Geschäftliches ist Privatsache

Ein Papablog von Rinaldo Dieziger*

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Ist das noch Arbeit – oder bereits Freizeit? Ein Mann mit Computer am Strand. Foto: Giorgio Montersino, Flickr

Von allen Seiten wird es dem Arbeitnehmer eingebläut. Unzählige Ratgeber beten es herunter wie ein in Stein gemeisseltes Gebot aus der Bibel: Du sollst Geschäftliches und Privates trennen. Warum eigentlich? Ist es eine Sünde, am Sonntag zu arbeiten? Und frevelhaft, im Büro Familienfotos auf Facebook zu posten?

Man kann das von zwei Seiten betrachten. Und genau das will ich heute tun. Weil ich kann: Ich habe mich fast zehn Jahre lang als Angestellter durch die Arbeitswelt gewurstelt, bevor ich 2005 auf die glorreiche Idee kam, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Nur um zu merken, dass es über dem Firmenchef noch den König gibt. Den Kunden. Irgendwie bleibt man immer Angestellter.

Und als solcher wünschte ich mir einen interessanten Job mit horrendem Verdienst. Und ein gutes, kollegiales, wenn nicht sogar familiäres Arbeitsklima. Das ist das Wichtigste. Sagen drei von drei Bewerbern. Trotzdem haben die wenigsten Mühe, dieser Familie um Punkt 18.00 Uhr den Rücken zu kehren. Um nach Feierabend über vor dem Feierabend zu diskutieren: «Ist dein Chef auch so ein Arschloch?»

Es ist zum Mäusemelken: Während der Arbeitszeit wird Privates besprochen. Und während der Freizeit Geschäftliches. Privates und Geschäftliches trennen meint in den meisten Fällen einfach nur eine klare Begrenzung der Arbeitszeit. Von emotionaler Abgrenzung keine Spur. In vielen Firmen werden aus Kollegen Freunde. Und manchmal sogar Sex- und Ehepartner. Wie bei meiner Ex-Freundin. Nur blöd, haben wir nicht im selben Unternehmen gearbeitet.

Arbeit und Freizeit stehen in einer wechselseitigen Beziehung. Sie bedingen sich. Ohne Arbeit keine Freizeit. Ohne Freizeit keine Arbeit. So süss ist das süsse Nichtstun gar nicht. Mit ein Grund, warum sich Arbeitslosigkeit so unglücklich anfühlt. Macht eine strikte Trennung von Geschäftlichem und Privatem angesichts dessen Sinn? Der beliebteste Arbeitgeber der Welt beantwortet die Frage mit Nein. Bei Google sieht das Büro nicht nach Arbeit aus. Sondern nach Freizeit.

Homeoffice, Jobsharing, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten – alles Forderungen, die darauf abzielen, Geschäftliches und Privates unter einen Hut zu kriegen. Warum die Arbeitgeber nur zaghaft auf diese Anliegen der Arbeitnehmer eingehen? Vielleicht auch deshalb: Als wir in unserer Firma die ersten Mitarbeiter mit Laptops ausgestattet haben, war ich richtig enttäuscht, als sich jemand zusätzlich einen privaten Laptop angeschafft hat. War für mich völlig unverständlich. Wieso will jemand zwei Laptops oder zwei Handys haben? Wahrscheinlich um Privates und Geschäftliches zu trennen. Um sich nicht voll und ganz von der Aufgabe auffressen zu lassen, für die man dann doch nicht voll und ganz brennt? Um für das kollegiale, familiäre Umfeld nicht erreichbar zu sein? Um persönliche Daten vor dem Arbeitgeber geheim zu halten? Weil es noch Wichtigeres gibt als das Geschäft? Zum Beispiel die Familie?

Je nach Persönlichkeit, Arbeit und Stellung im Unternehmen fallen die Antworten wohl sehr unterschiedlich aus. Ich habe als Angestellter mal mehr und mal weniger getrennt. Je nachdem, wie sehr ich mich mit der Aufgabe und der Firma identifizieren konnte. Als Selbstständiger oder Unternehmer kann man Geschäftliches und Privates nicht trennen. Man ist das Geschäft. Und es fühlt sich verdammt gut an. Man ist mit sich eins, wenn Geschäftliches Privatsache ist.

rinaldo*Rinaldo Dieziger ist Unternehmer und Autor. Seine besten Papablogs sind als Taschenbuch erschienen. Er lebt mit Frau und Kindern in Zürich.

61 Kommentare zu «Geschäftliches ist Privatsache»

  • Widerspenstige sagt:

    Das können nur UnternehmerInnen nachvollziehen und sich zwischen Berufsleben und Privatleben hin und her bewegen, je nach Auftragseingang und Kundenwünschen. Ja, der Kunde ist König und will so behandelt werden. Das ist die Motivation, sein Bestes zu geben und dann gibt es keine strikte Trennung.

    Wem das zu belastend ist als ArbeitsnehmerIn, dem rate ich, die Initiative für ein gesichertes Grundeinkommen einfach mal anzunehmen. Denn hier wird sich zeigen, wie schön Sicherheit sich anfühlt, das zu tun, wozu man wirklich seine innere Uhr ticken hört. Nein, das ist nicht das ’süsse Nichtstun‘ (in Ausnahmefällen sehr wohl, aber ist nicht die Regel, glaubt es mir), sondern kreativer seinen Alltag zu gestalten. Und nein, die Finanzierung ist kein Gegenargument mehr, denn Milliardenbeträge werden einfach so in den Sand gesetzt von unseren gewählten Politikern mit Steuergeschenken an Konzerne etc.

    • Brunhild Steiner sagt:

      @Widerspenstige

      „… Das ist die Motivation, sein Bestes zu geben und dann gibt es keine strikte Trennung.
      Wem das zu belastend ist als ArbeitsnehmerIn, dem rate ich, …“

      Dass es für Unternehmer, welche mit Herz&Hand ihr Unternehmen führen wollen, keine strikte Trennung geben kann, steht ausser Frage.
      Dass beschäftige Mit-Arbeitende ebenso ihr Bestes geben sollen- das würde ich mir als Unternehmerin natürlich ebenso wünschen, mein Erfolg hängt ja auch an deren Einsatz und Vertrauenswürdigkeit.

      Dass dies nicht zu belastend wird löse ich aber nicht mit Einführung eines Grundeinkommens, sondern mit guten Arbeitsbedingungen- respektive, ich schätz mal dass auf dem Gebiet der Arbeitsbedingungen noch einiges Verbesserungspotential offen ist.

