Archiv für die Kategorie ‘Wüsten & Oasen’

Sunset hinter den sieben Gleisen

Roland Fischer am Freitag den 31. Juli 2015

Der Sonnenuntergang war leider eben vorbei als wir an der Bahnstrasse ankamen. Aber der Grill lief noch und die Plattenspieler auch. Hinter den Güterwagen das Gleisfeld und dahinter der leuchtende Himmel. Ein ganz anderes Bern war das, im wilden Westen.

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Es ist eine wunderbare sommerliche Kulturinitiative: Das Sunset-Team ist jeden Donnerstag Abend an einem anderen Ort in und um die Stadt zu Gast, wo sich auf schöne Weise der Sonnenuntergang verfolgen lässt. Ausser hier, vielleicht.

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Keine Webseite, kein Facebook, good old ‘spricht sich halt herum’.

Abendlicht

Oliver Roth am Freitag den 10. Juli 2015

Eine fast unsichtbare Veranstaltung in Bern.

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Rooftop underground

«Sunset» findet nicht in dunklen Kellern statt, sondern bevorzugt an luftigen Orten. Ideal: Dachterrassen. Der Sonnenuntergang wird gefeiert – das Zwielicht ausgekostet. Dämmrig ist der Event, der nicht wirklich einer ist. Eingeladen wird unter der Hand. Sounds vom Berner Plattenteller, frische Drinks. Es brodelt kaum sichtbar, aber hoch aufschäumend im Berner Untergrund.

Mühsam? Ach was.

Roland Fischer am Freitag den 3. Juli 2015

Bisschen heiss? Vielleicht würde sowas helfen – anziehen, nicht ausziehen:

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Aber man kann sich Abkühlung natürlich auch auf die gute alte Aareart holen. Der Blick hat gestern dankenswerterweise ein kleines Forschungsprojekt im Marzili durchgeführt, mit einer Wärmebildkamera. Ergebnis: ein Aareschwumm = 15 Grad weniger, zumindest an der Körperoberfläche.

vorher

nachher

Und ansonsten empfiehlt sich passend zum Wetter den ganzen Juli über ein Abstecher in die Mühsam-Bar in der Sattelkammer oben, einer Installation von Zora B. Weil:

Es ist sehr heiss. Die ältere Dame von nebenan mag es lieber sehr heiss als sehr kalt. Ich mag lieber sehr kalt und zuhause bleiben aber sage nichts. Unser Breitengrad verlangt Heizungen und Ventilatoren. Dieses Klima ist eine reine Energieverschwendung. Kann das bitte jemand ändern! Ha ha!
Die Mail-Adresse auf den Flyern, und am Schaufenster ist falsch. Zora hat einen Wutausbruch und schreit mich an. Ich versuche durch schweigen zu beruhigen, es geht nicht. Ich sage: Wir korrigieren nichts. Es passt fast ins Konzept, dass die Mail nicht geht.

Gemeinplatz #3

Oliver Roth am Donnerstag den 25. Juni 2015

Letzthin war ich wieder mal im Monbijou-Park!

Herdplatte

Herdplatte

Es ist schön zu beobachten, wie sich die eigenen Serien-Kinder auf diesem Blog fast selbständig entwickeln. Stand das erste neuentdeckte Plätzchen noch auf unsicheren Zeilen, wird plötzlich jede abgegrenzte Fläche in der Stadt aussergewöhnlich beschreibenswert. Eine Faszination für das Abgetrennte, Abgezäunte, Viereckige.

Im Monbijou-Park war ich ziemlich genau vier Jahre nicht mehr. Nämlich seit ich nicht mehr in der Nähe, am Eigerplatz, wohne. Der Park war im Sommer mein Garten und meine Terrasse, meine Feuerstelle, meine Leseecke. Dann zog ich weg und habe meine alte Adresse und den Park nonchalant vergessen.

Letztes Wochenende wurde ich zu einem Grillfest eingeladen und war wieder in der Gegend. Und siehe da: Die grüne Liebe welkt nicht! Ich schwöre, das Monbijou-Pärkli hat den besseren Rasen als die Young Boys und eine höhere ethnische Durchmischung als das Murifeld. Ich fühlte mich entspannter als im Solebad in Schönbühl.

Fast wie zu Hause gibt es kühles Bier aus dem Brunnen und Würste direkt vom Grill neben der gemütlichen Sitzbank. Ja, der Park hat auch eine Toilette. Und einen Spielplatz für die kleinen Monster. Der Park bietet für alle etwas – für Kiffer, Familien, Leseratten, FussballerInnen und Kubb-Spielende. Fast wie der Europapark, nur grün und mitten in Bern. Ein gemeinsamer Platz, der ungerechterweise zum Gemeinplatz gewordener ist.

