Best of Mamablog: Muttermilch zu verkaufen

Es sind Sommerferien, auch für unsere Autorinnen und ihre Familien. Deshalb publizieren wir in den nächsten zwei Wochen zehn Lieblingsbeiträge unserer Bloggerinnen. Wir hoffen, das Wiederlesen macht auch Ihnen Spass! Der heutige Beitrag unserer Sommer-Best-of-Serie stammt von Jeanette Kuster.

Für Kind oder Kunden: Muttermilch wird – durch die rosa Werbebrille gesehen – abgepumpt.

Für Kind oder Kunden: Muttermilch wird – durch die rosa Werbebrille gesehen – abgepumpt.

Muttermilch hat viele Vorzüge, die seit Jahren in Stillkampagnen intensiv beworben werden. Dass sie aber auch wertvolle Handelsware sein kann, ist relativ neu. In den USA haben findige Mütter das grosse Geschäft mit der eigenen Milch entdeckt: Auf Seiten wie Onlythebreast.com verkaufen sie abgepumpte Muttermilch-Portionen an verzweifelte Mamas, die ihrem Kind nur das Beste zu trinken geben wollen, selber aber keine oder zu wenig Milch produzieren.

Das Geschäft läuft gut. So konnte eine Mutter ihre gesamte Hochzeit inklusive Brautkleid aus den Milchverkäufen finanzieren, wie der Sender ABC berichtete. Und eine andere, von ihren Liebsten mittlerweile scherzhaft «Milchkuh» genannt, bezahlt mit ihrer Muttermilch etliche Dinge, die sich die Familie mit einem Einkommen sonst nicht leisten könnte.

Das System hat bereits weltweit Nachahmer gefunden. Auch in der Schweiz existiert eine «Human Milk for Human Babys»-Facebook-Seite, auf der sich Muttermilch-Anbieter und –Suchende finden sollen. Allerdings darf die Milch dort laut Reglement nur gespendet, nicht verkauft werden. Ein Blick auf die Facebook-Wall zeigt, dass der helvetische Milchhandel bisher nur schleppend läuft. Vielleicht weil der finanzielle Anreiz fehlt?

Das Gesetz würde den Handel mit Muttermilch in der Schweiz durchaus erlauben. Wie BAG-Sprecherin Eva van Beek sagt, ist «Muttermilch in der Schweiz lebensmittelrechtlich nicht geregelt. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben – also auch nicht für den Vertrieb via Internet».

In den USA sieht die rechtliche Situation gleich aus. Doch was legal ist, muss noch lange nicht gut sein. Wer seinem Baby die Milch einer völlig Fremden füttert, setzt es einem enormen gesundheitlichen Risiko aus. Muttermilch ist wie Blut eine Körperflüssigkeit und enthält Spuren diverser Stoffe, mit denen die Mutter in Kontakt gekommen ist. So kann man darin Nikotin, Alkohol oder Medikamente nachweisen, zudem können via Muttermilch Krankheiten wie Hepatitis, Herpes oder HIV übertragen werden.

Aus diesen Gründen gelten bei den offiziellen Schweizer Milchbanken, die in sechs Spitälern existieren, strenge Regeln im Bezug auf sogenannte Frauenmilch. Die Spenderinnen müssen ähnliche Richtlinien erfüllen wie bei einer Blutspende. Zudem werden alle Milchportionen pasteurisiert und nur im Spital und auf ärztliche Verschreibung an kranke oder besonders schwache Babys abgegeben.

Wer also an Milchmangel leidet, sein gesundes Baby aber trotzdem mit Muttermilch versorgen möchte, kann in der Schweiz nicht von den Milchbanken profitieren. Früher hätte man sich in einem solchen Fall an eine Amme wenden können, aber die gibt es heute ja nicht mehr. Oder?

Doch, es gibt sie wieder. Allerdings, wen überraschts, nicht in der Schweiz, sondern in den USA. Agenturen, die sonst Haushaltshilfen und Nannys vermitteln, bieten seit einigen Jahren auch die Dienste von Ammen an – für rund 1000 Dollar pro Woche. Und im Gegensatz zu den Selfmade-Milchhändlerinnen im Internet müssen sich diese vor ihrer Anstellung natürlich einem Gesundheitscheck unterziehen.

Die ideale Lösung also für alle, die es sich leisten können. Zumindest solange es die Eltern nicht stört, wenn das Kind an einer fremden Brust saugt. Denn auch wenn das Stillen in erster Linie der Ernährung des Babys dient, so ist es doch viel mehr als das. Beim Stillen entsteht eine innige Nähe zwischen Mutter und Kind, welche die Bindung zwischen den beiden zusätzlich stärkt. Zuschauen zu müssen, wie eine fremde Frau diesen intimen Glücksmoment mit dem eigenen Baby geniesst, ist sicher nicht jedermanns Sache. Oder würde Ihnen das nichts ausmachen?

Und wie stehen Sie dem Muttermilch-Handel generell gegenüber? Können Sie Eltern, die ihrem Kind in bester Absicht fremde Muttermilch füttern und die Risiken dabei komplett ausblenden, verstehen? Oder finden Sie die ganze Idee einfach nur gaga, da es doch heute gute Ersatzmilchpulver gibt? Wird die Muttermilch vielleicht zu sehr gehypt, dass der Handel damit bereits solche Ausmasse annimmt? Und glauben Sie, dass das einträgliche Geschäft in naher Zukunft auch in der Schweiz Fuss fassen wird?

Erstpublikation: 12. Februar 2012

2 Kommentare zu «Best of Mamablog: Muttermilch zu verkaufen»

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.