Mein Kind ist jetzt ein Engel

Eltern, die ihr Kind verlieren: Jeanette Kuster ging im Posting «Wenn das eigene Kind stirbt» darauf ein. Heute beschreibt eine betroffene Mutter wie sie den plötzlichen Kindstod ihres Baby erlebt und verarbeitet hat. Ein Gastbeitrag von Daniela Bühler*.
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«Da war kein Leben mehr, Severin war ganz leise gestorben.» (Bild: Flickr/WizardOfGoth)

Unvorstellbar und mit nichts zu vergleichen ist wohl der Tod des eigenen Kindes. Wenn er dazu noch unerwartet und plötzlich eintritt, ist der Schock am Anfang riesig. Von einer Minute zur anderen wird alles anders und das für immer.

So erging es mir damals, 24 Jahre ist es her und wenn ich darüber nachdenke, ist es sofort wieder präsent. Kein Stein bleibt auf dem anderen, die Karten werden neu gemischt und das Einzige, was bleibt, sind Erinnerungen.

Der Samstagnachmittag am 1. Juni 1991 war ein besonders warmer, sonniger Tag. Erste Blümchen spriessten, Kinder tummelten sich auf dem Spielplatz, hell wie Glocken tönten ihre Stimmen. Meine zweijährige Wirbelwindtochter ermunterte mich, doch auch auf der Wiese zu sitzen, um mit dem kleinen Bruder Severin zu spielen. Das taten wir gerne. Alles war duftig, luftig und stimmig, der Tag verging im Nu und am Abend waren die beiden Kinder ziemlich müde. Severin mochte sein Fläschchen nicht recht trinken, er schlief immer wieder ein und so legte ich ihn in sein Holzbett. Später am Abend schaute ich nochmals nach ihm und hörte ihn leise und regelmässig atmen. Auch wir anderen gingen zu Bett, alles war ruhig.

Bis um 4 Uhr in der Nacht. Da hörte ich Severin weinen und sofort war ich bei ihm. Ich streichelte ihm über das feuchte Köpfchen, er schwitzte, da es im Zimmer bereits sehr warm war. Rasch deckte ich ihn ab und öffnete das Fenster einen Spalt breit. Noch lange stand ich an seinem Bett und streichelte ihn, diesen kleinen, bald fünfmonatigen Jungen. Dann übermannte mich die Müdigkeit, ich schlief in meinem Bett bald ein.

Am nächsten Morgen war es bereits acht Uhr, als ich erwachte und ein ungutes Gefühl beschlich mich. Severin hatte sich noch nicht gemeldet, was ungewöhnlich war. Mit Riesenschritten betrat ich das Zimmer und erblickte mein Kind, es lag noch genau gleich da wie in der Nacht. Kein Laut, kein Hauch ging von ihm aus, feine rote Pünktchen hatten sich auf seinen zarten Wangen gebildet. Da war kein Leben mehr, Severin war ganz leise gestorben, die innere Gewissheit drängte sich an meine Oberfläche.

Ich hörte einen Schrei, das war ich, ich schrie nach seinem Vater, meinem Mann. Sofort begann er, Severin wiederzubeleben, während ich ans Telefon raste und die Notfallnummer des Kinderspitals wählte. Die kleine Schwester war wach geworden und rannte hin und her, sie sah alles und begriff nichts. Wie auch. Unheimlich langsam erschien mir von da an alles, was um uns herum geschah. Es dauerte eine Ewigkeit für mein Gefühl, bis die Ambulanz mit Blaulicht, aber ohne Sirene vor unserem Haus auftauchte. In Wirklichkeit waren die Sanitäter in nur 15 Minuten bei uns. Gespenstisch, wie sie ruhig hereinkamen und nochmals alles versuchten, um unser Baby zu retten. Es war zu spät, Severin war bereits auf dem Weg zu den Sternen.