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Kühlschrank

Kunst im Tramdepot

Roland Fischer am Sonntag den 14. Juni 2015

Im leeren Burgenziel-Tramdepot gibt’s übrigens dieser Tage nicht nur Theater, sondern auch Kunst zu sehen. Und zwar auf erfrischend unverkopfte Weise: noch bis Ende Juni solche aus Holz, im September dann folgt solche aus Metall (und zwar mit klingenden Namen: unter anderem sind Werke von Jean Tinguely, Bernhard Luginbühl und Schang Hutter angekündigt), und zum Schluss soll Stein die Material-Trilogie abrunden – hoffentlich bleibt bis dann beim Tramdepot ein Stein auf dem anderen.

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Ein Besuch lohnt sich – der Raum ist eine Wucht, die offene Anordnung der Werke gibt allem eine gewisse Leichtigkeit. Und die Auswahl: ein wildes Durcheinander, man wird nicht mit allem etwas anfangen können, aber sicher Entdeckungen machen. Kunst für einmal weit weg vom akademischen Museumshabitus – es bekommt ihr durchaus nicht schlecht.

Zoo, nicht mehr freie Wildbahn

Roland Fischer am Donnerstag den 11. Juni 2015

Die Mühlen der Berner Bürokratie mahlen langsam, man weiss es. Gut anderthalb Jahre nachdem die Soon-Galerie in der hinteren Lorraine eröffnet hat, geht die dazugehörige Zoo-Bar jetzt auch noch offiziell auf. Die Bar hatte damals gerade mal ein paar Wochen laufen dürfen, bevor das zuständige Amt Wind davon bekommen hatte. Aber gut, nun hat alles seine Richtigkeit, und deshalb feiert man am Talweg übernächsten Freitag gleich noch einmal Eröffnung, mit Essen, Trinken und Musik.

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In der Galerie wird bei der Gelegenheit unterdessen das Lager aufgeräumt und gezügelt. Und das bedeutet: Ausverkauf! Bis Ende Juni gibt’s 20 Prozent Rabatt im Online-Shop.

Container-Kunst am Loryplatz

Gisela Feuz am Mittwoch den 3. Juni 2015

Der Steinwüste Loryplatz ist ja ein Unort sondergleichen. Wenigsten kommen The Lunchbox nun jeweils mittwochs vorbei, ab und zu ist der mobile Wagen einer Bäckerei vor Ort und Tulpen in allen Hergottsfarben spriessen aus den Betonkübeln. Noch elender als vor dem Areal gleich bei der Tramhaltestelle sieht es aber auf der nebenan liegenden Verkehrsinsel aus. Beton, Kies, ein Baum, ein Velo ohne Sattel, fertig.

Zur Zeit findet auf diesem Teil des Loryplatzes allerdings ein Projekt statt, welches der Belebung dienen soll. «Kunst und Kultur im Container» nennt sich das Unterfangen, welches vom Quartierverein Holligen-Fischermätteli organisiert wird. Dabei gab es bereits eine florale Installation von Martina Strausak und Nadine Mrkwitschka zu begutachten und zur Zeit wird im weissen Ungetüm die Video-Installation «Höllisch Himmlisch Holligenland» gezeigt, eine visuelle Utopie, in welcher der Rückbau der alten Kehrichtverbrennungsanlage am Warmbächliweg eine zentrale Rolle einnimmt.

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Heute Nachmittag stand der Container einigermassen verlassen in der Gluthitze. Kein Wunder, denn in den Wänden des weissen Ungetüms ist es noch heisser als draussen. Ausserdem kommt das ganze etwas gar asketisch daher. Aber lassen wir uns überraschen, was die anderen Programmpunkte noch bringen werden. Besser als Beton und kopfloses Velo wird es alleweil sein!

«Kunst und Kultur im Container» ist noch bis am 14. Juni auf dem Loryplatz zu Gast. Alle Events sind gratis und öffentlich – teilweise mit Barbetrieb und Catering. Weiteres Programm: bis Fr. 5.6. Video-Installation «Höllisch Himmlisch Holligenland» / Heute Abend 19-21h: Erzählkunst-Projekt von TOJ und Theatergruppe LEMON / Fr. 5.6. von 17-19h Vokal-Lokal Konzert / Sa 6.6. ab 14h Orient-Container / So 9.6. Jazzkonzert mit Anicia Kohler / 10.- 14. Juni Ausstellung Kulturesk

Mir fällt nichts ein!

Oliver Roth am Freitag den 15. Mai 2015

Ich stehe unter der Dusche und versuche angestrengt eine Idee für einen Blogeintrag zu finden. Den Rücken schrubbend und in mich gekehrt, merke ich, dass ich nichts Spannendes erlebt habe und auch nichts solches zu berichten habe.

