Macht die Mutter Diät, leidet die Tochter

Ein entspanntes Verhältnis zum Essen färbt auch auf die eigenen Kinder ab. Foto: Rolands Lakis, Flickr.
Zufrieden mit dem eigenen Körper? Fehlanzeige. Nur gerade 35 Prozent der Schweizer Teenager-Mädchen und 56 Prozent der gleichaltrigen Jungs sind einigermassen glücklich mit ihrer Figur, wie eine noch unveröffentlichte Studie der Gesundheitsförderung Schweiz zeigt. 400 Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren wurden für die Studie befragt, das berichtete die «Schweiz am Sonntag». Und die ersten Resultate liessen die Forscher aufhorchen, denn «bis anhin ging man davon aus, dass die Buben zufriedener mit ihrem Körper sind», wird Chiara Testera Borrelli zitiert, die Co-Leiterin Ernährung und Bewegung bei Gesundheitsförderung Schweiz. Tatsächlich wünschen sich aber 48 Prozent der Jungs mehr Muskeln, 30 Prozent sogar deutlich mehr. Und so treiben mehr als die Hälfte der jungen Männer nicht etwa aus Freude Sport, sondern um dem vermeintlichen Idealkörper näherzukommen.
Mich überraschen diese Zahlen nicht besonders, seit ich mich vor ein paar Jahren mit dem damals 14-jährigen Sohn eines Freundes über sein Essverhalten unterhalten habe. Er trug damals ständig eine Kalorientabelle bei sich und setzte sich sozusagen vorsorglich auf Diät, um sicher nie «fett» zu werden. Und er erzählte mir so offen und selbstverständlich davon, als sei ein solches Verhalten das Normalste der Welt. Das war es tatsächlich auch für ihn, weil all seine Freunde es nicht anders handhabten.
Dafür haben mich zwei andere Punkte im «Schweiz am Sonntag»-Artikel zum Nachdenken gebracht. Erstens die Tatsache, dass offenbar immer häufiger schon Sechsjährige ein gestörtes Körperbild haben. Kindergärtler also, die sich doch noch mit ganz anderen Themen beschäftigen sollten als Diäten und Muskelaufbautraining. Ich muss allerdings zugeben, dass mir ein (völlig normal gebautes) Kindergartengspänli meiner Tochter auch schon einmal gesagt hat, es wolle später einmal so schlank sein wie ich. Was mich perplex zurückliess.
Warum sich schon so junge Kinder mit diesen Figurthemen beschäftigen, darüber werde auch unter Experten immer wieder diskutiert, sagt Franziska Widmer Howald, Co-Leiterin «Healthy Body Image» bei Gesundheitsförderung Schweiz. «Es gibt einige Faktoren, die dazu beitragen könnten. So werden 6-jährige Kinder zum Beispiel über Bemerkungen der Erwachsenen zu ihrem Aussehen immer wieder mit dem Thema Schönheit konfrontiert.» Die Kinder würden so rasch lernen, dass die Erwachsenen bestimmte Attribute hübscher fänden als andere. Ausserdem kämen in Trickfilmen unverhältnismässig viele schlanke Hauptfiguren mit positiven Charaktereigenschaften vor. Noch einflussreicher sei aber die eigene Familie: «Die vorgelebte Haltung oder das Diätverhalten der Mutter beziehungsweise des Vaters kann bereits in sehr jungen Jahren ein verändertes Verhalten provozieren.»
Wie die Mutter, so die Tochter. Quelle: Youtube.
Eltern geben ihr Problem also gewissermassen ans eigene Kind weiter, wenn sie selber mit ihrem Körperbild hadern oder auf Dauerdiät sind. Aber kann man auch den Umkehrschluss ziehen, dass die Kleinen automatisch ein gutes Körpergefühl entwickeln und nie an einer Essstörung leiden werden, wenn man ihnen ein gesundes, entspanntes Essverhalten vorlebt?
Ich glaube nicht. Schliesslich spielen auch andere Faktoren wie der Freundeskreis oder Social Media eine nicht zu unterschätzende Rolle. Fühlt sich etwa ihre beste Freundin zu dick, hinterfragt die Tochter den eigenen Körper womöglich auch plötzlich. Und beschäftigt sich ein Jugendlicher erst mal mit dem Thema Abnehmen, wird er auf Social Media mit so vielen «Vorbildern» konfrontiert, dass sich die Wahrnehmung ganz schnell verändern kann. Geben Sie auf Instagram nur einmal den (vergleichsweise harmlosen) Hashtag #skinny ein, und sie werden mit Bildern von untergewichtigen Mädchen geflutet, die ihre hageren Körper wie Trophäen ihres eisernen Willens präsentieren und dafür von Gleichgesinnten mit reichlich Likes eingedeckt werden.
Widmer Howald bestätigt den grossen Einfluss von Kollegen und (sozialen) Medien – jedoch mit einer Einschränkung: «Vor allem in der Jugend sind die Einflüsse von Gleichaltrigen sowie den ganzen medialen Bildern sehr stark», sagt sie. «Die von den Eltern und anderen ersten Bezugspersonen erlernten Haltungen aus der Kindheit wirken jedoch als gute Schutzfaktoren vor Essstörungen.» Denn was das Kind bis zu seinem siebten Lebensjahr in Bezug auf Tischkultur, Ernährungsgewohnheiten sowie Umgang mit seinem eigenen Körper erlernt habe, bilde die Basis für das gesamte Leben.
Es gilt also, als Vater und Mutter ganz besonders während der ersten Lebensjahre des Nachwuchses das eigene Verhalten zu überdenken und sich gesund zu ernähren, aber eben auch nicht verbissen gesund. Sich mit dem eigenen Körper anzufreunden, vielleicht auch wieder anzufreunden, wenn dieser sich durch die Schwangerschaft verändert hat. Und nicht zuletzt das Essen gar nicht erst zum Konfliktthema hochzustilisieren, indem man es etwa als Belohnungs- oder Bestrafungsmittel benutzt. Oder antiquierte Tischregeln wie «Der Teller wird leer gegessen!» aufrechterhält. Solche Regeln haben nämlich höchstens zur Folge, dass das Kind sein natürliches Sättigungsgefühl verliert. Viel besser sind deshalb Tischregeln, die für eine angenehme Atmosphäre am Familientisch sorgen: «Man legt zum Beispiel fest, dass die Eltern dafür verantwortlich sind, was auf den Tisch kommt», sagt Widmer Howald, «das Kind aber entscheidet selber, wie viel davon es essen mag.»
112 Kommentare zu «Macht die Mutter Diät, leidet die Tochter»
Heute ist übrigens der 6. Mai: Internationaler Anti-Diät-Tag!
Ja, das ist eben das Lustige, wenn man mit Perzentilen rumwurstelt.