      • Alpöhi sagt:

        @Brunhild: Zustimm! Im Grunde kann es nur klappen, wenn zwischen AG und AN das Geben und Nehmen in einem gesunden, ausgeglichenen Verhältnis ist. Ich soll zu Hause erreichbar sein und Mails checken: Wie hält es dann die Firma mit privaten Tätigkeiten im Büro? (z.B. Blog-Beiträge schreiben während der Arbeitszeit 😉 ) Oder wenn von mir Flexibilität gefordert wird: Wie hält es die Firma, wenn ich mal Flexibilität vom AG möchte (z.B. weil ich kurzfristig der Arbeit fernbleiben will/muss?)

  • mira sagt:

    Mir liegt viel an der Trennung von Arbeit und Privatleben. Mein Job erfordert meistens ziemlich viel Denkleistung und wenn ich nicht abschalten könnte, dann würde ich in meiner Freizeit weiter arbeiten. Dafür werde ich aber weder bezahlt, noch möchte ich meine ganze Lebenszeit für das Gleiche hergeben. Ich habe nebst meiner (sehr interessanten) Arbeit noch andere Interessen (Familie, Hobbies), welche mir ebenfalls sehr wichtig sind. Aus diesem Grund bleibt mein Geschäftslaptop im Büro und während dem Weekend/Urlaub bin ich normalerweise nicht erreichbar.
    Wäre ich selbständig, dann würde das selbstverständlich anders ausschauen. Denn dann ist mein Lohn der Erfolg meiner Firma und es gäbe keine unbezahlten Leistungen!

  • Lala sagt:

    Wer sein Arbeitsleben von seinem Privatleben strikt(!!!) trennt, hat vermutlich den falschen Job.

    Klar muss man auch mal komplett abschalten können, aber wenn einem die Arbeit zuhause nicht ab und zu auch noch beschäftigt, obwohl man anderes im Kopf haben „sollte“, ist das ja wohl eher ein schlechtes als ein gutes Zeichen.

  • M.Sold sagt:

    Wer keine Auszeit nehmen kann und sich sich selbst widmen kann, der kann auch bei der Arbeit sich nicht mit Herz und Seele der Arbeit widmen. So einfach ist das.
    Oder wie erklären wir uns die masslose Über- oder auch Unterforderung von Angestellten und Arbeiten, die psychischen Krankheiten, der Frust und die Rastlosigkeit, die alle früher oder später in den Wahnsinn treibt.
    Selbstverständlich gibt es Berufsgruppen bei denen Arbeit und Privates verschwommen ist und nicht trennbar. Doch auch hier sollte Vernunft stehen und man sich selbst an der Nase nehmen. Bei Familienbetrieben sollte das Mittag- oder Abendessen ohne Handy ein Mindestmass darstellen. Und es gibt viele Möglichkeiten auch hier Auszeiten zu haben.

  • Jänu sagt:

    Oh, ein Text voller Allgemeinplätze, vieler Fragen, die den Anschein des Hinterfragens geben sollen und keiner Erkenntnisse: Das Resultat eines ganzen unproduktiven Tages.

  • Theo Kurz sagt:

    Es gibt Menschen die sich gut strukturieren und gleichzeitig sinnstiftende Aufgaben gefunden haben. Die haben es gut. Sie können sich auf die „Life-Balance“ konzentrieren und brauchen Arbeit und Freizeit nicht zu trennen.
    Andere haben Mühe sich abzugrenzen. Sie sollen Arbeit und Freizeit trennen.

  • Muttis Liebling sagt:

    Wir waren uns in diesem Gefäss schon mehrmals einig, dass die Erziehung der Kinder und die Bewältigung des Haushalts auch Arbeit darstellt. Das Gegenüberstellen von Arbeit und Freizeit ist damit nichtig.

    Die Artikelfrage, im Text schlecht umgesetzt, meint dann auch das Verhältnis von Geschäftlichem zu Privaten. Das einzige Geschäft, welches abhängig Beschäftigte in dem Kontext tätigen, ist das Verkaufen ihrer Arbeitskraft. Da die Zeit verkauft ist, bestimmt der Käufer deren Gestaltung. Da gibt es also auch nichts zu diskutieren.

    Bleibt der Selbstständige oder Firmenbesitzer. Der hat, wenn er Glück hatte, ein Hobby zum Beruf gemacht und dann existiert die Abgrenzung zur Freizeit nicht. Wenn er aber primär wegen des Gelderwerbes handelt, ist er genau so angeschmiert, wie der anhängig Beschäftigte.

    Alles in allem, keine homogene Fragestellung im Bereich der Nichtigkeiten des Tages.

    • Alpöhi sagt:

      Stimme zu. Mein AG hat mit mir einen Vertrag für 40h / Woche. In dieser Zeit bringe ich mich voll ein und tue meine Arbeit mit Herzblut – in einem Betrieb mit familiären Klima, übrigens. Aber die 40h / Woche müssen im Jahresdurchschnitt reichen. Mehr ist nicht vereinbart. Punkt.

      Ich bin nicht mit dem Geschäft verheiratet, sondern mit meiner Familie. Sie ist das Wichtigste in meinem Leben. Das Geschäft spielt nur die zweite Geige.

      • Papperlapapi sagt:

        Genau gleicher Meinung! Ich bin im Geschäft, wenn ich im Geschäft bin. Zuhause widme ich mich den Kindern, dem Garten, dem Haushalt, dem Verein…
        Ich nehme das Angebot von Home office bewusst nicht wahr, möchte diese Vermischung nicht. Der vom Geschäft gestellte Laptop hat seine Docking-Station noch nie verlassen.
        Geschäftliche Mails erhalte ich im Geschäft, kriege sie zuhause nicht zu Gesicht. Umgekehrt lese ich im Geschäft keine privaten Mails.
        Klar kommts mal vor, dass ich zuhause über ein geschäftliches Problem hirne und manchmal kommen mir da ganz vernünftige Lösungen in den Sinn. Dafür schreibe ich im Geschäft auch mal in den Mammablog 😉
        Weitgehende Trennung: unbedingt. Ganz: geht nicht.

  • Sportpapi sagt:

    „Homeoffice, Jobsharing, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten – alles Forderungen, die darauf abzielen, Geschäftliches und Privates unter einen Hut zu kriegen.“ Für mich tönt das eher danach, mehr Zeit für Privates zu haben. Unternehmen haben aber manchmal anderes im Sinn, wenn Sie den Arbeitsplatz zu einem zweiten (?) Zuhause aufbauen.

    • Stolzer Vater sagt:

      Das Modell an sich ist spitze, klappt aber nur bei einer gewissen Sorte Menschen und benötigt eine grosse Portion Vertrauen und Selbstorganisation. Es bedingt auch, dass Arbeitgeber und Nehmer begreifen, dass Leistung != Anwesenheitszeit ist.

      Es geht eben genau nicht Daum mehr Zeit für Privates (oder Geschäftliches) zu haben, sondern dann die Zeit effizient einteilen zu können. Wieso nicht einmal an einem Sonntag arbeiten wenn die Familie gerade nichts los hat, oder halt unter der Woche mal am Nachmittag mit den Kindern in die Badi gehen anstatt zu arbeiten.

