Für Kerle mit Kindern

Bodybuilding und Flaschengeben: Männermagazine haben mit modernen Vätern eine neue Zielgruppe entdeckt. Foto: Cindy Singleton (iStock)
Rechts die Eltern, links die Mums und mittendrin der Dad: Als ich vor kurzem am Kiosk stand, stach mir das Vätermagazin in der Familienecke gleich ins Auge. Bei genauerem Hinschauen sah ich, dass das Heft eigentlich nicht «Dad», sondern «Men’s Health Dad» heisst. «Men’s Health», das sonst mit Themen wie «Die besten Sexstellungen aus dem Kamasutra» seine Leser anzulocken versucht, macht plötzlich auf Papi? Schräg genug, dass ich das Heft kaufte, um es mir genauer anzuschauen.
Die Zeitschrift richte sich an «Kerle mit Kindern, ohne dabei aber die Bedürfnisse des Mannes aus den Augen zu verlieren», schreiben die Macher. Denn nur weil ein neues Leben anfange, müsse ein altes ja nicht gleich ganz aufhören: «‹Kind haben, Kerl bleiben›, lautet deshalb das Motto unseres Männer-Magazins.»
Viel liess mich das Motto nicht erwarten. Umso überraschter war ich vom Inhalt, der abwechslungsreich, unterhaltsam und serviceorientiert daherkommt. «Dad» porträtiert zum Beispiel 14 Teilzeit arbeitende Männer und ergänzt das Ganze mit vielen praktischen Tipps für Papas, die ebenfalls diesen Weg gehen und ihr Arbeitspensum reduzieren wollen. Rechtliches, Ratschläge für die Verhandlung mit dem Chef – alles übersichtlich aufgelistet. Auch heikle Themen finden Platz. So erzählt etwa ein Mann von seinem zwei Jahre dauernden, vergeblichen Versuch, mit seiner Partnerin ein Kind zu zeugen. Spannend, einmal aus der männlichen Perspektive über dieses Thema zu lesen. Daneben erwartet den Leser unterhaltsames Kurzfutter oder Antworten auf Männerfragen wie «Muss ich eine Badehose in den Kreisssaal mitnehmen, wenn meine Liebste sich eine Wassergeburt wünscht?» oder «Warum eigentlich essen kleine Kinder so gerne Popel?»
«Dad» ist also durchaus ernst gemeint und nicht bloss ein «Auch als Väter betreiben wir noch Kamasutra»-Abklatsch des Mutter-Magazins. Und das aus gutem Grund: Die modernen Väter werden als Zielgruppe immer wichtiger. Hatten Werber und Marketingleute früher nur die Mütter im Kopf, wenn sie Produkte für die Kinder oder die Familie verkaufen wollten, denken sie heute immer öfter auch an die Väter. So belegte eine Trendstudie schon 2013, dass «eine modernere, zum Teil auch maskulinere Formensprache und Bilderwelt mehr Väter zum Zugreifen und Geld ausgeben verleiten kann – das zeigen erfolgreiche Kinderwagenmodelle von Bugaboo oder Mountain Buggy.» Und eine US-Befragung zeigt, dass heute 31 Prozent der Männer die Haupteinkäufer der Familie sind, weil sie sich im Haushalt stärker engagieren als frühere Generationen und folglich auch öfter im Supermarkt anzutreffen sind.
Wo Werbung verkauft werden kann, entsteht bekanntlich auch das Drumherum. Weshalb das Angebot an Väter-Magazinen zurzeit wächst. Besonders online, denn da tummeln sich eindeutig mehr moderne Väter als am Kiosk vor dem «Familienmagazine»-Regal.
«Daddyliscious» ist eines dieser gut gemachten, vielseitigen Onlinemagazine «für Väter, von Vätern». Oder «Freshdads», das sich nicht nur als Magazin versteht, sondern den Vätern auch eine Plattform zum aktiven Mitmachen und -gestalten bietet: Papas können als Gastblogger auftreten oder im Väterforum über ihre Sorgen diskutieren. Die Schweizer Variante dieser Webzines heisst «Swissdaddy» und wurde von Vätern lanciert, «weil sich die Informationsplattformen mehrheitlich um die Mütter drehen. Kaum eine Website orientiert sich an den Informationsbedürfnissen der Väter.» Das ändert sich nun also. Ein deutlicher Indikator dafür, dass es sie wirklich gibt, die modernen, sich engagierenden und interessierenden Väter – und dass sie immer mehr werden.