Betroffen nahmen sie das tote Baby mit auf der viel zu grossen Bahre. Er war zugedeckt und ich dachte noch, nicht übers Gesicht! Dann war er weg. Unheimliche Stille breitete sich in unserer Wohnung aus, niemand wusste genau was nun zu tun war. Als ich den vorbereiteten Schoppen ins Becken leerte, realisierte ich erstmals, dass Severin nie mehr einen Schoppen brauchen würde. Da konnte ich endlich weinen. Es vergingen viele Stunden, bis wir ins Kinderspital durften, um ein erstes Gespräch zu führen. Schnell war aber klar, dass Severin nicht erstickt war, sondern einfach aufgehört hatte zu atmen. Plötzlicher Kindstod oder SIDS wird dieses Phänomen genannt, etwa eines von 1000 Babys ist betroffen und eine Erklärung immer schwierig. Es spielen viele Faktoren zusammen, um so ein Ereignis auszulösen, man vermutet, dass das Atemzentrum noch nicht vollständig ausgereift ist oder ein Infekt vorausging.

Heute ist man viel weiter als vor 24 Jahren und es wird empfohlen, Babys zum Schlafen nicht mehr auf den Bauch zu legen, keine Kissen oder Stofftiere ins Bett zu legen und das Zimmer kühl zu halten. All dies nützte nichts mehr für unser totes Kind, für unser Weiterleben. Wir mussten Fabienne erklären, dass ihr Bruder nicht mehr aus dem Spital heimkehren wird. Vielleicht ist er ein Engel, fragte sie mich? Ich versuchte, sie ernst zu nehmen und kindergerecht zu antworten. Sie war erst zwei Jahre alt, hatte viele Fragen und ich keine Antworten.

Einmal fuchtelte sie mit einem Stock in der Luft herum und ich fragte, was sie mache. Ihre Antwort war: «Ich hol de Severin vom Himmel abe.» Sie zeichnete oft Engel mit goldenen Flügeln und fragte, ob Buben auch Engelsgewänder tragen.

Zum Glück war Fabienne da, sie gab mir immer das Gefühl, noch Mami zu sein und gebraucht zu werden. Sie brauchte Halt und Struktur in ihrem Kinderleben, sie wollte spielen und draussen auf die Schaukel. Ich denke, das half mir gut, nicht in Trauer zu versinken, sondern weiterzuleben, auch wenn viele Tage und Wochen ganz schwierig waren. Leider schafften mein Mann und ich es nicht, die Trauer zusammen zu bewältigen, da waren wir wohl zu unterschiedlich. Für ihn ging bald alles wieder seinen normalen Gang, er hatte seine Arbeit, seine Hobbys und mochte so weitermachen wie vor diesem Ereignis. Ich indes bekam Magen- und Schlafprobleme und wollte immer und mit allen über Severin sprechen. Bald besuchte ich eine Selbsthilfegruppe von ebenso betroffenen Eltern und das half mir ein Stück weit, mit allem klarzukommen. Ich fühlte mich verstanden und aufgehoben mit diesen Eltern, gemeinsames Leid kann helfen, Leid zu überwinden. Lange besuchte ich diese Gruppe, sie tat mir gut.

Irgendwann, es dauerte zwei Jahre, wich diese Schwere etwas von mir, ich konnte wieder besser schlafen und Schuldgefühle verschwanden allmählich. Lange fühlte ich mich verantwortlich für Severins Tod, weil ich als Mutter doch die Hauptbezugsperson war, die etwas hätte merken müssen. Heute habe ich aber begriffen, dass Dinge wohl geschehen, um uns etwas zu lehren. Es geht nicht um Schuld, sondern darum, dass wir Menschen das Ruder nicht selber in der Hand haben. Wir haben die grosse Aufgabe, zu lernen, was Annehmen bedeutet. Im Griff haben, an etwas festhalten wollen viele. Das geht nicht.

Dinge ändern sich, nehmen Verläufe, die wir nicht kontrollieren oder erzwingen können. Das macht mich manchmal demütig vor dem Leben allgemein. Heute bin ich dankbar, dass ich diesen wundervollen kleinen Sohn für 5 Monate bei uns haben durfte. Sein Leben hat uns bereichert, die Erinnerungen sind wohlbehalten in unseren Herzen platziert. Ein Nachfolgekind machte unsere Familie komplett, Melanie war aber niemals ein Ersatzkind. Mit ihrem Wesen und ihrem Dasein schenkte sie uns ein Stück Normalität zurück, ein Geschwisterchen für Fabienne, die sich das so sehr wünschte.