    • Zampano sagt:

      Ich arbeite in einem Unternehmen, das sich überlegt, die relativ starren Blockzeiten aufzuheben und flexible Arbeitszeiten und Home Office einzuführen. Warum? Auf Wunsch vieler Mitarbeiter, wobei sich darunter viele befinden, welche bereits heute Teilzeit arbeiten und offiziell mehr Freiheit wünschen. Dem Unternehmen spielt es keine Rolle. Meines Erachtens vergessen diese Mitarbeiter aber, dass mehr Freiheiten auch mehr Pflichten mit sich bringen – andere hier würden es wohl als Ausbeutung bezeichnen. Man kann aber nicht meinen, dass die Zunahme an Freiheit „gratis“ ist. Man kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber das Handy mitsamt Privatgesprächen bezahlt und es dann nach 17.00 Uhr nur noch privat gebrauchen wollen. Man kann nicht flexible Arbeitszeiten verlangen (sprich: ich schlafe heute mal aus oder ich gehe heute Nachmittag mal ins Fitness), ohne die nicht gearbeitete Zeit später nachzuholen. Etc.

      Persönlich spricht mir der Autor des Artikels aus dem Herzen. Ich arbeite gern und unabhängig vom Tag und der Zeit – und insofern wäre ich theoretisch für Home Office, Jobsharing, flexible Arbeitszeiten etc. Ich arbeite auch mal am Abend oder Wochenende oder sogar in den Ferien – ohne dass die Erholung oder die Familie darunter leidet. Umgekehrt darf ich mir aber auch bereits heute die Freiheit nehmen, während der Arbeitszeit kurz zum Coiffeur zu gehen oder privat zu telefonieren – dies dank einem Abteilungschef mit Augenmass, der sich über die (noch) fehlende Regelung der flexiblen Arbeitszeit hinwegsetzt und weiss, dass wir da sind, wenn es brennt und die Arbeit rechtzeitig erledigt wird. Gleichzeitig kommen beide, meine Frau und ich, aus Unternehmerfamilien und sind sich gewohnt, dass die Eltern immer arbeiten, aber auch immer für uns da waren.

      Kurz, das beschriebene Arbeitsmodel (fliessender Übergang von Arbeit zu Freizeit) wäre ideal. Das setzt aber voraus, dass man sich selber auch mal abgrenzen kann, dass man Prioritäten setzen kann, dass man sich nicht stressen lässt von unbeantworteten E-Mails in den Ferien etc. Wer das alles nicht kann (und das ist wohl die Mehrheit), für den wären die klassischen Arbeitsmodelle besser und gesünder.

  • mila sagt:

    So gut ich Ihre Position als selbständiger Unternehmer verstehen kann, Herr Dieziger: Für einen Angestellten geht die Flexibilisierungsrechnung nicht in derselben Weise auf. In meiner vorletzten Anstellung bei einem globalen Konzern hatte ich den gesamten Chichi: flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Option, und natürlich einen Laptop und ein Smartphone, die auch privat genutzt werden durften (letzteres auf Kosten des Arbeitgebers, sofern man das Kostenmass nicht ungebührlich überschritten hat). Die Konsequenz war allerdings keine bessere Work-Life-Balance, vielmehr hat das Work-Life zunehmend alles andere überwuchert. Man wird seine Mails automatisch immerzu checken. Man wird den Laptop mit in die Ferien nehmen (und damit einen Krach mit dem Partner riskieren, der nicht verstehen kann, wie man den ganzen ersten Morgen dazu nutzen kann, noch-nicht-erledigtes-aber-äusserst-dringend-scheinendes doch noch zu erledigen).

    Natürlich muss es nicht zwangsläufig darauf hinauslaufen, es gibt immerhin eine Push-Funktion für Mailabrufe, und den Laptop könnte man abends, am Wochenende oder vor den Ferien im Geschäft liegen lassen. Aber je nachdem trägt man auch als Angestellter eine hohe Verantwortung für Einzelprojekte, von der man meint, man könne sich ihr auch in der ‚freien‘ Zeit nicht so ganz entziehen (ob dies realiter tatsächlich zutrifft oder nicht, ist eine andere Frage – vieles könnte durchaus warten, nur sieht man das irgendwann nicht mehr). Frei vom Geschäftlichen ist man damit nicht (nie) mehr wirklich, und für den einen oder anderen, der sich primär über Arbeit definiert, mag das persönlich stimmen. Bei dem einen oder anderen führt es in eine Selbst-Überforderung, bis hin zum Burn Out.

    Dies soll nun keineswegs ein Plädoyer gegen Flexibilisierung per se sein. Sie hat, ‚gemässigt‘ eingesetzt, absolut ihren Mehr-Wert. Nur: wenn eine Mutter auf dem Papier 80% arbeitet, damit sie zwei freie Halbtage mit ihrem Kind verbringen kann, und diese Zeit abends/nachts/am Wochenende mehr als nur kompensiert, hat sich das Ziel in meinen Augen verfehlt. Für ihre ‚Flexibilität‘ zahlt sie leistungsmässig de facto noch drauf (bei gleichzeitigen Lohneinbussen, notabene, und das ist kein theoretisches Anschauungsbeispiel, sondern eins von mehreren mir bekannten). Insbesondere hierin liegt denn auch die Krux eines ausschliesslich output-orientierten Denkens begraben, in dessen Rahmen die geleisteten Arbeitsstunden nicht mehr zählen – respektive, noch nicht einmal mehr erfasst werden. Und als Arbeitgeber sollten Sie ja bestens damit vertraut sein, dass gerade die ‚guten‘, engagierten Mitarbeiter, die sich ein Chef idealiter wünscht, bezüglich Output noch mehr Anforderungen an sich selbst stellen, als die, sagen wir mal, weniger geschäftsorientierten, für die Arbeit – auch das ist so berechtigt wie legitim – nur ein Mittel zum Existenzsicherungszweck ist. Sie sind es, die – persönlich wie privat – im, wie oben schon erwähnt, nicht so seltenen Zweifelsfall draufzahlen für die gebotene(n) ‚Freiheit(en)‘.

    • Hans Hintermeier sagt:

      Ein weiteres wichtiges Problem der Lohnabhängigen: „Nur: wenn eine Mutter auf dem Papier 80% arbeitet, damit sie zwei freie Halbtage mit ihrem Kind verbringen kann, und diese Zeit abends/nachts/am Wochenende mehr als nur kompensiert, hat sich das Ziel in meinen Augen verfehlt.“
      Genau das meinte ich mit „unentgeltlich“. Und warum funktioniert das? Weil Arbeit eine knappe Ressource und der Konkurrenzdruck dementsprechend hoch ist. Deshalb wird auch die Mutter, die eigentlich einen 80%-Lohn erhält, 110% arbeiten. Die Angst vor dem sozialen Abstieg durch Arbeitslosigkeit beherrscht uns alle und wird geschickt ausgenutzt vgl. z.B. Buch „Workfare“ von Kurt Wyss. Auch die obige Ideen funktionieren nicht, weil es in der CH ein zu grosses Ungleichgewicht in der Machtverteilung gibt zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen abhängigen Arbeitnehmer.