Egal wie schwer die Leute sind, es sind immer 10% über der 10% Perzentilen, also sind immer 10% zu dick, egal wie dick oder dünn sie sind
Die Ernährungsberatungsmaschinerie muss sich je in Gang halten, was sollen sie sonst denn noch zu tun haben
Das sprüht ja wieder vor Dickenfeindlichkeit. Wer sich eine differenziertere Meinung bilden will kann ja mal hier lesen: http://maedchenmannschaft.net/die-politische-dimension-von-fett/
Dicke Menschen sind nciht automatisch krank oder ungesund oder unsportlich und Dünne nicht gleich magersüchtig. Es gibt kein Normgewicht und keine Normkörper! Das ist ja genau das Problem, alle reden ständig von ZU dünn und ZU dick, kein Wunder sind auch schon unsere Kinder gaga. Man kann ja immer nur ZU irgendwas sein.
Was ist dagegen einzuwenden, wenn man Kinder dazu anhält, dass eine normale schlanke Figur etwas durchaus Sinnvolles ist und Übergewicht mit vielen Nachteilen einhergeht (gesundheitlich, nicht optisch) ? Und dass man sich bewegen soll, und dann auch mal mit Süssigkeiten zuschlagen darf ? In einer Welt, in der wir mit Hochkalorischem umgeben sind, sollte man doch dieses Bewusstsein schaffen…Nicht eine Diät für Kinder, aber sorgsamer Umgang…
Weil schlank nicht normal ist. Es gibt keine normalen Körper!
Doch Nicola! Es wird immer Unterschiede geben, der eine ist dünner, der andere fester. Aber es gibt einen normalen und gesunden Rahmen. Es ist nicht normal, wenn ein 6 jähriges Kind eine Wampe hat und sich kaum bewegen kann. Glauben Sie wirklich, dass sich so ein Kind wohlfühlt und das ein guter Start ist ? Wenn ein Erwachsener das für sich ok findet, soll er das machen. Aber Eltern haben eine Führsorgepflicht.
Fürsorglich ist für mich, wenn Eltern ihren Kinder vermitteln können, sie sich selbst anzunehmen und gut zu finden und nicht einer Norm entsprechen müssen. Sich selbst fühlen und was ihnen gut tut. Dicke Kinder fühlen sich möglicher Weise weniger mit ihrem Körper schlecht, sondern wegen der Reaktionen anderer darauf.
Ich bin so traurig!!
Gerade letzte Woche wurde meiner kleine Tochter (10) massiv anders Essen eingeschärft,
Und das von einem Kinderarzt!!
sie ist am oberen Limit der berühmten Solltabelle für Gewicht der Kinder.
Dass die Mitschüler sie hänseln ist schon eingraviert in der Seele.
Ich hab sie verteidigt! was ich für richtig finde (abwechslungsreich Essen ohne Schuldgefühle
Das ist nicht das erste mal, dass ich das erlebe, meine grössere Tochter wurde auch schon
genauso geimpft und hat heute mit 12 schon ziemliche Essprobleme. Aber jeah, sie ist eher am unteren Limit!
Das tut mir sehr leid, primär für Ihre Tochter aber auch für Sie als Mutter. Das Mädchen einer guten Freundin hat dasselbe Problem mit erst 8 1/2 Jahren. Immer die letzte zu sein, die an der Sprossenwand zuoberst ankommt, ist fast unerträglich hart für ein Kind. Allerdings ist es m. E. eindeutig ein hausgemachtes Problem und es liegt an Ihnen, dem Kind die richtigen Nahrungsmittel aufzutischen. Essen rationieren ist sicher keine Lösung, Kinder sollten reichlich und vielfältig essen! Aber Sie sollten dafür Sorge tragen, dass zuckerhaltige Speisen jegliche Art aus dem Speiseplan verbannt werden.
Bestärken Sie Ihre Tochter darin, dass sie okay ist wie sie ist. Das ist in jedem Fall gut. Gucken Sie die Essprobleme mit einer Fachperson an. Aber sein sie vorsichtig, viele Ernährungsberater und Ärzte orientieren sich auch nur an Körperidealen. Besser ist psychologische Hilfe.
Iss halbwegs gesund und etwa so viel wie nötig, beweg Dich regelmässig – und das Ganze Diätgeschwafel wird obsolet. Ich habe fertig, Flasche leer.
Stimmt. Aber das ist eben für die, die drei Dutzend mal am Tag eine Ausrede für ein Fehlverhalten suchen, viel zu einfach.
Iss halwegs gesund – ja, die paar Salatblätter, die so manche Mütter/Frauen einnehmen, sind zwar gesund, aber schlicht zu wenig. Ich persönlich empfinde das Essen mit solchen Personen sehr verstörend, und aus Kindersicht tragisch. Auch bei den Mitdreissigerinnen sind Essstörungen auf dem Vormarsch – mit absehbaren Folgen (von Knochenschwund bis vorzeitiger Faltenbildung). Aber Hauptsache, frau ist superschlank.
Nein, ich denke insofern nicht, dass das ein marginales Problem ist. Auch wenn das andere Problem – zu viel essen – derzeit vielleicht (noch) mehr Fälle zeitigt.
Zudem denke ich mittlerweile, dass ein persönliches (natürliches) Hungerempfinden eine gute Grundlage ganz ohne Kalorientabellen bildet. Man fragt mich oft, wie ich schlank bleibe: nun, ohne Restriktionen. Schlage ich mal über den Strang, warte ich danach ganz einfach ab, bis ich wirklich wieder Hunger habe; dann fällt nach einem üppigen Abend vielleicht das Frühstück aus. Ganz ohne abgerungenen Verzicht. Und ohne Zwang, essen zu müssen, nur weil ein bestimmter Rhythmus es vorschreibt. Und nein, künstlich fettreduzierte Produkte kommen bei mir nie auf den Tisch – wenn schon, denn schon.
Sport braucht es dafür eigentlich gar nicht (mehr), der Genuss regelt es. Sorry @SP, aber genauso ist es für mich. Und ich war als Teenager etwas übergewichtig (wir sprechen von 15 kg mehr, bei einer Grösse von 1.60).
Lieber etwas übergewichtig als unsportlich. Sorry, mila, aber so ist es für mich. 🙂
Na ja, ich habe evt. das Glück, von früherem Sport zu zehren. Als ich es vor einiger Zeit mit einem Personaltrainer versuchte, waren die ermittelten Ausgangswerte selbst für mich überraschend. Aber der Drill machte mir auf Dauer (drei Monate hielt ich es durch) keinen Spass, genausowenig wie mich Fitnessstudios je locken könnten. Ich kompensiere es mit vielen täglichen Schritten (nicht selten den empfohlenen 10’000), für den Moment genügt das. Aber wer weiss, vielleicht nehme ich ja demnächst wieder einmal den Tennisschläger in die Hand – dann aber aus reiner Freude an der Bewegung,
Bei verbissenen Studiofreaks kann ich diese irgendwie nicht erkennen, plus: natürlich durch Sport oder körperliche Tätigkeit geformte Muskeln sind weitaus reizvoller als künstlich aufgepumpte Pakete. Ein Sixpack wäre für mich definitiv ein Grund, jemanden von der Bettkante zu stossen. Und als Frau kann ich auf Madonna-mässige Oberarme dankend verzichten. Mir reicht es, wenn sie definiert sind, stählern brauchen sie nicht zu sein.
