Ab wann ist Eifersucht krankhaft?

Eifersucht fungiert als eine Art Alarmanlage. Foto: Raisa Durandi
Mein Partner ist äusserst eifersüchtig. Mich interessiert: Ab wann ist Eifersucht krankhaft? Wann wird es pathologisch? Wie definiert die Wissenschaft die Grenze zwischen normaler und krankhafter Eifersucht?
Es gibt Ausprägungen der Eifersucht, welche aus klinischer Sicht als pathologisch angesehen werden. Dieser sogenannte Eifersuchtswahn wird als Subtyp einer wahnhaften Störung angesehen und ist dann gegeben, wenn der Betroffene fälschlicherweise und unumstösslich von der Untreue des Partners überzeugt ist. Das Krankhafte ist also nicht die Eifersucht per se, sondern vielmehr die Unbeeinflussbarkeit der Wahrnehmung und Fehldeutungen durch Gegenbeweise. Wenn zum Beispiel der Betroffene oder die Betroffene sämtliche Kollegen als Liebhaber ansieht, obwohl es für alle Aussenstehenden offensichtlich ist, dass dies nicht der Fall ist. Diese Art des Eifersuchtswahns ist sehr selten und tritt meist in Kombination mit Schizophrenie oder einer Substanzabhängigkeit auf.
Laut Umfragen geben 80 Prozent der Menschen an, schon einmal eifersüchtig gewesen zu sein. Eine «milde» Form von Eifersucht ist somit weitverbreitet. Dabei scheint es keinen geschlechtsspezifischen Unterschied in Eifersuchtsintensität zu geben, jedoch reagieren Frauen eher auf Hinweise emotionaler Untreue mit Eifersucht, während Männer sich eher durch tatsächliche oder eingebildete sexuelle Untreue bedroht fühlen.
Obwohl die Eifersucht oft negativ konnotiert ist und als destruktiv angesehen wird, würde ich behaupten, dass diese Form der Eifersucht uns nützlich sein kann. Sie signalisiert: Die Beziehung zum Partner ist uns wichtig, und wir wollen sie vor äusseren Bedrohungen schützen. Die Eifersucht fungiert als eine Art Alarmanlage. Gleichzeitig fühlt sich der andere Partner oft geschmeichelt, weil er Eifersucht als Symbol der Liebe und Zuneigung interpretiert.
In meinen Beratungen habe ich erfahren: Handlungen im Rahmen einer nicht pathologischen Eifersucht stellen die Beziehung auf den Prüfstand. Die Tasche, der Computer, das Handy werden ständig nach Beweisen durchsucht, Kontrolltelefonate werden geführt, unberechtigte Vorwürfe der Untreue werden laut. Dies vergiftet das Beziehungsklima. Hier muss eine Aussprache erfolgen, sodass beide Parteien wissen, wo die Toleranzgrenzen liegen, und diese klar abgesteckt werden können. In Gesprächen weise ich stets darauf hin, dass Verheimlichen und Abwehr schlechte Strategien sind, da der eifersüchtige Partner dies meist als Beweis für die Legitimität seines Misstrauens ansehen wird. Der eifersüchtige Partner muss lernen, selbstbewusster und unabhängiger zu werden. Denn eines ist klar: Die Vorstellung, dass der Partner nur eine einzige Person anziehend findet, ist ziemlich unrealistisch.
Sexualwissenschaftlerin Andrea Burri beantwortet freitags eine Leserfrage zum Thema Sexualität und Liebe. Diese wird vertraulich behandelt und ohne Namensnennung publiziert. Schreiben Sie uns auf sexologisch@tages-anzeiger.ch.
70 Kommentare zu «Ab wann ist Eifersucht krankhaft?»
http://www.fallacyfiles.org/taxonomy.html
Kann sein, dass dies alle kennen, aber ich wiederhole es dennoch:
Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.
Wir reagieren alle (vermutlich) mit Eifersucht, wenn wir von Untreue erfahren, ob emotionale oder sexuelle. Wir sind neidisch, dass ein anderer die Zuwendung bekommt, die wir verdient hätten. Krankhaft wird es, wenn Untreue des Partners grundsätzlich vermutet wird, und dafür Beweise gesucht werden. Gesunde sagen, was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.
Kranke Eifersucht sucht, was sie hofft, nicht zu finden: Beweise für Untreue. Um sich die Treue zu beweisen, und da dieser Umkehrschluss der Logik widerspricht, muss die kranke Eifersucht in Ewigkeit weiter suchen, was sie hofft, nicht zu finden.
Für einen der schönsten Texte zu gesunder, normaler Eifersucht halte ich Kuno Laueners (Züri West) „redt sie no vo mir“:
„hett si sim schnäbi ächt o ne name gä
vilech dr gliich wi mim
u list si ihm ächt o mängisch
im bett irhi gedicht vor
u isch’sächt gliich oder besser
oder nume anders mit ihm
säg verzeut si dr ihri sorge
säg grännet si vor dir
u gseet si immer no so schön us
u redt si no vo mir
säg redt si no vo mir“
Eifersucht ist ein ziemlich vertracktes Ding. Klar – geht der Partner fremd, so kann es sein, dass z.B. sich davon Spuren im Handy zeigen. Oder halt auch nicht. Und damit kommt das grosse Problem.