    • mila sagt:

      Ganz so einseitig darf man es auch nicht sehen – die betreffende Frau liebt ihren äusserst vielseitigen Job, einen vergleichbaren würde sie so schnell nicht finden (egal ob mit 80 oder 100%). Es geht also nicht nur um knappe Ressourcen und Konkurrenzdruck (die ich nicht in Abrede stellen will), sondern auch um persönliche Vorlieben und Eigenverantwortung; am Ende kommt man nicht umhin, sich selbst zu fragen, wieviel einem die allfällige Mehr-Leistung, auch als Investition in die Zukunft, ‚wert‘ ist (und ab wann sie sich ggf. trotz supertollem Job nicht mehr lohnt). Und ich brauche nicht eigens zu erwähnen, dass sie auch mit ’nur‘ 80% hervorragend verdient…

      Für mich ginge die Rechnung nicht auf, zumal nicht in einem Angestelltenverhältnis – aber man darf die einzelnen Arbeitnehmer in ihren Entscheidungen auch nicht bevormunden. Gerade die Gutausgebildeten und -verdienenden mit Home-Office-Option etc. haben am Ende mehr Wahlmöglichkeiten, als ein Angestellter im Normal- und Niedriglohnsektor – der allerdings zumindest auf eines zählen kann: dass nach dem Arbeitsschluss auch wirklich Arbeitsschluss ist.

      • Hans Hintermeier sagt:

        Selbstverständlich muss jede(r) selbst für sich definieren, wo die Schmerzgrenze der „Investition“ ist und inwieweit die persönlichen Vorlieben die Übergriffe der Arbeit ins Private rechtfertigen, es ist sicherlich nicht nur schwarz/weiss. Es lässt sich aber auch nicht leugnen, dass dies die Unternehmen/Bildungsinstitutionen schamlos ausnutzen. Gerade auch im Sektor, in dem Ihre Freundin arbeitet, werden oft nur noch Leute für „Projekte“ angestellt. Da muss man sich beweisen, da man ja für das nächste „Projekt“ wieder angestellt werden möchte (d.h. man gibt nur ca. 70% des wirklichen Aufwandes an), viele wollen ja diesen prestigeträchtige Position und haben die gleichen Vorlieben…Es zählt nur der Output, die Person dahinter ist egal, die kann man ja beliebig ersetzen.

      • mila sagt:

        Sie kennen den genauen Sektor doch gar nicht, Herr Hintermeier. 😉 Und diese Arbeitskollegin arbeitet keineswegs auf Projektbasis, sondern ist seit über zehn Jahren festangestellt.

      • Hans Hintermeier sagt:

        @Mila: das wissen Sie doch gar nicht, vielleicht habe ich hier eine Glaskugel auf dem Tisch 😉

        Nein, ich meinte allgemein den von Ihnen erwähnten „Gutausgebildeten und -verdienenden mit Home-Office-Option etc“ und akademische Kreise

      • mila sagt:

        Sehen Sie, dass ist das grundlegende Problem, dass ich mit Ihren Beiträgen immer wieder habe: Sie reden (schreiben) in aller Regel sehr allgemein, und das hört sich oft auch gar nicht mal so unvernünftig an. Schaut man aber genauer hin, sieht man eben, dass es z.B. nicht nur um einseitige Ausbeutung geht, sondern dass Menschen nun mal Individuen sind, die eigene Entscheidungen fällen (müssen). Und das kann durchaus mal bedeuten, den Job zu wechseln – Ausweichsmöglichkeiten gibt es gerade für Gutgebildete und -verdienende immer noch genug, zumal wenn man bereit ist, Einbusse (in punkto Lohn, ‚Jobattraktivität‘, Prestige u.ä.) in Kauf zu nehmen. Wenn nämlich Unternehmen merken würden, dass gerade die gesuchten, engagierten Fachkräfte nicht länger bereit sind, in einen Job über-zu-investieren, würde sich vieles in der gegenwärtigen Arbeitskultur ‚von innen‘ ändern, dem man mit gesteuerten Regulationsmechanismen ‚von oben‘ oder ‚von aussen‘ nicht wirklich beikommen kann. Doch solange die besagten Fachkräfte in der Mehrzahl dieses Spiel (keineswegs immer nur notgedrungen) mitmachen, werden die Unternehmen nur zu gerne weiter vom geleisteten Mehr-Output profitieren. Und ja, so gerne man sich selbst als nicht austauschbar sehen würde: man ist es in dieser Konstellation eben doch, da sich genug andere, genauso adäquate Interessenten finden. Selbst wenn damit vorübergehende Know-How-Verluste für den Arbeitgeber verbunden sind.

      • Hans Hintermeier sagt:

        @mila: „Schaut man aber genauer hin, sieht man eben, dass es z.B. nicht nur um einseitige Ausbeutung geht“.
        Das habe ich auch sicherlich nicht so einseitig gemeint, wie Sie es verstehen wollen. Wenn es ja nur Nachteile hätte, wurde das niemand mit sich machen lassen!

        Wissen Sie mila, eine gewisse Differenziertheit setzte ich einfach als gegeben voraus und deshalb schreibe ich jeweils nicht alle trivialen Facetten explizit hin, sondern konzentriere mich auf den Kern der Sache/Hauptproblem. Ich habe auch keine Lust lange Romane zu schreiben.

        „Wenn nämlich Unternehmen merken würden, dass gerade die gesuchten, engagierten Fachkräfte nicht länger bereit sind, in einen Job über-zu-investieren, würde sich vieles in der gegenwärtigen Arbeitskultur ‚von innen‘ ändern…..“ –> genau meine Intention

      • mila sagt:

        Diese Intention kommt aber leider keineswegs rüber, Herr Hintermeier. Ich würde umgekehrt eher sagen, dass Sie das Triviale – im Sinne von allgemein bekannt/geläufig/erhoben – überbetonen, während Sie die wesentlichen Detail-Facetten, die erst ein umfassendes Gesamtbild ergeben, auslassen. Hier kamen Sie mit ihrem Einstieg, ob gewollt oder ungewollt, als einseitiger Kritiker der Arbeitgeber-Seite rüber. Es liegt an Ihnen, sich präzise(r) auszudrücken, wenn Sie richtig verstanden werden wollen.