Hm. Wie unterscheiden Sie „durch Sport geformte Muskeln“ von denen, die im Fitnessstudio erarbeitet werden? Oder heute praktisch auf der Strasse (Streetworkout etc.).
Und ja, als Mann reicht es mir auch, wenn eine Frau definierte Arme hat. Dafür müsste sie aber meist etwas tun. 🙂
Tja, ich habe wohl wirklich einfach unverschämtes Glück in der genetischen Lotterie. 😉
Zur Frage: fragen Sie mich das im Ernst? Sie müssten doch selbst wissen, dass ein Läufer oder Ballsportler anders aussieht als jemand, der (nur) Gewichte stemmt. Unnatürliche Muskeln nennt es 20min. im heutigen Beitrag zum Anabolikatrend unter jungen Männern. Ich nenne es wie gesagt aufgepumpt (wobei einiges davon offenbar auch aufgespritzt ist). Ästhetisch ist jedenfalls anders.
Man kann heutige Eltern halt auch schön pesten mit „ich habe da noch ein bisschen Bauchfett, das ich abtrainiern muss, meinst du, ich sollte mal Testosteron???“ oder „ich bin zu mager, muss mal dringend wieder in eine Massenphase…“ Das meiste verwächst sich zum Glück… Ich rede hier nicht von echten Essstörungen, mit allen unbewussten Autonomie/Abhängigkeitskonflikten etc.,die in Therapie gehören, sondern vom ganz normalen Pubertätswahnsinn. Und dem Beziehungsangebot, das drinn steckt. Sie nerven. Gehört halt zur Ablösung. Von Kleinen (6jährig..) rede ich hier nicht. Das ist komplex.
Ich möchte gerne noch einen anderen Aspekt einbringen:
Vorab aber noch:Ich habe nichts gegen Hobbysport einzuwenden, mache selber Sport um für das Alter gelenkig zu bleiben (brauche es nicht zum abnehmen, da mein Alltag genug von Bewegung geprägt ist).
Was mich aber am meisten an diesem Körper/Fitness/Schönheitskult nervt, ist, dass dies mittlerweilen Narzisten am Laufmeter produziert! Ehrlich, wenn die ganze Energie und Aufwand, die da in den eigenen – vergänglichen!!! – Köper gesteckt wird, anderen (z.B. sozialen) Projekten gewidmet würde… läck… ich glaube, der Weltfrieden wäre greifbar!
Wird da nicht Ursache und Wirkung verwechselt? Es gibt jedenfalls Schlimmeres, als wenn Narzisten sich im Sport ausleben… Ausserdem ist es mir lieber, Leute arbeiten an ihrem Körper, als wenn sie einen funktional eingeschränkten Körper mit passenden Kleidern, Schminke etc. in einem besseren Licht erscheinen lassen.
Persönlich sind mir allerdings Vereinssportler auch lieber, die sich neben ihrem Sport auch noch engagieren. Aber vielfach schliesst das eine das andere ja gar nicht aus.
Jup, würde durchaus sagen, es ist ein Wechselspiel (Ursache-Wirkung).
Und es ist mir eigentlich egal, wo und wie Narzisten sich ausleben; ich finde es nur gerade nicht unbedingt eine unterstützenswerte Charaktereigenschaft.
Und eben, sich dreimal pro Woche, also mehrere Stunden nur mit sich selber und seinen Oberflächlichkeiten zu bestäftigen, ist wohl das Boot-Camp für Narzisten…
Und gelled Sie, selbstverständlich bin ich so elitär und finde die stundenlange Beschäftigung mit einem Buch natürlich voll nicht narzistisch… 😉 Geist ist ja auch soooo viel wichtiger als Körper…
@tststs: Danke für den letzten Abschnitt. Erspart mir die entsprechende Replik (obwohl ich ja auch mehr lese als trainiere). 🙂
„das eigene Verhalten zu überdenken und sich gesund zu ernähren, aber eben auch nicht verbissen gesund“
Nein, eben NICHT! Die Kinder sollen zuhause lernen, sich ZU ERNÄHREN. Es ist völlig unnötig, diesen alltäglichen Vorgang noch mit Attributen zu versehen! Erst mit diesen beginnt das Kind zu unterscheiden in gesunde (=gute) und ungesunde (=böse) Nahrung!
Sorry für die !-Flut 😉
Also ist es völlig egal, ob das Kind nun noch etwas Schokolade oder einen Apfel will/isst? Oder wie erklärt man, dass man das eine zulässt, das andere aber nicht?
Ach, dieser Hang, den Kindern alles und jedes bis ins Detail und auf Erwachsenenniveau zu erklären.
Zum Zvieri gab es bei uns ein Reiheli Schoggi…und auf die Frage (resp. das Klönen) „Waaaaarum nur eis Reiheli?“ war die Antwort „Darum“. 🙂
Sie wissen ja, ich meine dies jeweils nicht in einem diktatorischen Sinn, aber man muss sich vor den Kindern einfach nicht rechtfertigen (jawohl, ich meine „rechtfertigen“ und nicht “ etwas erklären“)…
„alles und jedes bis ins Detail und auf Erwachsenenniveau“. Nö, absolut kindsgerecht und ohne Details. Weil Schokolade zwar fein schmeckt, aber nicht so gesund ist, reicht vollkommen. Wenn ich es nicht mehr schaffe, einfache Kinderfragen zu beantworten, muss ich meine Gewohnheiten vielleicht wirklich hinterfragen.
@SP: Sorry, ich gehe manchmal einfach von einem anderen Kindercharakter aus. Natürlich gibt es diejenigen, die mit dieser Antwort/Erklärung zufrieden sind. Es gibt aber auch die anderen, deren Antwort auf die Erklärung lautet: „Aber ich wet nur Ungsunds esse“… Sie wissen, was ich meine… 😉
@tststs: Ich sage ja nicht, dass die Erklärung geschluckt und akzeptiert wird. Aber es ist immerhin eine Erklärung.
Die Statistiken zeigen, dass Übergewicht vor allem ein Problem der älteren Bevölkerungsgruppen ist: je älter wir werden, desto fetter, mit 45 sind 66% der Männer übergewichtig, und 50% der Frauen (was zeigt, dass der Diät-Wahn der Frauen doch etwas bringt, da sie weniger übergewichtig sind als Männer). Die Medien posaunen immer „Jugend-Fettleibigkeit“ herum, dabei ist das im Vergleich zur „Alten-Fettleibigkeit“ ein geringeres problem. Das führt dazu, dass die Kinder, Jugendlichen, jungen Erwachsenen glauben, sie müssen besonders auf ihr Gewicht achten, dabei wird es erst ab 30-40 kritisch.
@Why: Es sind mehr Männer übergewichtig, weil sie grundsätzlich eine andere Körperzusammensetzung haben. Mehr Muskeln, weniger Fett. Und trotzdem, erstaunlicherweise, die gleichen Grenzwerte erfüllen sollten wie Frauen. Von 20jährig bis ins hohe Alter.