Es ist schlicht und einfach unmöglich mit nachspionieren zu beweisen, dass der Partner treu ist – emotional und/oder körperlich. Wie auch? Keine SMS könnte ja auch einfach nur auf eine ausgefeilte Bewirtschaftung des Handys hinweisen und damit auf einen routinierten Fremdgänger. Lückenloses rapportieren des Tagesablaufs ist sowieso schon verdächtig – wer mach schon so etwas, wenn er nicht ein schlechtes Gewissen hat? Kommt dazu, dass da ja noch die hübsche Marketingleiterin im Unternehmen auch Mittagessen gegangen ist ;). Ohne (blindem) Vertrauen geht es einfach nicht.
wie kann man das messen? wer liebt mehr? wie laesst sich LIEBE abwaegen oder messen?
Im Prinzip liebt in jeder Beziehung der eine Part mehr als der Andere, denke ich. Dieses Ungleichgewicht muss austariert werden- und zwar von beiden Seiten, sonst kommt’s nicht gut. Pathologische Eifersucht ist dabei der denkbar schlechteste Weg.
Eifersucht ist nachvollziehbar wenn jemand anders etwas von meiner Partnerin bekommt was ich mir selber von ihr wünsche, selber auch fähig bin anzunehmen und mir vorenthalten bleibt. In allen anderen Fällen muss ich mich fragen warum ich missgünstig bin anstatt mich zu freuen dass meine Partnerin in ihrer raren ganz persönlichen Freizeit das macht was ihr gerade am meisten gibt ohne jemandem zu schaden. Ich verliere ja dadurch nichts. Bedingungslose Liebe ist ein hohes Ziel, aber es lohnt sich daran zu arbeiten. (Nicht zu verwechseln mit bedingungsloser Beziehung, die kann es nicht geben meines Erachtens, denn eine Beziehung ist eine Organisationsform)
@ Tom
schön und treffend geschrieben 🙂
Ich pflege auch zu sagen: „An der Liebe kann man nicht ‚arbeiten‘. Die ist da oder eben nicht (mehr).“
Aber an der Beziehung selber kann und muss man sehr wohl ‚arbeiten‘.
Danke
Das Handy, die Mails oder die Taschen zu durchsuchen ist in unserer Partnerschaft ein NO-GO.
Ok, ich hatte bisher auch noch keinen Grund dazu. Aber wuerde ich anfangen an der Treue meines Partner zu zweifeln, dann wuerde ich ihn zur Rede stellen.
Ein gesundes Mass an Eifersucht finde ich ok aber man darf nicht die Kontrolle darueber verlieren. Ich bin sehr emotional und kann mich sehr schnell in was hinein steigern. Wenn man das weiss und sich das bewusst macht, dann kommt man gar nicht in diese Negativ-Spirale. Eine Garantie hat man eh nie. Wenn sich der andere ent-liebt dann muss man ihn ziehen lassen. ich will niemanden zwingen mit mir zusammen zu sein. Man muss als Paar definieren ob und unter welchen Umstaenden man einen Seitensprung verzeihen wuerde.
es kommt doch nicht darauf an, ob man auch andere anziehend findet, sondern was man mit dieser Anziehung macht. Wenn man in der Partnerschaft Treue vereinbart hat, hat man sich daran zu halten und die Anziehung als Gefühl zu geniessen, ohne zu handeln.
Dass eine Sexualwissenschaftlerin Eifersucht als positiv beschreiben kann, erstaunt mich schon sehr. Und nein, Eifersucht zeigt nicht, dass der Partner einem wichtig ist. Eifersucht zeigt, dass man selber unsicher ist und kein Vertrauen in der Partner hat. Genaugenommen exakt das Gegenteil von Liebe (wo man dem Partner vertraut).
Ich bin ein sehr eifersüchtiger Mensch. Ich weiss das und ich weiss, dass es mein Problem ist. Natürlich kann ein Partner das verstärken oder mildern, letztendlich ist es dennoch mein Problem. Erst wenn man das erkennt und selber gewillt ist daran zu arbeiten, besteht Hoffnung für die Partnerschaft. Letztendlich leidet man als eifersüchtige Person am meisten darunter und tut gut daran, die Gründe näher anzuschauen.
Zustimm, ich kenne das auch aus der Verwandtschaft.
Was die Autorin beschreibt: „Eifersucht wird als Symbol der Liebe und Zuneigung interpretiert.“
sind wohl eher unproblematische Frotzeleien, aber keine Eifersucht.
Ich finde nicht, dass Eifersucht als positiv beschrieben wurde – es wurde versucht, ’normale‘ (ich übersetze das als: aushaltbare) E. zur pathologischen abzugrenzen. Letztlich ist es der Grad des Leiden, den E bei dem oder manchmal auch beiden Partnern auslöst, der bestimmt, ob die Beziehung gefährdet ist oder nicht. Es gibt tatsächlich Paare, die Eifersucht (auch in einer Form, die ich persönlich nicht tolerieren würde) als ‚Spielform‘ in ihrer Beziehung brauchen, ja einfordern. Und es gibt andere, die es schon als übergriffig ansehen, mal vom Partner angerufen zu werden.
Es ist von aussen oft sehr schwer durchschaubar, inwieweit in einer Beziehung Eifersucht als Rollenspiel fast schon erwartet wird oder echtes Leiden verursacht. Die Grenzen liegen bei jedem Menschen anders.