36 Kommentare zu «Für Kerle mit Kindern»
Bin ich der einzige der findet, dieser Beitrag liest sich wie der Werbetext eines neu lancierten Leifsteil-Magazins?
ich frage mich halt schon auch, ob nicht mindestens 60% der zielgruppe wegen dem namen das heft nie kaufen werden :D. ernsthaft.
Ich frage mich eher, was das für Männer sind, die eine solche Zeitschrift kaufen. Eine Zeitschrift, die ihnen sagt, wie sie sein müssen, damit sie ein moderner Mann sind??? Was sie anziehen sollen? Was gerade trendy ist? Was die Frauen wollen? Ich glaube da kann nicht viel Substanz/wirkliche Individualität dahinterdtecken.
achwas, wegen den super reportagen dänk 😉
Wie bei Playboy? Das wird ja, wenn die Berichte stimmen, auch wegen der „super Reportagen“ gekauft 😉
🙂
lustig war vorallem, wenn das frauen sagten, als begründung, warum ihr freund das playboy liest
@Jane: „es „Mammelet“ weniger „. Einfach genial 🙂
Sehr, sehr intressanter Aspekt, den sie da bringen.
In der Tat. Vielleicht geht in der Tat darum, das man die anderen Heftli viel weiter in die Klischee-weiblichen Ecke versorgen kann. Denn diese Ecke ist sehr intressant und äusserst kaufkräftig und ausgabefreudig…
Es steht ja eine Alternative zur Verfügung für die Männer und die für Frauen, die wenig mit Cupcakes, Pinki-Blinki-Deko, Prinzessinen-Kleidli nähen undsoweiter anfangen können.
Und im Idealfall verkauft man gleich zwei Heftli.
Mich würde interessieren, wie viele der 177’381 verkauften Exempare tatsächlich von Männern gelesen werden. Denn bei uns liegt das Dad-Heftli zwar herum, gekauft (und mehrheitlich gelesen) wird es aber von mir, also der Mutter. Es stimmt, die Thematik ist sehr ähnlich wie in den anderen Elternheftli (Eltern, Nido usw…) aber es „Mammelet“ weniger und das passt mir eindeutig besser. Weniger Cupcakes und mehr Cervelat. Natürlich hats auch da Zeugs, das nervt, z.B. die Gender-Kischee-zementierende Mami-Kolumne am Schluss. Aber ein Heftli, in dem alles super ist, gibts ja nicht.
Resp. wie viele davon sind Abos fürs Wartezimmer beim Arzt 😉
PS: Werden solche Mami/Papi/Frauen/Männerheftli überhaupt GELESEN? Oder doch eher durchgeblättert…
Nein, das ist jetzt fies; meist findet sich in jedem Heftchen doch etwas Lesbares…
Doch doch, also ich lese da schon dies oder das. Wenn ich grad sehr faul bin sogar so einiges.. Kommt wohl auf die Lese-Persönlichkeit an. Ich bin eine Sucht- und Langeweileleserin. Andere gucken Blödsinn im TV…
Oh, wenn Ihr wüsstet wieviele solcher Heftchen sich bei mir stapeln und aufs gelesen werden warten….aber irgendwann sind ja Ferien, da wird der Stapel abgearbeitet 😉
@Jane: Seh ich auch so. Bierbrauen mit dem Nachwuchs, Bugaboo-Cross-Rennen in der Kiesgrube, Dad-Bod-Beauty-Contest: Solche Themen fände ich auch als Leserin recht spannend. Väter, die auf dem Spielplatz in „Eltern“ oder „Nido“ blättern, eher weniger 🙂
Ok, der marketingtechnische Hintergrund und die wirtschaftlichen Interessen sind klar, denn wenn man eine Zeitschrift an Mütter und eine weitere an Väter verkaufen kann, hat man einer Familie eben zwei Zeitschriften verkauft. Soviel zur Milchbüchleinrechnung. Aber doch stellt sich mir wieder mal die Frage, inwiefern sich denn solche „Väterthemen“ oder „Väterfragen“ von den „Mütterthemen“ und „Mütterfragen“ unterscheiden oder ob die Fragen nicht einfach „Elternthemen“ sind und ob sie jemanden interessieren oder nicht, hängt in erster Linie von der Person ab. Teilzeitmodelle für Väter? Oder auf der Seite von MH Dad „Väterfreundlichste Stadt“?