Die Ehe ist viel später doch zerbrochen. Wir schafften es nicht, einen gemeinsamen Weg für die Trauerverarbeitung zu finden. So verloren wir uns allmählich aus den Augen, die Liebe verstummte. Heute kann ich gut damit leben, dass ich ein Sternenkind habe, die Trauer ist leiser geworden. In meinen Lebenslauf hab ich diesen Schicksalsschlag integriert – doch noch immer gibt es Tage, zum Beispiel sein Geburtstag oder Todestag, wo die Herzensnarbe pulsiert. Dann zünde ich eine Kerze an, schaue ins Fotoalbum und lasse meine Gedanken fliegen…

d_buehler1*Daniela Bühler ist diplomierte Psychologische Beraterin FSB, Mutter von 2 erwachsenen Töchtern und eines Sternenkindes und Autorin des Buches «…auf Tränen Sonnenschein».

 

Dieser Beitrag ist neu unter www.tagesanzeiger.ch/mein-kind-ist-jetzt-ein-engel-813289434363 zu finden.

44 Kommentare zu «Mein Kind ist jetzt ein Engel»

  • Conny sagt:

    Danke Daniela Bühler für diesen intimen und berührenden Einblick in ihr Leben!

  • Stefan Weise sagt:

    Du bist nicht weggegangen Du bist nur unsichtbar, Du schaust mit Deinen leuchtenden Augen in meine Augen voller Trauer in das offene Fenster der Erinnerungen in denen ich Dich sehen kann wann immer ich will.

  • Stefan Weise sagt:

    Wenn ein Kind geht dann ght man mit. Alle Traeume und Wuensche enden unwiderbringlich. Die Zeit heilt keinen Verlust dieses Ausmasses und das Vergessen hat keine Chance. Kinder sind die Zukunft und damit endet mit dem Verlust die Zukunft.

  • Stranger sagt:

    Ich habe kein Kind verloren, aber meine Mutter wird bald eines verlieren. Ja, kein kleines, aber das wird sicher unheimlich schmerzen.

    • Conny sagt:

      was ist das? eine offizielle ankündigung von selbstmord? oder nur ein schrei nach aufmerksamkeit?
      ich kann mir nicht vorstellen, dass man so was ankündigt, wenns ernst gemeint ist……………………
      so oder so……………………..arme mutter 🙁

  • Anya Mueller sagt:

    Wow. Danke fuer den Text. Unvorstellbar sowas, und trotzdem kommt es leider immer wieder vor. Krass, dass es 24 Jahre dauert, bis so ein Text zustande kommen kann. Ich bin sicher, er hilft vielen, bei denen es noch nicht so lange her ist. Danke!

  • Hans-Ulrich Abt sagt:

    Daniela,
    Es stimmt was Du sagst: „Unvorstellbar und mit nichts zu vergleichen ist wohl der Tod des eigenen Kindes. “
    Ich habe vor einem Jahr meine 32 jaehrige Tochter verloren, sie ist mein Engel, mein Sternenkind.
    Sie hat einfach aufgehoert zu atmen.
    In Liebe,
    Hans-Ueli

  • Andy Konrad sagt:

    Der Beitrag berührt sehr.

  • Anja sagt:

    Ich kannte auch jemanden mit einem Sternenkind und diese Familie ist auch später zerbrochen, Viel später ist ihre erst 19 jährige Tochter auch ins Jenseits gegangen, Ich denke oft an sie und hatte nun im Büro auch Tränen in den Augen. Ich hoffe den beiden Mädchen geht es gut wo sie sind

  • Karin sagt:

    Danke für Ihren Text Frau Bühler. Ich sitze jetzt auch mit Tränen in die Augen im Büro…

  • Anastasia sagt:

    Wunderschön und sehr gefühlvoll geschrieben. Danke!