Ich finde das Thema wurde sehr eingeschränkt behandelt. Es wird nur „krankhafte“ Eifersucht erwähnt, die durch mangelndes (Selbst)Vertrauen entsteht.
Positive Eifersucht ist z.B. wenn der eine Partner merkt, dass sich der andere emotional entfremdet. Das schmerzt ihn und er artikuliert es. In einer guten Beziehung können durch diese Reaktion die Hintergründe der Entfremdung ergründet werden. Ob es eine tatsächliche Entfremdung gibt, falls ja weshalb, warum, falls nein, warum man so empfindet etc.
Diese Art von „Eifersucht“ ist das Gegenteil von Gleichgültigkeit, ein Eifer um die gemeinsame Sache. Das braucht es unbedingt, wenn man nicht eines Tages mit all den anderen sagen will: „Wir haben uns auseinander gelebt.“
RoXY: long time no see! 🙂
Ich glaube, um Differenziertheit, Nuancen und Ausschmücken müssen wir Bloggenden uns selber kümmern – die A.torin gibt die Parameter vor, die (notwendigerweise?) wohl nur die äusseren Ränder abdecken…….
Sehr einverstanden, Roxy. Sie haben auch, besser als im Artikel selber, die (meines Erachtens) einzigen aber wichtigen Aspekte einer positiv besetzten Eifersucht schön herausgearbeitet.
Danke für die netten Worte Carolina.
Ich würde mir wünschen, wenn „Experten“ nicht nur die äusseren (und wohlbekannten!) Ränder abdecken.
Vielen Menschen fehlen positive Beispiele. Sie kennen nur negative Eifersuchtsbeispiele. Das kann dazu führen, dass man seine eigenen Gefühle verdrängt, weil man meint, sie seien per se falsch – oder aber den unzufriedenen Partner auf diese Negativschiene schiebt. Persönlich, machte ich schon die Erfahrung, dass das Eifersuchtsgefühl zwar oberflächlich betrachtet „unbegründet“ war, aber durchaus eine reale Entfremdung anzeigte. Die Aufarbeitung dieser Entfremdung hat unserer Beziehungen eine ganz neue Dimension verliehen. Sie wäre mit einer platten Sichtweise wie im Blog aber unmöglich gewesen.
Auch von meiner Seite ein Kompliment für die treffenden Worte, Roxy. Gerade Gefühle wie Eifersucht scheinen in der ach so abgeklärt-souveränen Beziehungswelt des modern-kompetenten Menschen nur noch einen einseitig negativ behafteten Charakter zu haben. Wenn man ihnen denn überhaupt eine Existenz(berechtigung) einräumt. Man selbst käme ja nie auf den Gedanken, eifersüchtig zu sein (man hat ja schliesslich Selbstvertauen), schon gar nicht in pathologischen Ausmassen. Aber was wäre dann ein ‚gesundes‘, oder noch erträgliches Mass? Oder wie Du es beschrieben hast: wo gibt es Positives, das durch Eifersucht angestossen wird? Carolina weist in diesem Kontext zurecht darauf hin, dass die Definitionsgrenzen des Pathologischen nicht so eindeutig sind, wie es (von aussen) bisweilen Anschein hat.
Ich bin in meiner Anfangszeit ein paarmal schwer auf die Nase gefallen, in dem ich Paare nach meinen Massstäben bewertet habe bzw. das, was man von aussen sah (bzw was sie mich sehen liessen), für ‚die Wahrheit‘ gehalten habe. Diagnosen und
(vor-)schnelle Urteile sollte man sich als Therapeut abgewöhnen (schwierig, ich weiss), denn es gibt unzählige Spielarten davon, wie Menschen mit unterschiedlichen Befindlichkeiten umgehen. Eifersucht ist nur ein Beispiel dafür. Es ist auch zu beachten, dass sich Befindlichkeiten, Verhalten und Reaktionen im Laufe der Zeit verändern können oder nicht mehr dem entsprechen, was man vom Partner erhofft/erwartet/gesehen hat. Man muss absolut keine Therapie machen, um sich dann zu fragen, woher das kommt, warum die Dinge sich geändert haben,
/2 worauf sie hinweisen. Das hat RoXY schön herausgearbeitet: Negatives dazu nutzen, das Positive wiederzufinden (wenn es das noch gibt), Stimmungs- und Befindlichkeitsveränderungen als Signal dafür nehmen, mal genauer hinzuschauen. Manchmal muss man dann akzeptieren, dass ein Partner dazu nicht bereit ist und dass sich ein akzeptables Gleichgewicht kaum wiederherstellen lässt. Und allein diese Möglichkeit braucht Mut.
Danke – Mila.
Es wäre ein wirklich interessantes Thema. Aber so ein Blog ist wohl das falsche Gefäss dafür.
Carolina – ich kann jedes Wort, das sie schreiben gut nachvollziehen. Es entspricht genau meiner Erfahrung.
Und zum letzten Gedanken: das Negative muss nicht negativ sein. Wir empfinden Schmerz negativ. Aber Schmerz ist lebensnotwendig. Er hilft uns auf unseren Körper acht zu geben. Schmerz kann der Beweis sein, dass wir noch leben und gesund sind. Manche Befindlichkeiten sind ohne Belang. Aber tiefem oder chronischem Schmerz müssen wir Beachtung schenken, denn er zeigt an, dass etwas nicht im Lot ist, sei es bei mir selbst, bei meinem Partner oder bei uns beiden.