Wo ist denn er Unterschied zu vor kurzem in einer „Mütter“zeitschrift porträtierten „verschiedene Familienmodelle“ und „familienfreundlichste Stadt“?
Wenn man etwas verbessern will, dann lieber eine Zeitschrift, die sich an Eltern richtet, die eben mehr Interessen haben als Windeln und Schoppen. Und zwar unabhängig des Geschlechts. Es gibt 1-2 die einen guten Anfang machen…
der unterschied zwischen mütter-heftli und väter-heftli: wie man am eingefügten link sieht, ist es auf jedenfall eine frage der produkte, für die geworben wird. und da eine zeitschrift nicht wenig umsatz durch werbung macht, reicht es vielleicht schon, dass man eine nische findet, für die es noch keine plattform zum werbung platzieren gab bisher. also konkret: es ist eher eine werbeplattform für eine bestimmte zielgruppe, als dass es um themen ginge
Ich bin ganz bei Ihnen, 13, thematisch unterscheiden sich solche Werke wohl kaum (ohne dies durch persönliche Recherche bestätigen zu können). Worin sie sich unterscheiden ist der Schreibstil «Warum eigentlich essen kleine Kinder so gerne Popel?» würde in einem Mütterheft wohl so stehen: „Wieso es nicht tragisch ist, wenn Ih Kleinkind in der Nase bohrt“.
Btw ich finde dies übrigens schreckliche Gender-Zementierung und würde deshalb als Mutter wohl eher zu einem Vater-Heftchen greifen…
Was ich bei meiner kurzen Recherche heute gesehen habe, ist allerdings auch „Gender-Zementierung“ bei den Vater-Heftchen. Sofern wir darunter das gleiche verstehen, wovon ich nicht überzeugt bin.
@ tststs
Wobei ja kaum ein Statistik geführt wird, wer die Heftchen gekauft hat und somit die Genderzementierung, die diese „Vätermagazine“ genau so fördern, da bin ich SPs Meinung auch gefördert wird. Nein, da bleibe ich lieber bei denen, wo das weniger ins Gewicht fällt, einfach weil anderes wichtiger ist. Wobei eben ganz genderneutral kenne ich auch keins. Schade.
Ja eh, es wird da in beide Gender-Richtungen zementiert (wobei ich fast schon eher die Gender Vater/Mutter, und weniger Mann/Frau meine):
Papi ist der Lustige (Artikel: Badehose für Wassergeburt)
Mama ist die Ernste (Artikel: Verzeichnis von Geburtshäusern mit Wassergeburt)
Auf der Swissdaddy-Seite erscheinen die Wörter „remedy“, „cure“ und „hospital“ inmitten der Teaser. Was soll das?
das ist ein werbelink der zu strickjacken für männer (….) führt lucrecia.
Echte Väter sind also die, die in erster Linie teilzeit arbeiten (wollen). Wobei, aus Tipps zur Väterrolle: „Was theoretisch funktioniert, ist in der Praxis oft schwer oder gar nicht umzusetzen. Wer weniger erwartet, wird auch nicht enttäuscht. Stecken Sie nicht zu hohe Ziele in der partnerschaftlichen Aufteilung der Aufgaben. Dass diese auch so umgesetzt werden können, ist meist eine Illusion.“ Da ist es doch gut, wenigstens ein bisschen modern zu sein: „Planen Sie im Voraus einen freien Abend pro Woche für jeden. So hat auch der Vater das Baby mal für sich ganz allein und die Mutter kann sich mit Freundinnen treffen.“
Ich frage mich allerdings, ob es wirklich stimmt, dass der „Markt“ für Väterzeitschriften so stark am Wachsen ist. Ein paar Zahlen dazu hätten mich interessiert.
‚Ich frage mich allerdings, ob es wirklich stimmt, dass der „Markt“ für Väterzeitschriften so stark am Wachsen ist‘
Das hoffen wir mal nicht, wäre ja ein kulturelles Armutszeugnis.
Sagen wir so: Ob der Markt wächst, wissen wir nicht. Was wir aber wissen: Dass das Angebot wächst. (Nur ist dies nicht ganz dasselbe.)