  • Die alte Seele in diesem Kind wurde mit dem letzten % zum Buddha, die Verkörperung des absolutem Reinen oder in unserer Sprache zum Engel. So traurig auch der Tod eines Kindes ist, ist es doch tröstlich zu wissen, dass dieses Wesen direkt in den Schoss Gottes geschickt wird. Keine Hölle oder Wiedergeburt erwartet es.
    Das Heute ist das Ergebnis des Gestern und die Chance das Morgen zu verbessern. Je nach Lebensführung dauert es mehrere Leben, aber irgendwann in der Zeit kommt das letzte % und damit die Erlösung dieses Kreislaufes. (Samsara
    Für mich gibt es keine andere Erklärung für den sonst sinnlosen Tod eines Kindes. Dieser Gedanke tröstet mich und wie ich hoffe auch die betroffenen Eltern

    • Brunhild Steiner sagt:

      ich habe Sie bisher nicht als regelmässigen Teilnehmenden wahrgenommen und empfinde es sehr unangebracht, sich bei diesem Thema mit solcher Botschaft einzubringen.

      Denn eine Auseinandersetzung darüber entehrt den ganzen Ursprungsanlass.

      Nur soviel, Gründe für Kindersterblichkeit finden Sie gerade in Thailand jede Menge! Und in jedem anderen, buddhistisch dominierten Land ebenso.

      • Sehr geehrte Frau Brunhild Steiner, bei allem Respekt ist Ihre Gehässigkeit unangebracht. Ich respektiere auch andere Meinungen und erwarte dies auch von den anderen Teilnehmern/innen auf anständige Art. Betrachten Sie meine Meinung als Gastbeitrag und wird Sie vielleicht beruhigen warum ich hier nicht Dauergast bin.

      • Martin Frey sagt:

        Auch beim mehrmaligen Durchlesen kann ich beim Beitrag von Fr. Steiner keine Gehässigkeiten erkennen, Hr. Bodenmann, wie es auch sonst nicht ihre Art ist. Vielmehr empfinde ich, wie auch Frau Steiner und whs. ganz viele der heute Abwesenden, Ihr religionstechnisches Hohelied an dieser Stelle völlig fehl am Platz. Es ist unempathisch, respekt- und pietätlos.
        Selbstredend kann Glauben bei derartig schweren Schicksalsschlägen viel Trost spenden, Halt und Hoffnung geben. Dies aber ist eine äusserst persönliche Sache die ausser die Betroffenen niemanden was angeht und von Ihnen nicht ungefragt aufoktroyiert werden kann und sollte, einfach weil es grad Ihrer eigenen Wahrnehmung entspricht.

      • Brunhild Steiner sagt:

        nun ja, dann überlasse ich das der Redi ob sie es stehenlassen wollen;
        Sie empfinden meinen sachten Hinweis also als Gehässigkeit? Und nehmen gleichzeitig für sich in Anspruch andere Meinungen zu respektieren? Was Sie mit Ihrer Antwort, in Ihren Augen vermutlich noch belegen?

        Ihren Gastbeitrag finde ich nach wie vor als unerträglich. Haben Sie auch weiterführend gedacht? Dass man beinah erleichtert sein sollte dass es nun ein Mensch endlich geschafft hat „auszusteigen“, resp bei gelungener Hilfe dank ua med Möglichkeiten dies einem Menschen verwehrt wird? Und dies schreiben hier, wo Trauernde sind?

      • Brunhild Steiner sagt:

        @Mar tin F rey

        vielen Dank!
        Was Sie in Worte fassen war das, was ich eigentlich gedacht habe, aber aus Achtung des Ausgangtextes nicht formulieren wollte.

        Nun, es scheint hier ohnehin zu entgleisen, schade, aber gewisse Aussage möchte ich doch nicht stehengelassen haben.

    • Widerspenstige sagt:

      Ich finde diese Interpretation tröstlicher als das, was wir kennen aus der Bibel und ja, es ist ein anderer Weg zur Trauerarbeit. Diese Erkenntnis bleibt verschlossen, wenn man sich nicht näher mit dieser Lebensphilosophie befassen möchte. Niemand von uns weiss genaues, was im Jenseits passiert. Es gibt nur Vermutungen und Spekulationen.