Nala: Ich störe mich immer ein wenig daran, sozusagen einen Leidenswettbewerb auszutragen in einer Beziehung. So sehr ich es anerkenne und gut finde, dass Sie selber Ihr eigenes Problem erkannt und in die Hand nehmen, besteht ja in manchen Partnerschaften auch durchaus die Möglichkeiten, dass dieses Bewusstsein des Ueber-Eifersüchtigen nie erreicht wird; dass es auf die Art der Beziehung und den Grad der Eifersucht (und noch einige andere private Dinge) ankommt, wer mit grösserem Leiden oder evtl mit gar keinem reagiert – das ist immer anders.
Meine Erfahrung ist, dass die Paare, in denen einer extrem leidet und an die Oeffentlichkeit tritt (z.B. eine Therapie anfängt), nur schwer wieder zueinanderfinden. Aber es gibt auch immer wieder die Fälle, in denen keinerlei Einsicht oder
/2 nur kurz währende Versuche keinesfalls zu einer Trennung führen. Was von aussen aussieht wie die ‚Unterwerfung‘ bzw das ‚Sich-Abfinden‘ mit einer krassen Form von Eifersucht, kann auch durchaus irgendetwas im Partner bedienen, was er sich lieber nicht weiter anschauen möchte. Es gibt da eine riesige Vielfalt und mit Schuld- und Verantwortungszuweisungen kommt man nicht weiter – die Gefahr ist gross, dass man dabei wichtige Facetten der jeweiligen Partnerschaft bzw Charaktere übersieht.
@Nala
sind Sie die „eher unkonventionell Beziehungsgestaltende Nala“?
Mit Eifersucht als Thema hätte ich da jetzt nie gerechnet.
@Caroline: ich denke auch nicht, dass man ein Leidenswettbewerb daraus machen sollte. Ich finde es nur gefährlich, Eifersucht als „normal“ anzuschauen. Klar kann es bei einigen Paaren passen, meist ist aber beim Eifersüchtigen immer irgendwas im argen. Sonst müsste er ja nicht eifersüchtig sein.
@Brunhild: Das denken viele. Aber auch dort kennt man Eifersucht. Nur der Umgang damit kann nicht gleich sein.
Nala: es gibt viele Befindlichkeiten, die darauf hinweisen, dass bei irgendjemandem irgendetwas im Argen liegt – aber wer hat hier die Bewertungshoheit? Ich versuche nur herauszuarbeiten, dass jede Beziehungskonstellation einzigartig ist, dass man aus irgendwelchen Gründen irgendwann mal zusammengekommen ist und diese Gründe für Aussenstehende nicht ersichtlich sind. In manchen Beziehungen ist Eifersucht völlig normal und es liegt nicht an uns, den Beteiligten psychische Probleme anzudichten. Der einzige Gradmesser dafür, dass etwas nicht stimmt, dass es Handlungsbedarf gibt, ist das Leiden der Betroffenen – und Handlung muss immer von ihnen selber ausgehen. Aber dieses Schwarz-Weiss-Schema, dass immer jemand die Hauptschuld/-verantwortung trage, ist gerade bei Beziehungen ein
/2 ganz schlechter Berater und führt direkt in die Sackgasse.
Man google „Othello-Syndrom“. Was dort in der Theorie beschrieben wird, ist in der Praxis kaum vorstellbar. Leidet der Partner oder die Partnerin daran, wird das Leben zertrümmert.
Eifersucht, unbegründete sowieso, ist pures Gift, zerstörerisch, destruktiv und unmenschlich.
Ich kenne einen solchen Fall. Er konnte nicht mal den Müll in Ruhe raustragen. Blieb er eine Minute zuviel draussen, hat sie schon angerufen, um sicherzustellen, dass er nicht mit einer anderen telefoniert…
„Eifersucht wird als Symbol der Liebe und Zuneigung interpretiert.“
Mag sein. Es gibt aber durchaus andere Möglichkeiten. Völlig daneben ist es, jemandem mangelnde Liebe wegen mangelder Eifersucht zu unterstellen. Dann noch „testen“.
Ich könnte mich auf keine Beziehung einlassen, wo ich mich unsicher fühlen würde. Wenn ich jemandem vertraue, dann vertraue ich ihm und es braucht schon viel, um das zu ändern. Wenn nicht, adieu. Solche Gefühle tue ich mich nicht an.
Umgekehrt hatte ich schon Partner, die mich gerade deswegen frei liessen, weil sie mich abgöttisch liebten. Sie taten und gaben auch sonst alles für mich. Da hab ich mich auf jedem Fall extrem geliebt gefühlt.
Und zum Handy: Ein Profi lässt den Partner gerne durchsuchen. Es gibt technische Lösungen für alles 😉
Übrigens: Gerade Serial-Flirters/Cheaters haben gerne eifersüchtige Partner. Wer so unsicher ist, dass er/sie ständig gefallen und verführen muss, sprich Bestätigung von aussen braucht, hat gerne auch jemanden, der durch sein ständiges Daranleiden seine/ihre Liebe „beweist“. Ja, das ist krank.
Na ja, darin ist sicherlich ein gutes Korn Wahrheit enthalten. Handkehrum: man kommt wohl oder übel ins Zweifeln, wenn der (Serial-)Cheater mögliche Bedenken stets frei abstreitet, das eigene Gefühl einem jedoch etwas anderes sagt… Nicht immer sind Zweifel unbegründet. Wie man damit umgeht, eine eigene Frage. Würde ich Handies etc. durchsuchen in so einer Situation? Wohl nicht. Aber meine Augen (und Ohren) sehr offen halten, bezüglich alltäglichen Vorgängen.