Eigentlich wollen die ja nur unser Geld… Das ist DIE Message aller Werbebotschaften. Und zum neuen Heftli… Peter Uebersax („Blick“ Chefredaktor in den 80ern) schrieb in seinen Memoiren treffend (gilt für alle Printerzeugnisse): „Eine Zeitung, das ist mit farbiger Werbung bedrucktes Papier, und auf der Rèckseite stehen Nachrichten.“ Schöner könnte man nicht beschreiben worum es geht.
Zielgruppe Men’s Health: „Men’s-Health-Leser sind jung, gut gebildet und arbeiten in den aufstrebenden Berufen. Diese Männer messen ihren Erfolg immer weniger am Einkommen oder am eigenen Status, sondern zunehmend an der Lebensqualität, dem Wohlbefinden, der körperlichen und mentalen Fitness.“
Verkaufte Auflage im ganzen, Deutschen Sprachraum: 177.381 Exemplare
Special Interest also. Verkauft sich sehr gut, eine Erfolgsgeschichte, was langsam selten ist im Printbereich. Persönlich habe ich noch nie einen Mann gesehen, der das Ding liest, egal, von welcher Altersgruppe. Aber es muss sie geben, die Leser.
@ Z.M.
In welchen Kreisen verkehren Sie, wenn sie keinen einzigen Leser kennen? Ich habe ein paar Jahre im Verkauf gearbeitet und kann ihnen versichern, dass die Nachfrage, wirklich gross ist. Es war stets eines dieser Heftchen, wo man als Verkäuferin sofort wusste dass an dem Tag eben ein neues herauskam, weil so viele verkauft wurden. Privat sehe ich immer mal wieder eine Ausgabe bei jemanden herumliegen. Ob es gelesen wird oder einfach ein Teil des Stils ist, den man(n) vermitteln will, kann ich allerdings nicht beurteilen 😉
@13: In welchen Kreisen ich verkehre? Ganz einfach: Dienstleistungsproletariat, bildungsfern, SVP-Wähler… Und die lesen nur die Weltwoche. Oder die BaZ. Nein, im ernst jetzt: Ich persönlich kenne niemanden, der das Ding liest und habe auch noch nie jemanden gesehen, der es liest, weder im Zug, im Bus, noch in der Badi oder sonstwo!
ich kenne auch keinen mens health leser :). mein umfeld? so als schubladendeklaration? mitte 40, handwerker bis akademiker, arm bis mittelstand, links von der mitte, da gibs sportliche leute, da gibts nerdige leute, viele eltern.
wer also liest nun mens health?
@ Tina
Ich denke mal, das „Eltern“ ist das ausschlaggebende. Ja, wer liest MH? Der Singleman ab 30 (oder wahlweise der männliche Teil eines DINK-Pärchens), der genug Geld, Zeit und Interesse hat, um an seinem äusseren Eindruck, sei es Aussehen, sei es Equipement (Auto, Handy etc.), sei es Bildung zu feilen…
Und um die Eltern an Bord zu holen, gibt es jetzt eben die Dad Ausgabe.
bildung? das bezweifle ich :). eher für statussymbol- und trendorientierte vielleicht
@ tststs
Das Wort Bildung darf weit gefasst sein. Der Mann von Welt gibt sich informiert. Er weiss über die neuen Geschehnisse und Trends Bescheid. D.h. nicht, dass er Goethe gelesen hat, sondern einfach up to date ist 😉
aaaah bildungsferne sind leute, die keine klatschheftchen lesen 😀
Ja, genau 😀
Die Leser aller bunten Zeitungen rekrutieren an der Grenze von mittleren und unteren Bildungsdrittel. Die gleichen, welche auch Serien schauen.
Oberhalb des Medians wird niemand dieses Zeugs lesen.
Tja. Bêta-Männer triumphieren. Schliesslich sind sie in der Mehrzahl. Die Kehreseite der Demokratie. Alles Alpha wird kritisiert. Wie lange noch, bis unser Kulturkreis sich absolut nicht mehr gegen „Macho“-Ländern (ru, tr, …) behaupten kann?
Entweder die werden wie der Blick gerne in der NZZ „getarnt“ oder was ich mir noch fast eher vorstellen könnte, es sind die Frauen welche diese Magazine kaufen. Einerseits um es dem Partner schmackhaft zu machen oder eben für einen Blick in die Gedankenwelt der Männer.
Vielleicht erübrigt sich dann zu Hause der Satz „Schatz was denkst du gerade“.;-)