Es stellt sich heraus, dass dieses „Gesundheitsbewusstsein“ (Kindern ja keine Schokolade geben, auf keinen Fall ein Mars als Snack, uuuuunbedingt viel Gemüse und Vollkorn, etc.) ein Schuss war, der nach hinten losgegangen ist: Studien haben gezeigt, dass Verbotene (oder rationierte) Speisen einfach durch die Tatsache Verbot oder Rationierung für Kinder begehrenswert werden.
Unsere Eltern sind entspannt mit Essen umgegangen, kein Zwang aber auch kein Theater, und das hat gesunde Grundlagen gelegt. Ständig mit irgend einem „du musst“ „du darfst nicht“ hinter den Kindern her zu sein bringt nichts
Ja eh, es gab, was auf den Tisch kam und ohne vorab dessen Nährwert zu berechnen…
Es gibt ein paar Produkte, da kommt man um Rationierung fast nicht herum.
Kommt darauf an, wie man rationiert: wenn man selbige Produkte einfach nicht zu Hause hat, und wenn sie aufgegessen sind, sind sie weg, während andere Produkte in grösseren Mengen zur Verfügung stehen, das finde ich OK. aber es den Kindern vor die Nase legen und sagen: du darfst nicht, das bringt nichts…
Why?
Was ich auch nicht gerade hilfreich finde ist (in Zürich) die schulärztliche Untersuchung, die die Kinder (im Kindergarten!) streng nach BMI beurteilt. Wenn ein Kind etwas kräftiger gebaut ist (breit, muskulös), werden die Eltern aufgeboten weil der BMI grenzwertig sei. Ist sicher gut gemeint, aber schiesst völlig am Ziel vorbei. So lernen bereits 5 Jährige, dass ihr Körper optimiert werden muss. Und ich spreche hier wirklich nicht von einem dicken Kind! Sondern von einem aktiven Mädchen, das sich jeden Tag sehr viel bewegt und weitgehend ausgewogen ernährt..
BMI bzw. Perzentille des BMI für Kinder ist ganz OK, weil da doch eine recht grosse Bandbreite vorgesehen ist. Das ist viel besser als das „Idealgewicht“, von dem man früher sprach. Soviel ich weiss gelten Kinder/Jugendliche zwischen 10. und 90. Perzentil als OK, und das ist schon eine breite Spanne… Wenn der Arzt sieht, dass das Gewicht auf Muskelmasse zurückzuführen ist und der Körperfettanteil tief ist, kann er sich ja beruhigen…
Was mich nervt daran ist, dass beim schulärztlichen Besuch die Kinder eben nicht angeschaut werden, sondern nur gewogen. Der ’normale‘ Kinderarzt hat auch gar nichts auszusetzen am Gewicht des Mädchens.
Sie sprechen die ärzlichen Untersuchungen im Kindsgi, 4. und 7. Schuljahr an?
Da wurde aber auch schon früher lediglich Gewicht und Grösse gemessen, Seh- und Hörtest durchgeführt, und anschliessend gibt es die Impfrunde…
Was meinen Sie mit „nicht angeschaut“?
Bei der letzten Arztkontrolle meiner 19-monatigen Tochter machte mich die Ärztin darauf aufmerksam, dass sie sich gewichtsmässig zum ersten Mal etwas über der Mittellinie befinde. Ich solle doch ein Auge darauf haben, um einer möglichen Adipositas vorzubeugen. Dies, nachdem ihr Bewegungsdrang und ihre Sicherheit im Gehen und Klettern thematisiert wurde. Mit so einer Haltung treibt man ja Kinder gerade zu einem schwierigen Verhältnis zum Essen und eigenen Körper.
das ist Unfug. Der ganze Witz von diesen Kurven, ist dass man eben eine schöne Bandbreite zulässt, dass nicht alle genau auf der Mittellinie liege müssen. Kinderärztin wechseln…
@Emx: ja genau solche Sachen meine ich. Die Kinder werden gewogen vermessen und dann einfach mal präventiv als potentiell auffällig abgestempelt ohne die Lebensweise der betr. Kinder mit einzubeziehen. Ich bin sicher dafür, dass man Problem früh erkennt aber so werden Probleme herbei geredet die gar keine sind. Und genau solche Dinge sorgen doch dafür, dass die Kinder ein gestörtes Verhältnis zu Essen, Gewicht und dem eigenen Körper entwickeln.
@Why: ja, bin mir ein Wechsel ernsthaft am Überlegen …
@sonic: BMI? Meinten Sie nicht Perzentilen?
Grundsätzlich ist es schon richtig, bereits in dem Alter ein Auge auf Fehlentwicklungen zu haben. Oft wird die Basis für späteres Uebergewicht bereits in den ersten Lebensjahren gelegt.
Perzentil von was? Wahrscheinlich BMI. Grösse und Gewicht machen ja eher noch weniger Sinn, allein betrachtet.
@Sportpapi: In der Pädiatrie beurteilt man die Entwicklungsparameter aufgrund der Perzentilenkurven mit denen Gewicht, Grösse und Kopfumfang mit sehr grossen Vergleichskollektiven verglichen werden, darunter insbesondere auch die Daten aus der 1. Zürcher Longitudinalstudie. Der BMI ist dabei irrelevant. Wichtig ist insbesondere die Verlaufsbeurteilung. Und ja, Stranger, für gewisse Ethnien braucht es und gibt es auch Korrekturfaktoren.
@Martin Frey: Was meinen Sie mit sehr grossen Vergleichskollektiven? Nach meinem Wissen wurde bei der Longitudinalstudie unter 300 Kinder einbezogen, pro Geschlecht rund 140. Zudem offenbar keine representative Auswahl, sondern „Zürichberg-Kinder“.
Offenbar hat die gleiche Arbeitsgruppe unter Oskar Jenni vor wenigen Jahren neue Kurven herausgegeben, um die Mängel der alten zu beheben. Aber in beiden Normtabellen gibt es auch BMI-Kurven. Aus gutem Grund.
Da fehlt noch etwas. Hier der Link dazu: http://www.google.ch/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=4&ved=0CDIQFjAD&url=http%3A%2F%2Fwww.bag.admin.ch%2Findex.html%3Flang%3Dde%26download%3DNHzLpZig7t%2Clnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCJfYR%2Cg2ym162dpYbUzd%2CGpd6emK2Oz9aGodetmqaN19XI2IdvoaCUZ%2Cs-&ei=cnNIVd7bOZHYavS_gLAG&usg=AFQjCNHZ1pons7_oLCZSc8c1zuAQkqJEdw&bvm=bv.92291466,d.bGg
Wie wollen Sie ein überdurchschnittliches Gewicht einordnen, ohne auch die Grösse zu beachten? Wie schlimm ist ein Gewichsperzentil 60, wenn die Grösse z.B. 90 ist?
@SP: es gab mehrere solcher Longitudinalstudien, die ersten Daten stammen aus den 50 er Jahren. Ueberarbeitet wurden sie nun mit internationalen Daten wozu die Angaben von mehreren Tausend Kindern einflossen, soweit mir bekannt.
BMI-Angaben habe ich zumindest auf Perzentilenkurven nie gesehen.