Hoffentlich ist er der ganzen Detektivarbeit wert.
Drücke Ihnen die Daumen.
Sie verstehen mich falsch: ich hatte dieses spezielle Beziehungsproblem selbst noch nie, ich hatte stets Vertrauen in meine Partner. Aber ich halte es für etwas lapidar, das Problem immer nur (oder primär) beim Eifersüchtigen zu verorten. Zumal ich den Typus ‚charmant-narzisstistisch-manipulativer Schwerenöter‘ aus der Familie bestens kenne – da kann man durchaus ins Zweifeln bezüglich dem eigenen Verstand (oder Instinkt) kommen. Und nicht nur solche ‚Typen‘ (und ‚Typinnen‘) gehen fremd, und lügen dabei, dass die Balken und Biegen nur so brechen.
Auch Sie verstehen mich falsch. Ich bin einverstanden und das meinte ich auch: Der Partner ist nicht unbedingt vertrauensunfähig, sondern der andere ist vielleicht vertrauensunwürdig (und je nachdem passen sie krankhaft zusammen). Ich denke auch wie Sie: gerade vertrauensunwürdige Menschen machen schnell der Vorwurf, das Problem liege beim Anderen.
Und ich sage: Man soll sich nicht schämen und schuldig fühlen, wenn man nicht vertraut. Sondern Konzequenzen ziehen und die Koffer packen. Es lohnt sich nicht, zu leiden. So meine Meinung.
Ausser man ist tatsächlich krank und dann ist eine Therapie angebracht.
Gut, das sehe ich wiederum wie Sie. Nur scheint es bisweilen schwierig zu sein, konsequent zu sein/bleiben. Als Nichtbetroffener weiss man zudem nicht, ob man im Zweifelsfall dann tatsächlich selbst so konsequent wäre, wie man es vorab meint. Oder ob es mit der gefühlten Souveränität vielleicht auf Prüfstand doch nicht soweit her ist….
…und bis dahin rümpft man gepflegt die Nase über all die Unsouveränen mit ihren Eifersuchts- und anderen Beziehungsproblemen.
Nein, es gibt keine technischen Lösungen für alles 🙂 Liebe, Vertrauen und Anziehung, wichtige Grundpfeiler einer intimen Beziehung, lassen sich nicht technisch herstellen.
Und wenn der Partner herausfindet, dass eben sein Handy technisch durchsucht wurde, dann ist das für eine Beziehung ziemlich wirksamer Sprengstoff 😉
„Handlungen im Rahmen einer nicht pathologischen Eifersucht…
Die Tasche, der Computer, das Handy werden ständig nach Beweisen durchsucht, Kontrolltelefonate werden geführt, unberechtigte Vorwürfe der Untreue werden laut.“
Was bedeutet „nicht pathologisch“ für den Alltagsmenschen?
„Dies vergiftet das Beziehungsklima.“
Gift ist pathologisch, und auch bloss „in kleiner Dosis nach Beweisen suchen“ ritzt für mich an der Grenze.
Es ist wohl eher so dass die Eifersucht bis dann als „nicht pathologisch“ gilt, solange ich reflektierend über ihr stehe und Kontroll-/Machterhaltungs-/Geltungs-/Statussichernden-/und ähnlich destruktiveren Handlungen nicht nachgebe.
Und mir bewusst mache dass ein grosser Teil bei mir selbst und meinen Gedankentürmen liegt.
Hier passt der Hinweis aus den letzten Beiträgen, das sich Zeit nehmen den anderen reden lassen (einfach über den erlebten Alltag), ich kenne es mit der Variante 7min reden, der andere fasst in 1min zusammen was gesagt worden ist („zwecks Verständnisüberprüfung“, ohne darauffolgenden Schlagabtausch) und dann kommt der andere für 7min dran und wird ebenfalls zusammengefasst.
Das halte ich für einen Verschreiber, Fr. Steiner.
Denn
„Die Tasche, der Computer, das Handy werden ständig nach Beweisen durchsucht, Kontrolltelefonate werden geführt, unberechtigte Vorwürfe der Untreue werden laut.““
hat definitiv pathologische Züge.
@Martin Frey
ich denke nicht, zumindest lassen die anderen Ausführungen nicht darauf schliessen, es widerspricht sich nichts (vom Text der Aut…), was mich aber noch drauf bringt- bloss weil jemand an „pathologischer Eifersucht in Zusammenhang mit einer Erkrankung“, oder einfach in ausufernder Kontrolle leidet, heisst das ja noch nicht dass nicht auch er/sie sich grundsätzlich eine gesunde/stabile Beziehung mit gegenseitigem Freiraum wünschen würde- es liegt einfach noch zu viel Ballast rum der dringend entsorgt werden müsste, um die Vorteile eines „freieren Denkens“ (im Sinne von, keine Panik wenn der Partner 30min zu spät nach Hause kommt) zu erkennen.
Die Verlustängste haben ja schon auch ihren Ursprung.