      • mila sagt:

        Oder anders formuliert: es ist recht billig, im Nachhinein zu sagen, man hätte etwas natürlich genauso gemeint (obwohl davon nichts Hand-Greifliches in den eigenen Kommentaren steht), wenn es ein anderer ausgedeutscht hat… Da werden Sie mir sicher zustimmen, und es passiert mir mit Ihnen nicht zum ersten Mal. 😉

      • Hans Hintermeier sagt:

        Nein mila ich stimme Ihnen nicht zu: Ein paar Hinweise bezüglich meiner Intention: „Auch die obige Ideen funktionieren nicht, weil es in der CH ein zu grosses Ungleichgewicht in der Machtverteilung gibt zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen abhängigen Arbeitnehmer.“ man/frau beachte: „zwischen EINZELNEN abhängigen Arbeitnehmern“. –> ich kann/und will nicht alles explizieren/ausdeutschen, aber was impliziert diese Aussage? Wie kann man das Ungleichgewicht wohl ausgleichen? Hätten Sie Kurt Wyss gegoogelt/gelesen wüssten Sie wohin die Reise geht, oder dass ich implizit das Gleiche gemeint habe…

      • Muttis Liebling sagt:

        Ich erlaube mir nur mal die Bemerkung: Wer so grässliche Unwörter wie ‚Arbeitnehmer‘ und Arbeitgeber‘ benutzt, hat das Wesen von Beschäftigungsverhältnissen nicht verstanden.

        Es sei denn, mir beschreibt jemand plastisch, wie man Arbeit gibt oder nimmt. Dann merkt man die Unmöglichkeit dessen. Es sind demagogische Begriffe, welche den Wertefluss in einem Beschäftigungsverhältnis genau umgekehrt, als dieser stattfindet, beschreiben.

      • mila sagt:

        Oh, beide Folgekommentare sind etwas zu weit nach unten verrutscht. 😉

      • Hans Hintermeier sagt:

        @ML: Ich halte mich an die offizielle Nomenklatur z.B. des SECO und des OR. Denke auch, dass man diese Begriffe hinterfragen kann, vielleicht gibt es griffigere oder politisch weniger besetzte (es gib auch explizit politisch besetzte Begriffe dafür!)

    • Brunhild Steiner sagt:

      @mila 8.04

      ein Hoch auf die freie Zeichenanzahl 🙂
      besonders wenn dann noch so vollkornmässig!

    • mila sagt:

      Herr Hintermeier, ich google Kommentaren im Allgemeinen nicht nach, um zu sehen, wie sie implizit gemeint waren – soviel Zeit hab ich dann doch nicht. Ihre Aussage lese ich wörtlich, ohne ausgedeutschten mitgemeinten Kontext, so: dass es ein zu grosses Ungleichgewicht in der Machtverteilung gibt zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen abhängigen Arbeitnehmer = der einzelne abhängige Arbeitnehmer hat keinen Einfluss (ob es auch einzelne unabhängige Arbeitnehmer gibt, erschliesst sich daraus nicht). Ergo ergibt sich daraus per se nichts, das darauf hindeuten könnte, Sie könnten mitgemeint haben, der einzelne abhängige (oder eben unabhängige) Arbeitnehmer hätte doch irgendwie einen Einfluss.

      Ich habe mittlerweile reichlich Erfahrung mit Diskutanten, die sich im Nachhinein argumentativ bzw. intentional zurechtwinden. Nur kam mir noch nie einer damit, dass ich Nicht-Geschriebenes googlen müsste, dafür kriegen Sie zumindest einen Kreativitätsbonus. 😉 Dennoch würde ich Ihnen in Zukunft empfehlen, das Wesentliche in Ihrer Argumentation nicht implizit zu unterschlagen, sondern explizit anzuführen, wenn es tatsächlich wesentlich ist (was es hier mE wäre) – nicht nur ich google nicht hinter Ihnen her, um Sie denn auch wirklich gemäss Ihren Intentionen zu verstehen; dass es mit der intentionalen Vermittlung funktioniert, liegt zunächst einmal in Ihrem Verantwortungs- bzw. Ausdrucksbereich. Und ja: ein einfacher klärender Nebensatz beizeiten, statt des späteren Rückzugsverweises auf eine Referenz (mit denen Sie ja generell sehr gerne sehr freigebig hantieren), hätte schon gereicht.

      • Sportpapi sagt:

        @mila: „Ich habe mittlerweile reichlich Erfahrung mit Diskutanten, die sich im Nachhinein argumentativ bzw. intentional zurechtwinden.“ Naja. Aber dass Sie an einem Missverstehen irgendwie beteiligt sein könnten, das fällt Ihnen nicht auf? „Ihre Aussage lese ich wörtlich, ohne ausgedeutschten mitgemeinten Kontext.“ Das lese ich gerne…
        Und nun noch inhaltlich: Mir fällt nicht zum erste Mal auf, dass Sie scheinbar Ihre eigenen Erfahrungen und die ihrer Kolleginnen (Kollegen) gerne generalisieren. „Ausweichsmöglichkeiten gibt es gerade für Gutgebildete und -verdienende immer noch genug, zumal wenn man bereit ist, Einbusse (in punkto Lohn, ‚Jobattraktivität‘, Prestige u.ä.) in Kauf zu nehmen.“ Damit haben Sie teilweise recht. Ich kenne aber doch einige gut ausgebildete, die nicht so einfach einen Job finden (Generation Praktikum, ständig wahlweise über- oder unterqualifiziert), auch wenn sie relativ breit suchen. Zumal sie ja eigentlich gerne im Fachgebiet, für das sie sich jahrelang ausgebildet haben, tätig sein würden. Und daneben gibt es ja noch ganz viele Menschen, die nicht so gut ausgebildet sind, die keine grossartigen Wahlmöglichkeiten haben, die auf das Geld angewiesen sind.

      • Hans Hintermeier sagt:

        @mila: „soviel Zeit hab ich dann doch nicht“. Wie wäre es, wenn Sie nicht so lange Romane schreiben würden, dann hätten Sie auch noch Zeit, sich auf die Argumente der Anderen einzulassen 😉

        (Ihr Beitrag hat beinahe so viele Wörter wie der Artikel selbst!)

      • mila sagt:

        @HH: Aber gerne doch, auf stichhaltige Argumente lasse ich mich immer ein – nur nicht auf solche, die ich für einen anderen noch nach-suchen bzw. -recherchieren müsste. 😉

        @SP: Nein, mit mir hat es nichts zu tun – das sah ich durchaus in der kürzlichen Neben-Diskussion bestätigt. Mehr habe ich dazu denn auch nicht zu sagen (eine weitere Endlos-Schlaufe spare ich mir). Hierzu allerdings schon: Ja, ich mache mir eher Gedanken um die grosse Mehrheit mit beschränkten Wahlmöglichkeiten. Zumal man sich vor dem Studium ruhig auch Gedanken bezüglich der Arbeitsperspektiven machen dürfte, denn es ist eine Binsenweisheit, dass der Stellenmarkt für wissenschaftlich Arbeitende beschränkt ist. Allerdings, und darüber würde es sich lohnen nachzudenken, ist es keineswegs so, dass die Besten/Geeignetesten weiterkommen.

