Buffet stechen wollte, wurde ich von einem Unbekannten angesprochen. Er verwickelte mich in ein Gespräch, das irritierend rasch ins Private abglitt. Keine zehn Minuten nach Beginn der Unterhaltung fragte er mich, ob er richtig liege, dass ich meine Kinder allein erziehe. Ich bejahte. Ist ja kein Staatsgeheimnis. Daraufhin offenbarte er mir nicht nur ungefragt Erfahrungen aus seinen Partnerschaften, sondern fing auch ganz selbstverständlich darüber an zu philosophieren, wo eine Frau wie ich am besten einen neuen Mann von Format kennen lernen könnte. Und das, obwohl ich ihm mit keinem Wort gesagt hatte, in welchem Beziehungsstatus ich lebe.

Ich erklärte ihm höflich, dass er sich keine Sorgen um mein Liebesleben machen solle, und ging zum Kulinarischen über. Doch eigentlich ärgerte ich mich, in der Rechtfertigungsfalle gelandet zu sein, und ich fragte meine Beifahrerin auf dem Heimweg: «Sag mal, sehe ich irgendwie anlehnungsbedürftig aus?» Es kam ein klares Dementi. «Nee, du wirkst tough, selbstbewusst. Vielleicht hoffte er, es gibt was zu holen für ihn.»

Ein Nonnenleben mit «Elfer raus»

Was auch immer seine Intentionen waren: Er ist nicht der erste Partygast, der mein Privatleben zu einem Sonderstatus stilisiert, der unverzüglich beendet werden sollte. Von anderen Single-Müttern höre ich ähnliche Storys. In den Augen von Männern stehen Mamis wie sie offenbar unter Generalverdacht: Alleinerziehende sind permanent auf Partnersuche, weil ihr Dasein schlicht traurig sein muss – erst recht, wenn sie attraktiv sind. Oder aber sie dürsten zumindest nach einer sexuellen Begegnung, weil sie als Alleinerziehende bestimmt ein ödes Nonnenleben führen, in dem «Elfer raus», «Monopoly» und TV-Abende bei billigem Prosecco das Highlight sind.

Dass weder das eine noch das andere zutreffen könnte, scheint nicht ins Schema zu passen. Ja, Frauen wie ich können ein vielfältiges, hybrides Leben führen. Sie können einen festen Partner haben, ohne gleich zur Patchworkfamilie zu mutieren und nur noch in Wir-Form zu reden. Sie können Gelegenheitssex haben oder Langzeitaffären. Oder sie stecken in einer Phase, in der sie nichts von alldem wollen.

Liegt’s am Versorger-Gen oder am «Faultier-Syndrom»?

Vielleicht liegt das Missverständnis am Versorger-Gen der Männer – sie glauben, eine Frau brauche jemanden, der sich um sie kümmert. Das wäre ja irgendwie süss. Ich kenne keine Alleinerziehende, die etwas gegen die Vorstellung hat, die Freuden und Lasten des Alltags irgendwann wieder mit einem tollen Mann zu teilen. Nur vermutet sie den Traumprinzen nicht mehr an jeder Ecke … ähm, auf jeder Party.

Vielleicht hat die Stigmatisierung Alleinerziehender aber auch mit dem «Faultier-Syndrom» zu tun: Es ist für Männer vermeintlich weniger anstrengend, eine Single Mom zu erobern. Schliesslich muss sie mit ihrer Jungschar dankbar für jede Begegnung sein. Und wenn man ihr dieses Gefühl oft genug vermittelt, wird sie es bestimmt irgendwann auch glauben und sich in die starken Arme werfen.

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