@Brunhild: Und was wäre, wenn der grosse Teil tatsächlich nicht bei eigenen Gedankentürmen liegt – sondern im ‚handfesten‘ Verhalten des Partners? Der bei jeder offenen Nachfrage aber alles abstreitet? Wie weiter unten angemerkt finde ich es etwas einseitig, Eifersucht in jedwedem Zusammenhang als Primärproblem des Eifersüchtigen abzutun. Dem immer mit vernünftigen (Rede-)Mitteln beizukommen ist. Diesen Luxus hat man nur, wenn man nie von solchem Partnerverhalten betroffen war. Oder im Zweifelsfall lieber nichts mitbekommen will (gibt es durchaus, und ist ebenso legitim wie das Wissen-Wollen).
Natürlich ist das alles eine Frage des Masses. Andererseits reden wir hier von Leuten deren Gedankenwelt sich unablässig um dasselbe drehen. „ständig“, „unberechtigt“ sind da im Text die Stichworte, mit denen nicht nur Vorwürfe in den Raum gestellt werden sondern auch eigene permanente Grenzüberschreitungen legitimiert werden sollen. Da liegt, völlig unabhängig vom Verhalten der „überwachten“ Person, definitiv beim „Stalker“ (denn in diese Richtung geht dieses Verhalten letztendlich) das Problem. Meist ist es doch so, dass egal was die andere Person macht, ein solcher „partnerschaftlicher Stalker“ immer Gründe für sein Verhalten finden wird. Letztendlich geht es immer nur um die eifersüchtige Person, die andere Person dient lediglich als Vehikel.
Für mich ist das pathologisch.
MF: Was nützt die Diagnose ‚pathologisch‘, wenn der/die Ueberwachte nicht so weit darunter leidet, dass er/sie sich Hilfe sucht?
Das Problem, wenn es denn eines für die Partnerschaft ist, liegt eben nicht nur im Verhalten des Eifersüchtigen, sondern es hat auch etwas mit der Person zu tun, die sich das gefallen lässt, unter Umständen das ‚Spiel‘ mitmacht, ja, vielleicht die Freihheit, die Ihre Freiheit ist, gar nicht will?
Und ich bin überzeugt davon, dass jemand, der innerhalb einer Beziehung (von uns als pathologisch bezeichnete) Eifersucht zeigt, keinesfalls eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen muss – wenn sein Objekt der Begierde eben nicht übermässig darunter leidet.
@mila
das von Ihnen beschriebene Szenario schliesst ein reflektierendes Darüberstehenwollen ja nicht aus; ich befürchte ein exzessives Nachspionieren/Überwachen würde die Betroffenen in so einem Fall nicht besonders viel bringen; wenn ausreichend „drüber gestanden und überlegt“ worden ist, man entschieden hat welche Vor/Nachteile diese Beziehung bringen und was man gewillt ist dafür zu geben, dann ist ein Konsequenzen-ziehen bestimmt angebracht.
Allerdings würde mich dann schon wundernehmen ob sich diese Beiden die Mühe des „regelmässig unverfänglich über den Alltag sprechen und den anderen reflektieren“ gemacht haben. Ich streite allerdings nicht ab, dass es Menschen gibt die sich auch da glänzend zweischienig durchmanövrieren können.
Wobei, liegt da nicht eben auch die Gefahr, Carolina? Man verliebt sich in eine Person, fühlt sich vielleicht eine Zeitlang sogar geschmeichelt, nervt sich vielleicht zwar zwischendurch, und erkennt aber erst mit der Zeit wie tief man reingezogen wird. Aus der Sicht der Betroffenen sieht alles oft etwas anders aus als mit einer gewissenen kritischen Distanz, aber direkt involvierte Personen haben diese Fähigkeit zur Selbstreflexion ja oft nicht mehr.
Ist ja in anderen Gebieten dasselbe. Die Bullies auf dem Pausenplatz suchen sich auch nicht andere Bullies aus, wie wir alle wissen. Um nur ein Beispiel zu nennen. Mit anderen Worten, übergriffige Leute brauchen ein Pendant. Aber das macht das übergriffige Verhalten nicht besser. Persönlich finde ich schon, dass man das benennen sollte.
Ich habe überhaupt nichts gegen ‚Benennung‘, MF. Vor allem, wenn jemand Aussenstehende terrorisiert und quält oder belästigt. Aber in einer Paarbeziehung muss das, ob wir wollen oder nicht, den Beteiligten überlassen bleiben (auch hier wieder natürlich mit der Einschränkung, wenn es keine offensichtlichen hilflosen Geschädigten gibt). Die Fähigkeit zur Selbstreflektion haben nur wenige Menschen bzw wird eben meistens durch Leiden ausgelöst. Und da ist es ganz erstaunlich, wieviele Paarbeziehungen aufrechterhalten werden, vielleicht gerade weil Selbstreflektion nicht möglich oder erwünscht ist. Und wer sind wir, dass wir das verurteilen? Wir können nur da sein, wenn es nicht mehr geht……
Ich plädiere ja nur fürs Benennen, Carolina, basierend als Ausgangspunkt auf dem Text der Autorin. Mir ist sehr bewusst dass das letztendlich den Betroffen überlassen ist, wie und unter welchen Umständen sie ihre Leben und ihre Paarbeziehung gestalten sollen. Sie, Carolina, haben ohne Frage da weiterführende und vertiefte Erfahrungen.
Aus meiner Perspektive heraus finde ich jedoch eine klare Haltung oft doch noch hilfreich für die Betroffenen, wenn auch selbstredend nicht immer angenehm.