      Gerade angesichts des Terrors in Paris von letzter Nacht sind solche Aussagen wie von Ihnen Brunhild etwas deplaziert. Niemand hat die richtige Religionszugehörigkeit für sich gepachtet. Wie Sie wissen, bin ich getaufte Katholikin und habe mehr als hinterfragt, wozu eine Hölle/ein Himmel im Jenseits gut sein soll. Sie finden bereits auf Erden statt!

      • Carolina sagt:

        Ich habe lange überlegt, ob ich zu diesem Thema etwas schreiben soll, aber angesichts der Unterstellungen gegenüber BS tue ich es eben doch:
        Jeder, der ein Kind verloren hat (wahrscheinlich auch bei anderen tragischen Verlusten) weiss um liebe Mitmenschen, denen nichts anderes einfällt, als ihre religiösen und spirituellen Ansichten als Trostspender zu verkünden. Ist es denn wirklich so schwierig zu begreifen – auch wenn man so etwas selber nicht erlebt hat? -, dass Ratschläge jeder Art völlig deplaziert sind, schon gar, wenn sie auch noch von Nicht-Betroffenen verkauft werden?
        Als unser Baby starb, hat diese Art von Verhalten bei mir – vor allem im ersten Schmerz – nur Wut und Aggression

      • Sehr geehrte „Widerspenstige“, es freut mich, dass mein Text zur Diskussion angeregt hat. Ich habe auch zwei Kinder und der Gedanke sie zu verlieren ist unerträglich. Aber leider liegt es in Gottes/Buddhas Hand was mit diesem Leben geschieht. Auch für mich wäre es natürlich ein schwacher Trost zu wissen dass mein Kind direkt in den Schoss Gottes geht. Aber am Ende der Trauer ist es doch ein Trost, wenigstens einen Sinn hinter dem Verlust zu sehen. Im obigen Text habe ich ja bewusst versucht beide Aspekte darzustellen. Christliche oder Buddhistische Hoffnungen. Etwas Schlechtes oder pietätloses dahinter zu sehen schockiert mich schon ein wenig und es tut mir leid, dass es so aufgefasst wurde.

      • Carolina sagt:

        /2 hervorgebracht, denn es trat mir viel zu nahe. Es rangiert wie Sätze wie ‚Ihr seid ja noch jung, Ihr könnt ja noch weitere Kinder bekommen‘ unter der Rubrik: absolutes No-No.
        Ich habe es am Montag schon mal geschrieben: das, was uns am meisten geholfen hat, war liebevolles Schweigen, Da-sein, es aushalten, dass man völlig hilflos ist.
        Weder Brunhild noch MF äussern hier Deplaziertes, sondern scheinen verstanden zu haben!

      • Carolina sagt:

        ‚….So traurig auch der Tod eines Kindes ist, ist es doch tröstlich zu wissen, dass dieses Wesen direkt in den Schoss Gottes geschickt wird….‘ . Wissen? Wir wissen gar nichts, das ist eines der furchtbaren Dilemmata, die solches Leid beleuchtet! Jede Form von Glauben und Ueberzeugung wird in solchen Momenten mindestens geprüft, angezweifelt, verteufelt und in Frage gestellt – denn alles, was wir jemals geglaubt hatten, ist durch den Tod des Kindes über den Haufen geworfen worden. Es wäre so tröstlich, wenn wir wüssten, was mit unserem Kind geschehen ist, warum und welches der Sinn dahinter war. Es auszuhalten, dass wir es eben nie wissen können, macht Trauer aus.