      • mila sagt:

        PS@HH: Das wir bezüglich ‚Stichhaltigkeit‘ (und Ausgewogenheit) bekanntlich anderer Meinung sind, steht selbstredend auf einem eigenen Blatt.

      • Sportpapi sagt:

        Nun ja, mila, wir werden anderer Ansicht bleiben. Aber ich bleibe dabei, etwas (selbst-)kritische Reflexion würde auch Ihnen nicht schaden.
        Zum anderen: Wir sollten uns eher überlegen, weshalb universitäre Studiengänge in erster Linie zur Forschung ausbilden, obwohl dies doch für die wenigsten das angestrebte Berufsziel ist (und noch weniger dort tatsächlich eine Zukunft finden). War nicht mal das Ziel, die Studierenden volkswirtschaftlich sinnvoll mehheitlich nach dem Bachelor in die Berufswelt zu entlassen?

      • mila sagt:

        Dieser Aspekt der Bachelor-Reform ist – das muss man klar sagen – aus verschiedenen Gründen kläglich gescheitert. Der Master bleibt – teils aus Prestigegründen, auch von Seite der Arbeitgeber – auch für nicht-forschungsbezogene Stellen der Standard (so wie der nicht selten eigentlich unnötige Doktortitel). Wo sind sie denn, die haufenweise Jobs, für die der Bachelor genügen würde? Selbstredend kenne ich mich bei naturwissenschaftlichen Fachrichtungen nicht so gut aus wie bei den geisteswissenschaftlichen. Aber so viele angehende Würdegern-Journalisten, Kuratoren, Angestellte in öffentlichen Ämtern etc., wie sie in den betreffenden Fächern grund-ausgebildet werden, braucht die Arbeitswelt am Ende eben doch auch nicht.

      • mila sagt:

        Als wichtige Berufsgruppe unterschlagen habe ich natürlich die Gymi- und sonstigen Fachlehrer… Dort sind die Jobaussichten auch nicht mehr wirklich rosig, zumindest bekomme ich das von meinen Studienkollegen mit Höherem Lehramt so mit. Es dauert in der beobachteten Regel ziemlich lange, bis sie eine längerfristig gesicherte Anstellung finden. Was für mich ebenfalls für ein tendenzielles Überangebot an potentiellen Arbeitskräften spricht. Nur ist es nicht Aufgabe des Staates/der Wirtschaft, jedem, der etwas Bestimmtes studiert hat, zwingend eine Stelle ebendafür zur Verfügung zu stellen. Oder sehen Sie das anders?

    • mila sagt:

      @ML: Die Begriffe mögen tatsächlich demagogisch sein. Nur: es schleckt keine Geiss weg, dass wir, als ‚Arbeitnehmer‘ wie Bürger in einer – notabene – direkten Demokratie, wie sie bezüglich stimmbürgerlicher Einflussnahme(n) im Rest der Welt ihresgleichen sucht, durchaus einiges in der eigenen Hand hätten – und es aufgrund teils egoistischer Kleinmotive zwanglos aus der Hand geben. Siehe dazu den heutigen Tagi-Beitrag „Die heimliche Gier des Wählers“. In die sozialromantischen Gesänge auf einseitige Ausbeutung mag ich insofern wirklich nicht undifferenziert einstimmen.

      @HH: Der Folgekommentar ist etwas weiter nach unten verrutscht.

  • Martin Frey sagt:

    Kommt sehr auf den Beruf an. Es gibt Berufsgruppen, bei denen eine möglichst saubere Trennung sogar essentiell ist. Mir gelingt das z. B. in aller Regel sehr gut. Dass einen den Beruf dann doch manchmal einholt liegt weniger am Arbeitgeber, sondern an Leuten, die deine Privatsphäre nicht respektieren. Was auch wiederum nur bei bestimmten Berufsgruppen passiert.
    Insofern finde ich allgemein gültige Schlüsse auf die gesamte Arbeitswelt etwas gewagt.

    • Muttis Liebling sagt:

      Es kommt auf den Beruf und die fehlerhafte Gleichsetzung von Arbeit und Erwerbstätigkeit an. Ein Landarzt hat streng genommen keine Freizeit, ein Dorfpfarrer auch nicht. Wenn es im Dorf brennt, muss die freiwillige Feuerwehr ausrücken, auch wenn gerade Hochzeit ist. Zu behaupten, das wäre keine Arbeit, nur weil es unbezahlt bleibt, ist absurd.

      Deswegen hat Marx die Lohnarbeit als Entfremdung des Menschen von der Arbeit beschrieben. Der Bauer auf eigenem Land, noch nicht entfremdet, kann nicht trennen, die Migros- Kassiererin muss trennen.

  • Selbstdarstellung sagt:

    Reine Selbstdarstellung des Autors.
    Stimme mit Hans Hintermeier überein.
    Meinen Kindern widme ich gerne meine bedingungslose Aufmerksamkeit und liebe es, Arbeit und Privates zu trennen.

  • Flo sagt:

    Ich glaube es wäre gut für alle Arbeitnehmde und auch für Arbeitgeber wenn sie wieder Arbeit und Privatleben besser trennen würden.
    Am Arbeitsplatz 100 geben und am Feierabend mit Herz u n d Herz bei der Familie sein. Dann kommt man frisch erholt am nächsten Tag wieder zur Arbeit.
    Das müssten sich vor allem ArbeitgeberInnen zu Herzen nehmen – alles andere ist kontraproduktiv – nicht sofort, aber auf längere Sicht.
    Kein Arbeitnehmer kann beides gleichzeitg und mit 100 % Einsatz auf Dauer durchstehen. Entweder leidet die Arbeit, wo dann die Gefahr einer Entlassung droht: oder das Familienleben, wo ebenfalls ein Bruch entstehen kann.
    Und wem nützt das?

  • Hans Hintermeier sagt:

    Für mich ist der Fall klar: Wenn man auch noch eine andere befriedigende Identität hat, als nur „Fachperson/Angestellter“ dann erübrigen sich solche Sätze: „So süss ist das süsse Nichtstun gar nicht.“ Erholung von der Arbeit ist mMn erst möglich, wenn man als Privatperson in einer anderen Identität/Interesse/Aufgabe aufgeht. Wenn man sich nur über die Arbeit identifiziert, hat der Arbeitstag traurigerweise bestimmt 24h. Dass man während der Arbeit auch Privates erledigt, ist sicherlich selten geduldet, dass die Arbeitgeber aber eine Entgrenzung der Arbeit wollen und den Zugriff auf das Private fördern, ist nur der nächste Schritt in der (unentgeltlichen) Ausbeutung der „Ressource“ Arbeitskraft.