Martin, es kann in der Paarberatung sehr hilfreich sein, mal auf den Tisch zu hauen und, siehe unseren Blog, Eifersucht Eifersucht zu nennen. Es kann aber auch nach hinten losgehen – ich vertrete eine Form der Therapie, die sich mit eigenen Bewertungen möglichst weit zurückhält und darauf vertraut, dass Menschen, die sich Hilfe suchen, schon den ersten richtigen Schritt gemacht haben. Ich stelle – idealerweise – nur eine Art Katalysator dar und helfe dabei, Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen, sich mal aus den eigenen Denk- und Verhaltensmustern herauszubewegen und das, womit man Mühe hat, daraufhin abzuklopfen, warum es da ist. Kurz: die Paare, die sich Hilfe suchen, haben wahrscheinlich eine höhere Bereitschaft dazu, unangenehme Wahrheiten herauszufinden als die,
/2 die in ihrer Situation verharren. Und ja, manchmal finde ich es hilfreich, Tacheles zu reden und die Säuselei sein zu lassen – vorher würde ich aber immer soweit wie möglich sicherstellen, dass ein echtes Interesse am ‚Weiterkommen‘ besteht.
Etymologisch leitet sich ‚Sucht‘ vom althochdeutschen ’suht‘ ab und das bedeutet Krankheit. Analoge Wortschöpfungen sind Fallsucht, Wassersucht. ’suht‘ ist auch der Ursprung von ’siech‘, ’seich‘, ‚Seuche‘.
Der Begriff ‚Eifersucht‘ meint Krankheit und wenn das nicht gewollt ist, muss man ein anderes Wort benutzen. Der Titel des Blogs ist unschlüssig.
@Muttis Liebling
die Titel sind ohnehin marketingtechnisch gesetzt und dienen in erster Linie als Köder.
In der Eifersucht etwas Positives zu sehen, finde ich merkwürdig. Für mich ist Eifersucht ein Zeichen von mangelndem Selbstvertrauen und fehlendem Vertrauen. Und wenn das Vertrauen fehlt, sollte ich vielleicht mit meinem Partner keine Beziehung haben.
ich denke nicht, dass das mangelnde selbstvertrauen mit dem partner zutun hat (ausser der gibt mir berechtigerweise anlass zur eifersucht) sondern mit der beziehung zu sich selber!
ich denke eher, dass es mit reife zutun hat. wenn jemand wirklich ein problem hat mit seiner eifersucht dann sollte er an sich arbeiten!! sonst kann er noch so oft den partner wechseln; er/sie wird jedesmal wieder in die selbe falle treten.
anders natuerlich sieht es aus, wenn der partner tatsaechlich anlass zur eifersucht gibt weil er/sie fremd geht oder sich gewisse zeichen interpretieren lassen.
Sie haben mich missverstanden. Wenn ich genug Selbstvertrauen habe, und meinen eigenen Wert hoch genug einschätze, vertraue ich darauf, dass mein(e) PartnerIn niemand anderes will (weil er nichts besseres kriegen kann :-)).
Wenn der Partner Anlass zur Eifersucht gibt, ist es wohl eh der falsche… oder man interpretiert die Zeichen falsch und vertraut sich zu wenig.. was schlussendlich auf’s Gleiche rauskommt…
Auch wenn ich vielleicht nicht genau gleicher Meinung bin finde ich es gut, dass Computer und Telefon des Partners durchsuchen zwar als sehr problematisch, aber nicht kategorisch als absolut verboten bezeichnet wird (Fremdgehen kann man analog sehen).
Toleranzgrenzen abstecken und einhalten ist leichter gesagt als getan. Der eifersüchtige Partner ist ja gerade der Ansicht, dass der andere die Toleranzgrenze (möglicherweise, wahrscheinlich, leichtfertig, rücksichtslos) ritzt oder überschreitet. Und nimmt dies vielleicht als Rechtfertigung, um seiner/ihrerseits die Toleranzgrenze beim Telefondurchsuchen zu übertreten. Was wiederum als Rechtfertigung gebraucht werden kann, um tatsächlich fremd zu gehen…
Das verstehe ich jetzt nicht. Für mich ist das Absuchen von Computer und Telefon tatsächlich verboten. Es gibt keinen Grund, weshalb das zulässig sein sollte.
Andererseits fände ich es auch speziell, wenn ich oder meine Frau die Geräte so sichern würden, dass kein zufälliger Einblick passiert – z.B. SMS, Chat-Mitteilungen, die aufpoppen.
Ich finde es ja auch ziemlich übergriffig. Aber das sind andere Handlungen ja auch, die aber trotzdem vorkommen und von Paaren als (ausnahmesweise) verzeihbar angesehen werden (z.B. je nach Abmachung Fremdgehen, körperliche Gewalt, Psychoterror…). Solche Übertretungen dogmatisch für „verboten“ zu erklären, als ob sich das Thema gesamtgesellschaftlich damit erledigt, ist verlockend. Kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wenigstens bis zum strafrechtlichen Bereich schlussendlich alles Sache ist von Abmachungen und dem gewählten Umgang in freiwillig eingegangenen Beziehungen.
„Aufpoppen“. Passt ja zum Thema.