Oder doch, Die Zeit titelt vorgestern: Liebe Leser, diese Woche fiel uns leider nichts ein. Ein Satz, der mich in meiner ideenlosen Situation besonders anspricht. “Acht Autoren schreiben über Inspiration, Schöpferkraft und den Ursprung der Ideen.” Johanna Rahner schreibt vom “Heiligen Geist”, Evelyn Finger meint Kreativität komme “von oben”. Da bin ich dagegen und stimme eher Harald Martenstein zu, der das Wort Kreativität ablehnt (obwohl ich Martensteins Frisur ablehne).

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Der Duden bestärkt meinen begrifflichen Ekel, denn Kreativität wird als „schöpferische Kraft“ definiert. Welche Kraft, bitte? Unter der Dusche habe ich keine Kraft gespürt. Ich habe einfach nachgedacht und mir diesen Artikel im Kopf zusammengebastelt. Stück für Stück. Genau diese Zeile ist beim Shampoonieren entstanden.

Ich halte es ebenfalls eher mit dem Philosophen Wilhelm Schmid, der im Interview zum Thema meint, Espresso sei gut für die Kreativität. Nach dem Kaffee geht es bei mir erst so richtig los mit dem Ausdenken, und den trinke ich noch nach dem Duschen!

Max Küng nannte sein Buch Einfälle kennen keine Tageszeit, was natürlich wahre Worte sind. Es muss nicht die Dusche sein, um darauf zu kommen, dass man einen Text über die Exkremente der Berner Bevölkerung schreiben möchte. Ich träume oft gute Ideen. Mein Unterbewusstsein ist eine besonders geile Sau. Darauf verweist auch Schmid in der Zeit: “Schalte ich den Kopf aus, kann sich Sinnlichkeit entfalten.” Hirnlos Saufen! Auch schön ist die Vorstellung von David Lynch, der meint fertige Ideen lägen in einem imaginären Raum nebenan, man kommt nur nicht rein. Meditieren!

Bei dem Mythos Kreativität geht es also nur um angestrengtes Nachdenken, Kaffee trinken, guten Schlaf und Shampoonieren. Gar nicht so heiliger Geist.

Die Zeit, die beste Wochenzeitung im deutschsprachigen Raum, gibt es immer am Donnerstag am Kiosk. Wer beim Umblättern Muskelkater bekommt, zieht sich die Zeit aufs iPad.

Gemeinplatz

Oliver Roth am Freitag den 24. April 2015

Es grünt und sonnt wieder. Natürlich suchen alle nach den heissesten und blühendsten Plätzen in der Stadt. Besonders nach dem new place to be. Aber es gibt auch einige Plätze zum Verweilen, die schon lange da sind und die alle kennen. Entdecken sie diese Orte von Neuem! Der Innenhof vom Progr. Das Verwaltungs- und Technik-Team des Kulturzentrums hat letzte Woche eigenhändig die überall im Hof verteilten Holzkisten neu begrünt (was ich mit höchster Sympathie beobachtete). Es gibt eine Kiste mit einem ganzen Baum drin. In anderen gedeihen Minze oder Stockrosen. Wildblumen strecken schon ihr erstes Grün aus den Töpfen – wenn man genau hinschaut.

 

In dieser kulturellen biotischen Umgebung darf man sein mitgebrachtes Mittagessen an der Sonne verspeisen. In der Turnhalle wird man zwar seit letztem Jahr verscheucht, wenn man sich aus der eigenen Tupperware verpflegt. Dafür ist nun Sami Daher fix eingezogen und verteilt seine Pita an meterlange Schlangen. Nur noch die Trennwand, die den Progrhof in der Mitte teilt ist ein kleines Manko. Franziska Burkhard, die  Geschäftsleiterin vom Progr meint dazu: “Die Mauer muss weg!” 

Ich sage, schaut euch eure Umgebung genau an, findet die versteckten Wildblumen. Überall.

Lustschloss, Luftschloss, Luftschiff?

Roland Fischer am Freitag den 13. März 2015

Ok – Serini: weg. Pneu-Bar: weg. Alter Migros: weg. Aber ein Häuschen steht da noch, neben der Abrissbrache an der Lorrainestrasse, und im früheren Lola-Ladenlokal tut sich tatsächlich etwas Neues.

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Hinter der voraussichtlich etwas längerfristigen Zwischennutzung steckt der Galerist Michael Krethlow, der schon die Pneu-Bar initiiert hatte. Nächsten Donnerstag öffnet die Tür des neuen Lokals namens Zeppelin das erste Mal – zunächst jeweils einmal in der Woche, für Kunst und Bar. Den Namen hat man übrigens der Legende entlehnt, dass die Serini-Vorhalle früher als Zeppelin-Hangar gebraucht wurde. Ab Mitte Jahr peilen die Macher dann einen vollen Betrieb an, mit Bar, Café und Aktionskunst. Und gebackenem Glück von Claire – wer erinnert sich noch an die Zimtschnecken in der Gelateria di Berna vorletzten Winter? Oui, le bonheur revient.