Zu Ihrer Frage: ein Pädiater sollte nie einen Perzentilenwert absolut zu sehr gewichten ohne klinische Beurteilung und Kenntnis des Perzentilenverlaufs. Dieser allein ist viel entscheidender.
Einverstanden, die Entwicklung ist entscheidend. Deshalb könnte es sein, dass der Arzt die Warnung ausgesprochen hat. Weil z.B. ein Sprung von 30 auf über 50 passiert ist. Oder aber doch, weil die Grösse nur bei 30 liegt…
Und: Wenn ich nach Wachstumskurven Kinderspital Zürich google, bekomme ich überall BMI-Daten. Möglich, dass die in der Praxis weniger verwendet werden.
Genau. Aufmerksam muss man werden wenn ein Kind plötzlich die Perzentilen „durchbricht“, sei es nach oben oder unten. Der Knick in der Lebenslinie, wie man dem sagt. Wenn ein Kind sich aber schön seiner Linie entlang entwickelt, und sei es auch nur die 10. Perzentile, ist meist alles ok.
Diese Reihenuntersuche sind m. E. sehr wertvolle Leitplanken und als Hilfestellung gedacht – für die Eltern! Allerdings sollten Sie es unterlassen, die Ergebnisse Ihrem 5jährigen Kind aufs Frühstücksbrot zu streichen und es damit unter Druck zu setzen. Deshalb werden die Ergebnisse ja auch im verschlossenen Couvert an die Eltern abgegeben; es fliessen also keine Informationen direkt ans Kind. Wie Sie mit den Informationen und den Empfehlungen umgehen, ist ganz allein den Eltern überlassen.
So? der Betroffene erfährt nichts, wenn die Eltern nicht wollen? Ich wäre da grundsätzlich eher für Transparenz…
Das dürfte eine Studie für städtische Lebensgewohnheiten als für ländliche gewesen sein. Hier auf dem Land kümmert man sich um Pflanzen uTiere und hat schlicht wenig Zeit, sich über solche Nebensächlichkeiten wie Diäten überhaupt näher zu befassen. Das Körpergefühl ist mit der Natur verbunden und man lebt mit den Jahreszeiten und was da wächst und gedeiht an vermeindlichem ‚Unkraut‘. Ich habe mich rechtzeitig davon losgelöst, einem Diätwahn zu verfallen, ernähre mich ausgewogen und mag Slowfood. Unsere Familie ist das ziemlich entspannt, da eher fernöstlich inspiriert durchs Leben wandelnd.
Wir sind ne sportliche Familie und ernähren uns (fast) gesund. Wir haben uns nie mit Übergwicht auseinandersetzen müssen, da wir alle schlank sind. Wir akzeptieren alle anderen Menschen und ich lasse es nicht zu, dass in meiner Gegenwart fies über Dicke gelästert wird. Wenn alle Schwulen und Lesben akzeptiert werden, dann kann man die Übergewichtigen auch tolerieren. Soll jeder für sich selber schauen. Wenn unsere Gesellschaft toleranter wäre, dann wäre unsere Jugend auch nicht mehr so unter Druck. Erfolgreich weil schlank? So ein Unsinn. Hab schon so viele Misserfolge von Dünnen gesehen…
Ein Auto, das für die Strecke von 100 km sechs Liter Benzin benötigt, „füttert“ man dafür nicht mit vier Litern und nicht mit acht Litern, sondern mit sechs. Das Gleiche gilt für den Menschen: Für sein Leben braucht der Mensch eine gewisse Menge an Energie („Kalorien“). Der eine Mensch braucht weniger als der andere, der nächste viel mehr, und der Bedarf ändert im Laufe der Zeit. Wer zu wenig Energie aufnimmt, wird mager und wird dann mal krank, wer zu viel Energie aufnimmt, wird fett und wird dann mal krank. So einfach ist es. Da braucht man nichts zu verkomplizieren.
Der menschliche Körper ist kein Kalorimeter. Wenn sie genau 1000 kcal aufnehmen, verbrauchen die meisten Menschen davon 800 – 900, keiner alle 1000, aber manche nur 500. Wenn man klinisch akkurat arbeitet, misst man immer auch den Energiegehalt der Exkremente.
Bei manchen Menschen, ca. 1/3 schafft es die Darmflora langkettige Kohlenhydrate, welche Menschen nicht verdauen kann, zu kurzen Zuckern abzubauen. Dann werden aus 1000 aufgenommenen auch malschnell 2000 verdaute Kalorien.
Die einfachen Bilanzrechnungen stimmen nicht.
Doch, angeblich hat der Mensch grundsätzlich die Fähigkeit (insbesondere durch Hunger- und Sättigungsgefühl, sowie die Hormone die selbige verursachen und die sensoren, die die zugrunde liegenden messungen vornehmen) genau so viele Kalorien aufzunehmen, wie er braucht. Und die anderen Warmblüter auch. die Einzigen, bei denen dieser sehr fein abgestimmte Mechansimus so durcheinander gebracht wird, dass Fettleibigkeit oder Unterernährung entsteht, sind Menschen und Haustiere…
Von dieser besonderen Fähigkeit ist mir und der Anthropologie nichts bekannt. Evolutionär wäre das völlig unsinnig, weil kein Lebewesen auf Überernährung optimiert sein kann. Die Möglichkeit zur systematischen Überernährung gibt es erst seit einem halben Jahrhundert für ca. 20% der Menschheit und das bezogen auf 2 Millionen Jahre Humanevolution. Das ist eine Ente.
Eher nicht. Der Mensch wie die meisten Tiere ist in der Natur eher unterernährt und isst, was er bekommt. Ausserdem haben wir sowieso eher ein Bewegungs- als ein Ernährungsproblem.
Wäre es so einfach, gäbe es nicht so viele Wissenschaftler und Spezialisten, die sich mit dem Thema befassen. Glauben Sie denn, Ihr Kalorienbedarf sei einfach gegeben, könne einmal gemessen und dann korrekt befriedigt werden?
Vielleicht hätten Sie die Güte, meinen Text zu lesen. Ich schreibe „und der Bedarf ändert im Laufe der Zeit“. In einem weiteren Punkt haben Sie auch nicht so genau hingeschaut: Es gibt zwar zahlreiche Wissenschafter, die sich mit dem Thema beschäftigen, aber noch keiner hat behauptet, geschweige denn rausgefunden, dass es folgenlos bleibt, wenn die Energiebilanz nicht ausgeglichen ist. Wenn die Energieaufnahme nicht dem Energieverbraucht stimmt, nimmt man ab oder wird fett. Da braucht es nicht mal einen „Wissenschafter“, um das zu erkennen. Gesunder Menschenverstand reicht.
Ja, es IST so einfach. Vor allem, wenn man den Satzteil liest, in dem Maja schreibt, der Bedarf ändere sich mit der Zeit. Aber es ist halt einfacher (weil mit weniger Bedarf an Geistesbemühungen verbunden), gedankenlos zu essen und dann sein Übergewicht mit dummen Ausreden zu rechtfertigen: „Ich nehme Antidepressiva, ich war vor vier Jahren schwanger, ich habe so viel Stress, meine Uroma war schon so, nachdenken ist so schwierig…“. – Es ist nicht so schwierig, sich angemessen zu ernähren, vor allem nicht in unserem Land, wenn man denkt vor dem Handeln und etwas Disziplin hat.
