Archiv für die Kategorie ‘Wüsten & Oasen’

Was läuft eigentlich beim Konzert Theater Bern?

Roland Fischer am Donnerstag den 19. Februar 2015

Na so einiges! Vor allem während der feuchtfröhlichsten Tage im Jahr.

was läuft

Aber sag jetzt niemand, das KTB sei immer gleich angepisst, wenn es von der Stadt ein wenig despektierlich behandelt wird. Die haben das Bild nämlich selber auf Facebook gepostet, mit folgendem Kommentar:

Und da sag mal einer, bei der Stadtreinigung gäbe es keine Spassvögel… Wir wünschen allerseits eine fröhliche Fassnacht!

Wir sagen Prost. Und ach ja – hübsch lukullischer Verschreiber.

Postdigital im Tscharnergut

Christian Zellweger am Freitag den 13. Februar 2015

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Bild:Ulyss Strasser/HKB/medium.com

In den kalten Tagen um den Jahreswechsel haben sich sieben HKB-Student_innen im Tscharnergut rumgetrieben. Sie haben mit Menschen gesprochen, Fotos gemacht, Eindrücke gesammelt, Spuren gesucht, «von dem was ist, und dem was war».

Das Resultat ihrer Forschung gibt es hübsch zusammengestellt auf medium.com.

Video, Ton, Text, Illustrationen: Es ist eine astreine multimediale Reportage. Den Titel des Seminars müsste man mir gerade darum nochmals erkären: «Postdigitaler Journalismus» hiess das nämlich.

Adieu Robot

Oliver Roth am Sonntag den 8. Februar 2015

Im letzten Sommer haben ein paar Läden an der Länggasse dicht gemacht. Das Mahamaya und das Selia Haus sind schon fast vergessen. Jetzt trifft es den legendären Robot Sportpreis. In der Mitteilung im Schaufenster heisst es:

„Wegen einer anstehenden Gesamtsanierung der Liegenschaft schliessen wir unser Geschäft hier an der Länggassstrasse 28 für immer!“

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Ich gebe zu, dass ich nie in dem Laden war. (Sachdienliche Hinweise zum Innenleben des Geschäfts sind gesucht!) Aber der Robot Sportpreis war ein Mahnmal der Unveränderlichkeit – vielleicht sogar des Stillstands. Jetzt, da die Sportpokale aus dem Schaufenster weg sind, kann man die Vierecke sehen, die sie im verblichenen Stoff zurücklassen. Für diese nachhaltige Beständigkeit müsste sich das Geschäft selber einen Pokal geben. Oft hat einem der Laden direkt bei der Bushaltestelle Mittelstrasse an einem stressigen Tag mit seiner schieren Anwesenheit und seinem nostalgischen Schaufenster zugeflüstert: “Hey, komm doch mal ein bisschen runter!” Wir wünschen dem Robot Sportpreis alles Gute in seiner neuen Agglo-Heimat in Urtenen-Schönbühl.

Ganz schön aufgeblasen

Roland Fischer am Dienstag den 13. Januar 2015

transformUnterdessen verzichtet er aufs Signieren der Ballone, nun muss man das also ganz sinnbildlich verstehen: Till Wyler von Ballmoos möchte die Transform-Räumlichkeiten ganz ausfüllen, er möchte sein Künstlerego dreissigtausendfach aufblasen – und am Schluss in einem lustigen Massaker innert Kürze wieder aufs rechte Mass bringen. Am Samstag hat er angefangen, mit vier Ballonaufblasmaschinen und einem Haufen grosser Kisten voller leerer Ballone. Inzwischen, schätzt er, dürften schon rund 10’000 Ballone gefüllt sein, man muss sich schon ein wenig durchkämpfen bis zum Tisch, an dem fast rund um die Uhr gearbeitet wird. Bis Ende der Woche sollen sich dreimal mehr weisse Ballone im Raum stapeln, bis unter die Decke. Von aussen kann man den Pegelstand immer schön mitverfolgen, vor allem wenn es am Bollwerk sonst dunkel ist.