      • Sehr geehrte Carolina, im ersten Teil ihres Schreibens muss ich Ihnen beipflichten.Niemand versteht die Trauer, die es selber nicht erleben müssen ausser Ärzte und Pflegepersonal von Spitälern.Wie sollen denn die umgehen mit solchen schmerzhaften Situationen. Auch bei Ihnen denke ich, ist es nicht der Hass auf die Menschen die Sie manchmal zugegeben unbeholfen zu trösten versuchten.Es ist der Zorn auf das Unbekannte (Gott), der Ihnen das Kind weggenommen hat. So schlagen Sie die Tröster, gerade deswegen wenn sie dann noch mit der Religion kommen. Im ersten Moment würde ich gleich reagieren und trotzdem muss ich mich trösten, dass das Kind in einer besseren Welt ist, wie und warum auch immer.

      • Brunhild Steiner sagt:

        @Widerspenstige

        wie bitte?
        Aber es erstaunt mich eigentlich ja nicht in der Tiefe…,
        wo bitte sehr ging es in meiner Bemerkung um Ansichten bezüglich dem Jenseits? Nirgendwo.

        Ihnen sollte nicht unbekannt sein dass das Schicksalsrad höchstens im Westen als netter Gedanke verstanden wird.

      • Brunhild Steiner sagt:

        2/

        Es geht einzig und allein darum, dass es einfach billig und unsäglich ist in einem Thread wo es um den Tod von Kindern geht und sich offensichtlich Betroffene gemeldet haben; dann mit solchen Aussagen zu kommen!
        Aussagen die darauf hinauflaufen, dass man fast schon dankbar sein sollte. Weil es sich eben um einen direkten Transfer handeln würde. (Und sich fast schuldig macht wenn man es verhindert???)

      • Brunhild Steiner sagt:

        @Carolina

        danke!
        Ich bin einerseits sehr froh darüber dass kurz hintereinander dieser schwierige Aspekt aufgenommen worden ist, am Freitag wohl auch anlässlich der Gedenkfeiern.

        Und habe bewusst auch mit Reagieren zugewartet. Aber nun gings einfach nicht mehr… .
        Ein zweiter Abschnitt an WS ist ohnehin noch in der Schlaufe.

      • Brunhild Steiner sagt:

        @Bodenmann René

        “ Auch bei Ihnen denke ich, ist es nicht der Hass auf die Menschen die Sie manchmal zugegeben unbeholfen zu trösten versuchten. Es ist der Zorn auf das Unbekannte (Gott), der Ihnen das Kind weggenommen hat. So schlagen Sie die Tröster, gerade deswegen …“

        Ich finde es schon bemerkenswert wie Sie offenbar sehr gekonnt ausblenden können, dass es einfach, und das ist sehr wichtig!: egal ob mit oder Glaubenshintergrund!, Menschen gibt die besser schweigen als etwas sagen sollten, da es, nett formuliert, aufgrund ihrer Hilflosigkeit bis zu Ignoranz, nur schief ankommen kann.
        Diese entschuldigen Sie verständnisvoll, aber aus meinen Worten lesen Sie „Gehässsigkeit“….?

      • Carolina sagt:

        Sie müssen mir im ersten Teil beipflichten, BR? Haben Sie gelesen, was ich im 2. und 3. Teil geschrieben habe? Die Essenz daraus ist: das, was Sie zu wissen meinen, ist persönlicher Glauben – er eignet sich nicht als Patentrezept für Menschen, die in Ausnahmesituationen sind!

      • Sehr geehrte Carolina, mit ihrem beschriebenen Dilemma kann ich Ihnen nur zustimmen. Ich hadere schon mein ganzes Leben mit den Religionen und bin deshalb an keine gebunden. Ich habe viel schreckliches gesehen. Trotzdem gibt es zwischen Himmel und Erde etwas was sich unserem Wissen entzieht. Aber im Herzen fühlen wir, dass jedes einzelne Leben einen Sinn hat. Sonst könnten wir gar nicht existieren auf dieser Welt, es wäre alles so sinnlos. Aus diesem Kontext heraus versuche ich dieser schrecklichen Situation einen Sinn zu geben. Sonst würden wir noch mehr verzweifeln und fänden keinen Trost mehr. Nur schon der Gedanke was Sie durchmachen erschaudert mich, darum das Hoffen auf die Wahrheit.