Im Grunde ist es so einfach.
Aber Diät/Ernährungs/Fitness-Industrie hat halt erkannt, dass man richtig viel Geld verdienen kann. Seit da ist alles total kompliziert… Wer trainieren geht muss plötzlich Proteinpräparate fressen, wer eine Diät macht muss Punkte/Kalorien zählen und nur noch Produkte der Marke XYZ kaufen… u.s.w.
Btw: Wo ist der Unterschied zwischen „Kalorien zählen“ und dem ach so schädlichen FDH? Beides ist nichts anderes als eine Kalorienreduktion.
Das ganze ist eine riesen Geldmacherei. Es ist eigentlich(!) überhaupt nicht schwierig (für 95% der Menschen zumindest).
Im Grunde ist es so einfach.
Aber Diät/Ernährungs/Fitness-Industrie hat halt erkannt, dass man richtig viel Geld verdienen kann. Seit da ist alles total kompliziert… Wer trainieren geht muss plötzlich Proteinpräparate fressen, wer eine Diät macht muss Punkte/Kalorien zählen und nur noch Produkte der Marke XYZ kaufen… u.s.w.
Btw: Wo ist der Unterschied zwischen „Kalorien zählen“ und dem ach so schädlichen FDH? Beides ist nichts anderes als eine Kalorienreduktion.
Das ganze ist eine riesen Geldmacherei. Es ist eigentlich(!) überhaupt nicht schwierig (für 95% der Menschen zumindest).
Klar, LALA. Und auf der anderen Seite muss man sich einfach etwas mehr bewegen. Was sollen nur all diese Empfehlungen und Trainingspläne. Weiss doch jede/r, wie das geht. Ist ja ganz natürlich. Deshalb machen 95 Prozent alles richtig und die Übergewichtsquote ist nahe 0.
@Maja: Es ist schlicht äusserst schwierig, den Kalorienbedarf/Verbrauch zu messen. Stattdessen geht man einfach davon aus, dass bei steigendem Übergewicht OFFENSICHTLICH die Bilanz auf die eine Seite gekippt ist. Dumm ist nur, wenn Sie weniger essen, stellt der Körper um und verbraucht auch weniger.
Maja – Menschen die krank werden weil sie zu mager sind, sind ein so verschwindender Bruchteil, dass sie ihn getrost weglassen können. (Ich rede nicht von Magersüchtigen, das ist eine psychische Krankheit, wie Drogensucht.)
Kennen sie einen natürlich mageren Menschen, der deswegen krank ist? Ich kenne keinen Einzigen. Ich kenne aber zahlreiche Menschen, die wegen Übergewicht gesundheitliche Probleme haben.
Und das Übergewicht nimmt zu. Es nützen alle Beschwichtigungsreden nichts. Menschen die den Hang zum fett werden haben, müssen auf ihre Ernährung und Bewegung achten.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich ein 14-Jähriger kundig macht (wie das im Artikel beschrieben wird), was er aufnimmt, wenn er isst – wenn er dabei keine Fehlernährung etabliert. Dass er mit Hilfe von Tabellen lernt, ist ebenfalls in Ordnung. In der heutigen Ernährung ist die Gefahr von Fehlernährung gross, vor allem die Gefahr der zu energiereichen Ernährung. Ein Junge, der selbst (!) lernt, was in Blumenkohl und Chips und Äpfeln und Schokolade steckt, ist somit vorbildlich, erst recht, wenn man ihn vergleicht mit den gedankenlos in sich reinstopfenden Erwachsenen, (Forts.)
2: … die während des gedankenlosen Reinstopfens von Fertigmahlzeiten und Tiefkühlpizza und Chips und Sandwiches, von denen sie nur eine blasse Ahnung haben, woraus sie bestehen, behaupten, sie würden lieber „geniessen“ – die aber im Grunde genommen nur zu faul und zu arrogant sind, um sich zu informieren. Dieser Junge hat den Grundsatz begriffen: Man muss sich Wissen aufbauen, wenn man es richtig machen will. Ich wollte, es würden sich mehr Erwachsene Gedanken machen, was sie essen. Mit oder ohne Tabelle.
Wenn er pi mal daumen peilt, dass brot 300 cal pro 100g hat und Forelle 100 und Chips oder Schokolade 500, Gurke hingegen nur 12, dann ist es OK. Aber wenn er mit seiner Tabelle rumrennt, dann wirkt das etwas obsessiv und nicht gesund.
ernährungswissenschaftler denken, dass Diäten zu früh und zu oft im Leben (besonders unnötige) ein Risikofaktor für extremes Übergesicht und Essstörungen sind…
Ein Kind sollte schon eine Richtlinie haben, so im Sinne der Ernährungspyramide oder 50% des Tellers mit Gemüse füllen, aber es sollte sich auf sein Hungergefühl verlassen, nicht auf die Tabelle.
@Georg: Ich gehe, da schon eher mit Why einig… es spricht nichts dagegen, sich Wissen anzueignen. Das Führen dieser Ernährungstabelle ist aber nicht mehr „Wissen aneignen“ sondern „Wissen ausführen“. Und über diese Ausführung kann man durchaus geteilter Meinung sein.
Ich sehe durchaus einen Unterschied, ob ein Junge/Mädchen permanent ein Vogellexikon bei sich hat (weil er/sie sich für Vögel interessiert und gerne die Arten bestimmt, die er so antrifft) oder um eine Tabelle, die sich nur mit dem eignen Ich auseinandersetzt! (vgl. mein Narzisten-Post)
Viele Leute brauchen Anerkennung aus ihrem Umfeld, wollen hören, dass ihre eigene Lebensweise (Aussehen, Style, Karriere, politische Meinung, Beziehung, Kindererziehung…) die beste ist. Sie streben dies mit unterschiedlichen Mitteln an, vom selbstsichenen Auftritt über die Verbrüderung mit Gleichgesinnten bis zum Dissen Andersdenkender. Nachahmung ist eine besonders deutliche Form der Anerkennung. Die Versuchung, die eigenen Kinder als Spender von Bestätigung zu benutzen, ist nachvollziehbar aber fatal. Kinder sollten ihre eigenen Bedürfnisse erfüllen lernen, nicht diejenigen ihrer Eltern.
„Kinder sollten ihre eigenen Bedürfnisse erfüllen lernen, nicht diejenigen ihrer Eltern.“ Und wie geht das in der Praxis? Eltern sind automatisch Vorbilder, mit ihren Einstellungen. Ebenso wie es falsch ist, wenn Eltern bei den Kindern eine gesunde Ernährung einfordern, selbst aber abends hinter den Süssigkeitenschrank gehen, genauso wenig können Sie Kinder zum Sport bewegen, wenn sie selber nichts tun. Und umgekehrt gilt eben das Gleiche.