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Übrigens: nicht nur Pianisten bekommen Sehnenscheidenentzündungen, das kann auch Performern passieren. Man darf dem Künstler deshalb gern helfen beim Aufblasen (einfach klingeln bei der roten Türe), mit den Maschinen macht das auch einigen Spass. Kaffee und Getränke werden offeriert. Und am nächsten Samstag darf eine ausgesuchte Gästeschar den grossen Künstlertraum dann auf effektvolle Weise zum Platzen bringen, um 17 Uhr.

Ein Abend zum Vergessen

Roland Fischer am Samstag den 10. Januar 2015

Gestern abend, 19 bis circa 4 Uhr, eine Rekonstruktion.

Zunächst aber noch rasch ein wenig Sprachkritik: Ich werde versuchen, mich an die Ereignisse zu erinnern, nicht einfach zu erinnern, was vorgefallen ist. Die wohl aus dem englischen (I remember this and that) kommende aktive Form der Erinnerung finde ich ein wenig schief und in der Beschreibung der Sache weit weniger richtig als das deutsche, indirektere Bemühen um das Wiederfinden der Erinnerung. Aber das nur beiseite.

Angefangen also bei Transform, das nun endgültig in der Mitte Berns angekommen ist, sowohl geografisch wie auch was die Gästeschar und die Auswahl der Aperohäppchen bei der Eröffnung angeht. Nichts woran man sich lange erinnern müsste, ausser der Liste der eingeladenen Künstler, die dieses Jahr sehr neugierig macht (Julian Sartorius, Sans Cible, San Keller, Martin Schick u.a.) – bis Mitte Februar wird hoffentlich noch einiges (be)merkenswertes passieren an diesem Unort, wie ihn Organisator Franz Krähenbühl nannte (das weiss ich noch, sonst erinnere ich mich an nicht so viel von der langen Rede). Nachher hätte der Plattenspieler-Spieler Strotter Inst. womöglich für bleibendere Eindrücke gesorgt, im Bollwerk-Windkanal draussen, aber da musste man schon weiter, ins Schlachthaus.

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Premiere von Souvenir also, einem Stück von Magic Garden, das uns übers Erinnern und Vergessen nachdenken lassen wollte. Davon habe ich allerdings nicht furchtbar viel behalten, ich wurde wohl Opfer der immer wieder präsentierten Erinnerungskurve eines gewissen – Ebbinghaus?, der irgendwann Ende des 19. Jahrhunderts untersucht hat, wie rasch unser Hirn Erinnerungen wieder ausmistet (meistens sehr rasch, zu meiner Verteidigung). Mitmachtheater der mentalen Art war das, man wurde vom Bühnenpersonal (darunter unsere Miko Hucko) immer wieder angehalten, in seinem Gedächtnis zu wühlen oder Mnemotechniken anzuwenden, um den Abend ein bisschen unvergesslicher zu machen. Die Truppe gab sich alle erdenkliche Mühe – und tanzte dabei natürlich auf verschiedenen metatheatralischen Hochzeiten -, das Resultat bei mir war dennoch bescheiden, aber das liegt wohl vor allem daran, dass ich prinzipiell kein Freund von Mitmachtheatern bin.

Weiter dann, noch einmal zurück zu Transform, das sich inzwischen in dieser städtebaulich herrlich sinnlosen Ecke am unteren Ende des Bahnhofgeländes eingenistet hatte, draussen, weil sich oben im Gebäude irgendeine wichtige SBB-Schaltzentrale befindet und die Immobilienverantwortlichen deshalb nicht so ganz entspannt mit den Unwägbarkeiten dieser Zwischennutzung umgehen. Es gab ein paar Gespräche über – was noch einmal? Kulturpolitik und eingelegte Föten, glaubs -, dann wurde es ein wenig kalt und man machte sich auf zur Bar der toten Tiere, da wars dann wiederum zu warm. Und die Gesprächsthemen werden allmählich umnebelter. Man plante noch ein eigenes Barprojekt, zu später Stunde, als man langsam herauskomplimentiert wurde (ein Klassiker aus der Late-Night-Konversationskiste), und versuchte auf dem Heimweg mit kundiger Hilfe eine akustische und botanische Verschönerung der Kirchenfeldbrücke, aber da hatte die Polizei dann etwas dagegen. Und landete schliesslich noch im Hinterzimmer im Progr, zu Grappa und Karaoke. Aber daran möchte man sich lieber nicht mehr so en detail erinnern.

