Auch dieses Jahr bei uns zu Gast: Das «interdisziplinäre, konsequent experimentelle Kunstprojekt» Transform. Hier die Zwischenbilanz der dritten Woche von Franz Krähenbühl, Transfor-Mitinitiator.
What people do for money fragt die Manifesta 11 diesen Sommer in Zürich und lädt mit ungeheurem Aufwand Kunstschaffende ein, Einblick in die zahlreichen Berufe und vielschichtigen Gewerbe der Stadt zu nehmen. Vor dem Hintergrund, dass der neoliberale Kunstmarkt das System Kunst längst unterwandert hat, führt die transeuropäische Kunstbiennale vor Augen, dass auch die Kunst ihrerseits die Akteure des ökonomischen Systems wie Luxusbootbauer, Feuerwehr und Hundesalon vereinnahmen kann.
In jenen kunstfernen Satellitenorten lässt sich bestens die Mechanik diskutieren, was weshalb zu Kunst wird und wer Publikum und wer Akteur ist… Gut dass es noch Manifesta Hauptaustragungsorte wie die Kunsthalle gibt, wo sich diese verwirrenden Fragen nur am Rande stellen.
Nicht so bei transform. Hier bildet keine Legitimationsmaschinerie das Rückgrat, das jegliche Regungen von Kunstschaffenden im Voraus als Kunst adelt. So war die Woche 3 der Versuchsanordnung 5 geprägt von konstant geführter Kommunikation seitens der Kunstschaffenden, was denn Kunst sein könnte und wie sich diese manifestiere. Diesen Vorstellungen gingen Sebastian Utzni und Dorothea Mildenberger im Bildungszentrum Pflege nach. Fragte Dorothea Mitarbeitende nach deren Wünschen für eine künstlerische Bereicherung des Arbeitsplatzes, so war das vorherrschende Stereotyp des bildenden Künstlers als farbklecksender Maler der Ausgangspunkt für die Intervention von Sebastian. Dass seine Arbeitspraxis jedoch nicht der landläufigen Vorstellung entspricht, unterstreicht ein Auszug einer SMS: «Ich probiere Leute zu erreichen, telefoniere, gehe hierhin und dahin. Mit dem einzigen Ergebnis, dass ich versucht habe TRANSFORM ganz vielen Leuten zu erklären… Vielleicht ist es das: About Art. Oder so. Aber ist gut so. Ich hab selten so viel über das, was wir da eigentlich machen als Künstler nachgedacht wie hier in diesen Tagen in diesem Quartier.»
Nichts weniger machte Nomi Villiger, die vor dem geschlossenen Kiosk Irina’s kurzerhand selber einen Stand mit Kaffee und Tee eröffnete, um mit Leuten das Gespräch zu suchen. Das Projekt transform wird zum immateriellen, abstrakten Hilfsmittel, die Kommunikation darüber zum wesentlichen Teil des Werks. Sich gegenseitig über Sprachbarrieren hinweg zu erklären, stellte die Herausforderung für Sonja Kretz dar.
Erschwerend kam beim gegenseitigen Beobachten hinzu, dass Jobbi Sport Da Pino’s Pokalladen nur zwei Stunden täglich offen hat. Nur bei Philippe Heule schien die Frage nach dem stillen Beobachter schnell gelöst, denn dazu hatte er gar keine Zeit. Freddy vom Fit-Life-Center gab Philippe gleich mehrere Probelektionen im Krafttraining. Doch beweist sein Muskelkater nun, dass seine Profession doch eher in der geistigen Arbeit liegt? What people do for money fördert bei transform zwischen Lory- und Europaplatz eines zu Tage: Kunst ist ein Aushandlungsprozess, in dem beide Seiten, Gewerbe wie Kunstschaffende, viel voneinander lernen können.
Freitag, 19.2., 18.30 Loryplatz, Start Rundgang zu den Aktionsorten von und mit Nomi Villiger, Dorothea Mildenberger, Philippe Heule, Sonja Kretz und Sebastian Utzni, BZ Pflege, Jobbi Sport da Primo’s, Fit-Life-Center und ein bisschen Kiosk Irina.
Alle Informationen: www.transform.bz