Gesunde Ernährung und Sport sind ja im Interesse des Kindes.Ich glaube es ist schon etwas anderes, ob man den Kindern etwas beibringt weil man denkt dass es ihnen nützt oder weil man Andersartigkeit schlecht akzeptieren kann da man dies als Ablehnung der eigenen Ideale empfindet. Aber klar, es ist nicht einfach zu trennen, und gerade Menschen mit einer gestörten Körperwahrnehmung (z.B. Magersucht) haben vielleicht tatsächlich das Gefühl dass sie den Kindern einen Gefallen tun wenn sie ihnen zeigen wie sie möglichst dünn bleiben können.
Also ob die Kinder alles von uns lernen würden. „Mami der Mann ist aber Fett!“
Wir bringen ihnen bei sich zu mässigen, zu respektieren, zu tolerieren.
Ihr natürliches Empfinden ist aber: ist der Fett ho, ho, ho, ho.
Könnte es nicht sein, dass der Mensch von sich aus gut aussehen will, fett sein als nicht vorteilhaft empfindet. Weil intuitive Intelligenz ihm sagt, dass der fittere das Rennen macht.
süssigkeiten sind doch nicht einfach ungesund, auch nicht abends. im gegenteil: abends auf keinen fall etwas süsses zu essen ist doch krank. aber „süssigkeitenschrank“ tönt schon nach einer unmenge süssigkeiten. ich würde als schritt 1 erstmal diesen ominösen kasten voller süssigkeiten abschaffen und lieber nur portiönchen heimbringen, die man dann allerdings auch abends essen darf, wenn man lust hat. sich lust abzugewöhnen ist doch der erste schritt zur krankheit
kinder lachen auch grössere oder kleinere kinder aus, nur weil sie vom durchschnitt mehr abweichen als die meisten. das ist irgendwie eingebaut und sie meinen es nicht mal böse, aber mit „natürlich“ und darum irgendwie auch „gut“ hat das kaum etwas zutun
ach – warum ist „natürlich“ = „gut“? ich sagte gerade das Gegenteil, wir greifen mässigend ein „zu respektieren, zu tolerieren…“ = zivilisiertes Verhalten (ist nicht natürlich)
Es geht vielmehr darum, dass jedes negative menschliche Verhalten, zwanghaft irgend einer Sache zugeschrieben werden will.
Achten die Leute auf ihre Ernährung und Fittness, will man darin den Grund sehen, warum sich viele Teenager in ihrem Körper nicht wohl fühlen. Und nie, nie, nie bedenkt man bei solchen Studien, die ganz allgemeinen Ursachen, die unabhängig von Modeströmungen bei Menschen zu finden sind.
Und noch zu dieser „Studie“, Befragung. Wenn man gerade mal 200 Jungen und 200 Mädchen befragt, sind Angaben in präzisen Prozentwerten eher kritisch…
Ich glaube vor 30 Jahren wäre die Studie auch nicht anders ausgefallen. Wir Menschen sind permanent unzufrieden mit unserem Äussern, Teenager ganz speziell.
Die Blonden wollen dunkle Haare. Die dunklen wollen Blonde. Solche mit Krausen Haaren lassen sie sich strecken, und solche mit glatten machen Dauerwellen (wenigstens vor 30 Jahren).
Dunkelhäutige wollen hellere Haut. Bleichgesichter gehen ins Solarium.
Vielleicht sollte man das bei solchen Studien auch mal mit bewerten.
Einerseits hab ich mir das auch gedacht, als ich Teenager war, wollten wir Jungs auch alle mehr Muskeln. Der Unterschied ist nur, dass man damals nicht viel daran ändern konnte, weil kein Erwachsener ernsthaft auf die Idee gekommen wäre, einen 13-Jährigen zum Bodybuilding zu schicken.
Es ist ein Teufelskreis.
Sind die Eltern fett und tun nichts dagegen. Werden sich die Kinder vielleicht sagen: so will ich nie werden und werden von sich aus Diät halten. Sie werden sehen, wie die Eltern schwitzen, wenns bergauf geht, nicht radfahren, nicht in die Badi gehen, sich die Knie auswechseln müssen und furchtbar unattraktiv sind.
Und wenn die Eltern Diät machen – dann sind sie ein schlechtes Vorbild, weil sie Diät machen.
Da ist guter Rater teuer.
Ist immer toll, wenn schlanke Menschen den Dicken sagen: he Leute, easy, einfach annehmen, glücklich sein.
Kinder mitkriegen zu lassen, dass man abnehmen/gesünder leben will, ist nicht per se schlecht; es kommt auf die Haltung an, die man dabei hat und vermittelt. Es ist ein meilenweiter Unterschied zwischen „Ich mag meinen Körper, aber ich würde gerne etwas gesünder leben, weil ich dann leistungsfähiger und fitter werde“ und „Ich hasse, wie fett ich bin, und die nächsten vier Wochen esse ich nur noch Grapefruit, damit mich meine Umwelt wieder respektieren kann.“ Man kann Kindern einen gesunden Lebensstil vorleben, ohne in ein krankhaftes Verhalten zu verfallen.
Und dann ist da noch das leidige Wort „Diät“. „Diäten“ haben oft mit schlechtem Gewissen (zu viel) Verzicht und niedrigem Selbstvertrauen zu tun, mal abgesehen davon, dass sie auf Dauer selten etwas bringen. Stattdessen kann man sich dauerhaft gesund ernähren und bewegen, und den Kindern das vorzuleben, ist definitiv nicht schlecht und führt auch nicht zu einem gestörten Körperbild oder Essverhalten.
Zuletzt bin ich nicht ganz sicher, ob man Esstörungen und den aktuellen Körperkult, der auch mit viel Training zu tun hat, in einen Topf werfen sollte. Zunächst einmal schadet es gar nicht, wenn sich unsere Jugendlichen (und vor allem die Erwachsenen!) wieder etwas mehr bewegen, Kraft und Ausdauer trainieren. Die neuen Trends diesbezüglich sind sehr spannend. Auf der anderen Seite gibt es natürlich immer Leute, die auch übertreiben.
Wer trainiert baut Muskelmasse auf und legt trotz Verschlankung ggf. im BMI sogar zu. Muskulöse Menschen wirken auch nicht magersüchtig. Frauen erkennt man an den dürren Armen und dem viel zu schmalen Becken.
Ausser man trainiert Ausdauer… oder kombiniert Kraft- mit Ausdauertraining. Oder trainiert Kraft bewusst so, dass keine Gewichtszunahme erfolgt. Aber richtig, meistens resultiert trotz mehr Gewicht ein strafferer Körper. Und viele Jugendliche kämpfen heute darum, Gewicht zuzulegen…
Wie kann mein ein zu schmales Becken antrainieren?
„Zu“? Wofür „zu“?
Chiara Testera Borrelli habe ich kürzlich an einem Fachvortrag zu genau diesem Thema gehört. Schliesslich haben sich die Kollegen zu recht geärgert, dass die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz sich hier nicht in erster Linie auch an der eigenen Nase nimmt. Und wie problematisch, unglaubwürdig diese plötzliche Kehrtwende nun ist.