    • Flo sagt:

      Selbstidentifikation nur über die Arbeit: hin zu kommt noch das grosse Problem; wenn dann mal eine Entlassung droht ist das Loch in das man fällt dermassen tief das man beinahe nicht mehr rausfindet.

      • tina sagt:

        das ins-loch-fallen-argument finde ich darum nicht wichtig, weil: entweder ich habe eine tätigkeit die ich irgendwie sinnvoll finde, und dann falle ich in ein loch, wenn sie weg ist. oder ich habe eine arbeit die mir egal ist, und dafür falle ich nicht in ein loch falls sie mal weg ist.
        ich würde ersteres bevorzugen. dann fällt man eben in ein loch, falls die arbeit mal weg ist. ich empfinde es nicht als vorteil, zeit seines lebens im grünen bereich zu dümpeln, um ja nicht zu riskieren, dass es weh tut wenn die dinge ändern (und das werden sie, weil das die einzige konstante ist im leben)

      • Hans Hintermeier sagt:

        @Tina: mein Punkt war ja, ob die Erwerbsarbeit das einzig identitätsstiftende ist. Gibt es noch andere Interessen/Identifikationen nebst der Arbeit oder ist die Arbeit das Höchste Gut (summum bonum) im Leben? Das wäre für mich wirklich eine krasse Verarmung der Persönlichkeit.

      • tina sagt:

        achso, ich ging davon aus, dass man annimmt, dass arbeitnehmer auch familie haben.
        es sind wohl verschwindend wenig menschen, die sich ausschliesslich über die erwerbsarbeit definieren, nicht? aber sich damit identifizieren und auch ausserhalb von 9-17 uhr dafür etwas tun, weil es einen interessiert und wichtig ist, das betrifft eher mehr. das sind meiner ansicht nach die glücklicheren.
        dann gibt es den teil, der in der freizeit arbeiten muss, weil er verantwortung hat. diese leute sind gut bezahlt für ihre arbeit.
        mütter, die 80% arbeiten aber auch noch in der freien zeit etwas für den arbeitgeber/den job tun, das ist sicher weit verbreitet. allerdings sind viele von uns dankbar, dass sie so beides vereinbaren können. ich halte es für illusorisch, dass man total trennt. ich denke auch beim arbeiten an meine kinder und muss ab und zu ein telefonat machen oder etwas organisieren für sie. dafür beantworte ich gerne auch mal mails abends oder am weekend

      • mila sagt:

        Eine bestimmte (sinnbezogene) Arbeit kann für den einen oder anderen tatsächlich das vielleicht nicht durchgehend allerhöchste, aber ein essentielles Gut sein – das gilt insbesondere für Wissenschaftler (jeglicher Couleur) wie für Künstler/Handwerker, und wohl auch für manche Manager bzw. Kaderleute (je nach Tätigkeit und Branche). Ich kann allein darin noch keine Verarmung der Persönlichkeit erblicken, eher halte ich es für wenigstens teilweise beneidenswert, wenn man derart in seiner Arbeit aufgehen kann, dass das Hobby quasi zum Beruf wird. Dass solche Menschen weniger die Notwendigkeit empfinden, zwischen Privatem und Arbeitsbezogenen zu trennen, ist mE nur verständlich.

      • Hans Hintermeier sagt:

        @mila: Sie sind heute aber wieder „diskussionslustig“: Selbstverständlich ist es wichtig/schön, dass man/ frau sich mit der Arbeit auch identifizieren kann, man verbringt ja doch einen grossen Teil der Lebenszeit damit. Das habe ich auch nicht mit „Verarmung der Persönlichkeit“ gemeint, aber das wissen Sie genau. Also insofern sehen Sie das jetzt ein wenig „einseitig“ (9:58).

        Mich stört auch nicht, dass „solche Menschen weniger die Notwendigkeit empfinden, zwischen Privatem und Arbeitsbezogenen zu trennen“, sondern, dass es immer selbstverständlicher wird, dass der Arbeitgeber in der Freizeit STÖRT, dass empfinde ich als übergriffig. Viele können sich dagegen nicht wehren, weil sie auf den Job angewiesen sind, auch „Gutverdienende“. Es findet mMn eine Entgrenzung/Übergriff der Erwerbsarbeit auf den privaten Bereich statt.

      • tina sagt:

        mila, es gibt noch einen haufen andere berufliche tätigkeiten, die manche gar nicht so ungern ausführen.
        wenn ich dienstleistungen bringen kann, dann mache ich das gar nicht so ungern (im gegensatz zu bürokratie, die ich hasse und dann und wann verweigere). ich kenne aber auch verkaufspersonal, die ihren job nicht so ungern machen. auch programmierer. für die allermeisten ist schliesslich der job zwar eine notwendigkeit zum überleben, aber als alternative zu jagen und sammeln gar nicht so übel. ausserdem ist auch in den schlechter bezahlten berufen den meisten klar, dass wir es vergleichsweise luxuriös haben mit unseren arbeitsbedingungen, verglichen mit den meisten menschen auf diesem planeten da

      • mila sagt:

        Natürlich bin ich (wie immer) diskussionslustig, und nehme Sie dabei nur bei Ihren eigenen, geschriebenen Worten – die Sie ja gerne nachträglich differenzierend ausweiten dürfen (und es auch tun). Einseitig ist es in meinen Augen in jedem Fall, bei einer Aussage wie „krasse Verarmung der Persönlichkeit“ im vorherigen, von Ihnen knapp geäusserten Kontext, stehen zu bleiben. 😉

      • mila sagt:

        tina, mit Ihren Ergänzungen haben Sie selbstverständlich recht, nur: das normale Verkaufspersonal, Dienstleistende im direkten Kundenkontakt etc. sind von der Diskussion hier eher nicht betroffen, wo es nun mal explizit um Home Office, (sehr) flexible Arbeitszeiten (in einem 24 h Rahmen) usw. geht. Auch Jobsharing ist im Grunde kein Thema, weil Teilzeit oft nicht nur möglich, sondern teils sogar selbstverständlich ist. Und der Arbeitsschluss in aller Regel auch wirklich ‚Übergang‘ in die Freizeit bedeutet (ohne Mails, die noch beantwortet, oder Projekte, die noch zu Hause bearbeitet werden müssten).