Nun, soweit ich informiert bin, ist körperliche Gewalt von Gesetzes wegen ‚dogmatisch‘ verboten – was mE völlig richtig ist. Man kann einem/r Betroffenen nicht die Entscheidung abnehmen, eine entsprechende Anzeige zu unterlassen oder zurückzuziehen. Aber die gesellschaftliche Ächtung – und potentielle Ahndung – ist unabdingbar.
Leider verhält es sich bei Psychoterror etwas komplexer, respektive ist der Nachweis im Anzeigefall (noch) schwieriger zu führen. Dass z. B. Stalking mittlerweile nicht mehr einfach als Kavaliersdelikt angesehen wird, ist sehr zu begrüssen. Zumal nicht nur die psychische Beeinträchtigung von Betroffenen gewaltig sein kann, sondern auch die physische – bis hin zur Gefährdung vom Leib. Ich sehe die Thematik daher doch etwas weniger freimütig,
respektive nonchalant, als Sie, @Malena.
Wir halten das wie mit der Pultschublade, wenn’s sein muss (Info x zu Thema y), schaut man rein, wenn nicht, dann nicht.
@mila: Ich glaube Sie haben mich leicht falsch verstanden. Ich wollte Schnüffeln, Fremdgehen, Gewalt oder Psychoterror keinesweg schönreden (auch nicht als „Ausgleich“ für ein Übertreten des Partners). Ich finde es aber positiv, dass die Autorin nicht den einfachen dogmatisch autoritativen Ansatz gewählt hat (Schnüffeln ist strengstens verboten), sondern sich damit auseinandersetzt, wie solches Verhalten mit der Qualität der Beziehung (Kommunikation, Vertrauen, Vorstellungen etc.) zusammenhängt.
Noch ein Beispiel: Körperliche Strafen für Kinder sind auch verboten, gesellschaftlich geächtet und potentiell geahndet. Trotzdem packen viele Eltern ab und zu etwas fest zu, oder ihnen rutscht die Hand aus. Will ich nicht entschuldigen, die wenigen Male wo ich fest zugepackt habe tun mir leid. Ich bin aber immer skeptisch was Moralkeulen anbelangt. Natürlich ist es moralisch richtig, Ohrfeigen oder Schnüffeln (oder Gewalt, Rassismus, Sexismus, Homophobie etc.) zu verurteilen. Pauschale politisch korrekte Dogmen machen aber auch träge und denkfaul. Wichtiger finde ich, immer wieder kritisch (auch selbstkritisch) hinzuschauen und zu fragen, weshalb wir so oft nicht das (aus der Distanz gesehen) moralisch richtige Verhalten hinkriegen.
Vielen Dank für die Präzisierung. So ausgeführt gehe ich mit Ihnen einig. Dogmen – oder stimmiger vielleicht Ideale (des Wertens und Handelns) – haben ihren Zweck, sofern sie uns denn wie von Ihnen schön beschrieben zur selbstkritischen Hinterfragung von Diskrepanzen anleiten (also ver-un-sichern). Statt uns in vorgeblich sicherer Bequemlichkeit zu wägen. Spannend.
Vielleicht lassen sich die Begriffe Ideal und Dogma gerade so abgrenzen.
Ein Ideal leitet das Verhalten. Es darf aber kritisch hinterfragt werden, ebenso wie die besten Strategien und Mittel zur effektiven Annäherung an das Ideal (Beispiel: das Ideal ist eine gewaltfreie Gesellschaft; Gewalt gegen Unschuldige ist wenn möglich zu vermeiden, Gewalt gegen einen Hitler/Terroristen etc. ist manchmal nötig).
Ein Dogma ist eine starre Maxime (Beispiel: Gewalt ist immer falsch). Das kritische Hinterfragen ist nicht erwünscht, kritische Geister werden persönlich angegriffen um sie auf Linie zu halten („Gewaltbefürworter!“).
Spannend ist auch, wie sich Ideale und Dogmen zeitlich verändern und sich zwischen Gruppen und auch Individuen unterscheiden. Die Einschätzungen davon, wie verwerflich Eifersucht, Fremdgehen oder das Kontrollieren des Partners sind, gehen auseinander. Fremdgehen wird heute manchmal wohlwollend als Akt der Selbstverwirklichung und persönlichen Freiheitsbestätigung betrachtet, das Durchsuchen der Korrespondenz des Partners hingegen als unverzeihlicher Vertrauensbruch und Eingriff in die Privatsphäre. In anderen Zeiten oder Kulturen herrschen andere Bewertungen vor. Kritisch hinterfragbare Ideale können die Gesellschaft vorwärts bringen; von Bullies vorgeschriebene und überwachte Dogmen dagegen führen meist ein eine ungute Richtung, im Extremfall in den Totalitarismus.
Sehr konzise weiter gedacht, danke. Noch spannender wird es, wenn man sich zudem fragt, weshalb manche Dogmen, in manchen Kontexten, gar nicht als solche erkannt werden… Kuhn wusste wohl nur zu gut, weshalb er das Wort Dogma scheute, und stattdessen von Paradigmenbildung schrieb. Und nach wie vor ist Wissenschaftsdogmatik einer der Bereiche, wo sich die Dogmatiker ihres Dogmatismus nicht nur nicht bewusst sind. Sondern sich dessen allenfalls auch noch rühmen…
Warum so kompliziert? Eine Beziehung basiert auf Vertrauen. Dem Partner nachspionieren ist kein Verbrechen, aber ein Zeichen, dass es hier Defizite gibt. Und Fremdgehen ist ein Vertrauensbruch.