„Gesundes Körpergewicht“ wurde lange vor allem als Übergewichtsprävention verstanden. Hätte man mit der sehr umstrittenen Bilderkampagne nicht so übers Ziel hinausgeschossen, könnte man jetzt viel einfacher die Kehrseite der Medaille diskutieren.
Das ist sicherlich so. Wobei man sich andererseits auch fragen muss, ob diese Magersucht- und Körperkult-Thematik wirklich ein relevantes gesellschaftliches Problem ist – oder ob da einfach ein Nischentrend medial aufgebauscht wird. Schaut man auf die Statistiken zur ganzen Bevölkerung, dann zeigt sich zumindest, dass Übergewicht und Bewegungsmangel nach wie vor dominieren und wohl auch weiter zunehmen. Das negiert natürlich nicht andere individuelle Probleme, aber trotzdem ist es so, dass – salopp gesagt – den meisten etwas weniger Essen und etwas mehr Training durchaus gut tun würden..
Na ja, wenn sie auf sites wie „Gute Frage“ gehen finden Sie jeden Tag auf’s Neue zig Fragen von heranwachsenden Mädchen, die so knapp am Rande des Untergewichts sind und fragen, wie sie abnehmen können oder warum sie 1kg mehr wiegen als ihre Freundin. Das ist schon ziemlich schockierend und weist darauf hin, dass es zumindest ein Trend, eine nennenswerte Minderheit ist…
Die Eltern unterliegen den gleichen Fehlinformationen wie ihre Kinder. Man könnte zwar von erwachsenen, durchschnittlich gebildeten Menschen erwarten, dass sie sich bezüglich Ernährung und Körpergewicht kurz und knapp, aber präzise informieren. Das ist aber erst mal nicht der Fall. Und die o.g. Stiftung Gesundheitsförderung scheint, nach kurzem Blick auf deren Webseite, auch nicht zu den seriösen Informationsquellen zu gehören.
Deshalb noch einmal zusammenfassend: Es gibt keinen Hinweis auf vermehrtes Übergewicht in fast allen Altersklassen der CH Wohnbevölkerung.
2/ Es gibt auffällige ethnische Gruppen, das hat aber mehr mit Konstitutionsbiologie als Fehlernährung zu tun. Es gibt nämlich kein statistisches Mass mit dem man Fettsucht bestimmen könnte. Neben der Blickdiagnose eignet sich nur die Körperfettbestimmung mittels z.B. Unterwasserdensitometrie. Für Screening- Tests ist das viel zu teuer.
Alle Hilfsmasse wie BMI, Ideal- und Optimalgewicht wurden zu bestimmten Zwecken entwickelt Der BMI, um die Wehrtauglichkeit nordamerikanischer junger Männer zu ermitteln. Auf andere Gruppen ist der BMI streng nicht anwendbar.
3/ Ideal- und Optimalgewicht stammen aus der Versicherungsmathematik Ende 19. Jahrhundert. Ziel war es, Risikozonen für erhöhte Sterblichkeit zu ermitteln, welche mit höheren Prämien belohnt wurden. Klar waren die Mathematiker da grosszügig und haben nur einem kleinen Teil der Bevölkerung den ‚gesunden‘ Teil mit niedrigen Prämien vorbehalten.
Die heute präferierten Gewichts- Körpergrösse- Relation zielt in eine ebenso seltene Konstitutionsgruppe und Anthropologen meinen, die wären der Ästhetik hellenistischer Skulpturen, aber nicht der Realität entlehnt.
4/ Bleibt, Eltern sollten sich bilden und ihren Kindern ‚gesunde‘ Gewichtsrelationen erklären und natürlich vorleben. Ich sehe im Strassenbild mehr vor allem Frauen mit der Tendenz zur Mager- als zur Fettsucht. Die sind als Normalitätsstandard für ihre Kinder natürlich eher ungeeignet.
Und immer dran denken, leichtes Übergewicht auf allen Skalen hat die höchste Lebenserwartung! Die Mageren sterben zuerst.
Hahaha! Prust! Würden Sie mir bitte mal sagen, in welchem „Strassenbild“ sie spazierengehen?! Wo es „mehr Frauen mit der Tendenz zur Magersucht als zur Fettsucht“ gibt? Vielleicht sollten Sie aber auch mal wieder zum Augenarzt?
@ML: Das ist jetzt aber auch mehr Geschwafel als fundiert. Zuerst gibt es keinen Massstab für Übergewicht. Nur um dann festzustellen, dass leichtes Übergewicht eigentlich am gesündesten wäre?
Erklären Sie mir mal, weshlab BMI für ein Monitoring gänzlich ungeeignet sein soll?
2/ Da ist nichts Spekulatives dran, wie ein Blick in jedes Anthropologielehrbuch zeigt, welches seit 1960 erschienen ist, also langjährig gesichertes Standardwissen.
Es ist wie so oft, SP. Viel eloquentes Geschwurbel mit ein paar Halb- und Ganzwahrheiten gespickt, die an sich interessant und diskutabel wären, würden sie nicht durch die teils sehr eigenen persönlichen Weltanschauungen derart überdeckt.
Wo ML richtig liegt, dass leicht übergewichtige Personen bezüglich Gesundheit zumindest nicht abfallen. Und dass der BMI nur eine sehr relative Aussagekraft hat, besser sind in der Tat andere Parameter wie die erwähnten Körperfettbestimmungen, waist to hip Ratio usw.
@Martin Frey: Danke, ich kenne mich mit den Methoden durchaus auch aus. Aber: Es macht einen Unterschied, ob es um Monitoring geht oder um eine individuelle Betrachtung. Und: über die Grenzwerte könnte man durchaus diskutieren, gerade was die Zusammenhänge mit Gesundheit anbelangt. Das Fehlen von Geschlechtsunterschieden ist ein Witz, im Kinderbereich gibt es bereits massiv unterschiedliche Normwerte. Schweizer Normen wären hier klug.
Wieso „Schweizer Normen“??? Sind Schweizer physiologisch irgendwie signifikant (oder auch nur insignifikant) anders als andere Europäer? Natürlich nicht. Darum braucht es jetzt garantiert keine Schweizer Norm.
Hm. Stranger, bleib bei deinen Leisten!
Doch, es gibt hinweise auf vermehrtes Übergewicht: in den letzten 20 Jahren ist das Durchscnittsgewicht der Schweizer gestiegen (auch nach Alltersklassen), ab 45 sind 2/3 der Männer übergewichtig und 1/2 der Frauen (tendenz mit steigendem Alter steigend), proportional zum Übergewicht steigt auch Adipositas und die Prävalenz von Diabetes II, was dann wiederum die Gesundheitskosten ansteigen lässt.
Erstaunlicherweise gilt betreffend Übergewicht bei Frauen und Männern jeden Alters der gleiche Grenzwert. Klar, dass dann Übergewicht mit den Jahren ansteigt…
Ja, das kann man sich fragen, ob das vernünftig ist oder nicht… aber in der Praxis ist der Mensch kein Baum, ich sehe nicht wirkllich einen Grund, warum er jedes Jahr einen Jahresring zulegen soll…