      • tina sagt:

        das täuscht aber mila. kaum einer hat heute noch 8-17 arbeitszeiten. vielleicht nicht verkaufspersonal in grossen ladenketten, aber in kleinen läden wird viel noch abends und am sonntag gemacht, wenn der laden zu ist.
        dienstleistung beschränkt sich ja auch nicht nur auf direkten kundenkontakt.
        auch in normalen jobs bekommt man mails auch ausserhalb von 9-17. dann ist man nicht gezwungen sie sofort zu beantworten (ist man auch bei flexiblen arbeitszeiten nicht), aber man kann und manchmal will man auch, und manchmal fühlt man sich ein bisschen gedrängt dazu. bei all diesen modellen ist eine bestimmte freiwilligkeit da

      • mila sagt:

        Kaum einer? Die meisten, die ich im persönlichen Umfeld kenne und die keine Kader- oder Vorgesetztenrolle inne haben, haben exakt so ein Anstellungsverhältnis. Teils mit punktueller Überzeit (im verträglichen Rahmen), but that’s it. Und ohne Mails am Abend/Wochenende.

      • mila sagt:

        Sorry, eine Ergänzung hätte noch neben Kader- und Vorgesetztenrolle dazugehört: nämlich eine Spezialrolle aufgrund von Aufgaben, die nicht nahtlos an andere Mitarbeiter weitergegeben werden können.

    • Cybot sagt:

      Sehe ich genauso. Auch das Problem der Arbeitslosigkeit ist nicht das Nichtstun, sondern die Existenzangst, wenn man kein sicheres Einkommen mehr hat. Und erst die Idee, ein Laptop würde reichen – auf den meisten Firmenrechnern kann man ja nicht mal eigene Software installieren! Und meine privaten Daten würde ich sicher nie einem Rechner anvertrauen, den jemand anderes verwaltet. Mal ganz abgesehen davon, dass viele Firmen immer mehr zu verhindern versuchen, dass man die Daten aus dem Firmennetz mitnehmen kann.

      • Hans-Jörg Meister sagt:

        Sorry, @mila, ich bin so ein Wissenschaftler, und es liefe sehr viel besser und kollegialer an den Unis, wenn man diesen Beruf nicht derart überhöhen würde… Meine KollegInnen machen die Forschung in zum Teil fast pathologischer Manier zu einem Identitätsbestandteil und kümmern sich zB zu wenig um einen Plan B, eine Alternativkarriere, was bei diesem Job absolut zwingend gemacht werden müsste (hier offenbart sich übrigens eine Heuchelei, die sich oft an die Einebnung der Differenz zwischen Arbeit und Freizeit knüpft: man erwartet Identifikation mit dem Job, betont dessen Sinnhaftigkeit und behandelt diese als eine Art Lohnbestandteil, als Grund, keine guten Bedingungen bieten zu müssen. Deshalb arbeiten 90% der Wissenschaftler in der CH in befristeten Anstellungsverhältnissen…)

      • mila sagt:

        Nun, ich bin eine Wissenschaftlerin, die sich früh genug Gedanken um einen Plan B gemacht hat – auch angesichts der zunehmend befristeten und meist auch nicht sonderlich gut bezahlten Anstellungsverhältnisse auf Ebene Mittelbau/Privatdozierende (in den Bereichen Forschung/Lehre). Es gibt jedoch, um dies vollständigkeitshalber auch noch zu erwähnen, beispielsweise administrative Projekt- bzw. Stabsstellen im akademischen Umfeld, bei denen in aller Regel ein unbefristetes und ziemlich gut bezahltes Arbeitsverhältnis gilt. Und das sind auch inhaltlich sehr oft sehr attraktive Jobs.

      • mila sagt:

        Will sagen: wenn ich mich nicht (dauernd) über meine Arbeitsverhältnisse beklagen will, suche ich mir eine Arbeit, in der ich das nicht tun muss. Oder ich beisse mich zeitweise durch, wenn mir (so) enorm viel an ihr liegt. Aber in jedem Fall übernehme ich für diese Entscheidung, egal wie sie ausfällt, Eigenverantwortung, statt die berühmte Faust im Sack zu machen. Gerade bei meinen akademischen Kollegen nervt mich das gelegentlich über alle Massen, denn am Ende verfügen sie, mit etwas umsichtiger (also voraus-schauender) Planung, doch alle über Möglichkeiten, die andere schlichtweg nicht haben. Und ein weiterer Weg wäre, sich uniintern wie -extern für die Interessen des Mittelbaus und der Privatdozierenden zu engagieren. Aber das tun wiederum ebenfalls die wenigsten.

      • Hans-Jörg Mester sagt:

        Vollkommen einverstanden, mila; auch ich habe mich beizeiten um einen Plan-B-Abschluss gekümmert und versuche nun schon seit geraumer Zeit, aus dem Wissenschaftszirkus auszusteigen (m. E. sehr schwierig). Auch mir gehen die KollegInnen, die nur jammern und sich nicht abgesichert haben, manchmal tierisch auf die Nerven – deshalb hab ich mich hier eingeschaltet, weil ich eben kurz den Eindruck gewann, dass Sie die Wissenschaft als Domäne selbstbestimmter, unentfremdeter Arbeit verteidigen. Das ist m. E. nicht (mehr?) gegeben: Anstellungsverhältnissen ausschließlich prekär, Löhne eher bescheiden (aber immer noch besser als bei den deutschen Kollegen – warum dort noch irgendjemand an der Uni bleibt, ist mir schleierhaft), große Lehrdeputate (ich unterrichte sehr gern, aber damit ist leider kein Blumentopf zu gewinnen), Drittmittel- und Publikationsfetisch, viel Administrativquatsch und „Projektarbeit“ statt genuin eigenständiger Forschung… Nein, heutzutage hat ein Gymnasiallehrer fast mehr Spielraum als ein Postdoc (und einen sicheren Job mit deutlich besserem Lohn).

      • mila sagt:

        Na ja, ich war zeitweise sogar bei den deutschen Kollegen… Soviel zum Thema sich durchbeissen, dem fürs Curriculum geforderten Auslandaufenthalt zuliebe. Glücklicherweise habe ich jedoch schon während des Studiums und auch danach parallel in administrativen Anstellungen gearbeitet. Aufgrund der ausseruniversitären Arbeitserfahrung war es für mich, nachdem ich mich einmal zur Abkehr von der akademischen Laufbahn entschlossen hatte, vergleichsweise leicht, eine attraktive Anschlussmöglichkeit jenseits des Elfenbeinturms zu finden. Dennoch gibt es Momente, in denen ich ehemalige Kollegen jeweils kurz um das noch brennende ‚wissenschaftliche Feuer‘ und die Leidenschaft, mit der viele von ihnen (nach wie vor) ihrer Tätigkeit nachgehen, beneide; dies ungeachtet aller von Ihnen skizzierten Schwierigkeiten. In mir sind das Feuer und die Leidenschaft irgendwann erloschen, aber dafür mache ich nicht ausschliesslich die teils wirklich sehr prekären Anstellungsverhältnisse und die grassierende Bürokratisierung (kann man eigentlich schreiben: ‚Projektisierung‘?) verantwortlich. Das hatte auch persönliche Beweggründe, wie ich fairerweise anmerken muss.

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