      • Brunhild Steiner sagt:

        @Car olina 16:42

        zum lachen wenn es nicht zum heu len wäre,

        denn unbesehen ob mit oder Gla ubenshintergrund!, es gibt Menschen die besser schweigen als etwas sagen sollten, da es, nett formuliert, aufgrund ihrer Hilflosigkeit bis zu Ignoranz, nur schief ankommt.
        Respektive auch, je nach Situation und sonstigem Umfeld, zerst örend.
        Ohne irgendetwas mit Projektionen (auf das jeweilige Welt bild/Verur sachenden etc) zu tun zu haben, sondern einfach auf der menschlichen Ebene jegliches Verständnis vermissen lässt, was zu Recht auch so genannt werden darf.

      • Carolina sagt:

        Sagen wir mal so, Brunhild: In der ersten Zeit habe ich, wie oben beschrieben, tatsächlich ‚um mich geschlagen‘, habe auch nicht das geringste Interesse bzw die geringste Fähigkeit gehabt, zu differenzieren, Wohlgemeintes von Missionarischem zu unterscheiden bzw mich in Aussenstehende hineinzuversetzen.
        Es ist aber irgendwann eine Zeit gekommen, als ich akzeptieren lernte, dass die Menschen mit Tod und Sterben – und dann noch eines Kindes – nicht umgehen können (so wie ich das vor dem ‚Ereignis‘ auch nicht konnte). Heute kann ich bis zu einem gewissen Grad die völlige Hilflosigkeit, die die direkt Betroffenen zeigen, nachvollziehen – kann auch verstehen, dass auch gut gemeinter Trost

      • Carolina sagt:

        (Sorry: indirekt Betroffenen!!!)
        … nicht als solcher erkannt werden KANN, weil es nun mal jedes Menschen Aufgabe ist, seinem Schicksal in irgendeiner Form Sinn zu geben und man gerade in dieser Ausnahmesituation am weitesten davon entfernt ist.
        Ich würde mir einfach wünschen, dass andere Menschen lernen, zumindest zu versuchen, sich in andere kurz hineinzuversetzen, mal kurz über das eigene Ego hinauszuschauen. Aber, wie gesagt, ich war selber mal auf ‚der anderen Seite‘ und deshalb weiss ich, dass dieser Wunsch nur relativ selten wahr wird.

      • Carolina sagt:

        BR: Ich nehme Ihnen Ihre Posts nicht übel (das steht mir auch gar nicht zu), würde mir aber trotzdem wünschen, Sie würden von sich persönlich sprechen und das ‚wir‘ weglassen. Was Ihnen Trost ist, muss nicht meiner sein; was Ihr Glaube ist, muss nicht meiner sein; Ihre Sinnsuche unterscheidet sich von meiner fundamental. Daher kommt das, was vielleicht gut gemeint ist, als sehr missionarisch ‚rüber.

      • Sehr geehrte Frau Carolina, seit Sie ein bisschen mehr geschrieben haben, verstehe ich Sie besser. Ich muss Ihnen Recht geben. Missionieren wollte ich wirklich nicht, da ich es selber hasse wenn mich jemand missionieren will, darum meine Unabhängigkeit in Sachen Religion. Vielleicht mache ich mir Gedanken über den Sinn des Lebens und den Tod, weil ich schon über 61 Jahre alt bin. In jungen Jahren waren mir die wöchentlichen Disco-Ausflüge wichtiger und ich machte mir kaum Gedanken über das Leben im tieferen Sinn. Bei Ihnen möchte ich mich entschuldigen, Sie sind ein sehr feinsinniger Mensch. Andere Schreiber sehen nur das Negative in meinem Versuch dem Schmerz einen Sinn zu geben.

      • Abgesehen davon, ist der Titel dieses Berichtes auf meiner Seite. „mein Kind ist jetzt ein Engel“ Das ist der schönste Trost den es geben kann auch wenn er nicht beweisbar ist. Aber 50% Sicherheit ist besser als Nichts. Ich sehe eben nicht das halbleere Glas, sondern das Halbvolle. Es ändert nichts an der Tatsache am Inhalt des Gefässes. Es ist aber die bessere Einstellung zum Leben, egal welcher Glaubensrichtung, dass zu sehen was da ist und nicht jammern was schon weg ist.