Ein transformativer Blick ins neue Jahr

Roland Fischer am Dienstag den 2. Dezember 2014

Schon geht das Jahr wieder in den grossen Schlussverkauf – Grund genug, mal rasch ins 2015 rüberzulinsen. Gerade sind nämlich zwei Vorankündigungen für den Januar hereingetrudelt, die beide viel Freude machen.

Zunächst einmal ist endlich die nächste Transform-Katze aus dem Sack – und wow, so zentral war Zwischennutzung noch nie. Diesmal wird der frühere SBB Historic-Sitz am Bollwerk 12 bespielt – die Eisenbahnarchivare müssen (ein gewisser ferrophiler Liebesentzug ist das schon) raus aus dem Zentrum und ziehen nach Windisch um. Die Transformer freut’s – und uns auch. Die Versuchsanordnung 4 öffnet am 9. Januar die Pforten und dauert bis am 15. Februar. Was da genau passieren wird, ist uns zwar auch nach den Erläuterungen der Macher nicht ganz klar:

Musiker sowie bildende und darstellende Künstlerinnen entwickeln in einer experimentellen Vorgehensweise 10 Positionen zum soziogeografischen Raum rings um die Lokalität.

Aber es wird mit Sicherheit auch wieder eine nette Bar geben.

Soziogeografie und Experimente musikalischer Art bietet das Norient Festival, das vom 15. bis zum 18. Januar schon in die sechste Ausgabe geht – und erstmals auch über Bern hinaus expandiert, ins ja als Konzertlokal auch hie im Westen schon lang heissgeliebte Palace St.Gallen (shnit lässt grüssen?). Das Programm ist wieder mal eine grosse Wundertüte, eine musikalische Weltenreise. Und natürlich ist es kein Zufall, dass die Organisatoren für den Schlussabend extra das deutsch-französische Kollektiv Transforma eingeladen haben. Die könnten doch eigentlich gleich drüben im Bollwerk performen?

Dienstagabend, the bigger picture

Roland Fischer am Mittwoch den 5. November 2014

Um die Häuser ziehen an so einem ganz normalen Dienstag in Bern, und sage nun niemand, das müsse ja eine langweilige Angelegenheit sein. Muss es nicht.

Angefangen im Kino Kunstmuseum, wo sich um sechs die Filmgeschichte allmählich der Gegenwart annäherte, man ist in der (nun eigentlich schon zum wievielten Mal aufgerollten?) Reihe von 50 Filmen von den Anfängen des Kinos bis ins Heute inzwischen in den 80ern angekommen, gestern mit Chris Markers stillem Essay Sans Soleil aus dem Jahr 1983. Eine tolle Zeitreise war das, in ein vergangenes Japan vor allem, das aber ebenso oft sehr heutig wie ein wenig gestrig daherkam. Und Markers über die Bilder gelegte Erzählspur umkreiste auf ihrerseits zeitlose Weise Themen des Schauens und Festhaltens, des Blicks auf Eigenes und Fremdes und der Unmöglichkeit, in der Bilderflut das Wesentliche zu finden, das was sich zu zeigen lohnt. Gleich zu Anfang meint Marker, er interessiere sich, je mehr er reise, immer mehr für das Banale, dem er mit der Hartnäckigkeit eines Kopfgeldjägers nachspüre.

Danach ging’s dann weiter auf den Bundesplatz, zu Banalitäten etwas anderer Art, aber darüber berichtet gleich Kollegin Miko.

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Gut im Schwung

Roland Fischer am Sonntag den 10. August 2014

Ja, auch Volkstum kann heute Guerilla sein (wie die BZ findet). So richtig widerständig wollte einem das gestern allerdings nicht vorkommen, an der Bolligenstrasse, das Sägemehlrund und die standesgemäss aus Paletten und Dachlatten improvisierten Tribünen. Hipsterschwingthing würde man es vielleicht nennen, wenn es in Bern denn richtige Hipster gäbe. So war es einfach ein sehr gemütlicher Samstagnachmittag und -abend zwischen Autobahn und Tramdepot, mit ein paar richtig Bösen im Zentrum und einer Nähe zum Geschehen, die tatsächlich eine Ahnung davon vermittelte, was da an Emotionen steckt im Nationalsport: Wenn er andere aufs Kreuz legen kann, dann packt er gern zu, der Schweizer (und die Schweizerin natürlich auch, es kämpften auch ein paar böse Frauen).

schwingfestUnd weil alles ganz wie auf dem Land war, gab es für den Obenaus-Schwinger auch nicht einfach nur Ruhm und Ehre, sondern einen echten Läbigpreis, für den sich hoffentlich dann ein Plätzchen im Garten finden wird:

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Genug Platz für Magie

Milena Krstic am Freitag den 1. August 2014

An einem Samstag im März 2011, um halb vier Uhr morgens haben die Bullen eine Routinekontrolle gemacht. Es ging nicht um Drogen, auch nicht um eine Schlägerei, nein, die Formbar platzte schlicht aus allen Nähten. Was ist zu tun, wenn sich ein Club innerhalb von fünf Jahren zu einem so dermassen beliebten Anziehungspunkt mausert, dass da mehr Menschen rein wollen, als die Räumlichkeiten zulassen? Die Formbar schloss die Tore zum elektronischen Musikglück. Alles, was davon übrigbleibt, ist diese Myspace-SeiteFotobelege und wohl so einige Erinnerungen, die da aufpoppen dürften.

Item. Die Formbar ist nicht mehr. Und sowieso hat gerade dieses Jahr in denselben Räumlichkeiten die Playground Lounge Eröffnung gefeiert. Über so Luxusprobleme wie Platzmangel aufgrund zu vieler Menschenmassen können sich die Betreiber (noch?) nicht beklagen. Aber auch so ist dort letzte Nacht Magisches geschehen: Tim Burtons Hochzeitspaar aus Corpse Bride wurde nämlich zum Leben erweckt.

Lia Sells Fish feat. Roger F. or the other way around.

Lia Sells Fish feat. Roger F. or the other way around.

(Nicht mehr so ganz) Neue Häuser: Sporthallen Weissenstein

Roland Fischer am Donnerstag den 31. Juli 2014

Wunder der Technik: In Turnhallen baut man heutzutage gleich noch Entrauchungsanlagen ein, sowas kennt man sonst ja nur von Tunnels. Und was ein rechter Bauingenieur ist, macht da keine halben Sachen – entsprechend kann so ein Gebläse dann schon mal mächtig Kraft entwickeln. Weshalb das vor einer Woche fotografierte neue Haus im Weissenstein-Quartier nun auch nicht mehr so aussieht:

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sondern eine aparte Bretterfront bekommen hat, wo vorher glänzende Fenster waren. Die Entrauchungsanlage hat die neuen Sporthallen bei einem Testlauf offenbar so effizient ausgesaugt, dass gleich die ganze Fensterfront zu Bruch gegangen ist (die Physiklehrer im Quartier werden sich freuen: ein Bigger-than-life-Beispiel für die mächtige Kraft des uns sonst doch so stillschweigend umgebenden Luftdrucks). Jemand hätte zum Druckausgleich wohl irgendwo noch ein Fenster öffnen sollen.

Nicht so viel Freude an der Nachricht wird der Architekt des doch eigentlich gar nicht fragil wirkenden Baukörpers gehabt haben. Der junge Zürcher Christian Penzel hat in Bern bereits andernorts sehr markant (und dazu preisgekrönt) gebaut, nämlich das neue Tramdepot in der Nähe der Expo. Auch bei der Weissenstein-Halle lässt er aussen an der Fassade wieder die raffinierte Tragestruktur erahnen – im Vergleich zum Tramdepot kommt das aber einiges weniger verspielt daher. Diesmal wird der Körper mit klaren Betonkonturen gezeichnet, ein wohltuender und gelungener Kontrast zum ein bisschen beliebig wirkenden Formendurcheinander weiter hinten im Vidmar-Quartier.