      • Entschuldigung: Der letzte Satz ist dumm formuliert und kann zum Missverständnis führen. „…nicht zu jammern was nicht mehr da ist“. Das ist natürlich im Übertragenen Sinn gemeint. Wenn das Wissen über das Jenseits 50% es gibt was danach, 50% es gibt nichts danach ist, nehme ich natürlich die positive Hälfte, also das halbvolle Glas. Somit weiss ich mit 50% Sicherheit mein Kind ist jetzt wirklich ein Engel.

  • Seit ca. 10 Jahren lebe ich jetzt in Thailand und habe dadurch Kontakt mit dem hiesigen Buddhismus. Auch die Jahre vor diesem Exil hatte ich die Möglichkeit den tibetischen Buddhismus kennenzulernen. Was mich unter anderem fasziniert ist die Einstellung zum Tod und was danach kommen wird. Bei den Christen gibt es das jüngste Gericht, da wird entschieden rauf oder runter. Beim Buddhismus kommt man nur absolut gereinigt zu Gott/Nirvana/Erlösung. Jedes Leben sollte dazu dienen näher an diese Reinheit zu gelangen. Bei aller Mühe, auf dieser Welt ist das nicht zu schaffen. 99% ist nicht 100%. Das letzte 1% an Reinheit ist, wenn ein Kind stirbt. Dies letzte Wiedergeburt führt direkt zur Erlösung.

    • k.miller sagt:

      Mal abgesehen davon, dass ich nicht weiss, ob Daniela Bühler Christin ist (nein, nur an der Erwähnung eines „Engels“ kann man das nicht festmachen), weiss ich auch nicht, ob sich ihre Gedanken nach beim Tod ihres Kindes vornehmlich über die Erlösung oder über das „jüngste Gericht“ drehten. Ich glaube es eher nicht. Der Tod des eigenen Kindes ist schwer, sehr schwer – egal welchen Glauben man hat. Das geht auch an buddhistischen Müttern nicht spurlos vorüber. Oder jubeln diese etwa „juhu, mein Kind ist jetzt erlöst!“ ? Der Glaube (egal welcher) kann (muss aber nicht) bei der Trauerbewältigung helfen. Aber die Trauer ist so oder so da. Übrigens auch bei Atheisten.

      • Sehr geehrte Frau Miller,( in der Annahme das Sie eine Mutter sind), kann ich Ihrem Text absolut zustimmen. Im Wissen, dass der Tod nicht sinnlos ist erleichtert in vielen Fällen die Bewältigung der Trauer. Für Atheisten ist dieser Trost nur bedingt gegeben. Das Kind ist weg von dieser verruchten Welt und hat keine Sorgen mehr. Könnte vielleicht als Trost reichen, dass mein Kind aber in einer besseren Welt ist finde ich viel tröstlicher.

      • Widerspenstige sagt:

        Der Verlust des eigenen Kindes ist emotional gesehen etwas vom Schlimmsten was einer Mutter oder Vater passieren kann. Das ist sehr schwer verkraftbar. Ich denke, dieser Aspekt wird in keiner Weise in Zweifel gestellt von der Aussage von René B. Er zeigt eine Möglichkeit des Verarbeitens auf, die vielleicht irgend wann Trost geben kann. Das ist seine Aussage und ich befasse mich auch mit Buddhismus seit über 30 Jahren. Da gibt es Erkenntnisse, die hier durchaus erwähnt werden dürfen/sollen. Wieso sollte eine der friedlichsten Lebensphilosophien keinen Platz in diesem Forum haben dürfen?

  • Amerigo sagt:

    Ich weine selten im Büro, aber das ist einfach zu ergreifend. Danke für den Text.

  • Anna sagt:

    Mit Tränen in den Augen danke ich für den schönen Text.

  • Walter Boshalter sagt:

    Ich weiss nicht wie es den anderen geht, aber die Kommentarfunktion ist diesmal ziemlich überflüssig…

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